NFL Preseason Week 2 - Erkenntnisse: Cam Newton - Viel Aufwand für höchstens akzeptablen Ertrag

Marcus Blumberg
25. August 202108:30
Trey Lance soll bei den 49ers früher oder später Jimmy Garoppolo ablösengetty
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Cam Newton bekam viel Lob für seinen Auftritt gegen die Eagles, doch war er wirklich so gut? Anderswo in der AFC East besteht sehr viel Hoffnung, während bei einem Rookie-QB Geduld gefragt ist. Die Erkenntnisse zur zweiten Woche der NFL Preseason.

NFL Preseason: Die Erkenntnisse nach Week 2

Patriots: Der Quarterback-Wechsel bahnt sich an

Stand jetzt ist Cam Newton der Starting Quarterback der New England Patriots. Das erklärte zuletzt Offensive Coordinator Josh McDaniels vor wenigen Tagen. Und die Presse und viele Experten waren auch voll des Lobes nach der starken Vorstellung Newtons im Spiel gegen die Philadelphia Eagles.

Newton war 8/9 mit 103 Yards und einem seltenen Touchdown-Pass auf Jakobi Meyers - dessen erster eigener Score seit der Preseason 2019. Damit sollte die QB-Diskussion also zunächst erledigt sein, zumal die allgemeine Meinung war, dass Newton so gut wie noch nie bei den Patriots aussah, mit Überzeugung warf und sogar zwei Pässe anbrachte, die über 10 Air Yards flogen!

Schaut man jedoch genauer hin, taten die Patriots auch viel dafür, dass Newton so vermeintlich gut aussah. Abgesehen davon, dass die Eagles hauptsächlich Backups aufs Feld schickten, waren besagte zwei Pässe über die Mitteldistanz auch relativ einfach.

Sie entstanden aus Max Protection, sprich: Bis auf zwei Spieler blieben alle an der Line und halfen beim Bewachen des Quarterbacks. Noch dazu waren es jeweils Play-Action-Spielzüge, sodass Newton ohnehin schon etwas mehr Zeit hatte. Und: Es waren eben wirklich nur zwei Receiver, die Routes liefen, die Reads waren also so einfach wie möglich - ist keine der zwei Anspielstationen offen, wird der Ball eben weggeworfen.

Unterm Strich heißt das: Hätte Newton selbst in diesen Situationen die Pässe nicht zum Mann gebracht, wäre das äußerst bedenklich gewesen.

Im Gegensatz dazu wirkte Rookie Mac Jones wie schon in der ersten Woche gegen Washington sehr selbstsicher. Er hatte Kontrolle über die Offense, alles wirkte flüssig und er brauchte keine Max Protection, spielte zudem häufig aus Empty Sets. Er wirkt schlicht wie ein "Natural Fit" und scheint allmählich das System zu verinnerlichen, bringt zudem auch kompliziertere Pässe an den Mann, bei schwierigeren Reads.

Während die Patriots bei Newton schon sehr viel über Schemes lösen müssen, um ihn gut aussehen zu lassen, scheint Jones das auch so zu schaffen. Die Tatsache, dass der ungeimpfte Newton nach einem "Missverständnis" beim Covid-Protokoll nun mehrere Tage nicht trainieren kann, dürfte es ihm zusätzlich erschweren, seinen Starter-Job gegenüber dem 15. Pick im Draft zu verteidigen.

Der Quarterback-Tausch bei den Patriots bahnt sich an - und er könnte früher kommen als zu Beginn des Training Camps absehbar war.

Cam Newton war nicht so gut wie viele dachten im Spiel gegen die Philadelphia Eagles.getty

Jameis Winston sollte den Starter-Job der Saints sicher haben

Ein sehr offenes Quarterback-Duell spielt sich dieser Tage in New Orleans ab. Allzweckwaffe und Nicht-Quarterback Taysom Hill gegen Ex-Bucs-Star Jameis Winston.

Beim Betrachten der nackten Zahlen machen beide einen guten Job und überzeugten in beiden Preseason-Spielen.

Allerdings bleibt bei Hill der Eindruck, dass er eben kein etatmäßiger Quarterback ist und Sean Payton ihm mit seinen Schemes und den richtigen Play-Calls schon merklich unter die Arme greifen muss. Und gegen Jacksonville wurde der Unterschied zwischen beiden sehr deutlich.

