Wie Rafa Roger leiden lässt...

Philipp Joubert
18. April 201117:35
Roger Federer verlor im Viertelfinale von Monte Carlo gegen Jürgen MelzerGetty
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Die Sandplatzsaison hat so begonnen, wie sie nur beginnen kann: mit einem Sieg von Rafael Nadal. SPOX erklärt, wer den König im Hinblick auf die French Open in Paris noch am ehesten ärgern könnte, wer der Geheimtipp ist und was die Deutschen reißen werden.

Power-Ranking - Herren:

1. Rafael Nadal

Rafael NadalGettyNadals Dominanz auf Sand ist legendär und seinen Spitznamen Matador hat er sich in jahrelanger Arbeit verdient. Der Spanier erläuft nicht nur wie viele andere Sandplatzspezialisten die Bälle seiner Gegner, ihm gelingt es meist mit nur einem Schlag, den Ballwechsel zu seinen Gunsten zu drehen. Seine Topspin-Vorhände besitzen eine solche Wucht, dass sie vor allem in Paris den Gegnern bis auf Kopfhöhe springen.

Die beiden Niederlagen gegen Novak Djokovic in Indian Wells und Miami werden am Spanier genagt haben, hat er die Schlachten doch nicht nur physisch verloren, sondern war seinem Gegner vor allem mental nicht gewachsen. Trotzdem wird Nadal, wie schon in den letzten Jahren, von seinen Hardcourt-Niederlagen noch stärker zurückkehren und mindestens zwei Vorbereitungsturniere und die French Open gewinnen. In Monte Carlo hat er ja schon wieder mit seinen Sandplatzsiegen angefangen.

2. Novak Djokovic

Kein Spieler seit Ivan Lendl 1986 hat das Jahr mit einer solchen Siegesserie begonnen, und niemand hat Nadal und Federer so ihre Grenzen aufgezeigt wie der Serbe in den letzten Monaten. Waren der Aufschlag und die Vorhand Anfang letzten Jahres noch Unsicherheitsfaktoren, haben sich beide in diesem Jahr zum Grundstein seiner Dominanz entwickelt.

Dass er in Monte Carlo fehlte, muss nicht von Nachteil sein für die neue Nummer zwei der Welt. Während er im Fürstentum fast sicher gegen Nadal verloren hätte, stehen seine Chancen in Rom und Madrid besser, wo die Sandplätze sich eher wie Hardcourts spielen. Wenn dabei noch mal ein Duell zwischen Djokovic und Nadal wie im Jahr 2009 in Madrid herumkommt, umso besser. Damals siegte Nadal in einer wahren Schlacht 3:6, 7:6, 7:6.

3. Roger Federer

Nur gegen zwei Spieler hatte Roger Federer bis zu seiner Pleite gegen Jürgen Melzer in Monte Carlo in diesem Jahr verloren: Novak Djokovic und Rafael Nadal. Doch bei jeder dieser Niederlagen wurde der Schweizer klar in seine Schranken verwiesen. War es früher Djokovics ausgezeichnete Defensive, die Federer zu Fehlern verleitete, wurde er jetzt auch offensiv vom Serben dominiert. Ähnlich erging es ihm bei seiner Niederlage gegen Nadal in Miami.

Dort schien es, als ob Federer keine Lust mehr hatte, sich auf lange, zähe Ballwechsel mit seinem jüngeren Gegner einzulassen. Federer ist ein äußerst talentierter Sandplatzspieler, hat aber in den letzten Jahren wie sonst kaum jemand unter Nadals Spielweise gelitten. Mit seiner einhändigen, weniger kraftvollen Rückhand war er gegen die Topspin-Bälle und angeschnittenen Aufschläge von Nadal meist chancenlos. Trotzdem wird er in den nächsten zwei Monaten noch einmal aufhorchen lassen, sei es bei den French Open oder bei einem der Vorbereitungsturniere.

4. Robin Söderling

Es überrascht immer noch viele, dass der Schwede so gute Resultate auf Sand einfährt. Doch bieten gerade die Bedingungen in Paris die perfekte Voraussetzung für sein Spiel. Der Belag ist schnell genug, damit seine Schläge ihre ganze Wucht entfalten und die Gegner mürbe machen können. Trotzdem ist der Untergrund so langsam, dass Söderling Zeit hat, sich richtig zum Ball zu stellen. Dass die Bälle auch noch genau in seine "hitting zone" springen, schadet sicherlich nicht.

Vermutlich wird er wie in den letzten Jahren keine herausragenden Resultate in den Wochen vor Paris haben, aber bei den French Open ist mit dem 1,93-Meter-Mann zu rechnen. Nach seinen Siegen über Nadal und Federer in den letzten beiden Jahren wäre es nur passend, wenn er in diesem Jahr Djokovics Rekordjagd stoppen würde.

5. Nicolas Almagro

Hinter Nadal hat sich in den letzten Jahren eine wahre Armada an talentierten spanischen Sandplatzspielern eingefunden. Während Fernando Verdasco und David Ferrer der große Durchbruch schon gelungen ist, wartet der 25-jährige Almagro immer noch auf den ganz großen Erfolg auf europäischem Sand.

