NFL Third and Long: Die NFL hat ein Offensive Line Problem

Von Adrian Franke
03. Juli 201809:22
Die Dallas Cowboys haben seit Jahren eine der Top-Offensive-Lines.getty
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Die vergangene Saison könnte eine Anomalie gewesen sein - doch die Offense-Probleme und die Gründe für das unerwartet konservative Vorgehen liegen womöglich auch ganz woanders: Die NFL hat ein O-Line-Problem. Wie sehen die nächsten Schritte aus? Außerdem: Welches ist das NFC-Team, das es zu schlagen gilt? Welches Team hat vor der kommenden Saison die beste Secondary? Und sollten die Tampa Bay Buccaneers jetzt Bridgewater verpflichten?

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NFL: Die Offensive Line Krise: Wie reagieren Teams?

Bereits nach Week 1 der vergangenen Saison kündigte sich an: Probleme in den Offensive Lines der Liga könnten eine Storyline werden, die sich wie ein roter Faden durch das gesamte Jahr zieht - und umgekehrt die Teams mit guten Lines umso mehr herausstechen.

Die Run Pass Options konnte man schon kurz nach dem Saisonstart als eine Antwort darauf ausmachen, doch auch die RPOs konnten einerseits nicht alle Probleme überspielen - und andererseits wurden sie schlicht noch nicht so konstant genutzt, wie man zum Saisonstart hätte vermuten können.

Philadelphia (181 RPOs) Kansas City (168) und Green Bay (143) führten die Liga in der Regular Season in puncto RPO-Nutzung an. Auf der anderen Seite des Spektrums aber war Baltimore, das in der gesamten Saison lediglich elf Run Pass Options spielte. Der Liga-Schnitt lag bei 63, während gleichzeitig nur fünf Teams überhaupt weniger als insgesamt 500 Pass-Versuche hatten. Luft nach oben also.

Das gilt umso mehr, weil die Probleme nicht nur anhielten, sondern gar eklatanter wurden: Im Schnitt hatten Quarterbacks in der vergangenen Saison laut Football Outsiders eine Pressure-Quote von 31,6 Prozent gegen sich - der höchste Wert seit 2010. Und das trotz der RPOs und trotz der Tatsache, dass das Passspiel erstmals seit Jahren im Vergleich zur Vorsaison prozentual seltener genutzt wurde. Es ist ein Anstieg von vier Prozent im Vergleich zur 2016er Saison.

Die Quarterbacks mit der höchsten Pressure-Quote 2017:

PlatzSpieler (Team)PlaysPressure-PlaysPressure Rate
1Deshaun Watson (Texans)24810441,9
2Russell Wilson (Seahawks)65926239,8
3Case Keenum (Vikings)53620939,0
4Tom Savage (Texans)2529738,5
5Brett Hundley (Packers)37214238,2
6Jacoby Brissett (Colts)56021137,7
7Carson Palmer (Cardinals)29710736,0
8Tyrod Taylor (Bills)51518335,7
9Kirk Cousins (Redskins)61321835,6
10Carson Wentz (Eagles)50717935,3

Zahlen von Football Outsiders. Berücksichtigt sind nur Spieler mit mindestens 200 Pass-Plays.

Dabei prägten nicht nur RPOs und konservativere Offenses das Bild der vergangenen Saison - auch die Kurzpass-Offenses sind rapide auf dem Vormarsch und alle Quarterbacks werfen den Großteil ihrer Pässe in den Raum zwischen vor der Line of Scrimmage und 10 Yards hinter der Line of Scrimmage.

Kamen 2016 noch 14 Quarterbacks (mindestens 200 Pässe) auf über 9,5 Intended Air Yards pro Pass, erreichten in der vergangenen Saison nur acht Quarterbacks mit wenigstens 200 Pässen diesen Wert. Wie gesagt: Kürzere Pässe und weniger Risiko prägten das Bild, und dennoch standen Quarterbacks im Schnitt so häufig unter Druck wie seit Jahren nicht mehr.

Das wirft im Umkehrschluss natürlich die Frage auf - wie konnten manche Teams ihre Quarterbacks besser beschützen?

