Justin Fields erlebt ein historisches Horror-Debüt - trägt aber nur einen kleinen Teil der Schuld. Die Rams entpuppen sich derweil als gefährlichstes Team in der NFL, einige Teams müssen sich mit dem Rebuild anfreunden - und müssen wir uns um die Chiefs Sorgen machen? SPOX-Redakteur Adrian Franke mit seinen wichtigsten Takeaways zum NFL-Sonntag.
Sehr viel fragwürdiger - und bisweilen komplett wahnsinniger - Football wurde im frühen Slot am Sonntag gespielt.
Allein in Jacksonville gab es in der ersten Hälfte den Ref, dessen Flagge den Ball beim Punt traf, was dafür sorgte, dass Rondale Moore den Punt nicht sichern konnte, sowie Arizonas Versuch, ein 68-Yard-Field-Goal zu kicken, und statt einen neuen NFL-Rekord gab es den 109-Yard-Return-Touchdown durch Agnew.
In Detroit ließ Hollywood Brown mehrere Touchdowns fallen, die Chiefs eröffneten ihr Division-Duell mit den Chargers mit drei (!) eigenen Turnovern in Folge, in Buffalo sicherte Washingtons Kicker seinen Kickoff - keinen Onside-Kick - weil der Wind mithalf und in New England warf Jameis Touchdowns, die er nicht werfen sollte. Aber manchmal geht es eben gut.
"Manchmal geht es eben gut", das war auch das Motto des spektakulären 66-Yard-Rekord-Game-Winners von Justin Tucker gegen die Lions. In einem Spiel, in dem man Detroit, wie schon am Montag gegen Green Bay, Lob dafür aussprechen muss, dass sie offensiv einen klaren Plan haben und damit Teams wehtun können. Gegen Green Bay war es in der ersten Hälfte, gegen die Ravens Durchgang Nummer zwei.
Und die Art und Weise, wie die Lions sich in Spiele zurück kämpfen, oder Teams zumindest ärgern können, macht auch klar, dass Detroit nicht der Favorit auf den Nummer-1-Pick ist. Das sind die Jets, bei denen Zach Wilson aktuell komplett verloren wirkt, und wo man nicht so wirklich weiß, wo der Turnaround während der Saison herkommen soll.
"Turnaround" ist auch das Stichwort für die Run-Defense der Packers. Ein um Welten verbesserter Auftritt gegen die 49ers, den ich so nicht erwartet hätte. San Francisco konnte, wie schon letzte Woche, den Ball nicht sonderlich gut laufen, und ich weiß, dass ich mich hier wiederhole, wenn ich über die Quarterback-Situation bei den Niners spreche. Aber ähnlich wie gegen die Eagles drängte sich mir im Packers-Spiel diese zusammengefasste Erkenntnis auf: Garoppolo kann Shanahans Offense gut verwalten und den Ball innerhalb der Struktur verteilen. Aber das reicht nicht, um dieses Jahr etwas zu gewinnen. Da sprechen wir noch nicht einmal davon, welche Würfe Garoppolo verfehlt, die ultra-konservativen Entscheidungen, die er teilweise trifft, und über die Fehler, die ja auch er macht. Oder darüber, dass Lance das Run Game ganz anders öffnen würde.
An dem Punkt frage ich mich weiterhin, warum Shanahan Lance nicht wenigstens intensiver in die Offense einbaut, um ihn ran zu führen und einer wackligen Offense zu helfen. Der übergreifende QB-Plan in San Francisco bleibt schwer nachvollziehbar für mich, weil Garoppolo bestenfalls "solide" spielt, und ehrlicherweise häufig noch darunter dieses Jahr. Dass Lance kaum überhaupt aufs Feld kommt, ist für mich nicht zu rechtfertigen.
Wir bleiben zum Start in der NFC West - los geht's mit dem aktuell vermutlich gefährlichsten Team in der NFL.
