Die Dallas Cowboys und die Situation um Dak Prescott: Das Luxus-Problem

Pascal De Marco
11. Januar 201912:47
Dak Prescott verdient in dieser Spielzeit nur 680.848 Dollar. getty
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Die Dallas Cowboys können am Samstagabend im Spiel der Divisional Round in der NFC gegen die Los Angeles Rams für eine Überraschung sorgen. Dabei ist ein guter Abend in einer wechselhaften Saison von Dak Prescott Voraussetzung. Dallas' Quarterback steht aber nicht nur aufgrund des großen Playoff-Duells im Fokus, sondern auch wegen seiner ungewissen Zukunft und der Frage ob er auch über die nächste Saison hinaus der Richtige ist, um die Cowboys ins gelobte Land zu führen.

Dak Prescott lebt einen der größten Träume amerikanischer Kinder und Teenager. Er ist der Quarterback von America's Team: den Dallas Cowboys.

Und während er und die Boys sich nach einer Willensleistung gegen die Seattle Seahawks in der Wildcard-Round der Playoffs durchsetzen konnten und sich aktuell auf das anstehende Matchup in der Divisional Round bei den Los Angeles Rams vorbereiten, stellen sich viele die Frage, ob Prescott tatsächlich ein Franchise-Quarterback-Kaliber ist - und ob er über sein letztes Vertragsjahr 2019 hinaus Teil der vielleicht beliebtesten NFL-Franchise der USA bleiben sollte.

Aktuell ist Prescott, der von Dallas in der vierten Runde des Drafts 2016 gezogen wurde, der Starting-Quarterback mit dem günstigsten Price-Tag der Liga. Um genau zu sein sind nach Over The Cap 68 NFL-Quarterbacks mit einem höheren durchschnittlichen Gehalt als die 680.848 Dollar in Prescotts Kontrakt ausgestattet.

Während dies die Cowboys in eine absolute Luxus-Situation versetzt, solange Prescott unter seinem Rookie-Vertrag spielt, stehen Jerry Jones und die Franchise ab der nächsten Saison vor der Entscheidung, ihn zu weitaus teureren Konditionen zu halten - oder ihn ziehen zu lassen.

Prescotts Leistungen fielen nach einem fabulösen Rookie-Jahr zunächst merklich ab, und in dieser Spielzeit fiel er mit eher inkonstanten Leistungen auf. Die Cowboys-Offense wurde durch den Trade für Amari Cooper inmitten der Saison revitalisiert und dies hat auch Prescott enorm geholfen; doch bleiben Sorgen hinsichtlich seines Spiels und der alles entscheidenden Frage, ob er der Quarterback sein kann, der die Cowboys zurück in den Super Bowl führt.

Jason Garrett wird für sein Vertrauen in Prescott belohnt

Eine Wirbelsäulen-Verletzung Tony Romos brachte die Cowboys noch vor dem Start der 2016er-Saison in eine missliche Situation. Solle man Bemühungen um eine Interimsverpflichtung unternehmen, um die erste Saisonhälfte mit einem erfahrenen Ersatzmann zu überbrücken?

In der Preseason allerdings startete man seinen jüngst gedrafteten Rookie. Prescott war in diesen Spielen, für die allermeisten aus dem Nichts, herausragend und brauchte nur wenig Zeit, um für großes Interesse zu sorgen. Doch ist die Preseason nunmal die Preseason und Leistungen in dieser sind stark in Relation zu setzen. Head Coach Jason Garrett allerdings hatte genug Vertrauen in den damals 23-Jährigen und sollte für dieses in nicht zu erwartender Weise belohnt werden.

Die Cowboys marschierten 2016 zu einem phänomenalen Start in die Saison. Nach einer knappen Pleite zum Auftakt gewannen die Boys, getragen von der besten Offensive Line, die die Liga seit vielen Jahren gesehen hatte, zehn Spiele aufeinanderfolgend und waren auf dem besten Wege in die Playoffs und zum Division-Titel in der NFC East. Spätestens als sich Garrett nach Romos Verletzungs-Rückkehr dafür entschied, Prescott weiter starten zu lassen, war klar, dass die Franchise nun in den Händen des Rookies lag.