Die Quarterbacks mit der niedrigsten Pressure-Quote 2017:

PlatzSpieler (Team)PlaysPressure-PlaysPressure Rate
1Drew Brees (Saints)56212121,5%
2Ben Roethlisberger (Steelers)60213822,9%
3Derek Carr (Raiders)55413324,0%
4Marcus Mariota (Titans)50312124,1%
5Eli Manning (Giants)61115224,9%
6Joe Flacco (Ravens)58415526,5%
7Trevor Siemian (Broncos)41411828,5%
7Tom Brady (Patriots)63418128,5%
9Andy Dalton (Bengals)55616329,3%
10Jay Cutler (Dolphins)46013629,6%

Zahlen von Football Outsiders. Berücksichtigt sind nur Spieler mit mindestens 200 Pass-Plays.

Gleich fünf der ersten sechs Spieler haben eine herausstechende Gemeinsamkeit: Eli Manning und Derek Carr (je 2,4 Sekunden bis zum Pass/Platz 1), Ben Roethlisberger (2,5/6), Drew Brees (2,51/7) sowie Joe Flacco (2,52/9) rangieren in der Top-10 der vergangenen Saison wenn es darum geht, wer den Ball am schnellsten loswurde.

Zum Vergleich: Aus der Top-10 der Quarterbacks mit den meisten Pressures gegen sich fällt diese Kategorie etwa mit Tyrod Taylor (3,16/41), Russell Wilson (3,14/40), Deshaun Watson (3,11/39), Brett Hundley (3,01/38), Carson Wentz (2,75/29) oder auch Case Keenum (2,73/27) ganz anders aus.

Brees ist dabei der vielleicht extremste Kandidat. Nicht nur dass er den Ball als siebtschnellstes weg bekam, gleichzeitig hatte auch kein Quarterback so viele Pässe, die die Line of Scrimmage nicht überquerten (25,6 Prozent). Nicht umsonst waren die Saints das beste Screen-Game-Team der vergangenen Saison und wenig überraschend hat Brees von allen Quarterbacks seit 2007 (mindestens 600 Pässe) prozentual mit Abstand die meisten Pässe zu seinen Running Backs geworfen (26,7 Prozent seiner Gesamt-Targets in diesem Zeitraum).

Insgesamt waren aus der Top-10 der Quarterbacks mit der niedrigsten Pressure Rate gegen sich nur vier Quarterbacks überhaupt in der Top-20, was durchschnittliche Intended Air Yards angeht (Roethlisberger, Mariota, Siemian und Brady). Ein umso besseres Gefühl sollte es Steelers- und Titans-Fans geben, dass Big Ben und Mariota dennoch hinter Lines spielten, die mit die wenigsten Hurries zuließen. Roethlisberger führte die Liga gar in prozentualen Pässen über 20 Yards an (15,3 Prozent seiner Pässe).

O-Line-Stats: Wer ließ die wenigsten Quarterback-Hurries zu?

RangTeamPassing-PlaysSacksHitsHurries
1Saints559152669
2Bills569161593
3Eagles636233596
3Titans553141696
5Raiders592201499

Zahlen von Pro Football Focus. Sack-Zahlen sind keine totalen Zahlen, sondern die Sacks, für welche die Line als verantwortlich gezeichnet ist.

Die Zahlen hier decken sich auch mit der Tape-Einschätzung. Die Saints, Eagles und Titans hatten in der vergangenen Saison herausragende Lines, Oakland und Buffalo gehörten ebenfalls mindestens ins obere Liga-Viertel. Umso gravierender wird der Umbruch bei den Bills ohne Eric Wood, Cordy Glenn und Richie Incognito sein - für die Fans am Bildschirm, aber auch für das Scheme an sich.

Umgekehrt dürfte es kaum überraschen, dass Houstons Offensive Line zu den anfälligsten zählte - immerhin waren mit Watson und Savage zwei Quarterbacks in der Top-5 der meisten Pressures gegen sich. Die hohen Zahlen bei den Cowboys sind einerseits durch die Verletzung von Tyron Smith, andererseits aber auch durch die Abgänge von Ronald Leary und Doug Free zu erklären.