Die Breite an der Spitze ist dichter geworden
Die Rams sind aktuell das Nummer-1-Team in der NFL!
Zugegeben, nicht die originellste Schlussfolgerung vom Sonntag. Die Buccaneers sahen nach zwei Wochen wie das beste Team der Liga aus, flogen dann nach Los Angeles - und wurden von den Rams phasenweise dominiert, und unter dem Strich deutlich geschlagen.
Bevor wir noch zu den Rams kommen, bietet sich an diesem Punkt erst generell der Blick auf die Ligaspitze an, denn hier lässt sich nach den ersten drei Spieltagen, frei nach Berti Vogts, festhalten: Die Breite an der Spitze ist dichter geworden!
Will sagen, die Saison ist noch jung, und ein komplett dominantes Team, das man Stand heute ohne groß drüber nachzudenken an die Spitze setzen würde, gibt es nicht.
Die Chiefs machen noch zu viele Fehler, die Rams haben selbst letzte Woche in Indianapolis gewackelt, die Bucs haben gerade deutlich verloren, Baltimore ist angeschlagen und offensiv noch unrund, die Browns sind vergleichsweise konstant aber sind teilweise auch noch in der Findungsphase, die Bills sind offensiv noch zu inkonstant und von den 3-0-Teams aus Denver, Las Vegas, Carolina und Arizona will ich noch deutlich mehr gegen Top-Gegner sehen, bevor ich wirklich an sie glaube.
Das liegt irgendwo auch in der Natur der Sache, wenn erst drei Spiele absolviert sind. Gleichzeitig würde ich argumentieren, dass wir nach dem extrem souveränen Auftaktsieg gegen Houston, dem Erfolg bei den Chargers und einem dominanten Sieg in Baltimore nach Woche 3 des Vorjahres anders über die Chiefs gesprochen haben. Oder auch über die Packers, nach offensiven Explosionen gegen Minnesota, Detroit und in New Orleans.
Die Spitzengruppe 2021 ist noch in der Findungsphase. Hier werden sich einige Teams, die aktuell rechnerisch oben mitmischen, verabschieden, und auch innerhalb der Spitzengruppe wird sich der Elite-Kreis klarer herauskristallisieren.
Die Rams sind aktuell das gefährlichste Team der Liga
Dennoch würde ich auf die Aussage zu Beginn hier nochmal zurückkommen. Noch ist alles im Fluss, der Sieg der Rams gegen Tampa hat für mich aber unterstrichen, dass Los Angeles aktuell das gefährlichste Team der Liga ist - und das obwohl, und in Teilen auch weil, Matt Stafford noch gar nicht so gut spielt, wie seine Total Stats es teilweise nahelegen.
Gegen die Colts war das bereits teilweise auffällig, nachdem gegen die Bears die Big Plays weitestgehend weit offene Targets infolge von Coverage Busts waren. Und Stafford fing auch gegen die Bucs nicht sonderlich gut an: Ein Wurf bei Third Down in den Rücken seines Receivers, dann ein Ball leicht zu hoch für Kupp, der in einer Interception hätte enden müssen, zwei Underthrows zu DeSean Jackson, wenn auch einer gegen Druck war - es war ein holpriger Beginn der Rams-Offense, die dann aber explodierte.
Vier Touchdown-Drives in Folge brachten L.A. deutlich auf die Siegerstraße, und auch Stafford steigerte sich in der zweiten Hälfte.
Für mich der zentrale Takeaway dieses Spiels waren aber nicht die vier Passing-Touchdowns von Stafford, oder die Erkenntnis, dass DeSean Jackson noch immer hinter jede Defense kommen kann; es war die Rams-Defense, die in diesem Spiel gezeigt hat, dass sie noch immer eine Top-5-Unit sein kann.
