Die 100. NFL-Saison ist endlich da! Höchste Zeit für finale Prognosen: Was bedeutet der Rücktritt von Andrew Luck für die kommende Saison? Welche Teams geben ein Playoff-Comeback? Und wer gewinnt am Ende eigentlich den Super Bowl? SPOX-Redakteur Adrian Franke diskutiert mit DAZN-Experte und Ex-Patriots-Spieler Sebastian Vollmer, DAZN-Kommentator Martin Pfanner und mySPOX-User Butfumlbe93.
Wie sehr verändert der Luck-Rücktritt das Bild in der AFC?
Hinweis: Die Antworten von Martin Pfanner und mySPOX-User Butfumlbe93 kamen, bevor die Texans am Samstag mit Trades für Furore sorgten.
Sebastian Vollmer (DAZN): Für mich war die AFC South ohnehin relativ offen, mit den Colts als das Team, das die besten Chancen hatte. Das geht jetzt denke ich schon ein wenig zurück, wobei ich auch sagen muss: Ich kenne Jacoby Brissett, er ist ein Freund von mir, wir haben auch noch zusammen gespielt - das ist ein guter Spieler. Es ist nicht so, als wären die Colts hier jetzt komplett verloren. Trotzdem hat sich die Lücke zwischen den Teams geschlossen. Wie sich all diese Trades bei den Texans auswirken, wird sich zeigen müssen - gefühlt ist die AFC South jedes Jahr komplett offen und jedes Team kann die Division gewinnen; das scheint jetzt wieder zuzutreffen. Ich würde die Colts auf keinen Fall abschreiben.
Adrian Franke (SPOX): Für mich sind es die Texans, die hier relativ klar profitieren. Vor Lucks Entscheidung hatte ich die Colts als klaren Division-Favoriten auf dem Zettel, das ist jetzt natürlich nicht mehr der Fall. Houston geht mit leichter Pole Position ins Rennen; doch auch die anderen beiden Teams in der AFC South profitieren: Da, wie Sebastian schon gesagt hat, die Division jetzt unheimlich eng zusammenrückt, dürfen sich auch die Titans und Jaguars deutlich größere Hoffnungen machen als noch vor zwei Wochen. Mit Blick auf die Playoffs sind die beiden Schwergewichte New England und Kansas City natürlich froh, einen ganz starken Konkurrenten weniger zu haben, doch gehen die Auswirkungen womöglich sogar darüber hinaus: Einerseits, weil die Patriots und Chiefs fraglos die Qualität haben, auch ein Colts-Team mit Luck zu schlagen - andererseits aber auch, weil Indianapolis ein Kandidat für den Nummer-1-Seed war, was mit Blick auf die jüngere Vergangenheit eine enorme Bedeutung für die Playoffs haben kann. Der dürfte jetzt am ehesten wieder in Foxboro oder Kansas City landen.
Martin Pfanner (DAZN): Eins vorweg: So sehr es mir persönlich leid tut Andrew Luck nicht mehr am Football-Feld sehen zu dürfen, so nachvollziehbar und zutiefst menschlich ist die Entscheidung. Ich ziehe den sprichwörtlichen Hut davor. In der AFC South wird sich für meine Begriffe rein tabellarisch nicht allzu viel ändern. Die Colts und Texans streiten sich um die Divisionskrone, Jacksonville kann als Außenseiter eventuell mitmischen. Am Ende der Saison sehe ich die Colts mit einem unberechenbaren Jacoby Brissett und (vor allem) einer sehr starken Offensive Line leicht vor den Texans. In der AFC sind Teams wie New England und Kansas City auch weiterhin deutlich vor den Colts. Der Unterschied? Völlig überraschend der Franchise-QB. So lange Mahomes in seiner letztjährigen MVP-Form zaubert und Brady immer noch nicht im Spätherbst seiner Karriere ankommen will, so lange werden die Colts auch nicht in der AFC-Elite ankommen. Der größte Profiteur des Luck-Rücktritts sind wenig überraschend die Tennessee Titans. Die Truppe aus Nashville war 0-11 in Spielen gegen Andrew Luck. Das dürfte aber auch schon eine der ganz wenigen, positiven Nachrichten für die 2019er-Titans sein.
