Die Free Agency bringt auch in diesem Jahr spannende Quarterback-Fragen mit sich - und für die allermeisten Teams beginnt das mit Nick Foles. Der einst unter Jeff Fisher bei den Rams aufs Abstellgleis geratene Foles, der später in Philly zum Super Bowl MVP wurde, könnte in diesem Jahr nochmals kräftig abkassieren - doch wo zieht es den 30-Jährigen hin? Und welche Gefahren birgt eine Verpflichtung des Routiniers?
"Eine Freude" sei es gewesen, in Philadelphia zu leben, "und ein Teil von allem zu sein und das Trikot zu tragen. Das kann mir niemand nehmen. Wir haben einige wirklich besondere Dinge erreicht."
Wer Nick Foles nach dem Playoff-Aus der Eagles in der Divisional-Runde bei den Saints zuhörte, der bekam unweigerlich ein Gefühl von Abschied. "Wir werden sehen, was passiert", fügte er noch hinzu, "aber ich kann euch eine Sache sagen: Ich habe jeden einzelnen Moment hier genossen und das wird immer einen besonderen Platz in meinem Herzen haben. Die Stadt, die Fans, die Menschen, alles daran. Es geht nichts darüber, im Linc zu spielen. Wir werden sehen, was passiert, aber ich habe alles daran genossen."
Spult man ein paar Tage weiter, dann wurden Foles' Aussagen noch konkreter - und lieferten gleichzeitig einen ersten Ausblick auf die eigenen Vorstellungen von der kommenden Free Agency. So antwortete er an dem Tag, an dem die Eagles-Spieler ihre Spinds ausräumten, auf die Frage nach einem möglichen Verbleib in Philly: "Alles ist möglich. Ich werde es mit meiner Familie besprechen. Ich liebe diese Stadt und dieses Team, es ist etwas Besonderes."
Wenig später fügte er hinzu: "Ich denke, die Option zu haben, ein Free Agent zu sein, ist extrem wichtig. Es würde mir sehr gefallen, ein Team anzuführen. Ein Team anzuführen, das Team zu prägen, deshalb spielen wir das Spiel; wir wollen Menschen positiv beeinflussen, wir wollen eine gewisse Atmosphäre kreieren. Gleichzeitig geht das nicht nur alleine. Das hat dieses Team hier gezeigt: Es braucht ein Team, nicht nur den Quarterback."
Eagles und Foles: Kein Platz für Romantik
Viel wurde noch während der vergangenen Saison aus der besonderen Beziehung zwischen Foles und Philadelphia gemacht. Aus dem Nichts hatte er als Ersatzmann für den verletzten Carson Wentz zwei unglaubliche Playoff-Spiele aufs Parkett gelegt - darunter Super Bowl 52 gegen die Patriots - und so den Eagles den ersten Super-Bowl-Triumph in der Franchise-Geschichte beschert.
Ein Jahr später führte er, wieder als Backup für Wentz rein geworfen, Philly zumindest in die Playoffs. Doch dass für Romantik im NFL-Business kein Platz ist, wurde nach Saisonende spätestens dann klar, als die Eagles Foles darüber informierten, dass sie seine Vertragsoption für 2019 ziehen wollen.
Diese hätte Foles 20 Millionen Dollar eingebracht und seinen eigentlich auslaufenden Vertrag noch für die kommende Saison verlängert - was Philly die Möglichkeit gegeben hätte, ihn zu traden. Die Eagles zwangen Foles so dazu, wollte er sein Schicksal in die eigene Hand nehmen, sich für zwei Millionen Dollar aus der Option raus zu kaufen.
Und so lassen sich Foles' Aussagen relativ klar deuten: Der 30-Jährige will als Free Agent auf den Markt kommen und nicht durch einen Trade fremdbestimmt wechseln. So will er ein Team finden, bei dem er selbst etwas bewegen kann - wofür es, um in seinen Worten zu bleiben, "nicht nur den Quarterback braucht".