O-Line-Stats: Wer ließ die meisten Quarterback-Hurries zu?

RangTeamPassing-PlaysSacksHitsHurries
1Cowboys5551926208
2Texans6023536182
3Buccaneers6772426169
4Seahawks6531928162
5Chiefs6161420155
6Lions6332223154

Zahlen von Pro Football Focus. Sack-Zahlen sind keine totalen Zahlen, sondern die Sacks, für welche die Line als verantwortlich gezeichnet ist.

Insgesamt ließen zwölf Teams in der vergangenen Saison 180 oder mehr Pressures zu. Zehn dieser zwölf Teams (Houston/14, Arizona/14, Packers/14, Patriots/15, Broncos/16, Giants/17, Colts/18, Chargers/20, Lions/21, Redskins/27) verwendeten mindestens 14 verschiedene O-Line-Startformationen.

Auf der anderen Seite erlaubten zwölf Teams maximal 153 QB-Pressures - davon blieben fünf (Falcons/6, Titans/7, Cowboys/8, Raiders/9, Rams/9) in der Anzahl ihrer O-Line-Formationen einstellig. Die NFC-Championship-Game-Teams Philadelphia mit 154 zugelassenen Pressures bei 28 Line-Kombinationen und Minnesota (154 Pressures, 26 Kombinationen) waren zwei Anomalien hier - neben den Ravens (138 Pressures, 26 Kombinationen).

Fazit: Die NFL hat ein großes Offensive Line Problem

All diese Zahlen führen mich zu einer - zugegeben: spekulativen, weil im Detail so nicht nachweisbaren - Schlussfolgerung, welche die NFL auch 2018 und darüber hinaus beeinflussen könnte.

Die NFL hat ein massives Offensive Line Problem, und (unter anderem) das sorgt für ein konservativeres Vorgehen der Coaches sowie mehr Einschränkungen im Passspiel. Das hat auch fortschrittlichere Ansätze wie die RPOs zur Folge, gleichzeitig waren von den Top-10-Quarterbacks in puncto Air Yards nur die Teams von Carson Wentz und Ben Roethlisberger in den Playoffs.

Jared Goff, Case Keenum, Blake Bortles, Alex Smith und Drew Brees waren dagegen in dieser Kategorie nicht einmal in der Top-20. Den Quarterback zu schützen und lange Pässe eher seltener als konstant einzusetzen ist mitnichten ein Anzeichen eines schlechten Teams, vielmehr spielten einige der besten Offenses der Liga in der vergangenen Saison so. Und ich erwarte, dass sich dieser Trend fortsetzt.

Es ist kein Zufall, dass 2017 die (Adjusted) Net Yards pro Pass, die Yards pro Reception, die Passing-Yards pro Spiel und die First Downs via Pass auf mitunter historischen Tiefstwerten waren. Oder dass Teams im Schnitt noch immer in über 50 Prozent der Fälle bei First Down laufen, trotz experimentierfreudiger Teams wie Kansas City und Houston, trotz der absoluten Dominanz des Kurzpass-Spiels, trotz starker Screen-Pass-Pakete bei mehreren Teams.

Oder dass sich die Jaguars mit einer Defense im Titelfenster offensiv auf das Run Game ausrichten und in puncto Runs pro Spiel in der Vorsaison (32,9) den geteilten Höchstwert seit 2014 (Houston - 34,4) aufstellten. Teams gingen in der vergangenen Saison zurück zum Run Game, oder sie benutzen Quick Screens und andere kurze Pässe als eine andere, effizientere Form des Run Games.

Gleichzeitig werden Defenses immer aggressiver und vielseitiger. Längst ist die flexiblere, in aller Regel athletischere und explosivere Formation mit fünf Defensive Backs der Standard, während ligaweit nur noch fünf Teams (Bengals, Jaguars, Eagles, Seahawks, Chargers) bei gegnerischen First-Down-Passspielzügen in unter 20 Prozent der Fälle blitzten.