mySPOX-User Butfumlbe93: Die AFC South war mit Andrew Luck relativ eindeutig: Indianapolis war das "Team to beat" und Anwärter auf einen tiefen Playoff-Run. Doch der Paukenschlag änderte alles. Kaum vorstellbar aber wahr: Zum ersten Mal seit die AFC South in der aktuellen Zusammensetzung besteht (2001), haben die Colts nicht den talentiertesten Quarterback der Division in ihren Reihen. Jacoby Brissett ist ein Backup. Er mag einer der besseren sein, aber er ist kein Starter. Auch wenn es nicht fair ist die beiden zu vergleichen, Brissett ist ein so großes Downgrade auf der wichtigsten Position, um die Colts vom Favorit zum Außenseiter avancieren zu lassen. Das aktuelle Rennen ist offener denn je und es ist gut vorstellbar, dass zum Division-Titel bereits neun Siege ausreichen. Die Texans müssen die massiven Probleme in der Offensive Line überwinden, sind aber ansonsten das beste Team mit dem vielversprechendsten Quarterback. Auch wenn ich wirklich große Bauchschmerzen bezüglich Watsons Protection sowie dem brachial wirkenden Schedule habe, müsste ich mich heute auf einen Favoriten festlegen, wäre es Houston. Mit Blick auf die Conference bleiben für mich besonders zwei Sieger: Kansas City und New England. Die Spitzenteams "verlieren" ihren ersten Verfolger und somit den größten Konkurrenten im Kampf um potentielle Bye Weeks. Aber natürlich auch die zweite Garde wie die Ravens, Chargers oder Steelers haben nun ein leichteres Spiel im Kampf um die begehrten Spots für Football im Januar.
Welche Playoff-"Neulinge" schaffen es 2019 in die Postseason?
Martin Pfanner (DAZN): Im Schnitt kamen seit 1991 pro Jahr immer etwa sechs neue Teams in die Playoffs. Dieser Tatsache Rechnung tragend habe ich sechs Teams identifiziert, die 2019 in der Runde der letzten 12 neu mitmischen werden.
Cleveland Browns: Wenn die Offensive Line nicht komplett unterirdisch agiert, die Defense zumindest leicht zulegt und die Playmaker, die in der Summe auf dem Papier die besten der NFL sind, auch nur ansatzweise so einschlagen, wie sich das abzeichnet, dann bescheren uns die Browns 16 Mal Must-See-TV. Darum: The hype is real. Cleveland wird nach Ewigkeiten zu Believeland und damit auch zu Playoff-Land.
Pittsburgh Steelers: Das Ende der Killers-Bs ist das Beste, was den Steelers seit ihrem Super-Bowl-Sieg im Februar 2009 passieren konnte. Me-First Le'Veon Bell? Weg. Team Cancer Antonio Brown? Vergiftet gerade das Klima in Oakland. Und: Alle Welt spricht über die Cleveland Browns, niemand über die Steelers. Die perfekte Ausgangslage, um Gegner und Experten von Beginn an auf dem falschen Fuß zu erwischen und sich eine der beiden AFC Wildcards zu sichern.
Denver Broncos: "Just what the Doctor ordered", ist für mich das Fazit der Broncos-Offseason. Ein "No Nonsense"-Coach mit Vic Fangio, fast wichtiger, ein aus ebensolchem Holz geschnitzter Defensive Coordinator mit Ed Donatell und eine Defense, die mit Ausnahme der Kansas City Chiefs jedem anderen Gegner das fürchten lehren wird. Da muss die Offense nur Mittelmaß (Say Hello to Joe Flacco) sein, um mit ein wenig Glück als Wildcard in die Playoffs zu kommen (ein Blick aufs Startprogramm offenbart für mich etwa schon einen 4-2 oder 5-1-Start).