Prescotts Vertrag bietet Cowboys großen Handlungsspielraum

Das spektakuläre Rookie-Jahr Prescotts endete mit dem drittbesten Value over Average aller Quarterbacks in der Saison, einer Playoff-Teilnahme nach einer 13-3 Regular Season, dem Pro Bowl und dem Rookie-of-the-Year-Award. Besonders beeindruckend war Prescotts Effizienz gegen Pressure. Einer Disziplin, die Rookie-Quarterbacks normalerweise gerne zum Verhängnis wird. Prescott warf gegen Druck aber für eine Adjusted Completion Percentage von bärenstarken 69,5 Prozent und wurde bei nur 14,1 Prozent seiner Dropbacks gegen Druck gesacked.

Für Dallas schien die Ära Romo nahezu nahtlos und ohne Probleme in eine weitere ohne Fragen auf der wichtigsten Position des Spiels überzugehen. Der angenehme Nebeneffekt, die Position dabei für drei Jahre mit einem absoluten Traumvertrag zu besetzen, war dabei das Sahnehäubchen.

Das Folgejahr war bei den Cowboys dann aber von einigen Nebenschauplätzen bestimmt. Keiner war so groß wie der Skandal um die Affäre der häuslichen Gewalt und Shooting Star Ezekiel Elliott. Die ständigen Debatten und die Ungewissheit rund um eine letztlich erst zur zweiten Saisonhälfte in Kraft tretende sechs-Spiele-Sperre gegen Elliott hatten merklichen Einfluss auf die Leistungen der gesamten Mannschaft. Auch auf Prescott. Das zumindest war das Bild der Öffentlichkeit.

Sophomore Slump? Prescotts Jahr 2 unter der Lupe

In seinem zweiten Jahr warf er nämlich für weniger Yards pro Passversuch und dabei für eine geringere Completion Percentage, weniger Touchdown-Pässe und deutlich mehr Interceptions als im Vorjahr. Er wirkte weniger sicher in der Pocket, der erhoffte nächste Schritt ging nach hinten. Die Cowboys, welche als Super-Bowl-Contender in die Saison gestartet waren, verpassten die Playoffs mit einer Bilanz von 9-7.

Was die Spiele gezeigt und die Handlungen im Nachgang an die Saison aber bestätigt haben, war, dass das Supporting Cast Prescotts deutlich eingeschränkt war. Dez Bryant wurde aufgrund der stark nachlassenden Leistungen und eines teuren Vertrages nach der Saison entlassen. Tight End Jason Witten beendete hingegen seine Karriere. Die sechs-Spiele-Abstinenz Elliotts sowie eine schwerwiegende Verletzung von Offensive Tackle Tyron Smith taten ihr Übriges.

Betrachtet man Prescotts Adjusted Passer Rating vor der Suspendierung Elliotts und der Verletzung Smiths aber, so befand er sich bis Week 9 aber auf Rang 4 in der Liga. In Sachen Passer Rating bei Deep Throws war er sogar Zweitplatzierter hinter Alex Smith, der seine Ausnahmesaison in Kansas City spielte

Jerry Jones kündigt Dak-Verlängerung an

In die aktuelle Saison gehend galt es für Prescott, seine Kritiker für teilweise übertriebene Kritik eines Besseren zu belehren. Doch waren die Zeichen dafür nicht vielversprechend: Die Cowboys investierten trotz der Entlassung Bryants nur enorm zurückhaltend in neue Waffen. Stattdessen schien der Plan eindeutig Richtung exzessive Nutzung des Run Games zu gehen. Und dies bewahrheitete sich mit überschaubarem Erfolg.

