Radsport vor Aus im öffentlich-rechtlichen TV

SPOX
07. Oktober 200817:55
SPOXdpa
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Der Radsport steht nach den neuesten Doping-Enthüllungen vor dem TV-Aus bei ARD und ZDF.

Die beiden öffentlich- rechtlichen Fernsehsender haben zwar bereits über die Europäische Rundfunk-Union EBU neue Verträge für die Tour de France bis 2011, doch darin sind auch verschiedene Klauseln für den Ausstieg enthalten.

"Wir werden in Ruhe abwarten, was noch so alles unter dem Tisch hervorgefegt wird und ob der Radsport überhaupt noch zu retten ist", kommentierte ZDF-Chefredakteur Nikolaus Brender auf der Internetseite seines Senders und stellte fest: "Alle Konsequenzen - auch ein Ausstieg - sind möglich.

"Solche Betrüger machen den Radsport kaputt"

ARD-Sprecher Christian Bauer sagte: "Da packt einen die kalte Wut, wenn man sieht, wie solche Betrüger den Radsport kaputt machen. Dabei ist es kein Unterschied, ob ein Deutscher, ein Spanier oder ein Amerikaner erwischt wird."

Die ARD-Intendanten hatten auf ihrer bisher letzten Sitzung eine Entscheidung über die Zukunft der Tour de France vertagt. Nun werden sie telefonisch beraten. Eine Entscheidung soll nach den jüngsten Ereignissen bald fallen.

Das ZDF kündigte eine Entscheidung zu Beginn des neuen Jahres an. Der neuerliche Fall sei für ihn "ein Schlag", erklärte Brender: "Zum wiederholten Mal wurde uns gesagt: Das sind die neuen Jungen, die nichts mit Doping zu tun haben."

Eurosport will weiter berichten

Eurosport will ungeachtet der neuesten Entwicklung auch künftig vom Radsport berichten. Dies sagte eine Sprecherin des TV-Spartensenders. "Der Fall ist bedauerlich, aber er ist der Beweis, dass die Kontrollen auch greifen", sagte Medien-Direktor Werner Starz.

Zudem sei die Diskussion in Deutschland besonders intensiv. Eurosport überträgt in 59 Ländern. Bereits bei der Tour de France 2007 hatte der Sportsender - im Gegensatz zu ARD/ZDF - seine Berichterstattung trotz des Dopingfalls Patrik Sinkewitz fortgesetzt.

Die beiden öffentlich-rechtlichen Sender waren damals ausgestiegen, Sat.1 hatte kurzfristig übernommen - und schlechte Quoten erzielt.

Dopingfälle konterkarieren Tour-Neuanfang

Für die kommenden drei Jahren haben die öffentlich-rechtlichen Sender bereits über die Europäische Rundfunk-Union Abmachungen mit dem Tour-Organisator ASO, doch Brender erklärte: "Der Vertrag der EBU, der alle Mitglieder, auch ARD und ZDF bindet, gibt uns jeglichen Spielraum zu Konsequenzen."

In diesem Jahr versuchten die Tour-Organisatoren einen Neuanfang, doch es gab schon während der Tour Dopingfälle und nun weitere Enthüllungen.

Kontrollnetz wird effektiver

"Die Überführung von Schumacher zeigt zwar, dass das Kontrollnetz immer effektiver wird und die Betrüger aussortiert. Aber letztendlich stellt sich doch die Frage, wem man im Radsport überhaupt noch trauen kann", sagte der ARD-Sprecher.

"Es hat sich nun gezeigt, dass es richtig war, bislang noch keine Entscheidung über die Zukunft der Radsport-Berichterstattung zu treffen. Wir fragen uns ernsthaft, ob der Radsport noch zu retten ist. Und das werden wir in Ruhe entscheiden."

Piel und Reim für Tour-Austieg

Innerhalb des Senderverbundes hatte es bereits vor den neuesten Enthüllungen Vorbehalte gegeben, vor allem bei den Intendantinnen Dagmar Reim (RBB) und Monika Piel (WDR).

"Wir sind betrübt über die neuen Fälle, aber zufrieden, dass das Kontrollsystem funktioniert", sagte Stefan Kürten von der EBU. Die neuen Enthüllungen seien nicht automatisch ein Grund zum Ausstieg des europäischen Senderverbundes aus dem neuen Vertrag, erklärte er.

"Wir gehen davon aus, dass ASO auf Seiten derjenigen steht, die Doping verhindern wollen." Es gebe einen "strikten Katalog", der es der EBU erlaube, bei einem Fehlverhalten der ASO auszusteigen.