Anders formuliert: Foles will eine Chance als Starter, und sein Team will er frei wählen können - denn die Umstände könnten für ihn womöglich eine größere Rolle spielen als der finanzielle Part.
Eagles: Macht der Franchise Tag für Foles Sinn?
Eine Option hätten die Eagles allerdings noch - Philly könnte Foles den Franchise Tag geben, und ihn ultimativ so doch noch traden. Das hätte zwei positive Effekte für Philadelphia: Die Eagles könnten einerseits so verhindern, dass Foles womöglich bei einem Division-Rivalen wie Washington oder womöglich auch New York landet; und sie könnten sich ihre Kompensation sichern.
Was ist damit gemeint? Letztlich gibt es zwei realistische Szenarien für die Eagles. Entweder lässt man Foles jetzt als Free Agent ziehen, oder man bindet ihn nochmals und gibt ihn via Trade ab. Passiert Ersteres, würde Foles mit einem mutmaßlich hochdotierten neuen Vertrag in die Compensatory-Pick-Formel für die Eagles zählen und Philadelphia maximal einen Drittrunden-Pick 2020 bescheren - abhängig allerdings auch davon, wie teuer die Eagles in der kommenden Free Agency selbst einkaufen.
Und selbst wenn sich Philly auf dem Free-Agent-Markt zurückhält, gibt es ein Argument dafür, aufgrund der Compensatory-Formel den Trade zu bevorzugen: jedes Team kann in einem Jahr nur vier Compensatory Picks erhalten. Da den Eagles neben Foles auch die potentiellen Abgänge von Spielern wie Brandon Graham, Ronald Darby, Golden Tate, Jordan Hicks, Haloti Ngata und Jay Ajayi bevorstehen, könnte man darauf pokern, auch ohne Foles in der Rechnung mehrere hohe Compensatory Picks zu erhalten. Der Pick für Foles in einem Trade wäre so ein zusätzlicher Bonus.
Traden die Eagles Foles, hätte man zudem die Option, einen Drittrunden-Pick (oder womöglich auch höher, ein Drittrunden-Pick soll aber die interne Vorstellung sein) 2019, also im diesjährigen Draft zu verlangen. Es wäre also ein garantierter Pick im kommenden Draft, statt ein theoretischer Pick im 2020er-Draft - ein nicht zu verachtender Unterschied für ein Team, das umso mehr jetzt angreifen will, so lange Carson Wentz noch unter seinem Rookie-Vertrag spielt.
Dürfen die Eagles Foles den Tag geben und ihn dann traden?
Natürlich wäre ein solches Vorgehen seitens des Teams nicht ohne Risiko. Der Franchise Tag würde Foles zunächst einmal rund 25 Millionen Dollar zusichern, was einen Trade schon schwieriger machen könnte. Das aufnehmende Team müsste bereit sein, diese 25 Millionen Dollar für die kommende Saison zu bezahlen - und darauf aufbauend gewillt sein, einen langfristigen Vertrag auszuhandeln, dem Foles zustimmt.
Ein Team, bei dem Foles nicht unterschreiben will, dürfte kaum einem derart hochkarätigen Trade zustimmen; Foles selbst würde in diesem Szenario also doch eine gewisse Macht besitzen. Größer noch wäre das finanzielle Risiko für die Eagles selbst: Unterschreibt Foles den Tag, können ihn die Eagles nicht zurückziehen. Im schlimmsten Fall wären sie dann gezwungen, in der kommenden Saison rund 25 Millionen Dollar für ihren Backup-Quarterback zu bezahlen.
Bis zum 5. März, acht Tage vor dem Start der Free Agency, müssen sich die Eagles entscheiden. Dann endet die Frist für den Franchise Tag. Und selbst wenn die Eagles den Tag anwenden, könnte Foles' Berater Alarm schlagen. Denn das CBA schreibt vor, dass ein Team einem Spieler nicht mit der Absicht den Tag geben darf, dass er getradet werden soll.