Das war eine große Frage rund um die Rams, nachdem L.A. letztes Jahr die Top-Defense gestellt hatte, dann aber mehrere kritische Abgänge in der Offseason verkraften musste. Doch auch unter dem neuen Defensive Coordinator Raheem Morris präsentiert sich die Defense exzellent, machte gegen eine starke Bucs-Line viel Druck auf Brady, auch mit vielseitigen Pass-Rush-Paketen, und ließ am Boden absolut überhaupt nichts zu.
Gleichzeitig limitierten sie auch die Shot Plays: Brady musste konstant defensive Umstellungen auch in der Front lesen und die Bucs spielten dann sehr viel kurz, womit sie sich selbst dazu zwangen, lange, kontinuierliche Drives hinzulegen. Und das ist gegen diese Defense sehr schwer.
Die Offense der Rams war rein statistisch sehr produktiv bislang, und die Stafford-McVay-Connection ist eine der Storylines der ersten Wochen; ich sehe hier sogar noch Potenzial für mehr, eben auch bei Stafford. Aber dass die Defense dieses hohe Vorjahres-Level weiter bestätigen kann, gibt den Rams eine höhere Baseline als ich vor Saisonstart erwartet hatte.
Das Horror-Debüt von Fields war ein Versagen der Organisation
Nach dem, was Bears-Coach Matt Nagy mit Mitch Trubisky hinbekommen hat, hatte ich echt etwas Optimismus für die Bears, als Chicago sich Justin Fields im Draft gesichert hatte.
Und damit meine ich nicht Trubiskys beste Saison 2018, als Chicago die Division gewann und so dramatisch in den Playoffs scheiterte. Ich spreche von der vergangenen Saison, als Trubisky für wirklich jeden sichtbar fertig war, Chicagos Line wackelte und die Defense ein gutes Stück entfernt von ihrer 2018er Saison war - und Nagy die Offense anpasste.
Nagy schaffte es letztes Jahr, seiner Offense im letzten Saisondrittel eine Identität zu geben. Er stellte deutlich auf ein Outside-Zone-Blocking-Scheme um, was der Line und der ganzen Offense eine Baseline gab. Plötzlich war das Run Game da, Montgomery lief in vier der letzten sechs Spiele für über 90 Yards, eine Marke, die er in den ersten neun Spielen nie geknackt hatte.
Und für Trubisky waren offene Würfe da. Jeder - auch jeder gegnerische Defensive Coordinator - wusste an diesem Punkt um Trubiskys Limitierungen, die Line war nicht gut in Dropback-Passing-Situationen. Aber Nagy kreierte die offenen Würfe, er ließ Trubisky via Play Action Rollout sichere, kurze Pässe anbringen, und er gab der Offense so einen Rhythmus.
Dass die Bears dieses Jahr offensiv so ihre Probleme haben würden, dafür musste man kein großer Prophet sein; insbesondere mit Blick auf die Offensive Line. Hier könnte dann auch eine Diskussion über die Kaderzusammenstellung erfolgen; warum gibt man einen soliden Left Tackle in Charles Leno ab? Warum ist der Cap so desolat gemanagt, dass man seinen Nummer-1-Corner entlassen und Jimmy Grahams Vertrag mehrere Void-Jahre geben muss?
Aber das ist eine andere Diskussion, die ich teilweise letzte Woche auch schon angesetzt hatte. Aus schematischer Sicht hatte ich vermutet (gehofft?), dass Nagy auch für Fields eine Offense entwerfen würde, welche ihn viel per Design aus der Pocket bringt, welche seine Athletik, seine Accuracy auch außerhalb der Pocket und seinen Deep Ball und seine Aggressivität bestmöglich einsetzt, indem Fields designte Shot Plays außerhalb der Pocket erhält.
Bears-Coach Nagy: "... so schlecht war das"
"Man kann es sich kaum ausdenken, so schlecht war das", gab Nagy nach dem Spiel gegen Cleveland ganz offen zu, und ich bin mir relativ sicher, dass er fernab des Podiums auf der Pressekonferenz noch ganz andere Worte für den Auftritt seines Teams finden wird. Und natürlich, die Browns-Defense - allen voran Myles Garrett - war spektakulär in diesem Spiel, und dass eine Offense mal an der Line of Scrimmage dominiert wird, das haben wir in diesem Jahr bereits häufig gesehen.