Darunter: Mit Jacksonville, den Eagles und den Seahawks drei dominante D-Lines, die Chargers haben das beste Edge-Rush-Duo der NFL und die Bengals in Geno Atkins einen der dominantesten Defensive Tackles. (Letzteres hielt die Rams übrigens auch nicht ab, trotz Aaron Donald bei 37 Prozent der First-Down-Pässe zu blitzen). Bei Third-Down-Pässen war Tampa Bay das einzige Team ligaweit mit einer Blitz-Quote von weniger als 20 Prozent - und die Bucs hatten den zahnlosesten Pass-Rush der gesamten NFL.

Technik lernen - oder das Spiel anpassen?

Die Line-Probleme in der NFL sind schon seit einigen Jahren eklatant, und sie scheinen eher noch größer zu werden. Der diesjährige Free-Agency-Markt sowie auch das Angebot im Draft zumindest für Offensive Tackles war bemerkenswert karg, der Nachschub aus dem College generell ist schon seit einigen Jahren - vor allem im Vergleich zu anderen Positionen - äußerst dünn.

Darauf wies auch Ex-Cardinals-Coach Bruce Arians bereits vor fast zweieinhalb Jahren hin: "Wenn man heute einen Offensive Lineman draftet, haben die seit der High School keinen 3-Point-Stance mehr gespielt. Das muss man ihnen beibringen, genau wie das Run-Blocking. Da sprechen wir von den Basics, die man diesen Spielern beibringen muss. Das war früher nicht der Fall. Keine Frage, das sind großartige Athleten und in der Hinsicht sind die Spieler viel, viel besser. Aber die Basics sind schlechter als jemals zuvor."

Wir leben in einer Phase, in der die NFL extrem vom College Football beeinflusst wird, und nicht umgekehrt. In gewissen Maßen macht das auch Sinn, muss doch die NFL mit dem Spielermaterial arbeiten, das sie aus dem College bekommt.

Vor allem bei den Quarterbacks sieht man hierbei die Konsequenzen daraus: Quarterbacks brauchen auf der einen Seite oftmals viel Zeit, ehe sie in der NFL Fuß fassen. Auf der anderen Seite hat sich das NFL-Spiel etwa mit den Shotgun-Formationen oder den Spread-Offenses über die vergangenen Jahre merklich ans College angeglichen.

Es wird spannend sein zu sehen, wie sich die NFL an die O-Line-Probleme anpasst. Defenses werden die vielerorts anfälligen Lines künftig eher noch aggressiver attackieren und Teams könnten so früher oder später gezwungen sein, noch mehr College-Elemente zu übernehmen. Gleichzeitig steigt der Wert guter O-Liner immens, genau wie der Vorteil der Teams, die über eine stabile Line verfügen. Es ist in jedem Fall eine Entwicklung, die das Spiel nachhaltig prägen könnte - und die es dementsprechend im Auge zu behalten gilt.

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Packers, beste Secondary, Schemes, Playoff-Kandidaten - eure Fragen:

Cheese-Head: Tony Romo hat gesagt, dass die Packers das "Team to beat" sind. Siehst du das genauso?

Die Packers gehören für mich in den Kreis der NFC-Titelanwärter, aber sie sind für mich nicht das eine Team, das es zu schlagen gilt. Dafür sind die Eagles und die Vikings zu stark und zu komplett, die Saints zu gefährlich, die Falcons zu gut besetzt und die Rams - zugegeben, auf dem Papier zunächst einmal - zu stark verbessert.

Auf den ganzen Kader gesehen kann man denke ich problemlos argumentieren, dass die Packers mehr Lücken haben als alle Teams dieser Liste: Green Bay hat nicht ansatzweise die Defense-Qualität wie die Vikings, oder die O-Line in Kombination mit den Receivern und dem Scheme wie die Eagles, beispielsweise.

Aber ich würde nach wie vor argumentieren, dass Green Bay den besten Quarterback der NFC hat, eine insgesamt sehr solide Offensive Line, einen echten Nummer-1-Receiver in Davante Adams, eine deutlich verbesserte Secondary und ein Defense-Scheme, mit dem Green Bay unter dem neuen Defensive Coordinator Mike Pettine aggressiver, flexibler und moderner zu Werke gehen wird, als in den vergangenen Jahren.

