Nach seinem überzeugenden Sieg bei UFC 260 über Stipe Miocic sollte Francis Ngannou eigentlich als nächstes auf "GOAT" Jon Jones treffen. Eine erneute Auseinandersetzung zwischen Jones und UFC-Präsident Dana White könnte dies aber zunichte machen. Es wäre nicht das erste Mal, dass White Jones nicht genügend respektieren würde.
"Jones will gegen den Gewinner von Stipe und Francis kämpfen, daher wird das auch passieren", verkündete UFC-Präsident Dana White Mitte Februar gegenüber ESPN. Jon Jones (33), laut White der "GOAT" im Mixed Martial Arts, überwarf sich allerdings im Mai 2020 mit White. Seitdem herrscht zwischen den beiden Alphatieren dicke Luft. Doch weshalb?
Jones forderte in seiner Laufbahn immer wieder eine für ihn "gerechtere" Bezahlung. Nach seiner jüngsten Titelverteidigung im Halbschwergewicht im Frühjahr 2020 kündigte er an, nur noch zu seinen Konditionen kämpfen zu wollen. Angeblich wollte er eine astronomische Summe in der Kategorie Deontay Wilder und damit rund 30 Millionen Dollar kassieren. Normalerweise erhalten UFC-Champions für einen Kampf keinen Millionenbetrag, ausgenommen von Khabib Nurmagomedov und Conor McGregor, die einen mittleren einstelligen Millionenbetrag für ihre Kämpfe erhielten. Die UFC-Kämpfer kassieren oft durch Prämien wie Ticker- oder Pay-Per-View-Bonus ab.
Da White nur lachend ablehnte, schrieb Jones in der Folge: "Sei kein verdammter Lügner." Zuvor waren die geplatzten Verhandlungen öffentlich geworden. Jones hätte demnach im Herbst 2020 gegen Francis Ngannou gekämpft. White, der immer wieder für die Bezahlung in der UFC in der Kritik steht, platzte daraufhin der Kragen: "In einem seiner Tweets sagte er, ich hätte seinen Namen beschmutzt. Ich habe ihn beschmutzt? Er hat sehr gut daran getan, ihn zu beschmutzen."
White bezog sich vermutlich auf Jones' bisherige Strafakte. Jones wurde im Laufe seiner UFC-Karriere mehrfach verhaftet, wobei die Anklagepunkte von Fahrerflucht bis hin zu Trunkenheit am Steuer reichen. Im März 2020 bekannte er sich in seinem Heimatstaat New Mexico in einer Anklage wegen Trunkenheit am Steuer für schuldig. Zudem wurde er mehrfach positiv auf leistungssteigernde Mittel getestet.
White: "GOAT bedeutet nicht, dass man 30 Millionen Dollar bekommt"
"Der Größte aller Zeiten zu sein, bedeutet nicht, dass man 30 Millionen Dollar bekommt. Es bedeutet, in der Lage zu sein, sich zu verkaufen", sagte White damals. In den Monaten darauf näherten sich die beiden Streithähne immerhin ein wenig an. Jones gab seinen Titel im Halbschwergewicht ab und erklärte, dass er ins Schwergewicht aufsteigen würde.
Die UFC hatte spekuliert, dass Daniel Cormier bei UFC 242 Stipe Miocic besiegen würde. Dadurch hätte das Hassduell zwischen Cormier und Jones neu aufgelegt werden können. Jones und Cormier lieferten sich einige heftige Auseinandersetzungen. Jones gewann zweimal gegen seinen Erzfeind, ein Duell wurde im Nachgang als ungültig gewertet, da er positiv auf die Substanz Turinabol getestet wurde. Doch da Cormier gegen Miocic verloren hatte und in der Folge zurückgetreten war, verpuffte die Idee eines dritten Kampfes.
Fast ein halbes Jahr ging ins Land, ehe ausgerechnet White verkündete, dass Jones auf den Gewinner von Miocic-Ngannou treffen würde. Auch Ngannou war sehr angetan davon, gegen Jones antreten zu müssen. Einerseits aus finanzieller Hinsicht, anderseits auch aus einer sportlichen. Sollte Ngannou seinen ersten Titel gleich gegen den "GOAT" verteidigen, gäbe es keinen Zweifel an seinem Können.
