Jannik Sinner blieb im Moment des Triumphes ganz cool, er schmunzelte, schnaufte durch - und reckte dann die Arme gen Himmel: Allem Doping-Wirbel zum Trotz hat sich der 23 Jahre alte Italiener erstmals zum König von New York gekrönt und nach seinem Triumph von Melbourne im Januar seinen zweiten Grand-Slam-Titel gefeiert. Der Weltranglistenerste aus Südtirol setzte sich in einem einseitigen Finale der US Open mit 6:3, 6:4, 7:5 gegen Lokalmatador Taylor Fritz durch und untermauerte seine Vormachtstellung an der Spitze der Tennis-Welt eindrucksvoll.
"Dieser Titel bedeutet mir so viel. Die letzte Phase meiner Karriere war nicht leicht", sagte Sinner, der den Titel seiner kranken Tante widmete: "Ich liebe Tennis. Ich trainiere viel für diese Spiele. Aber ich weiß auch, dass neben dem Platz ein Leben wartet", so Sinner. Sein größter Wunsch sei die "beste Gesundheit für alle. Leider ist das nicht möglich."
Fritz verpasste es derweil, als erster US-Amerikaner seit Andy Roddick 2003 vor heimischem Publikum zu triumphieren. Ihm bleiben 1,8 Millionen US-Dollar Preisgeld und der Sprung in die Top Ten der Weltrangliste. Auf seinen ersten Major-Titel muss der 26-Jährige noch warten. "Es waren unglaubliche zwei Wochen. Jannik hat ein super Match gespielt", sagte Fritz, ehe er sich an die Fans wandte: "Ihr wartet schon lange auf einen Champion. Sorry, dass ich es diesmal nicht geschafft habe. Aber ich werde weiterarbeiten."
Sinner hingegen machte als erst vierter Mann nach Mats Wilander, Novak Djokovic und Roger Federer den Hartplatz-Doppelschlag mit Siegen in New York und Melbourne innerhalb eines Kalenderjahres perfekt. Sinner ist dazu seit elf Spielen auf der Tour ungeschlagen. Vor dem letzten Grand Slam des Jahres hatte der 23-Jährige auch bei der Generalprobe in Cincinnati triumphiert.
Er fügte seiner beeindruckenden wie turbulenten Geschichte in diesem Jahr damit ein weiteres Erfolgskapitel hinzu. Zusammen mit Spaniens Carlos Alcaraz gilt er als Zukunft des Sports, auch wenn die kurz vor Turnierbeginn publik gewordenen positiven Doping-Tests die Tennis-Szene in Aufruhr versetzt hatten.
Sinner war im März zweimal positiv auf das verbotene Steroid Clostebol getestet worden. Er kam nur um eine lange Sperre herum, nachdem er nachvollziehbar darlegen konnte, dass er durch seinen Physiotherapeuten unschuldig kontaminiert worden sei. In New York hatte Sinner vor allem anfangs sichtlich mit dem Trubel zu kämpfen - und setzte sich nach überzeugenden Vorstellungen doch die Krone auf.