Jimmy Graham gibt Aaron Rodgers zudem eine spektakuläre Red-Zone-Waffe und im Run Game erwarte ich mir mehr Stabilität - sowie mehr Flexibilität im neuen Offense-Scheme. All das macht Green Bay für mich zu einem Mit-Favoriten und Schwergewicht im Titelkampf. Ich würde aber nicht einmal sagen, dass die Packers in ihrer Division das "Team to beat" sind. Auch hier wird es vielmehr einen engen Zweikampf gegen die Vikings, ein in jedem Fall kompletteres Team, geben.

Radikaler: Nach Free Agency und Draft: Welche Secondary ist deiner Meinung nach diese Saison die gefährlichste? Und wo denkst du, wird Dez Bryant letztendlich landen?

Sehr gute Frage. Die runderneuerten Rams sind irgendwo natürlich der Hot-Team-Pick - ich will aber erst einmal sehen, wie häufig sich L.A. mit gleich zwei ultra-aggressiven Cornerbacks die Finger verbrennt, und ob das ein Problem wird. Funktioniert es, sind die Rams schnell ein Kandidat für das Treppchen und noch mehr. Meine Top-4 würde aktuell aber davor so aussehen:

4. Atlanta Falcons: Fliegt vielleicht noch immer etwas unter dem Radar - sollte sie aber nicht. Ein Nummer-1-Corner in Desmond Trufant, ein gutes Safety-Duo mit Neal und Allen, Brian Poole im Slot und auf dem zweiten Corner-Spot Robert Alford und dahinter Rookie Isaiah Oliver. Atlanta hat in der Secondary die Bausteine für eine Top-Defense.

3. Baltimore Ravens: Ich mag die Erfahrung in Baltimores Secondary mit hoher Qualität auf jeder Position. Weddle und Jefferson sind eines der drei, vier besten Safety-Duos der Liga, Jimmy Smith, Brandon Carr und Marlon Humphrey ein sehr gutes Cornerback-Trio.

2. Jacksonville Jaguars: Das beste Cornerback-Duo der NFL mit Bouye und Ramsey sowie ein gutes Safety-Duo. Der Abgang von Aaron Colvin sorgt aber in jedem Fall für einen Qualitätsverlust im Slot. Nichtsdestotrotz werden die Jags in puncto Pass-Defense wieder ganz oben zu finden sein.

1. Minnesota Vikings: Ein herausragendes Safety-Duo mit Smith und Sendejo, ein echter Nummer-1-Corner in Xavier Rhodes - und dann noch jede Menge Corner-Qualität dahinter: Trae Waynes, Terence Newman, Mackensie Alexander und der diesjährige Erstrunden-Pick Mike Hughes. Spektakulär.

Die Seahawks und Broncos - über Jahre zwei Benchmarks in dieser Kategorie - müssen sich erst einmal wieder sammeln. Ein möglicher Außenseiter-Pick: Tennessee! Mit Malcolm Butler jetzt gegenüber von Logan Ryan sowie Adoree Jackson hat man ein sehr interessantes Cornerback-Trio, und in Kevin Byard einen der jungen, aufstrebenden Safeties der gesamten NFL.

Zu Dez: Er wird keine allzu große Auswahl haben. Ich glaube schon, dass er noch ein Team findet, das aber könnte eher aus der Not heraus geboren sein - oder wenn Bryant irgendwann im August seine Gehaltsforderungen drastisch runter geschraubt hat. Vermutlich auch beides. Tipp: Buffalo.

Alexander Schäfer: Welche Coaches sind aktuell die Besten und was macht sie und ihr jeweiliges System aus? Welcher Coach wird deiner Meinung nach wohl der erste sein, der entlassen wird?

Der erste Teil der Frage bietet genug Stoff, um eine Kolumne alleine zu füllen. Vielleicht ja noch eine Gelegenheit für später im Sommer.

Grundsätzlich gilt für mich: Ein Scheme, das nicht flexibel ist und sich an den Gegner anpassen kann, ist schlecht. Es gibt kein ultimativ richtiges Scheme, sonst würde ja jeder Coach das spielen lassen. Ich bin gespannt, wie Defenses auf die Schemes von Sean McVay und Doug Pederson reagieren. Beide hatten große Erfolge damit, Defenses tief zu attackieren und Receiver über Route-Kombinationen, Play Action, Run Pass Options und Motion frei zu bekommen. McVays Rams waren zudem eines der Top-Screen-Passing-Teams der Liga.