Winston zeigte nicht zuletzt gegen die Jaguars, dass er die logische Wahl für den Starting-QB-Job sein sollte. Nicht nur seine spektakulären Deep Balls auf den letztjährigen Rookie-Wideout Marquez Callaway unterstreichen dies.

Winstons Vorstellung im ersten Viertel war nahezu perfekt (9/10, 123 YDS), was auch sein Passer Rating von 157,5 untermauert. Er war vor allem effizient, leistete sich keine Ungenauigkeiten und keine Fehler. Natürlich war es nur ein Preseason-Spiel und selbstredend spielten auch die Jaguars nicht in Bestbesetzung, aber Winston zeigte, was im Idealfall bei ihm möglich ist. Und das ist eben auch schon an normalen Tagen deutlich mehr als Hill an seinen besten Tagen liefern kann als QB.

Winston brachte allein in diesem Spiel Würfe an, die Hill so kaum in seinem Arsenal hat, während Hill mehrere Pässe verfehlte und mehrfach mit seinen Reads zu langsam war, nachdem er dann übernommen hatte.

Darüber hinaus wird in den kommenden Wochen das Zusammenspiel zwischen Winston und eben jenem Callaway zu beobachten sein. Wie wir wissen, sind Receiver generell eine Problemzone der Saints, speziell während der langen Ausfallzeit von Michael Thomas. Umso besser daher, dass sich nun offenbar mit Callaway einer herauskristallisiert, der eine mögliche Top-Option für Winston sein könnte.

Sollte er die Saison als Starter beginnen, wäre dies eine beeindruckende Entwicklung, nachdem er im Vorjahr noch als Undrafted Rookie eine untergeordnete Rolle gespielt hat.

Grund zur Hoffnung für die New York Jets

Nachdem das Urteil über Zach Wilsons Preseason-Debüt in der Vorwoche noch etwas neutraler ausgefallen war, wich dieser Eindruck nun purer Begeisterung.

Gegen Green Bay brachte Wilson neun seiner elf Passversuche für 128 Yards an den Mann und fand zudem zweimal Tyler Kroft in der Endzone. Mehr noch: Auch die Connection zum designierten Top-Receiver des Teams, Corey Davis, funktionierte schon sehr gut und suggeriert, dass die Jets ihrem neuen Quarterback ein Waffenarsenal zur Seite gestellt haben, das sehr gut zu den Fähigkeiten des 22-Jährigen passt.

Jener beeindruckte nicht nur mit seinen Würfen, die auch das Lob von Superstar Aaron Rodgers zur Folge hatten - "er kann den Ball verdammt gut werfen", sagte Rodgers während der Packers-Übertragung des Spiels. Generell wirkte Wilson entspannt, bewegte sich gut, zeigte große Übersicht und war schlicht in Kontrolle der Offense.

Und viel mehr kann man von einem Rookie in seinem zweiten Preseason-Auftritt auch gar nicht erwarten. Dennoch wischte er damit viele Zweifel vom Tisch und lässt hoffen, dass für die Jets offensiv wieder bessere Zeiten anstehen.

Trubiskys Rache wirft Fragen beim Bears-Coaching auf

Eine Klatsche mit Ansage mussten die Bears im Spiel gegen die Buffalo Bills und ihrem Ex-Quarterback Mitchell Trubisky hinnehmen. Und dabei wiegt es gar nicht mal so schwer, dass sie ausgerechnet von Trubisky zerlegt wurden, den sie unzeremoniell vom Hof gejagt hatten.

Doch die Art und Weise, wie gut Trubisky nach so kurzer Zeit im Team bei den Bills aufspielte, wirft Fragen auf. Fragen an Bears-Head-Coach Matt Nagy und an General Manager Ryan Pace ebenso.

Warum genau zeigte Trubisky solche Vorstellungen denn nicht in der Windy City? War es zu schlechtes Coaching? Oder waren die Nebenleute nicht gut genug, was sie bei den Bills freilich sind?

Sollte es tatsächlich am Coaching gelegen haben, dann kommen wir gleich zur nächsten brisanten Frage: Was würde dies für Justin Fields in Zukunft bedeuten? Fields ist ein ähnlicher Spielertyp wie Trubisky, athletisch stark, gut zu Fuß, guter Arm. Wird es dem Bears-Coaching-Staff mit ihm gelingen, dessen Potenzial auszuschöpfen?