"Meiner Meinung nach ist Jon Jones der Größte aller Zeiten im Mixed Martial Arts", sagte Ngannou in seinem Interview im Anschluss an UFC 260. "Da er aufsteigt, wird es eine Herausforderung sein, die ich annehmen werde."
"Let's Play Baby", twitterte Jones, der seinen Status untermauern könnte umgehend nach Ngannous Sieg. Jones wäre aber nicht Jones, wenn er nicht noch etwas nachlegen würde: "Zeig mir das Geld." Angesprochen auf den letzten Tweet versuchte Dana White die Situation mit einem Scherz zu entschärfen: "Wäre ich Jon Jones und hätte ich den Kampf gesehen, würde ich darüber nachdenken, ins Mittelgewicht zu gehen."
UFC: Kämpft Ngannou gegen Lewis und nicht gegen Jones?
Ein wenig angesäuert legte er aber nach: "Was soll 'Zeig mir das Geld' bedeuten? Du kannst sagen, wenn du gegen jemanden kämpfen willst - aber willst du das wirklich?" Sollte Jones den Kampf nicht "wollen", so würde die UFC Derrick Lewis als nächsten Gegner für Ngannou nehmen", ergänzte White, der damit sein Versprechen brechen würde.
Diese Aussage kam sehr überraschend, da - sollte Jones nicht den Titelkampf erhalten - normalerweise Stipe Miocic das Recht auf einen Rückkampf hätte. Der 38-Jährige gilt immerhin als der beste Schwergewichtler aller Zeiten und gerät in dieser Diskussion sowieso zu kurz, da sich alles auf Jones fokussiert.
Auch für Jones kam Whites Ansage, notfalls Lewis den Kampf zu geben, überraschend. Die Reaktion folgte aber umgehend: "Warum muss ein Kämpfer Angst haben, wenn er sagt, dass er mehr Geld verdient. Was für eine Beleidigung." Jones spielte in der Folge auf Conor McGregor ab, der zwar das meiste Geld der UFC erhalte, aber nicht mehr die Leistung bringen würde. "Ich habe mir den Arsch abgearbeitet, so viel Gewicht draufgepackt. Ich habe nie einem Kampf verloren. Jetzt soll ich plötzlich Angst haben. Was für ein Bullshit", ergänzte er. Jones verlor 2009 einen ersten UFC-Kampf gegen Matt Hamill aufgrund eines illegalen Ellenbogenschlags. Die Niederlage hat er bislang nicht akzeptiert.
Im Interview mit DAZN und SPOX erklärte zuletzt Aleksandar Rakic, der in naher Zukunft einen Titelkampf im Halbschwergewicht erhalten könnte, dass die UFC-Kämpfer zu wenig verdienen würden. Vor allem im Vergleich zum Boxen klafft eine große Lücke auf. Halbschwergewichtschampion Jan Blachowicz glaubte unterdessen im Gespräch mit DAZN und SPOX, dass Jones noch in diesem Jahr in seine alte Division zurückkehren wird.
So oder so steht die UFC vor einer entscheidenden Frage. Wie wird nach der Khabib- und McGregor-Ära mit den besten Kämpfern umgegangen? McGregor, der im Sommer erneut gegen Dustin Poirier antreten wird, könnte bei einer weiteren Niederlage zurücktreten. Sein Erzfeind Khabib Nurmagomedov befindet sich bereits im Ruhestand. Die UFC muss daher auf Jones zugehen und ihm den Kampf geben. Ein Duell gegen Ngannou würde sich mit Sicherheit besser vermarkten lassen als ein Kampf gegen Lewis.
UFC: Die letzten fünf Kämpfe von Jon Jones
Datum | Gegner | Ergebnis |
8. Februar 2020 | Dominick Reyes | Sieg nach Entscheidung |
6. Juli 2019 | Thiago Santos | Sieg nach Entscheidung |
2. März 2019 | Anthony Smith | Sieg nach Entscheidung |
29. Dezember 2018 | Alexander Gustafsson | Sieg durch TKO |
29. Juli 2017 | Daniel Cormier | Keine Wertung |