Kyle Shanahan ist für mich offensiv aktuell noch immer das Maß aller Dinge. Für eine ausführliche Analyse weise ich gerne auf meine Analyse der Falcons-Offense vor dem Super Bowl hin. Shanahan hat gezeigt, dass er innerhalb seines Schemes sehr anpassungsfähig sein kann: Gegen anfällige Linebacker lässt er seine Offense über Pässe zu den Running Backs laufen und beschert diesen Eins-gegen-Eins-Duelle, gegen Zone-Defenses gelingt es ihm immer wieder, einzelne Zonen zu überladen.

Man Coverage attackiert er mit vielen Bunch- und Stack-Formations, um Receivern so einen freien Release zu geben. Dabei setzt er Motion gut ein und hilft seinem Quarterback mit viel Play Action, und sein kreativer Einsatz des Fullbacks als Matchup-Waffe und im Passspiel wird längst von diversen Teams kopiert.

Nicht unerwähnt bleiben dürfen aber auch die Patriots, denn wenn man von Flexibilität spricht, kommt man an den Pats schlicht nicht vorbei. Kein Team war über die letzten 20 Jahre so wandlungsfähig wie New England und hat sich so drastisch verändert: Von Power-Run-Teams über die 2-Tight-End-Offense hin zu einer Downfield-Maschine, dann wieder der Fokus auf das Kurzpass-Slot-Spiel, und so weiter.

In ihrer Erhardt-Perkins-Offense sind die Pats ohnehin bestens gerüstet, um Defenses mit Route-Kombinationen, die aus verschiedensten Formationen und Personnel-Aufstellungen gespielt werden, zu verwirren, insbesondere aus dem No-Huddle-Ansatz heraus. Wie kaum ein zweites Team kann New England so Matchups diktieren und ausnutzen.

Und die erste Entlassung? Ich tippe, mit Blick auf die Winston-Sperre noch mehr, auf Dirk Koetter. Ja, die Bucs-Defense wird sich verbessern, aber Tampa droht ein völlig verkorkster Saisonstart und dann wird die Luft für Koetter noch dünner, als sie es ohnehin schon ist. Ich glaube, dass die Buccaneers als erstes Team die Reißleine ziehen.

Finn Terbrack: Könnte Teddy Bridgewater eine Alternative für die Bucs sein, falls Winstons Sperre bestehen bleibt?

Sehr spannende Frage, ein Szenario, an das ich gar nicht direkt gedacht habe. Die Bucs haben einen historisch schwierigen Spielplan zum Start und wären auch mit Winston in den Spielen gegen die Saints, Eagles und Steelers der Außenseiter gewesen. Man könnte hier argumentieren, dass sich Tampas Chancen mit Fitzpatrick oder Bridgewater nicht dramatisch verändern.

Was man in Tampa Bay aber auch jetzt, nach dem erneuten Vorfall mehr denn je, im Auge haben wird, ist die langfristige Zukunft mit Winston. Für 2019 hat man vorerst die Vertragsoption über 20,9 Millionen Dollar gezogen, die aber nur für den Verletzungsfall garantiert ist. Die Bucs könnten also versuchen, über die Option und dann einen Franchise Tag die Entscheidung hinaus zu zögern - es wird aber garantiert wachsende Zweifel innerhalb der Organisation geben, ob man Winston wirklich einen langfristigen Vertrag und sehr viel Geld garantiert geben will.

So gesehen wäre es äußerst spannend, Bridgewater jetzt zu holen. Als Alternative für den Saisonstart - aber möglicherweise auch als Alternative mittel- und langfristig gesehen, sollte sich Winston einen weiteren Fehltritt erlauben. Dann nämlich, das hat die Liga ja klar gemacht, gibt's eine lange Sperre. Realistisch glaube ich nicht, dass das passiert. Man wird auf Fitzpatrick bauen, der letztes Jahr bereits im Scheme gespielt hat, und auf Winstons Reifeprozess hoffen. Denn das Talent ist ja fraglos vorhanden.

dakofla: Man spricht oft über Teams, die eine spannende Zukunft vor sich haben. Drehen wir den Spieß doch mal um: Welche Teams siehst du zukünftig als Bodensatz der Liga?