Damit einhergehend muss im Übrigen auch die Frage erlaubt sein, warum Nagy gebetsmühlenartig immer wieder betont, dass Andy Dalton sein Starter in der Regular Season sein wird und nicht Fields. Nagy sagte zuletzt über Dalton: "Wir müssen ihn in der Regular Season sehen."

Eine Aussage, die hanebüchen erscheint. Warum genau muss man den soliden Andy Dalton, der in seinen bisherigen Auftritten für die Bears vor allem eine träge, uninspirierte Offense anführte, die kaum vorwärts kam, in der Regular Season sehen? Welche Erkenntnis verspricht sich Nagy davon? Dalton geht in seine elfte NFL-Saison, zu diesem Zeitpunkt ist also weithin bekannt, was er kann - und was nicht.

Fields' Auftritte waren inspirierend, auch wenn der erste besser war als der zweite. Die Offense wirkte offener, innovativer, dynamischer mit Fields auf dem Feld. Starten die Bears dagegen Dalton, steht sich das Team womöglich selbst im Weg.

Pittsburgh Steelers: Pat Freiermuth ist ein Glücksgriff

Dass die Steelers eine potente Offense aufbieten werden, dürfte allen klar gewesen sein. Doch nun deutet sich an, dass in diesem Jahr eine neue Dimension im Passspiel erschlossen werden könnte.

Grund dafür ist Tight End Pat Freiermuth, ein Zweitrundenpick des Teams, der speziell in der Red Zone eine echte Waffe ist. Laut Pro Football Focus hat Freiermuth in seinen drei Jahren bei Penn State in der Red Zone keinen einzigen Drop zu Buche stehen.

Zudem verfügt er über eine gute Körperbeherrschung, die es ihm erlaubt, sich auch in enger Bewachung zu entfalten. So gesehen bei den zwei Touchdowns, die er gegen Detroit in der Red Zone gefangen hat.

Freiermuth scheint die perfekte Ergänzung dieser Offense zu sein, in der mit Wide Receivern wie Chase Claypool, JuJu Smith-Schuster oder Diontae Johnson ohnehin schon viel Explosivität außen anzutreffen ist. Freiermuth dürfte derweil die Mitte des Feldes für sich beanspruchen und auch Eric Ebron hinter sich lassen, der seinerseits häufiger mit Drops zu kämpfen hat.

Bremst den Hype bei Trey Lance

Unterm Strich legte Trey Lance auch in seinem zweiten Auftritt für die 49ers wieder eine Show hin. Doch er begann gegen die Chargers eher schwach, machte ein paar Fehler und hatte Pech bei seiner Interception.

Danach drehte er auf und führte sein Team zu zwei Touchdowns - einer vor, einer nach der Pause. Letztlich ließ er einmal mehr sein großes Potenzial aufblitzen, demonstrierte seine Armstärke und seine Athletik. Aber er spielte eben auch nur gegen Reservisten.

Zu beobachten waren ebenfalls ein paar Pässe zu viel, die zu Turnovers hätten führen können. Und wer weiß, vielleicht wären es gegen NFL-Starter Turnovers geworden.

Der bisherige Starter Jimmy Garoppolo inspirierte zwar nicht in seinen bisherigen Auftritten der Preseason, wurde aber auch nur sehr sporadisch eingesetzt. Dennoch scheint er die sichere Variante zum Start der Saison zu sein. Lance wiederum wäre wohl spektakulärer mit mehr Upside, doch noch scheint beim recht unerfahrenen QB auch das Risikopotenzial ziemlich groß zu sein.

Tampa Bay Buccaneers: O.J. Howard noch nicht wieder der Alte

Selbst Champion Tampa Bay hat noch Sorgen. Die vielleicht größte aktuell ist die Verfassung von O.J. Howard. Der Tight End, der sich im Vorjahr die Achillessehne gerissen hatte, hat offenbar noch großen Rückstand.

Erst seit Ende Juli steht er wieder auf dem Trainingsplatz und machte im Spiel gegen Tennessee nicht den allerbesten Eindruck. Er ließ zwei Pässe fällen, einen davon bei Third Down, und ließ zudem einen Sack gegen John Simon zu, als er für Protection von QB Ryan Griffin sorgen sollte.