Die Cowboys starteten die Saison 3-5 und Prescott wirkte stark verunsichert, was ihm vor allem bei seinem Verhalten innerhalb der Pocket anzusehen war und mehrmals zu Spielen mit mehreren Turnovern führte. Den Cowboys drohte eine weitere Saison ohne Playoff-Teilnahme und die Zukunft vom Mann Under Center und Coach Garrett wurde öffentlich stark in Frage gestellt.

Innerhalb der Franchise jedoch bekannte man sich zur Nummer 4. "Dak ist der Quarterback der Dallas Cowboys", erklärte Cowboys-Eigentümer Jerry Jones in einer Radio-Show in Dallas und fügte prompt hinzu: "Er ist jung und er wird eine Verlängerung bekommen."

Dak Prescott - "Der ultimative Krieger"

Und auch von seinen Teamkollegen erhält Prescott Rückendeckung. In erster Linie, weil er es ist, der ihnen den Rücken freihält: "Er schiebt die Schuld niemals auf jemand anderen. Sogar wenn es nicht seine Schuld ist, sagt er, dass es seine Schuld wäre", so Safety Jeff Heath. "So verhält sich ein Leader. Es ist leicht, andere zu beschuldigen, aber in seiner Position macht er alles richtig."

"Wie soll man nicht an Dak glauben? Er ist ein Winner. Er ist ein Champion", sagt Tackle La'El Collins über Prescott. "Er ist ein Wahnsinns-Spieler. Ein Wahnsinns-Leader, ein Vorbild und immer er selbst. Egal was bei einem Play passieren mag. Du weißt, dass er zurückkommen wird und du dich auf ihn verlassen kannst."

"Er ist der ultimative Krieger. In guten wie in schlechten Zeiten", beschreibt DeMarcus Lawrence seinen Quarterback. "Das respektierst du von ihm als Mann und als deinem Quarterback. Er hat uns hier her gebracht und ist ein Teil von uns."

Cowboys-Saison nimmt Wende durch Cooper-Trade

Die Saison der Cowboys und die von Prescott sollte in ihrer Bye-Week eine drastische Änderung nehmen. Mit dem Trade für Amari Cooper zum Preis eines Erstrunden-Picks schien die Franchise mit dem Stern an der Seite seines Helmes zunächst einen zu teuren Deal eingegangen zu sein. Cooper befand sich bei den Raiders zuvor schon in der zweiten Spielzeit, in welcher die Leistungen keineswegs dem verhandelten Gegenwert entsprachen. Doch stellte sich der Deal nach wenigen Spielen als hervorragend heraus.

Cooper schien den Tapetenwechsel nämlich mindestens so sehr gebraucht zu haben, wie die Cowboys einen neuen Nummer-1-Receiver. Der Neuzugang schaffte es schnell, sich im Scheme zurecht zu finden. Er konnte sich endlich wieder aus Press-Coverage befreien und in Eins-gegen-Eins-Situationen durchsetzen. Er schaffte es, sich von seinen Gegenspielern zu lösen, hielt plötzlich wieder alles fest, was in seine Richtung flog und hatte nun auch wieder das nötige Quäntchen Glück, wenn es für ein Big Play denn auch mal die Mithilfe der Gegenspieler benötigte.

Die Konsequenz war für Dallas' Offense sensationell. In sechs Spielen nach Coopers Ankunft hatten Prescotts Receiver 0,8 Yards mehr Separation und der Quarterback knapp 10 Prozent seltener Würfe in enge Fenster.

Die Gefahr, die Cooper als Deep Threat und mit seiner Fähigkeit, Plays nach dem Catch zu kreieren, darstellte, forcierte gegnerische Defenses wieder weiter von der Line of Scrimmage entfernt zu verteidigen. Und die sich dadurch öffnenden Lücken waren gefundenes Fressen für ein Running Game, das sich bietende Möglichkeiten nutzen kann, wie kaum ein anderes.

Bremst Prescott die Cowboys-Offense?