Green Bay Packers: Wenn die arrangierte Ehe zwischen Matt LaFleur und Aaron Rodgers auch nur ansatzweise besser verläuft als die unüberbrückbaren Differenzen, die es scheinbar seit Jahren bei McCarthy-Rodgers gab, dann kann es für Green Bay nur nach oben gehen. Fragezeichen hinter RB1 und WR1 beziehungsweise in der Front Seven kompensiert für mich der intelligenteste Quarterback der Liga im Alleingang. Wenn Rodgers über 16 Spiele fit bleibt (mit 35 bei weitem nicht mehr garantiert), dann wird im Januar wieder Postseason-Football in der Kathedrale des Footballs Einzug erhalten.
Minnesota Vikings: Das Playoff-Rezept für die Vikings ist simpel, weil es an nur zwei "Wenn, dann"-Szenarien geknüpft ist. Wenn Kirk Cousins anfängt die wichtigen Spiele (negative Karriere-Bilanz in Spielen gegen .500 oder bessere Teams sowie in Night Games) zu gewinnen, dann wird er auch zum zweiten Mal in seiner Karriere Playoff-Football spielen dürfen. Wenn First-Round-Center Garrett Bradbury die miserable Line nur ein wenig aufwertet, dann haben die Mannen aus Minneapolis bei ihrer Fülle an Impact-Skill-Playern gute Chancen auf eines der sechs Playoff-Tickets in der NFC.
Sebastian Vollmer: Die Steelers werden dieses Jahr ziemlich gut sein, die sollten eine sehr gute Defense haben - vielleicht sogar eine dominante Defense. Denver ebenfalls, mit Von Miller und Bradley Chubb; da kommt es natürlich auf die eigene Offense an, das ist ja bei Denver traditionell ein wenig Hit-or-Miss, aber denen traue ich auch etwas zu. Die Browns haben ebenfalls eine Chance, auch wenn ich da noch nicht so ganz in diesen Hype einstimmen kann, der um das Team aktuell herrscht. Cleveland hat viele Stars und Charaktere, da muss man abwarten, ob das alles funktioniert. Steelers und Broncos also vorab, die Browns könnten es ebenfalls schaffen. In der NFC: Es ist eigentlich Wahnsinn, dass Green Bay jetzt mehrfach in Folge die Playoffs verpasst hat, wenn man sieht, was Aaron Rodgers kann und wie talentiert das Team auch um ihn herum teilweise war. Ich hatte letztes Jahr schon getippt, dass es die Packers wieder in die Playoffs schaffen, da lag ich daneben. Aber ich bleibe dabei - Packers mal wieder. Irgendwann muss es ja klappen. Und: Das Fenster mit Aaron Rodgers wird ja auch nicht größer, die haben nicht mehr so wahnsinnig lange Zeit. Ich glaube auch, dass das Drama zwischen ihm und Ex-Coach Mike McCarthy nicht so extrem war, wie es hier in den amerikanischen Medien berichtet wurde. Tom Brady und Bill Belichick gehen abends auch kein Bier trinken, sagen wir es mal so.
mySPOX-User Butfumlbe93: In der AFC tippe ich auf die gleichen Division-Sieger wie aus dem Vorjahr. Kansas City und New England sehe ich nicht nur in ihrer jeweiligen Division eindeutig vor den anderen Teams, auch in der gesamten Conference sind sie auf einem anderen Level. Die AFC North und South wirken dagegen weitaus offener. Wie bereits zuvor beschrieben, verspricht die AFC South ein schwer zu prognostizierendes Rennen, mit leichten Vorteilen für die Texans. Im Norden sehe ich trotz des Hypes um die Browns, mit den Ravens und den Steelers gleich zwei Teams vor ihnen. Die Ravens gewinnen im heißen Dreikampf erneut die Division, die Steelers erreichen den 6th Seed, während Cleveland sich knapp geschlagen mal wieder ohne Playoffs begnügen muss. Der fünfte Playoffspot geht erneut an die Chargers.