Seit Jahren sammelt er beständig Sandplatztitel, vor allem in Südamerika, aber in den großen Matches verlassen dem sonst so selbstbewussten Mann die Nerven. Auch Nadal hat er schon mehrfach auf der Asche in Bedrängnis bringen können. Kein Wunder bei seiner kraftvollen, ästhetischen Spielweise, die um einen beeindruckenden Aufschlag und eine harte, präzise Vorhand aufgebaut ist.

Man to watch - Juan Martin del Potro

Juan Martin del PotroGettyViele Experten dachten, dass del Potro nach seinem US-Open-Triumph 2009 nicht nur Nadal die Nummer eins im Ranking streitig machen würde, sondern sogar an seinem Sandplatzthron rütteln könnte. Seine beeindruckende Mischung aus Geduld und kraftvollen, präzisen Schlägen von der Grundlinie sind eine Gefahr für jeden Gegner - Nadal eingeschlossen. Durch seine Größe neutralisiert er auch die Topspin-Bälle der Sandplatzspezialisten weitestgehend.

Trotz der beeindruckenden Rückkehr von seiner einjährigen Verletzungspause hat sich der Argentinier aber in der Weltrangliste noch nicht so weit nach oben gespielt, dass er den Topgegnern per Setzliste in den frühen Runden aus dem Weg gehen kann. Und um mehrere Spitzenspieler in Folge zu schlagen, reicht die Matchfitness noch nicht. Daher ist er für Überraschungen gut, für einen großen Turniersieg reicht es aber noch nicht.

Die Aussichten der Deutschen

Dafür, dass Deutschland eine solche Menge an Sandplätzen besitzt, ist die Anzahl wirklich guter Sandplatzspieler sehr überschaubar. Wie schon auf Hardcourts besitzt Philipp Kohlschreiber auf Sand die Fähigkeit, fast alle Spitzenspieler zu schlagen. Sein Sieg über den damals auf Sand überragend aufspielenden Djokovic bei den French Open 2009 war die vielleicht beeindruckendste Leistung seiner Karriere. Würde er in jedem Match sein Leistungspotential konstant ausschöpfen, hätte er auch in diesem Jahr mehr Matches für sich entscheiden können. Trotzdem ist ein Viertelfinale entweder in Rom, Madrid oder sogar bei den French Open möglich.

Das wird Florian Mayer vermutlich nicht schaffen, aber seine einzigartige Spielweise führt ihn auch auf Sand zu konstanten Resultaten. Bei all den jungen Spielern, die dieses Jahr den Durchbruch geschafft haben, gilt es ein Auge auf Cedric Marcel Stebe zu behalten. Stebe ist ein talentierter Linkshänder, der sich mit sehr guten Resultaten auf der Challenger Tour, der zweiten Liga des Tennis, nach oben arbeitet und die richtige Spielweise besitzt, um ein wirklich guter Sandplatzspieler zu werden.

Teil II: Das Power-Ranking der Damen

Power-Ranking - Damen:

1. Caroline Wozniacki

Seitdem Caroline Wozniacki sich als Spitzenspielerin etabliert hat, wird ihr vorgeworfen, in den wichtigen Momenten das Risiko zu scheuen und sich lieber auf ihre herausragende Defensive zu verlassen. Auch als sie bei den Australian Open im Halbfinale trotz Matchball gegen Na Li verlor und damit abermals am Ziel scheiterte, einen Grand-Slam-Titel zu gewinnen, waren die Kritiker wieder zur Stelle.

Zwar hat die Dänin ihr Spiel immer noch nicht grundlegend geändert. Aber mit ihrer leicht veränderten Schlägerhaltung bei der Vorhand scheint sie gewillt zu sein, eher auf den Gewinnschlag zu gehen. Mit drei Turniersiegen hat sie zudem einen exzellenten Start in die Saison hingelegt. Im Gegensatz zum letzten Jahr, als sie auf Sand meist früh gegen hart und präzise schlagende Gegnerinnen ausschied, dürfte sie 2011 um alle großen Titel mitspielen.

2. Victoria Azarenka

Victoria AzarenkaGettyKaum jemand ist so repräsentativ für die jungen Topspielerinnen wie Victoria Azarenka: Äußerst talentiert, aber viel zu unkonstant, omnipräsent auf Twitter, aber zu Plattitüden neigend in ihren Interviews. Daher waren die meisten Journalisten überrascht, als die Weißrussin beim wichtigen Turnier in Miami in aller Ausführlichkeit erklärte, dass sie in letzter Zeit in sich gegangen sei und endlich ihr wahres Potential ausschöpfen wolle. Prompt gewann sie das Turnier zum zweiten Mal in ihrer Karriere.

Bleibt die Frage, ob ihr jetzt im Gegensatz zum ersten Mal auch der Durchbruch in den Grand Slams gelingt. Zu wünschen wäre es der Tenniswelt, es gibt kaum jemand talentierteren, vor allem ihre Returns, aber auch ihre präzisen und harten Grundschläge sind oft unglaublich gut. Kann sie ihre Form der letzten Wochen konservieren, gewinnt sie nicht nur eines der großen Turniere in Stuttgart, Rom oder Madrid, sondern wird zur Favoritin für die French Open.

