"Einfachheit, Plattheit, Parolen"

SPOX
13. Oktober 200814:31
SPOXdpa
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Gerolsteiner-Teamchef Hans-Michael Holczer sieht nach den jüngsten Doping-Enthüllungen für den deutschen Radsport schwarz.

"Der Radsport in Deutschland hat keine Chance", sagte Holczer in einem emotionalen Streitgespräch mit dem geständigen Doping-Sünder Patrik Sinkewitz in der SWR-Fernsehsendung "Sport im Dritten" am Sonntagabend.

Er selbst sei mit seiner "offenen Haltung gescheitert, an Stefan Schumacher gescheitert", erklärte der Rennstall-Inhaber. Dem zweimaligen Tour-de-France-Etappensieger Schumacher war nachträglich in zwei A-Proben Doping mit dem EPO-Präparat CERA nachgewiesen worden.

Schumacher indes bestreitet Doping. Holczer betonte zwar, er wolle noch die B-Proben abwarten, meinte aber: "Ich habe die kriminelle Energie unterschätzt."

Erpressung und Nötigung

In der heftigen Diskussion mit Sinkewitz warf Holczer dem Vater des früheren Radprofis Erpressung und Nötigung vor. Vor laufenden Kameras zitierte der Gerolsteiner-Teamchef aus einem angeblichen Drohbrief vom 17. September.

"Sollte mein Sohn wegen irgendwelcher fadenscheiniger Argumente bis Ende 2008 keinen neuen Vertrag bekommen, werde ich Ihnen Ihren Heiligenschein nehmen", heißt es in dem Schreiben.

"Ich werde eine Lawine lostreten, bei der ich nichts behaupten werde, was ich nicht beweisen kann. Wer alles auf der Strecke bleibt, ist im Voraus nicht zu sagen. Sicher ist, Sie wären dabei", hat Sinkewitz' Vater laut Holczer gedroht.

Ex-T-Mobile-Fahrer Sinkewitz, der des Testosteron-Dopings überführt wurde und sich den Behörden als Kronzeuge zur Verfügung stellte, blieb bei seiner Suche nach einem neuen Arbeitgeber bislang erfolglos.

"Jahrelang beschissen"

Er hatte Holczer schon in der Vergangenheit mehrfach attackiert. Der 27-Jährige warf dem Rennstall-Chef jüngst "Betriebsblindheit" vor, nachdem Stefan Schumacher unter Doping- Verdacht geraten war.

In der TV-Sendung wiederholte Sinkewitz den Vorwurf, Holczer sei nicht glaubwürdig. Im Kampf um Erfolge und einen neuen Hauptsponsor nach dem Ausstieg von Gerolsteiner zum Ende dieser Saison habe der Herrenberger Doping seiner Fahrer in Kauf genommen. "Mit sympathischen Hinterherfahrern kriegt man nichts", meinte Sinkewitz.

Der sichtlich verärgerte Holczer hingegen beschuldigte Sinkewitz, "jahrelang beschissen" zu haben. "Einfachheit, Plattheit, Parolen", kritisierte Holczer die Aussagen des Hessen in dem Streitgespräch.

Sinkewitz aber meinte: "Ich habe dem Radsport gut getan. Ich habe meine Strafe bekommen, ich habe Aufklärung gemacht." Holczers Vorwürfe konterte Sinkewitz mit den Worten: "Sie haben versucht, mich zu denunzieren, aber das ist Ihnen nicht gelungen."