Selbstredend ist das schwer nachweisbar und wird von der Liga selten wirklich konsequent verfolgt - Jarvis Landry wurde im Vorjahr von den Dolphins zu den Browns getradet, am Tag nachdem er den Franchise Tag erhalten hatte -, doch in diesem besonderen Fall mit der Quarterback- Situation im Hinterkopf hätte Foles ein gutes Argument.
So oder so stellt sich die alles entscheidende Frage: Welche Teams machen für Foles überhaupt Sinn?
NFL Free Agency - wohin geht Nick Foles?
Foles-Option 1: Jacksonville Jaguars
Es ist der wohl offensichtlichste Fit für Foles. Die Jaguars haben ein offensiv junges Team mit einer Defense, die mit Spielern wie Jalen Ramsey, A.J. Bouye, Calais Campbell, Yannick Ngakoue und Myles Jack noch immer Playoff-bereit ist - die Betonung liegt auf "noch", denn allzu lange werden die Jags die Defense so nicht mehr zusammenhalten können. Um nochmal einen Playoff-Run starten zu können, muss Jacksonville endlich auf der wichtigsten Position reagieren - ein Ersatz für Blake Bortles muss her.
Die Probleme aus Jags-Sicht sind vor allem finanzieller Natur. Durch die Vertragsverlängerung mit Bortles würde eine Entlassung lediglich Cap-Einsparungen in Höhe von etwas über vier Millionen Dollar einbringen, da ein Dead Cap über gut 16 Millionen Dollar zurückbleiben würde - und Jacksonville ist schon jetzt als einziges Team über dem Cap.
Einsparungen müssten also her. Eine Entlassung von Defensive Tackle Marcell Dareus würde 10,5 Millionen Dollar an Cap Space schaffen, Tashaun Gipson (Cap-Einsparungen: rund 7,4 Millionen Dollar), Carlos Hyde (4,7 Mio.), Cody Kessler (knapp eine Million) und Abry Jones (4 Mio.) wären weitere denkbare Cap-"Opfer". Malik Jackson (11 Mio.) ist ebenfalls nicht unantastbar.
Foles wäre nicht nur ohne Frage ein Upgrade gegenüber Bortles, auch eine offensichtliche Verbindung ist gegeben: John DeFilippo, einst Foles' QB-Coach bei den Eagles, ist inzwischen der Offensive Coordinator in Jacksonville und kennt den (Noch-)Eagles-QB dementsprechend bestens. Wenige Coaches in der NFL sollten derzeit eher wissen, wie man Foles bestmöglich einsetzt.
Foles-Option 2: Washington Redskins
Die Redskins sind verglichen mit den Jags in einer ganz anderen Situation. Vom potentiellen Titelfenster sind sie in der Hauptstadt noch ein gutes Stück weit entfernt, stattdessen gilt es, die Ungewissheit auf der Quarterback-Position zu adressieren. Alex Smith könnte nach seiner schweren Verletzung zum vorzeitigen Karriereende gezwungen sein, zumindest für die kommende Saison scheint er in den Team-internen Planungen keine Rolle zu spielen.
Eine Entlassung ist aus Cap-Gründen keine Option, das wäre frühestens 2020 denkbar; und so muss Washington eine Quarterback-Lösung finden, die parallel zu Smiths Cap Hit in Höhe von 20,4 Millionen Dollar bezahlt werden kann. Das könnte schon Grund genug sein, dass Washington im Werben um Foles keine Rolle spielen kann.
Die sportlichen Voraussetzungen ansonsten wären für Foles nicht uninteressant. Eine - wenn sie endlich wieder fit zusammenbleibt - sehr gute Offensive Line, einige Waffen im Passing Game - auch wenn hier Bedarf besteht - und ein mutmaßlich gutes Run Game hinter besagter Line sowie mit der Rückkehr von Derrius Guice. Was das offensive Personal angeht wäre Washington in vielerlei Hinsicht die ansprechendere Option als Jacksonville.