3. Francesca Schiavone

Keine Spitzenspielerin beherrscht so viele unterschiedliche Schläge wie Francesca Schiavone. Als die extrovertierte Italienerin letztes Jahr völlig überraschend die French Open gewann, erwarteten nicht wenige, dass sie ein "one tournament wonder" bleiben würde. Stattdessen hat sich die 30-jährige als Top-10-Spielerin etabliert.

Matches wie der Fünf-Stunden-Marathon gegen Svetlana Kuznetsova bei den Australian Open bestätigen darüber hinaus ihren Ruf als Spielerin, die ihr Herz auf dem Platz lässt. Vermutlich wird sie keinen der großen Titel in dieser Sandplatzsaison gewinnen, aber als Ereignis ist Schiavone auf Sand einzigartig.

4. Sam Stosur

Die Verliererin des letztjährigen French-Open-Finales hat die Niederlage gegen Francesca Schiavone scheinbar immer noch nicht verkraftet. Nachdem sie in den vorherigen Runden Justine Henin als Sandkönigin entthront und einen Matchball gegen Serena Williams abgewehrt hatte, ließ Schiavone die Australierin im finalem Match ihr Spiel nicht aufziehen. Dabei gibt es eigentlich keinen Grund für Selbstzweifel, denn Stosurs Spiel bringt alles mit, was die 26-Jährige benötigt, um auch in diesem Jahr wieder nach Sandtiteln greifen zu können.

Ihr Kick-Aufschlag könnte im Lehrbuch stehen, springt höher als bei den meisten Männern und erlaubt es ihr, viele Ballwechsel schnell mit ihrer effektiven Vorhand zu beenden. Trotz enttäuschender Ergebnisse in letzter Zeit wird sie daher auch in diesem Jahr einen der großen Titel gewinnen.

5. Kim Clijsters

Kim ClijstersGettySeit ihrem Comeback hat die Belgierin nur zwei Matches auf Sand bestritten, und auch in diesem Jahr werden nicht viele dazukommen. Zwar hat Clijsters immer wieder betont, dass sie die French Open gewinnen möchte, aber zeitgleich ließ sie in den letzten Wochen durchblicken, dass es ihr wie schon öfter an der Motivation für den ermüdenden Tennisalltag fehlt.

Dazu kommt eine auf der Hochzeit ihres Cousins zugezogene Bänder- und Kapselverletzung am Knöchel, die sogar das Aus für die French Open bedeuten könnte. Sollte Clijsters allerdings doch noch spielen, gehört sie auch ohne Vorbereitung zum Favoritinnenkreis. Schon vor ihrem Rücktritt war sie mit ihrer perfekten Mischung aus guter Defensive und ansprechendem Offensivspiel eine der besten Sandplatzspielerinnen.

Woman to watch - Agnes Szavay

Wie viele andere junge Spielerinnen hat die 22-jährige Ungarin noch nicht ansatzweise ihr Potential erfüllt. Als sie im Sommer 2007 den Durchbruch schaffte, war sofort klar, dass ihr Spiel wie geschaffen ist für den Sand. Ein guter Aufschlag und eine solide Vorhand komplettieren ein Spiel, das von einer an guten Tagen sensationellen Rückhand dominiert wird.

Mit dieser Rückhand kann sie nicht nur die auf Sand hoch abspringenden Bälle locker abwehren, sondern besitzt durch ihre Balance während des Schlages Ballverteilerqualitäten, die an Chris Evert erinnern. Für einen ganz großen Titel fehlen ihr die Konstanz und der Biss, aber sie kann mehr als nur eine Favoritin stolpern lassen.

Die Aussichten der Deutschen

Alles dreht sich im Moment um Andrea Petkovic, und das zu Recht. Nicht nur der Autor dieser Zeilen hat Anfang des Jahres unterschätzt, wie schnell die Darmstädterin ihr Spiel weiterentwickeln würde. Mit ihrer Spielübersicht und guten Grundschlägen gehört sie zu den vielen Spielerinnen, die in diesem Jahr eines der großen Vorbereitungsturniere oder sogar die French Open gewinnen können.

Zu den Favoritinnen zählt sie aber noch nicht. Sehr wichtig für ihr Selbstvertrauen war es, dass sie mit ihren Teamkolleginnen die ersatzgeschwächte US-Mannschaft im Aufstiegsspiel in die Fed-Cup-Weltgruppe besiegt hat. Hilfe bekam sie dabei von Julia Görges, die ihre Formkrise nach den Australian Open mit einem Viertelfinal-Einzug in Charleston endlich beenden konnte. Wie auch Sabine Lisicki wird es bei Görges nicht für ein ganz überragendes Resultat auf Sand reichen, aber Ausrufezeichen können beide mit ihrem druckreichen Spiel setzen.

Die WTA-Weltrangliste