Aber wo waren Nagys Antworten? Beziehungsweise, ich würde noch einen Schritt zurückgehen: Was war Nagys Plan?
Denn das, was die Bears in diesem Spiel anboten, sah verheerend stark danach aus, dass er einfach die Pocket-Passer-Offense, die Andy Dalton spielen soll, Fields aufzwingen wollte. Und das ist eine mehr als alarmierende Erkenntnis.
Der erste Dropback war aus Empty bei Zweiter-und-Neun. Nichts war offen, Fields scrambelte für sieben Yards. Der zweite Dropback - und erste Sack - war zwar mit Play-Action-Fake, aber ohne Rollout und hinter einer 5-Men-Protection, welche Cleveland direkt auffraß. Der dritte Dropback war ein Dumpoff bei Dritter-und-22, die nächsten beiden Dropbacks waren beide Sacks, einmal Play Action innerhalb der Pocket, einmal bei langem Third Down hinter der 5-Men-Protection.
Lektion gelernt? Eher nicht. Der nächste Sack kam beim nächsten Drive, Dritter-und-Sechs, Empty, 5-Men-Protection, welche für jeden sichtbar Clevelands 4-Men-Rush nicht stoppen konnte. Und so ging es weiter. Wo waren die Rollouts? Wo die Option Plays? Warum nicht die Pocket bewegen? Warum musste Fields konstant statisch aus der Pocket - und noch aus Empty - spielen, als schneller Ballverteiler, wie man es eben mit Dalton machen würde?
Historisch schlechtes Startdebüt für Justin Fields
Selbst nur mit Blick auf den Game Plan war das ein Totalausfall. Fields' Mobilität nicht in den Game Plan zu integrieren spielt nicht in die Stärken des Rookie-Quarterbacks, es gibt ihm nicht die dringend benötigte Hilfestellung - und nach dem, was wir von Tyrod Taylor letzte Woche gegen die Browns-Defense gesehen haben, ist es auch schlicht schlechte Spielvorbereitung.
Chicago hatte in der ersten Hälfte zwei First Downs, 16 Total Plays, und stand 0/4 bei Third Down, bei 2,6 Yards pro Play insgesamt. Absurd schlechte Werte, Mitte des dritten Viertels hatte Fields -3 Net Passing Yards, und am Ende hatte er weniger Completions (6) als kassierte Sacks (9).
Seine Completion Percentage Over Expectation lag bei -28 Prozent, der niedrigste Wert seit Nathan Peterman in Woche 1, 2018. Fields ist der erste Quarterback seit dem Merger 1970, der bei seinem ersten Start mindestens neun Sacks einstecken musste und nicht über 100 Passing-Yards kam.
Es war ein Horror-Debüt, und auch wenn Fields für sich betrachtet noch deutlich schneller spielen muss und noch Zeit brauchen wird, war es in erster Linie ein Horror-Debüt, weil er von seinem Head Coach keinerlei Hilfe erhielt und hinter der schlechten Line spielte, die sein GM zusammengestellt hat.
Bears: Die Uhr für Nagy läuft aus
Gegen Cincinnati letzte Woche hatte Fields fraglos auch seine Rookie-Momente - er hielt den Ball mehrfach zu lange, er warf eine hässliche Interception -, aber die Upside sprang einen förmlich an. Etwa die Armstärke bei der Out-Route vom gegenüberliegenden Hashmark oder bei einigen ideal platzierten tiefen Pässen zu Mooney, oder auch die Athletik bei einigen Scrambles.
Die Probleme hingen primär damit zusammen, dass Fields sich an NFL-Speed gewöhnen muss - wie schnell Passsfenster zugehen, wie schnell die Pocket wackelt -, und der beste Weg, das zu erreichen, ist, indem er spielt. Mit Blick auf die Prognosen bei Dalton wird Fields diese vielleicht so oder so über die nächsten Spiele noch bekommen.
Wahr ist allerdings auch, dass zwei Punkte in meinen Augen in erster Linie einem jungen Quarterback ernsthafte Probleme bereiten können: Eine wirklich schlechte Offensive Line, und ein Play-Caller, der ihn nicht in vorteilhafte Situationen bringt. Gegen die Browns hatten die Bears beides, und zwar zur Genüge.
Wenn wir das, was wir am Sonntag in Cleveland gesehen haben, als Basis nehmen, muss man fast zu dem Schluss kommen, dass Fields aktuell unter dem Strich nicht davon profitiert, eigentlich so wertvolle Spielpraxis zu sammeln. Und gleichzeitig läuft Matt Nagy die Zeit davon, und das sollte sie auch; genau wie die von GM Ryan Pace. Nagy kann es sich nicht leisten, den Rookie-Quarterback jetzt zu schonen; allerdings kann er es sich auch nicht leisten, ihn nochmals so hängen zu lassen.
Müssen wir uns um die Chiefs Sorgen machen?
Die Story der ersten beiden Chiefs-Spiele lässt sich - oberflächlich betrachtet - relativ schnell zusammenfassen. Die Defense kann am Boden so gut wie nichts stoppen, während die Offense kaum zu stoppen ist, und man schon ein besonders explosives Spiel der eigenen Offense sowie einige außergewöhnliche Plays der eigenen Defense braucht, um einen Shootout gegen KC gewinnen zu können.
Während in Woche 1 noch auffällig war, wie wenig Spielraum für Fehler der Gegner hat - Cleveland spielte lange eine nahezu perfekte Partie, ehe am Ende einige kritische Fehler kamen und Kansas City dann mit mehreren Big Plays die Partie drehte -, fiel gegen Baltimore umgekehrt auf, wie wenig Spielraum für Fehler die Chiefs-Offense hat: Gegen Baltimore war die Offense lange nicht zu stoppen, zwei kritische Turnover sorgten dafür, dass KC "nur" 35 Punkte machte - und das Spiel verlor.
Was steht dann jetzt nach der Pleite gegen die Chargers, welche Kansas City ans Ende der eigenen Division befördert, mit jetzt zwei Niederlagen gegen AFC-Teams, eine davon innerhalb der eigenen Division - und den Chiefs erstmals seit 2015 eine negative Bilanz gibt?
Trotz Turnover: Chiefs bewegen den Ball gut
Die Fehler stehen im Mittelpunkt. Gegen die Chargers eröffnete Kansas City das Spiel mit drei offensiven Turnovern nacheinander, und es war tatsächlich die Defense, welche die Chiefs in Schlagdistanz hielt: Vier der ersten sechs Chargers-Drives endeten in Punts, keiner dieser vier Drives brachte mehr als 23 Yards Raumgewinn ein.
Die Chiefs auf der anderen Seite bewegten den Ball vergleichsweise mühelos, bei allen drei Turnover-Drives zum Start des Spiels erzielte Kansas City je mindestens 36 Yards Raumgewinn; und nach der Pause war die Offense dann ohne die Fehler dominant, legte drei lange Touchdown-Drives in Serie auf.
Bis dann, mit der Möglichkeit, spät die Partie zu gewinnen, Mahomes eine richtig hässliche Interception warf: Ein Overthrow, als er bei einem langen Third Down zu viel wollte. Diese Sorglosigkeit mit dem Ball weil er ein Play machen will, das war auch gegen Baltimore bereits zumindest beider Interception ein Thema. Und der erhoffte Effekt, dass Mahomes hinter der neuen Line wieder disziplinierter und konstanter im Timing der Offense und aus der Pocket spielen würde, ist bisher nur bedingt eingetreten.
Die Chiefs haben weniger Spielraum dieses Jahr
Wahr mit den Chiefs ist auch, dass das Phänomen keineswegs neu ist. Kansas City hatte zuletzt immer wieder eine wacklige Defense und machte offensiv simple Fehler, nur um sich dann im Laufe der Saison in beiden Bereichen zu stabilisieren.
Deshalb bin ich auch an diesem Punkt nicht sonderlich besorgt um KC. Dafür ist die Offense immer noch viel zu gut, auch wenn ich schon der Meinung bin, dass es auffällt, dass Kansas City ein guter Outside-Receiver fehlt. Könnte hier ein Trade für Houstons Brandin Cooks eine Option darstellen? Das sollte auf jeden Fall auf dem Tisch für die Chiefs sein.
Aber die komplett neu zusammengestellte Line dürfte sich Laufe der Saison besser einspielen, die Defense zeigte bereits gegen die Chargers einige positive Tendenzen.
Die Warnung würde ich eher aus einer anderen Richtung formulieren. Die Division ist deutlich stärker als in den vergangenen Jahren, und das führt uns auch zurück zum Anfang dieses Abschnitts: Die Chiefs haben als Team weniger Spielraum für Fehler und weniger Zeit, um sich zu finden. Ansonsten könnte es ein böses Erwachen innerhalb der eigenen Division geben.
Den Seahawks droht eine lange Saison
Komplett würde ich dieses Statement noch nicht einmal unterschreiben; nicht für ein Team, das Russell Wilson, DK Metcalf und Tyler Lockett hat. Und die neue Offense unter Shane Waldron zeigt auch durchaus positive Ansätze: Die geskripteten Drives waren jetzt schon mehrfach sehr auffällig, und gerade gegen die Colts gefiel mir die ganze erste Hälfte was die Herangehensweise angeht sehr gut.
Aber in allen drei Spielen hielt das nicht an. Kein Punkt in der zweiten Halbzeit am Sonntag gegen die Vikings, ganze sechs Punkte im dritten und vierten Viertel sowie der Overtime gegen Tennessee in der Woche davor zusammengerechnet. Und selbst in Woche 1, als man die Colts überzeugend auswärts schlug, kamen 21 der 28 Punkte in der ersten Hälfte zustande.
Woran das liegt, ehrlicherweise habe ich darauf keine Antwort. Gehen die Seahawks in der zweiten Hälfte zu schnell weg von ihrem Game Plan?
Teil des Problems ist natürlich auch, dass diese Offense - die ihrerseits noch in der Findungsphase ist - eine Defense mittragen muss, die viel zu viel zulässt. Der Pass-Rush ist nicht gut, die Run-Defense fiel jetzt gegen Tennessee, hier mehr aus individueller Perspektive, und dann auch gegen Minnesota aus struktureller Perspektive auseinander. Und die Coverage dahinter ist wacklig, das dürfte kaum jemanden überraschen.
Liegt es also vielleicht daran, dass die Offense mehr lange Drives kassiert, Punkte aufholen muss? Ein Teil der Erklärung könnte das sein, aber als alleiniges Argument ist mir das zu einfach gedacht. Ein anderer Teil der Antwort liegt vielleicht darin, dass Waldron als Play-Caller noch ein besseres Gefühl für das Spiel bekommen muss; aktuell passt die Mischung aus einem sicheren Passspiel, welches die Offense konstant bewegt, dem Run Game als Komplementär-Teil und den Shot Plays nicht wirklich.
Es ist noch viel Zeit. Und Seattle ist in puncto Teamführung mit Carroll an der Spitze zu stark, um komplett auseinanderzubrechen, zumindest kann ich mir das nicht vorstellen. Aber diejenigen, die vor der Saison bei den Seahawks gewarnt haben, dürften sich nach drei Spielen bestätigt sehen. Und gerade defensiv sehe ich die Identität dieser Gruppe gar nicht; wie genau will Seattle auf der Seite des Balls gewinnen? Und wo könnte jetzt noch während der Saison in der Defense der Boost herkommen?
Aktuell kommt die Defense einfach nicht vom Feld, gegen Minnesota und Tennessee zusammengenommen ließ man bei 20 Possessions 13 Scoring-Drives zu. Die Vikings waren am Sonntag 9/14 bei Third Down, darunter ein Touchdown zu Thielen bei Dritter-und-13.
Es liegt jetzt an Wilson, Shane Waldron und Pete Carroll, zu zeigen, dass man das Ruder auch wieder herumreißen kann. Carroll ist Seahawks-Fans seit Jahren eine schlagkräftige Defense schuldig, der Trade für Jamal Adams hat das nicht repariert. Und Waldron und Wilson sollen Seattles Offense eine neue Baseline geben; die muss jetzt auch mal über vier Viertel zu sehen sein.
Ansonsten droht wirklich eine längere Saison. Und wer weiß, wie es dann weitergeht, und ob Wilson dann in der Offseason sogar noch aggressiver werden würde. Aber das ist noch weite Zukunftsmusik.
Wer muss sich mit dem Rebuild anfreunden?
Noch liegt in dieser Saison natürlich noch viel Football vor uns. Verrückte Dinge können passieren, Teams können heiß laufen, bei manchen Teams kann ein Schalter umgelegt werden oder ein Quarterback für einige Wochen auf Elite-Level spielen.
Und trotzdem ging ich aus dem Woche-3-Sonntag und hatte bei mehreren Teams ein ganz klares Gefühl: Der Umbruch muss her. Und er muss nicht nur jetzt her, er hätte bereits in der vergangenen Offseason her gemusst, als man sich aus verschiedenen Gründen für einen anderen Weg entschied.
Dabei hat man seinen Kader, oder auch nur individuell den eigenen Quarterback falsch eingeschätzt, und muss jetzt dafür sorgen, dass die Kosten für diesen Fehler jetzt nicht zu groß werden.
Atlanta Falcons: Ich verstehe, dass es bei Julio Jones "andere" Beweggründe für den Trade gab. Jones wollte wohl weg und nicht Teil des soften Rebuilds in Atlanta sein, letztlich konnte Atlanta zumindest etwas Munition für den Neustart generieren. Die Chance, mit einer Offense um Jones, Matt Ryan, Kyle Pitts und Calvin Ridley kurzfristig für etwas Furore zu sorgen, war damit aber auch durch und man war scheinbar im Niemandsland angekommen.
Auch wenn gegen die Giants jetzt der erste Saisonsieg gelang, ist die Realität der Situation eher noch negativer: Die Falcons sind nicht im Niemandsland angekommen, die Falcons sind in einer Saison gefangen, in welcher offensichtlich ist, dass das Team einen Rebuild braucht, dass Matt Ryan nachlässt, und in welcher der neue Trainerstab sich bislang wenig mit Ruhm bekleckert, während Pitts bislang kaum eine Rolle spielt.
Und die Spiele müssen gespielt werden, aber schon nach drei Wochen umgibt die Falcons mit Blick auf die weitere Saison eine Aura der Belanglosigkeit - und damit unweigerlich die Frage, ob man den Nummer-4-Pick nicht anderweitig hätte investieren und die ganze Offseason anders hätte planen müssen.
Pittsburgh Steelers: Die Steelers waren über die vergangenen drei Wochen bereits mehrfach ein Thema, hier in den Takeaways, oder auch im Mailbag. Der überraschende - und hochverdiente - Auftaktsieg in Buffalo, dann der schwache Auftritt gegen die Raiders - und jetzt dieses Desaster gegen die Bengals.
Natürlich war die Defense angeschlagen. T.J. Watt fehlte, genau wie Alex Highsmith. Aber ein einziger Pressure gegen Joe Burrow? Hinter dieser Bengals-Line? Die von Next Gen Stats ermittelte Pressure-Rate von 5,6 Prozent war Pittsburghs niedrigster Wert seit dem Beginn der Datenerfassung von Next Gen Stats 2016.
Und das war dann auch der Takeaway für mich: Pittsburgh gehört zum oberen Mittelmaß, wenn die eigene Defense in Bestbesetzung ist - weil sie dann den allermeisten Offenses ernsthafte Probleme bereiten und Low-Scoring-Spiele erzwingen kann. Wenn die Defense das nicht kann, sind die Steelers kein Mittelmaß-Team.
Das liegt in erster Linie an Ben Roethlisberger, und das Spiel gegen die Bengals war im dritten Spiel der dritte Nachweis dieser Aussage. Es war teilweise schockierend, wie wenig mobil Big Ben war, wie wenig sein Arm noch zu bieten hatte. 19 (!) Targets zu Running Back Najee Harris waren ein Nachweis davon, und Roethlisbergers angepeilte Targets generell erzählen schon große Teile der Geschichte. Der Pass zu Harris bei Vierter-und-Zehn kurz vor Ende war der finale Offenbarungseid.
Man kann hier jetzt jede Woche darüber sprechen, aber im Kern ist es simpel: Roethlisbergers Arm sieht noch schwächer aus als letztes Jahr, und Big Ben wirkt noch weniger mobil als letztes Jahr. Die Offense versucht zwar einige Dinge - mehr Play Action, mehr Motion -, aber solange Big Ben eine derartige Statue ist und den Ball permanent schnell und kurz verteilt, kann man der Offense zwar einen etwas anderen Anstrich, aber nicht viel mehr Effizienz geben.
Das Problem für Pittsburgh ist, dass man keinen aufregenden, jungen Quarterback in der Hinterhand hat, mit dem man echte Upside hatte. Aber Stand heute kann ich mir nicht vorstellen, dass Big Ben die Saison als Starter beendet - und dann braucht es einen Neustart in der kommenden Offseason, den es wohl schon in dieser Offseason gebraucht hätte.
Washington Football Team: Die frühe Verletzung von Ryan Fitzpatrick war natürlich bitter, und komplett raus ist er ja noch nicht. Aber bei Fitzpatrick muss man schon dazu sagen, dass er - so großartig die Story letztes Jahr in Miami eine Zeit lang war - immer noch einer der notorisch inkonstantesten Quarterbacks der Liga ist. Die größte Frage bei ihm vor Saisonstart war nicht zufällig, ob das vielleicht das eine Jahr werden könnte, in dem Fitzpatrick in guten Umständen mal eine volle Saison ohne Durchhänger hinlegen könnte.
Taylor Heinicke ist ein Downgrade, aber zumindest stilistisch ist er mit seiner Aggressivität nicht unähnlich. Vor allem aber unterstreicht die Saison bislang, dass die Einschätzungen bezüglich des Teams generell vor Saisonstart zu optimistisch waren.
Die Offense ist bislang schematisch nicht signifikant weiterentwickelt, vor allem aber dominiert die Defense längst nicht so, wie es letztes Jahr der Fall war. Und das liegt in erster Linie daran, dass die Defensive Line bisher ihre Vorjahres-Dominanz nicht aufrechterhalten kann.
Das wiederum ist generell eine Erinnerung daran, wie unfassbar schwierig es in der heutigen NFL ist, primär über eine dominante Defense so etwas wie konstanten, planbaren Erfolg aufzubauen.
Deshalb gehört Washington für mich auch auf diese Liste. Das Team hat Talent, auf beiden Seiten des Balls, auch junges Talent. Aber das sollte man nicht verschwenden, und eine Quarterback-Antwort hat Washington nicht in Aussicht, um als Team den nächsten Schritt zu machen. Damit dann die Defense die Offense mehr ergänzen kann, und nicht mittragen muss.
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