Christopher Froome ist der große Sieger der Tour de France 2013. Sein Erfolg wirft allerdings Fragen auf, die den Briten in eine Sackgasse manövrieren. Der einzige Ausweg klingt bitter. Die SPOX-Meinung von Bastian Strobl.
"Es ergibt ja Sinn, wenn man sich die Geschichte der Tour anschaut. Jeder Radprofi im Gelben Trikot würde stark kritisiert werden. Ich akzeptiere und verstehe das." Die Worte von Christopher Froome klingen für einen Radfahrer in der heutigen Zeit überraschend reflektiert.
Der große Sieger der Tour de France 2013 hat in den letzten drei Wochen gelernt, mit kritischen Fragen umzugehen. Es blieb ihm auch kaum etwas anderes übrig. Und dennoch spiegelt die Aussage des Briten den absurden Spießrutenlauf wider, den der Mann in Gelb über sich ergehen lassen musste.
Angesichts der befleckten Vergangenheit des Radsports lässt sich dieses Schauspiel sicherlich bis zu einem gewissen Punkt nachvollziehen. Froome befeuerte die Doping-Diskussionen mit seinen Demonstrationen auf dem Weg nach Ax-3-Domaines und dem Mont Ventoux.
Die Art und Weise, wie der 28-Jährige die namhafte Konkurrenz mitsamt einigen ehemaligen Tour-Siegern abhängte, war beeindruckend und erschreckend zugleich. Schnell wurden Erinnerungen an die Ära Lance Armstrong wach, die spätestens seit seinem Geständnis eine klaffende Wunde in der Geschichte der Frankreich-Rundfahrt ist.
Anders als der Texaner schien Froome nicht mal auf die Hilfe seiner Teamkollegen angewiesen zu sein, wenn seine Konkurrenten eine Attacke lancierten. Einzig Richie Porte, über den die Öffentlichkeit ebenfalls ein Damoklesschwert hängte, griff seinem Leader unter die Arme, insbesondere auf der Etappe nach Alpe d'Huez.
Dass Sportwissenschaftler Antoine Vayer die Leistungsdaten des Sky-Kapitäns analysierte und Froomes Zeit auf dem Schlussanstieg der achten Etappe mit der "eines Mutanten" verglich, tat sein Übriges.
Auch die Zuschauer an der Strecke ließen sich davon beeinflussen und pfiffen Froome bei seinem Sieg auf dem Mont Ventoux aus. Ein makabres Spektakel, das der Sky-Kapitän kaum verdient hat, wie er am zweiten Ruhetag auch selbst offen betonte: "Ich sitze hier und werde einen Tag nach meinem bisher größten Sieg als Lügner beschuldigt. Das ist traurig."
Froome vermisst zu Recht die Unschuldsvermutung, die trotz der Enttäuschungen der letzten Jahre gang und gäbe sein sollte. Dass interessanterweise die Wattzahlen des Triumphators gegen Ende der Tour nach unten gingen, wird dabei ebenfalls vergessen.
Abgesehen davon liegen die Gründe seiner Dominanz nüchtern betrachtet nicht nur in seinem eigenen Leistungsvermögen. Viel mehr enttäuschten seine im Vorfeld als ärgste Widersacher eingestuften Rivalen.
Weder die spanische Phalanx um Alberto Contador und Alejandro Valverde, die Froome im letzten Jahr bei der Vuelta noch die Grenzen aufzeigten, noch Cadel Evans, Roman Kreuziger oder Tejay Van Garderen zeigten sich beim Saison-Höhepunkt in Top-Form. Einzig Nairo Quintana konnte die - zugegebenermaßen - wenigen Schwächephasen des Mannes in Gelb nutzen.
Der momentan beste Radfahrer der Welt steckt in einer Sackgasse, gegen die er fast nichts ausrichten kann. Ein Mann, der bereits nach seinem ersten Tour-Sieg nicht als Held taugt und mit viel Argwohn begutachtet wird, wird in Zukunft schwer die Fans begeistern und die von Tour-Direktor Christian Prudhomme erhoffte Ära prägen können.
Froomes Spießrutenlauf wird weitergehen. Womöglich bis zu einer positiven Probe. Man mag es dem Radsport nicht wünschen, aber auch das würde zur Geschichte der Tour de France passen - leider.
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