Das ist natürlich sehr schwierig zu sagen, weil ein Draft-Volltreffer - in aller Regel für einen Quarterback - das Schicksal einer Franchise komplett und für viele Jahre in eine ganz andere Richtung lenken kann. Die Cowboys etwa könnten heute mit den Lücken in der Defense und einem sehr fragwürdigen Receiving-Corps ganz weit unten eingeordnet werden, allerdings ist ihnen mit Dak Prescott ein potentieller Franchise-Quarterback in der vierten Runde in die Hände gefallen.

In meinen Augen die schlechteste Quarterback-Situation und im Gesamtbild den vielleicht schwächsten Offensiv-Kader der Liga haben die Buffalo Bills. Hier hängt letztlich alles von Josh Allen ab: straft der seine zahlreichen Kritiker Lügen, trifft das Quarterback-Szenario ein. Erweist er sich aber tatsächlich als Flop, dann ist Buffalo sicher ein Kandidat für einige Jahre im Liga-Keller. Natürlich kann man das auch auf andere Teams anwenden, für mich aber ist bei Buffalo die Rookie-QB-Position schlicht riskanter als in Cleveland, Arizona oder bei den Jets.

Zwei Teams, die sich, wenn es schlecht läuft, auf dem Weg dahin befinden könnten: Miami und Oakland. Die Dolphins sind in einem kritischen Jahr: Kann Ryan Tannehill an seine starke 2016er Phase anknüpfen, oder war das nur ein Strohfeuer? Und kann Adam Gase seine Offense umsetzen? Die Defense jedenfalls bringt mehr Fragezeichen als Antworten mit.

Ähnlich die Situation bei den Raiders: Die O-Line wird älter, Marshawn Lynch und Doug Martin sind vermutlich nicht die langfristige Running-Back-Antwort und im Receiving-Corps kann man bei Jordy Nelson, Amari Cooper und Martavis Bryant auch viel hinterfragen. In der Defense stehen die meisten Positionen außer Khalil Mack und Karl Joseph offen zur Diskussion - und Derek Carr steht, auch wenn viele das nicht wahrhaben wollen, bald am Scheideweg. Er muss gegen Pressure, wenn seine erste Pass-Option zugestellt ist und in der Red Zone viel besser werden. Die Gruden-Carr-Kombination kann steil in beide Richtungen gehen.

Jay: Welches 6-10-Team schafft es nächste Saison deiner Meinung nach in die Playoffs - oder könnte gar ein Contender für den Super Bowl sein?

Sehr spezifische Frage, da es letztes Jahr mit Miami, Oakland und San Francisco ja überhaupt nur drei 6-10-Teams gab. Von denen sehe ich nur San Francisco in der kommenden Saison wirklich als Playoff-Anwärter - und die müssen sich, im Gegensatz zu den beiden anderen, mit der deutlich stärkeren NFC herumschlagen. Miami wird in meinen Augen gerade offensiv einige Kritiker überraschen; die Defense bereitet mir aber doch arge Bedenken.

Und Oakland? Die Raiders sind vielleicht das größte Mysterium vor der kommenden Saison. Allein schon deshalb, weil niemand weiß, was für ein Coach Jon Gruden im Jahr 2018 ist. Ganz zu schweigen von seinen Team-Umbau-Maßnahmen, die mir persönlich nicht gefallen - deren Auswirkungen wir aber abwarten müssen.

Die Niners haben - für mich - von diesen drei Teams die beste Quarterback-Head-Coach-Kombination sowie die talentierteste Defense. Allerdings ist natürlich auch San Francisco kein Homerun-Pick: Offensiv muss man sehen, ob Garoppolo an das Level anknüpfen kann, oder ob Defenses ihm größere Probleme bereiten. Und defensiv kann man die Niners nur als ernsthaften Playoff-Anwärter (oder gar mehr) sehen, wenn San Francisco irgendwie den Pass-Rush hinbekommt.