Die Cowboys-Offense an sich präsentierte sich zum einen nun weitaus balancierter, zum anderen stellte sie neben der starken Defense auch eine zweite ernstzunehmende Unit dar. Dallas gewann sieben seiner letzten acht Spiele in der Regular Season und legte dabei unter anderem Top-Teams wie die New Orleans Saints lahm. Die NFC East war schon frühzeitig in den Händen des Teams von Jason Garrett.

Einen Favoriten-Status konnten sich die Cowboys aber dennoch zu keiner Zeit verdienen. Zu inkonstant waren die Leistungen der Offense und Prescott hatte häufig seinen Teil dazu beizutragen. Auffallend waren vor allem immer wieder schlechte Pocket Awareness: während die Leistungen in der Rookie-Saison gegen Pressure noch hervorragend war, so sind sie in der dritten Saison enttäuschend.

Prescott musste 2018 56 Sacks hinnehmen. Nur Houstons Deshaun Watson toppt diesen Wert mit 61. Bei 24,8 Prozent der Dropbacks unter Druck ging Dallas' QB mit dem Ball zu Boden und noch schlimmer stellen sich die 44 Sacks gegen einen regulären Rush dar. Prescott hält den Ball gerne zu lange und das hat ihn in dieser Spielzeit 15 Sacks gekostet. Diese Probleme kommen vor allem in der Red Zone zum Vorschein, wo die Defense nur ein kleines Feld verteidigen muss und gerne Extra-Personal sendet.

Prescott kann gegen die Rams Kritiker verstummen lassen

Prescotts Verhalten gegen Pressure steht in der Divisional Round (in der Nacht von Samstag auf Sonntag ab 2.25 Uhr live auf DAZN) gegen die Los Angeles Rams unter besonderem Fokus. In Aaron Donald schicken die Champions der NFC West den vermeintlich besten Verteidiger der Liga von der Defensive-Tackle-Position ins Rennen.

Gelingt es Prescott hier nicht, den Ball schnell loszuwerden, so laufen die Cowboys Gefahr, in schlechte Down-&-Distance-Situationen zu kommen und der brandgefährlichen Rams-Offense den Ball zu oft in die Hände zu legen.

Denn auch wenn die Cowboys in dieser Saison defensiv schon die ein oder andere Top-Offense stark limitieren konnten und Passing-Game-Coordinator Kris Richard die Rams-Offense während seiner Zeit bei der letzten Station in Seattle kennen lernen durfte, wird es schlussendlich darauf ankommen, ob man offensiv Schritt halten kann.

Das vierte Viertel - das Prescott-Viertel

Trifft Prescott gegen Druck die richtigen Entscheidungen und hält Dallas' Offense auf dem Platz, dann könnte es im Verbund mit einer starken Leistung der Cowboys-Defense stattdessen nämlich auf eine der Parade-Disziplinen Prescotts ankommen: Das vierte Viertel. Hierfür scheint Prescott zu leben, ganz besonders in der Postseason.

Das war bei einem grandiosen Comeback gegen die Packers vor zwei Jahren so, als es am Ende nur durch einen genialen Moment von Aaron Rodgers nicht für die Overtime reichen sollte. Und das war auch am vergangenen Samstag gegen die Seahawks so, als Prescott mit einer reinen Willensleistung die Entscheidung herbeiführen wollte, den Sieg durch physisch anspruchsvolle Runs erzwang und seinem Leader-Ruf dabei wieder einmal gerecht wurde.

Es war eines der Spiele, die den Cowboys und Jerry Jones Recht geben, wenn von einer Vertragsverlängerung für Prescott gesprochen wird. Dennoch ist auch klar: Prescott zählt aktuell nicht zu den Top-10-Quarterbacks in der Liga und das ist vermutlich so lange zu verkraften, wie der Vertrag keinen Einfluss auf die Handlungen der Franchise hat.

Ob Prescott einen Vertrag für weit über 20 Millionen Dollar pro Jahr wert ist? Mit einer starken Playoff-Performance bei einem der großen Titel-Favoriten kann er jedenfalls weitere Argumente für sich sammeln.