In der NFC dagegen ergibt sich ein etwas anderes Bild. Hier wirkt das Feld der Playoff-Aspiranten dichter beieinander. Die Rams und Saints können zwar ihre Divisionen verteidigen, werden aber nicht so souverän durch die Saison marschieren wie im Vorjahr. Im Osten sehe ich die Eagles vor den Cowboys, die sich aber berechtigte Hoffnungen auf einen Wildcard-Platz machen dürfen. In der NFC North bahnt sich ein Dreikampf zwischen Bears, Packers und Vikings an. Auch wenn es das Fanherz betrübt, mein aktuelles Gefühl spricht gegen die purpurnen Nordmänner und für den Rivalen aus Wisconsin. Um den letzten begehrten Platz kämpfen Seahawks, Vikings und Buccaneers. Schlussendlich behält (hoffentlich) Minnesota die Oberhand. Insgesamt: Mit Pittsburgh, Green Bay und Minnesota also nur drei neue Playoff-Teams.
Adrian Franke (SPOX): Rein statistisch wären "nur" drei neue Teams natürlich ziemlich überraschend. In der AFC bin ich bei Martin und glaube auch, dass die Browns und Steelers ihr Playoff-Comeback geben - aufkosten der Colts und Ravens, bei denen ich einfach zu viele Fragezeichen mit Blick auf die Offense sehe. Aber auch die Chargers, ohne Russell Okung, Derwin James und womöglich auch Melvin Gordon werden nicht an das Vorjahres-Level anknüpfen und sind angreifbarer geworden.
Die Packers sind ein riesiges Fragezeichen für mich; talentiert, keine Frage - aber ist Matt LaFleur der Coach, der das auch wieder aufs Feld bringt? Und das gleich in seinem ersten Jahr? Dennoch glaube ich, dass zumindest ein Kandidat aus Packers/Vikings den Sprung in die Postseason schafft, zusammen mit mindestens einem "neuen" NFC-South-Team; für mich am ehesten die Atlanta Falcons. Damit wären wir bei vier bis fünf neuen Teams, und vielleicht landen wir dieses Jahr tatsächlich unter dem Schnitt. Die jeweiligen Elite-Teams (New England, Kansas City in der AFC; die Saints, Rams und Eagles in der NFC) geben einem zumindest im Vorfeld der Saison nicht allzu viel Spielraum darüber hinaus.
Der MVP 2019 wird ...
mySPOX-User Butfumlbe93: Drew Brees. Der 40-Jährige geht eventuell in die letzte Saison einer grandiosen Karriere. Trotz unzähliger Rekorde und Auszeichnungen war ihm der MVP Award nie gegönnt. Sean Payton wird auch diese Saison wieder eine der besten Offenses der Liga auf den Platz bringen, die gleichzeitig dem langsam alternden Arm seines Schützlings entgegenkommt. Sicher, Kandidaten wie Tom Brady, Patrick Mahomes, Carson Wentz oder vielleicht sogar Baker Mayfield können sich ebenfalls Chancen ausrechnen, doch was ruft mehr nach der in den USA so geliebten Cinderella-Story, als ein Abschied in den Sonnenuntergang mit einem MVP Titel am Revers?
Sebastian Vollmer (DAZN): Vielleicht gehe ich etwas gegen den Strom damit, aber für mich ist das Patrick Mahomes. Normalerweise gibt es ja einen kleinen Rückschritt, wenn man gerade MVP geworden ist, aber das erwarte ich bei ihm nicht. Er ist noch so jung, und Quarterbacks verbessern sich in den meisten Fällen vom ersten zum zweiten Jahr als Starter nochmal. Die Chiefs hätten ohne Frage letztes Jahr schon den Super Bowl gewinnen können, wäre der Münzwurf im Championship Game andersherum ausgegangen. Dann wären sie in den Super Bowl gekommen und hätten da einfach die bessere Offense gehabt. Ich erwarte da keinen Hangover oder dergleichen, sondern, dass die noch motivierter sind, dass seine Mitspieler noch besser sind - für mich ist er der MVP-Kandidat.
