Im Mixed-Martial-Arts-Sport gibt es nur wenige Axiome. Eines davon lautet: Wette nie gegen Anderson Silva. Der in der Liga nach fast sieben Jahren noch unbesiegte Weltmeister wird am Samstag bei UFC 162: Silva vs. Weidman (So., 4 Uhr im LIVE-STREAM) seine Mittelgewichtskrone gegen Chris Weidman aufs Spiel setzen.
Der Brasilianer Anderson Silva ist ein Ausnahmeathlet. Seine Bewegungsabläufe haben etwas von der Matrix, und niemand lässt seine Gegner so alt und unbeholfen aussehen wie er. Auf den Beinen zaubert er wie sein Landsmann Ronaldo schier unmögliche Aktionen. Ein Knockoutsieg im Zurückweichen mit einem halbherzigen Jab? Gab's schon. Ein Frontkick zum Kinn, der dem Gegner die Lichter ausknipst? Haben wir. Eingesprungene Kniestöße zum Körper und Kopf? Treffer und versenkt.
Preview Blog: Weidmans großer Coup?
Doch bei aller Brillanz zieht sich eins wie ein roter Faden durch Silvas UFC-Karriere: Richtig gute Ringer kriegen ihn nach Belieben auf die Matte. Travis Lutter und Dan Henderson machten es vor, Chael Sonnen perfektionierte es über sechs Runden. Und: Wenn Silva mal auf dem Rücken ist, findet er keinen Weg mehr, aus eigener Kraft wieder auf die Beine zu kommen.
Diese Anfälligkeit gegen Takedowns ist es, auf der die Promotionkampagne der UFC für Silvas aktuellen Gegner Chris Weidman fußt. Weidman ist ein zweimaliger All-American im Ringen. Er hat noch nie im Grappling gegen einen Gegner den Kürzeren gezogen. