Die größten Duelle im Training Camp

Von Adrian Franke
21. Juli 201709:42
Auch Adrian Peterson steht ein wegweisendes Training Camp bevorgetty
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Endlich - Football is back! Mit den Training Camps, die dieser Tage überall starten, beginnt die heiße Phase der Saisonvorbereitung. Und die hat es in sich: Ob die Quarterback-Duelle bei den Houston Texans oder bei den Denver Broncos, die spannenden Saints-Fragen rund um Adrian Peterson oder aber der Running-Back-Zweikampf bei den Seattle Seahawks: SPOX gibt den Überblick über die wichtigsten Camp-Duelle.

Houston Texans - Quarterbacks

Tom Savage vs. Deshaun Watson

Das vielleicht spannendste Training-Camp-Duell ligaweit, bedingt durch die Umstände: Die Texans haben mit ihrer dominanten Defense die Chance auf den ganz großen Wurf - wenn nur endlich die Offense mitziehen würde. Head Coach Bill O'Brien ist zwar offensiv geprägt, bislang konnte jedoch niemand seine komplexe, mit Option-Routes arbeitende Offense auf das Feld bringen. Dementsprechend hat er mit Fitzpatrick, Mallett, Keenum, Hoyer, Yates, Weeden, Osweiler und schließlich Savage in seinen drei Jahren in Houston schon eine stattliche QB-Liste vorzuweisen. Watson bringt viel mit, hat im College aber nicht ansatzweise eine so schwierige Offense gespielt. Savage hat hier den Vorteil, wer setzt sich im Camp durch?

Denver Broncos - Quarterbacks

Trevor Siemian vs. Paxton Lynch

In Denver scheint ebenfalls alles offen auf der wichtigsten Position. Ähnlich wie die Texans haben auch die Broncos eine Top-Defense und eine ungeklärte Quarterback-Situation. Receiver Demaryius Thomas erklärte bereits, dass er auf eine schnelle Entscheidung hofft. Die Lage sieht aktuell so aus: Siemian hat in der Vorsaison deutlich mehr gespielt, ist im Playbook fitter und hat sich bislang im Training konstanter präsentiert. Lynch bringt physisch klar mehr Talent mit und hatte im Training einige überraschende Hochs - allerdings auch mehrere Tiefs. Die anhaltenden Probleme in der Offensive Line könnten Siemian in die Karten spielen, der noch unerfahrene Lynch hätte hier wohl deutlich mehr Probleme. Doch glaubt man den Verantwortlichen, ist es ab jetzt bis Anfang September tatsächlich ein 50:50-Duell.

New York Jets - Quarterbacks

Josh McCown vs. Christian Hackenberg

Eigentlich schien bei Gang Green alles klar: Der erfahrene McCown startet die Saison, Hackenberg erhält irgendwann im Laufe des Jahres mutmaßlich seine Chance. Doch inzwischen scheint sich das Blatt mehr und mehr zu wenden. Übereinstimmenden Berichten zufolge sind McCown und Hackenberg deutlich näher beieinander, als ursprünglich gedacht. Gerade bei den Jets aber ist es auch eine philosophische Frage: Das Team geht quasi kernsaniert und mit vielen Fragezeichen in die Saison - ein sehr undankbarer Job für Hackenberg, den ob seiner Probleme mit der Passgenauigkeit umstrittenen Zweitrunden-Pick 2016. Auf der anderen Seite müssen die Jets irgendwann herausfinden, was sie in Hackenberg haben. Und das idealerweise bevor sie im kommenden Draft aller Voraussicht nach hoch picken.

Chicago Bears - Quarterbacks

Mike Glennon vs. Mitchell Trubisky

Als vermeintlich sicherer Starter in der kommenden Saison und möglicherweise auch darüber hinaus kam Glennon nach Chicago - und wurde schnell von der Realität eingeholt. Die Investition in Mitchell Trubisky gibt ihm nicht nur ein Ablaufdatum, sie erhöht auch sofort den Druck. Denn es ist fast egal, was die Bears sagen: Trubisky ist die Zukunft des Teams, Glennon alles andere als ein etablierter Starter. Somit werden die Leistungen im Training Camp und in der Preseason eine Rolle spielen, diesen Quarterback-Tanz kennt jeder NFL-Interessierte nur zu gut. Und lässt Trubisky Glennon hier tatsächlich hinter sich, ist nicht auszuschließen, dass er viel früher als gedacht startet.

Cleveland Browns - Quarterbacks

Brock Osweiler vs. DeShone Kizer vs. Cody Kessler

Der Trade für Brock Osweiler war die große Kuriosität der Free Agency und schien rein durch den erhaltenen Draft-Pick motiviert. Über die vergangenen Wochen kristallisiert sich aber zunehmend heraus, dass Osweiler für die Browns zumindest eine Übergangslösung darstellen könnte. Osweiler selbst erklärte, dass er trotz des Texans-Debakels sehr wohl noch ein NFL-Starter sei - und die Browns-Coaches zeigten sich zuletzt positiv überrascht. Daher gibt es in Cleveland einen Dreikampf: Noch vor Osweiler hat wohl Cody Kessler nach einigen guten Auftritten in der vergangenen Saison die besten Karten. Kizer ist eine Wildcard, mit großer physischer Begabung, aber im College auch enormen Leistungsschwankungen. Ähnlich wie die Jets könnte aber auch Cleveland versucht sein, Kizer für ein paar Spiele rein zu werfen, um ihn im Scheinwerferlicht beurteilen zu können.

Jacksonville Jaguars - Quarterbacks

Blake Bortles vs. Blake Bortles

Es ist die wichtigste und eine richtungsweisende Saison für Bortles. Auf einen guten Start in die NFL-Karriere folgte eine desolate Vorsaison, nicht wenige prognostizierten daher, dass die Jags schon im Draft einen möglichen Nachfolger holen. So weit kam es nicht, laut NFL-Network-Insider Mike Garafolo aber hat Head Coach Doug Marrone zu Bortles gesagt: "Wenn du dir weiterhin Turnover leistest, wirst du nicht mehr unser Quarterback sein. Um alles andere können wir drum herum arbeiten. Aber das ist nicht verhandelbar." Eine klare Message und Bortles' Stuhl wird bedenklich wackeln, wenn er ein schwaches Training Camp hinlegt. Sein großer Trumpf allerdings: Lediglich Chad Henne steht als Backup parat.

Carolina Panthers - Running Backs

Christian McCaffrey vs. Jonathan Stewart

Die spannendste Offense der diesjährigen Saisonvorbereitung ist in Carolina zu finden. Die Panthers, seit Jahren auf Downfield-Pässe zu großen Receivern ausgerichtet, stellen ganz offensichtlich auf eine eher von kurzen Pässen geprägte Offense um. Anders jedenfalls sind die in Christian McCaffrey und Curtis Samuel beiden diesjährigen Top-Draft-Picks nicht zu erklären. Newton führte die NFL 2016 in durchschnittlicher Wurf-Distanz an (11 Yards pro versuchtem Pass) und wird nach angeblich überstandener Schulterverletzung erst zeigen müssen, dass er mit einem Kurzpass-Präzisions-Spiel klar kommt. Bisher nämlich war das nicht seine Stärke. McCaffrey allerdings muss sich gleichzeitig erst einmal gegen Starter Jonathan Stewart behaupten. Und das scheint weniger garantiert, als bisher gedacht.

Seattle Seahawks - Running Backs

Eddie Lacy vs. Thomas Rawls

Die Seahawks wollen wieder stärker auf das Run Game setzen, das hat Head Coach Pete Carroll bereits angekündigt. Immerhin verzeichnete Seattle 2016 erstmals seit 2011 unter 500 Runs (403) und blieb in dem gleichen Zeitraum zum ersten Mal unter vier Yards pro Run (3,9). Marshawn Lynch in Topform konnte die Probleme in der Offensive Line überspielen, indem er absurde Zahlen in puncto Yards nach Gegnerkontakt aufstellte. Lacy verfügt grundsätzlich ebenfalls über diese Fähigkeit, wenn er denn fit bleibt und sein Gewicht hält. In dieser Disziplin war er bisher ein Musterbürger, mit Rawls aber hat Seattle noch einen weiteren sehr physischen, aggressiven Back. Beide werden im Camp und dann in der Preseason Argumente für sich sammeln müssen, die Pass-Catcher-Rolle dürfte C.J. Prosise gehören.

Cincinnati Bengals - Running Backs

Joe Mixon vs. Jeremy Hill

Vor einigen Jahren hatte Joe Mixon eine Kommilitonin im Streit zu Boden geschlagen, er wurde gesperrt, mehrere Teams strichen ihn vor dem Draft komplett von ihrem Board. Die Bengals aber waren davon überzeugt, dass Mixon um seinen Fehler weiß und ernsthaft Reue zeigt - rein sportlich könnte er sich als unglaublicher Steal erweisen. Mixon ist ein echter 3-Down-Back, mit seiner Physis als Runner und seinen Receiver-Fähigkeiten erinnert er an Arizonas David Johnson. Giovani Bernard wird weiter seine Rolle als Third-Down-Back und primärer Pass-Catching-Back haben. Mixon aber ist gegenüber Hill der talentiertere Spieler - zeigt er das auch im Camp und in der Preseason, könnte er als Starter in die Regular Season gehen.