Martin Pfanner (DAZN): Da gehe ich mit, Sebastian - wenn er fit bleibt, dann kann es nur einen Namen geben: Patrick Mahomes. Der spektakulärste Quarterback, den ich jemals über eine komplette Saison so agieren sehen habe. Und jetzt kommt das Sophomore-Jahr als Starter, wo 90 Prozent aller Spieler im Regelfall nur noch besser werden. Mahomes NOCH besser? Kann 2019 tatsächlich passieren. Spannender wäre die Frage, wer MVP werden würde, wenn es weder ein QB oder RB werden dürfte (was letztmals so nebenbei vor 33 Jahren der Fall war). Aber auch hier ist die Sachlage klar: Aaron Donald. Kein Spieler - auf egal welcher Position - hat gegenüber dem zweitbesten Positionskollegen einen derart großen Vorsprung. Spannend auch, dass Donald der erste Spieler der NFL-Geschichte werden könnte - meiner Meinung nach werden wird - der drei Mal in Serie zum wertvollsten Verteidiger gekürt wird.
Adrian Franke (SPOX): Zumindest in dieser Runde bist du nicht allein mit der Meinung, Sebastian. Ich habe Mahomes ebenfalls als meinen Favoriten auf den Titel. Mit Mecole Hardman hat er eine weitere Waffe dazu bekommen, diese Offense sollte unheimlich explosiv sein - und wenn wir auf die Defense schauen, dann fällt auf, dass Cornerback ein ernsthaftes Problem werden könnte. Ergo: Shootouts mit Chiefs-Beteiligung werden auch 2019 keine Seltenheit sein. Dementsprechend dürften dann auch Mahomes' Statistiken aussehen. Für mich fast die größte Frage hierbei ist, ob die Stimmberechtigten Mahomes einen zweiten MVP-Titel in Folge geben oder ob er aufgrund seines Titels im Vorjahr ein paar Stimmen verliert. Aber wenn das das größte Fragezeichen ist, habe ich keine Bedenken, Mahomes als meinen Pick zu nennen.
Welches Team wird dieses Jahr alle überraschen?
Martin Pfanner (DAZN): Positiv: Die Tampa Bay Buccaneers. Jahr 5 der Ära Jameis Winston ist für mich gleichbedeutend mit Make-or-Break. Wird Winston langfristig Starter einer NFL-Mannschaft bleiben oder reicht's maximal zum Karriere-Backup? Wenn es ein Coach schafft Erstgenanntes möglich zu machen, dann Bruce Arians. An klugen Gameplans und vor allem den Waffen für Winston wird es nicht mangeln, es liegt einzig und allein an Winston selbst, die Kurve zu kratzen. Defensiv sollte die Personalie Todd Bowles, neuer Coordinator der Bucs, helfen, aus dem absoluten Keller der NFL zu klettern. Mit etwas Glück reicht's in einem brutal starken Süden der NFC für die zweite Wildcard. Negativ: Die Baltimore Ravens. So sehr der QB-Wechsel in der Vorsaison die Ravens in Richtung Playoffs beflügelt haben mag, so sehr habe ich immer noch meine Zweifel, was Lamar Jackson und seine Fähigkeiten, ein Team allein zu tragen, anbelangt. Warum? Einerseits haben die Chargers in der Wildcard-Runde gezeigt, wie man dem Laufspiel Baltimores erfolgreich den Zahn ziehen kann, andererseits weil die 58,2 Prozent Passquote im Rookie-Jahr beziehungsweise 57 Prozent während seiner College-Karriere für meine Wenigkeit große "Red Flags" sind. Jede Mannschaft, die ihn eindimensional macht, bekommt es mit einem für NFL-Verhältnisse sehr ungenauen Quarterback zu tun. Oft ist das ein gefundenes Fressen für den Defensive Coordinator. Jackson mag mich am Ende des Jahres Lügen strafen, aber nach 16 Spielen wird für meine Begriffe am Ende der Urlaub auf die Truppe von John Harbaugh warten.