Noch ist Zeit bis zum Saisonstart und Head Coach Bruce Arians hatte bereits in der Vorwoche verlauten lassen, dass Howard "noch nicht da ist", wo er sein sollte. Doch würde die Saison jetzt losgehen, müsste bezweifelt werden, ob Howard zum aktiven Kader gehörte.

Wohl dem, der mit Rob Gronkowski und Cameron Brate noch zwei weitere Top-Tight-Ends in seinen Reihen weiß.

Elijah Molden überflügelt Konkurrenz in Tennessee

Bei den Tennessee Titans gaben mit Elijah Molden und Caleb Farley gleich zwei Rookie-Cornerbacks ihr Debüt. Doch während Erstrundenpick Farley nicht großartig auffiel, spielte sich Drittrundenpick Molden ins Rampenlicht.

Molden spielte Nickelback und zeigte sich sehr effektiv in seiner Rolle. Ihm gelangen acht Tackles, dazu einer "for Loss", als er Running Back Giovani Bernard bei einem 4th-and-1 im Backfield stoppte. Zudem führte sein Blitz letztlich dazu, dass Linebacker David Long freie Bahn für einen Sack hatte. Einen Pass verteidigte er zudem und stoppte zweimal im direkten Duell Tight End O.J. Howard.

Konserviert er dieses Niveau, sollte er auch in der Saison viel Spielzeit sehen.

Dallas Cowboys: Bewegung in Sachen Backup-Quarterback

Während Dak Prescott weiter seine Schulterverletzung auskuriert, scheint bei den Cowboys ein Kampf um den Backup-Spot entbrannt zu sein. Eigentlich hatte Garrett Gilbert diesen sicher und bekam auch im Training die First-Team-Reps in Prescotts Abwesenheit. Doch das könnte sich noch ändern.

Gegen Houston wirkte Gilbert eher langsam und nicht entschlossen genug als Starter. Zudem verlor er einen Fumble. Cooper Rush, Prescotts Backup von 2017 bis 2019, dagegen hauchte der Offense nach seiner Einwechslung Leben ein. Er führte sein Team prompt zu einem Touchdown und legte später noch einen weiteren auf.

Sollte sich dieses Bild auch im dritten Preseason-Spiel bestätigen, ist es durchaus denkbar, dass Rush als Nummer 2 in die Saison geht - vorausgesetzt, Prescott schafft es tatsächlich zurück bis Woche 1 gegen die Bucs.

Miami Dolphins können aufatmen

Im Frühjahr noch stand die Frage im Raum, ob Miami mit Tua Tagovailoa tatsächlich den Quarterback der Zukunft gefunden hatte. Wenn die Preseason sowie Eindrücke aus den Trainings irgendein Indikator sind, dann dürfte die Frage nun vorsichtig mit "ja" beantwortet werden.

Speziell in Woche 2 gegen die Falcons wirkte Tagovailoa entschlossen, er hat merklich Selbstvertrauen in sich und seine Offense.

Mehr noch: Er ist nicht mehr so zögerlich wie noch im Vorjahr. Er wird den Ball relativ schnell los und bringt auch Power in seine Würfe. Zwar fehlten noch die aggressiven Deep Shots, die ihm schon 2020 abgingen, doch gelegentlich deutete er an, dass er auch dazu in der Lage ist. Zu sehen etwa bei einem sauberen Pass entlang der Seam zum Tight End im zweiten Viertel.

Dass er dennoch vermehrt kurze Pässe warf, sollte man ihm hingegen nicht zum Vorwurf machen - bis auf Jaylen Waddle wirkte ohnehin keiner der Top-Receiver mit, die für solche Bälle zu gebrauchen wären.

Stattdessen zog er ein schnelles Kurzpassspiel auf, fand immer wieder den offenen Mann - meist underneath - und bewegte so die Marker.

Mit seinem Spielverständnis und der neu gewonnenen Selbstsicherheit sollte Tagovailoa in der Lage sein, eine potente Offense aufs Feld zu führen. Die Dolphins können vorsichtig aufatmen, denn offenbar haben sie für ihre QB-Frage die passende Antwort gefunden.