Green Bay Packers - Running Backs

Ty Montgomery vs. die Rookies

Mit seiner rasanten Umschulung vom Wide Receiver zum Running Back hat Montgomery 2016 beeindruckt: Ein Forced Missed Tackle alle 4,42 Touches sowie im Schnitt absurde 5,14 Yards nach erstem Gegner-Kontakt (Liga-Spitze) standen unter anderem am Ende zu Buche. Die Packers reagierten zunächst, indem sie Eddie Lacy ziehen ließen - holten dann aber im Draft gleich drei Running Backs. Von denen dürfte vor allem Viertrunden-Pick Jamaal Williams Ansprüche anmelden können. Montgomery geht erstmals als Starting-Running-Back in eine Saison, es wird einerseits spannend sein zu sehen, wie er damit umgeht. Andererseits aber ist es ebenfalls eine interessante Frage, was die Packers mit ihm machen. Als Running-Back-/Receiver-Hybrid kann er ein X-Faktor in der häufig zu statischen Packers-Offense sein.

New Orleans Saints - Running Backs

Mark Ingram vs. Adrian Peterson

Man muss ehrlicherweise sagen: Wirklich Sinn macht die Verpflichtung von Adrian Peterson auch mit einigen Monaten Abstand nicht - hatte Ingram doch gerade die beste Spielzeit seiner Karriere. Umso spannender aber wird das Training Camp, wenn es um nicht weniger als den Starting-Spot im Backfield neben Drew Brees geht. Mit Blick auf das Run-Blocking könnte der 32-Jährige sehr gut nach New Orleans passen. Um aber noch eine längerfristige Zukunft in der NFL zu haben, muss er als Receiver und im Pass-Blocking besser werden. Peterson ist davon überzeugt, dass er das kann - es wäre zu diesem Zeitpunkt seiner Karriere eine fast sensationelle Wandlung. Gleichzeitig aber würde sie es ihm tatsächlich ermöglichen, noch einige Jahre zu spielen.

New England Patriots - Wide Receiver

Optionen im Überfluss

Im klassischen Sinne kein Duell, allerdings fällt dieses Patriots-Team auch nicht in klassische Bewertungs-Muster - noch nie war ein Super-Bowl-Champion in der anschließenden Free Agency derart aggressiv. Statt eines Duells ist es eher die Frage, wie New England all seine Waffen einsetzt: Spielt Brandin Cooks tatsächlich im Slot, oder doch Outside? Was bedeutet das für Julian Edelman? Welche Rolle nehmen James White, Rex Burkhead und Mike Gillislee und Dion Lewis ein? Und wie prominent werden 2-Tight-End-Sets eingesetzt? Sind alle Spieler fit, ist es wahrlich Qualität im Überfluss, mit der Bill Belichick und Tom Brady allerhand ausprobieren können.

Dallas Cowboys - Offensive Line

Zwei neue Gesichter im Herz des Teams

Guard Ron Leary wechselte in der Free Agency nach Denver, Right Tackle Doug Free hat seine Karriere beendet: Die Offensive Line der Dallas Cowboys wird anders aussehen, als die extrem dominante Version im Vorjahr. Das kann Auswirkungen auf Ezekiel Elliott - dem nach wie vor eine Sperre droht - und auf Dak Prescott haben. Mit drei All-Pros an der O-Line haben die Cowboys eine gute Basis, doch klar ist auch: Sollte der zum Tackle umgeschulte La'el Collins oder der bislang so enttäuschende Guard Jonathan Cooper ein Schwachpunkt werden, wird die Line in ihrer Summe an Qualität einbüßen.

Arizona Cardinals - Cornerbacks

Wer verteidigt gegenüber von Peterson?

Die Cardinals spielen die vielleicht aggressivste Defense in der NFL: Bei First Down wurde im Vorjahr in 41 Prozent der Fälle geblitzt (Liga-Schnitt: 27 Prozent), Arizona ist mit seinen Safeties und Linebackern extrem kreativ - die Rookies Budda Baker und Haason Reddick passen hier ideal rein. Dieses aggressive Scheme funktioniert auch deshalb, weil mit Patrick Peterson einer der besten Cornerbacks der NFL dahinter absichert. Klingt schön und gut, doch das große Fragezeichen: Der zweite Cornerback-Posten ist seit Jahren eine Problemzone. Justin Bethel und Brandon Williams haben wohl die besten Chancen auf den Startplatz - oder spielt sich einer der Rookies auf der Position ins Rampenlicht?

New Orleans Saints - Defense

Der alljährliche Schwachpunkt, die Zweite

Irgendwann wird auch Drew Brees damit aufhören, 5.000-Yard-Seasons hinzulegen. Die Saints täten gut daran, in diesem Fenster irgendwann mal die Defense in die Spur zu bekommen. Doch schon jetzt wiegt der Ausfall von Nick Fairley schwer und einen zweiten echten Pass-Rusher neben Cameron Jordan gibt es noch immer nicht. Somit dürfte New Orleans wieder zu den Blitz-lastigsten Teams zählen (insgesamt 41,3 Prozent im Vorjahr, Höchstwert), hat mit Marshon Lattimore und Delvin Breaux inzwischen aber immerhin zwei vernünftige Cornerbacks. Ansonsten? Viel offen, viele Positionen werden im Camp ermittelt. Ganz besonders bei den Linebackern, aber auch an der Defensive Line.