mySPOX-User Butfumlbe93: Die Buccaneers haben im Rennen um die Playoffs ein gehöriges Wörtchen mitzureden und sind die Nummer 2 in der Division. Denn sie überzeugen in der wichtigsten Disziplin der heutigen NFL: Dem offensiven Passing Game. Die Kombination des ultraaggressiven Schemes vom neuen Head Coach Bruce Arians und dem (zu) risikoaffinen Jameis Winston klang in der Theorie bereits vielversprechend und der Artikel des stadtbekannten PFF Data Scientist Timo Riske bestätigt den Eindruck auch auf analytischer Ebene. Mike Evans und Chris Godwin gehören zu den besten Wide-Receiver-Duos der Liga und mit Cameron Brate steht außerdem noch ein sehr solider Pass-Catching-Tight-End zur Verfügung. Ob die löchrige Secondary schlussendlich einen Playoff-Spot erlaubt, bleibt fraglich. Aber Tampa Bay hat für solch ein wenig erfolgreiches Team der letzten Zeit fraglos bereits wichtige Stützen, die auch langfristig den Erfolg sichern können, sodass Arians das Ruder relativ zügig rumreißen kann. In 2019 scheint zumindest eines klar: Die Spiele des Bucs versprechen hohen Unterhaltungswert.
Adrian Franke (SPOX): Ich mag die Buccaneers ja wirklich auch als Überraschungsteam, weil ich ebenfalls davon ausgehe, dass diese Offense unter Arians einen schnellen Turnaround hinlegen kann. Aber mir ist diese Secondary - eigentlich die Defense generell - und dann auf dem Level auch die Offensive Line mit zu vielen Fragezeichen versehen, als dass ich den Mut hätte, sie in die Playoffs zu tippen. Ein Team, das eine etwas leichtere Division und weniger Top-Konkurrenz um einen Wildcard-Platz hat, sind die Buffalo Bills. Mir gefällt, was die Bills in der Offseason gemacht haben: Mitch Morse und Cody Ford werden die Offensive Line deutlich stabiler machen, Ty Nsekhe gibt Buffalo mindestens einen sehr guten Swing-Tackle, vielleicht mehr. John Brown und Robert Foster könnten das gefährlichste (in jedem Fall schnellste) Downfield-Receiver-Duo der Liga bilden, Cole Beasley ist eine verlässliche Slot-Waffe, wie Buffalo sie letztes Jahr nicht hatte, und die Defense sollte erneut gut bis sehr gut sein. Natürlich hängt dann viel von Josh Allens Entwicklung ab - doch die Umstände um ihn herum sind unter dem Radar, aber zunehmend gut! Die Bills bewegen sich aktuell ein wenig im Windschatten der Jets, das könnte sich aber über die nächsten drei Monate ändern.
Sebastian Vollmer (DAZN): Die 49ers sind nicht so schlecht, wie es jetzt im Zuge der Preseason teilweise prognostiziert wurde. Klar, Jimmy Garoppolo kommt von seinem Kreuzbandriss zurück und einige Medien haben da über ein holpriges Trainingslager berichtet, in der Preseason hat er jetzt auch nicht so richtig überzeugt. Aber er ist ein Spieler, der im Spiel, in der Regular Season dann mehr auftaut - er war noch nie ein Trainings-Quarterback. Und man muss nach einem Kreuzbandriss auch ein wenig den Rost abschütteln, das hat damals bei Tom Brady auch etwas gedauert; 2009 war jetzt auch nicht unsere Saison, wenn wir ehrlich sind. Da haben wir in der Wildcard-Runde eine richtige Klatsche bekommen. Defensiv hatten die 49ers letztes Jahr gerade einmal zwei Interceptions, also rein von der Wahrscheinlichkeit her muss das nach oben gehen. Die Defense wird besser sein und Garoppolo wird eine gute Saison spielen, deshalb habe ich San Francisco positiv auf dem Zettel. Ob das dann auch für die Playoffs reicht, wird sich zeigen. Man muss einen etwas holprigen Start einkalkulieren - aber es könnte für die Playoffs reichen. Ich sehe die 49ers bei neun, zehn, vielleicht elf Siegen. Und wer in die Playoffs kommt, kann da auch heiß laufen; das haben wir selbst ja gegen die Giants damals zu spüren bekommen.
Wie lautet der Super Bowl, und wer gewinnt ihn?