Foles-Option 3: Miami Dolphins
Es ist ein offenes Geheimnis, dass sich die Dolphins von Ryan Tannehill trennen wollen und selbst die sich häufenden Meldungen, wonach die Dolphins 2019 von vorneherein als Übergangsjahr sehen, scheinen mehr als nur Gerüchte zu sein.
In der Vergangenheit wurden die Dolphins von Beratern auch mal genutzt, um Preise nach oben zu treiben - zu häufig war Miami nur allzu gerne im Rennen um die dicksten Free-Agent-Fische mit dabei.
Die Free Agency 2019 scheint nach allen Berichten aus South Beach nicht in diese Kategorie Dolphins-Free-Agency zu passen, was Miami mit Blick auf Foles wohl aus dem Rennen wirft. Miami will sein Team weder kurzfristig verbessern, noch in diesem Jahr viel Geld für Free Agents ausgeben. Eine Übergangslösung wie Case Keenum oder Ryan Fitzpatrick dürfte hier deutlich wahrscheinlicher sein.
Foles-Option 4: New York Giants
Aus Eagles-Sicht wäre das wohl - zurück zu den sentimentalen Aspekten - der unangenehmste Fall. Und denkbar wäre er nur, würden die Giants sich von Eli Manning trennen: Manning geht in sein letztes Vertragsjahr und hat einen Cap Hit in Höhe von 23,2 Millionen Dollar. Eine Entlassung würde allerdings Einsparungen über 17 Millionen Dollar mit sich bringen.
Die Giants, das haben ihre Entscheidungen in der jüngeren Vergangenheit klar gemacht, wähnen sich selbst zumindest in Playoff-Reichweite; die offensiven Waffen jedenfalls haben sie dazu. Die ehrliche und faire Frage, die man dennoch stellen müsste: Wäre Foles auf eine ganze Saison gesehen wirklich ein signifikantes Upgrade gegenüber Manning?
Free Agency: Nick Foles - eine Warnung
Das führt direkt zum letzten Punkt: Teams dürfen - und die Gefahr besteht ohne Zweifel - nicht vergessen, was sie mit Foles bekommen. Zu sehr dominieren seine Ausnahmespiele, die mitunter wirklich herausragend waren; wie etwa das Championship Game und der Super Bowl im Vorjahr, der Auftritt im Must-Win-Game gegen die Texans in Woche 16 oder zumindest Phasen des Wild-Card-Duells mit den Bears.
Doch schaut man sich das Gesamtbild an, fällt immer wieder Foles' Inkonstanz auf. Auch während seiner Zeit in Philly. Die schwachen Auftritte zum Start der vergangenen Saison werden dabei genauso gerne vergessen, wie mitunter desolate Foles-Partien spät in der Saison 2017 vor dem Conference Championship Game. Seine Highlights kamen mehrfach auf sehr großer Bühne. Das trügt die Wahrnehmung.
Gleichzeitig scheint Foles in der Lage, ein Team auf seine Art mitzureißen. Er hat keine Angst vor dem Downfield Passing Game oder vor engen Pass-Fenstern, er steht gegen Pressure in der Pocket, er gibt seinen Receivern immer wieder eine Chance auf das Play. Doch das konstant, Woche für Woche von ihm zu verlangen, insbesondere wenn die Umstände weniger vorteilhaft sind - etwa durch mehr Pressure hinter einer schwächeren Offensive Line -, wäre ein potentiell teurer Trugschluss.
Die Gefahr, dass ein Team für Foles viel zu tief in die Tasche greift, ist mehr als real. Umso wichtiger wird Foles' eigener Ansatz sein: die Umstände in jederlei Hinsicht sollten für den 30-Jährigen oberste Priorität genießen. Und vielleicht gibt es für Foles dann tatsächlich nochmals ein "besonderes" Team.