Sebastian Vollmer (DAZN): Ich würde hier natürlich gerne mein Ex-Team New England rein tippen. Die Offense ist denke ich mindestens so stark wie letztes Jahr, davon abhängig, in welcher Form Josh Gordon eine Rolle spielt. Tight End ist deren einzige Schwachstelle, aber in meinen Augen könnten die Patriots in der kommenden Saison die beste Defense der NFL haben. Aber rein statistisch gesehen - eine vierte Super-Bowl-Teilnahme in Folge? Das wäre schon eine ziemliche Hausnummer. Deswegen tippe ich stattdessen auf die Chiefs in der AFC; in der NFC sehe ich die Saints ganz weit oben. Auch da hätte das Championship Game letztes Jahr ganz anders ausgehen können. Ich würde lieber auf ein Rematch aus dem vergangenen Jahr - Rams gegen Patriots - tippen, aber wenn ich wetten müsste, dann tippe ich auf Chiefs gegen Saints.
Martin Pfanner (DAZN): Im Wissen, dass ich mit meiner 2018er-Prognose - Chargers gegen Falcons - auf gut Österreichisch voll in den Gatsch gegriffen habe, kann's 2019 eigentlich nur besser werden. Oder noch schlechter. Ich entscheide mich für einen an Storylines fast schon zu reichen Super Bowl, nämlich den Andy-Reid-Bowl und sehe Chiefs und Eagles aufeinandertreffen. Lehrmeister Reid gegen Lehrbub Pederson, Mahomes gegen Wentz und so viele Subplots (Kelce gegen Kelce, potenziell beste Offensive Line gegen potenziell beste Defensive Line), dass das NFL Network die tägliche Coverage in der Super Bowl Week von 24 auf 30 Stunden ausbauen wird. Und wer gewinnt am Ende? Die Chiefs!
mySPOX-User Butfumlbe93: Kansas City gegen Philadelphia! Der Lehrmeister gegen den Lehrling, Andy Reid gegen Doug Pederson. Beide Teams legen den Fokus auch wegen der ausgeprägten Analytics-Abteilungen auf messbare Effektivität und können dank potenter Offensiven mit sehr gutem Coaching genug Feuerkraft aufbieten, um sich vor keinem Team verstecken zu müssen. Die Defense Kansas Citys ist ein Problem, doch gibt es in der AFC kein Team ohne Löcher im Kader und auch der letztjährige Champion hat bereits vor der Saison mit schwerwiegenden Ausfällen wie Rob Gronkowski, David Andrews und eventuell Patrick Chung zu kämpfen. Personalien, die im Januar Einfluss haben werden und den Chiefs womöglich den entscheidenden Vorteil liefern. In der NFC helfen ein vollständig kurierter Carson Wentz und der tiefste Kader der Liga, um die größten Konkurrenten aus New Orleans und Los Angeles zu schlagen. Gewinnen wird das erstaunlich defensiv geprägte Matchup schlussendlich Philadelphia.
Adrian Franke (SPOX): Das ist schon fast ein bisschen unheimlich - wir haben tatsächlich drei Mal die gleiche Super-Bowl-Paarung vorausgesagt! Ich kann bezeugen, dass alle Tipps unabhängig voneinander eingegangen sind, und ich selbst musste meine Prediction für die Multimedia-Preview ohnehin schon vor über zwei Wochen einreichen. Aber ja, auch ich habe die Chiefs gegen die Eagles in den Super Bowl getippt. Ich stimme Sebastian zu, dass die Patriots-Defense ganz weit oben landen könnte, und dass die Offense zwar die Tight-End-Frage lösen muss, aber ansonsten auch 2019 stark sein sollte. Die Chiefs-Offense allerdings könnte alles in den Schatten stellen, mit vielleicht der besten QB-Head-Coach-Kombination in der NFL für die nächsten Jahre und einem herausragenden Waffenarsenal. KC schafft, trotz Coverage-Bauchschmerzen, den nächsten Schritt, während die Eagles den wohl komplettesten und tiefsten Kader der NFL, sowie einen fitten Carson Wentz an den Start bringen. Das Ergebnis? Ein hochspannender Super Bowl, den die Chiefs knapp für sich entscheiden.
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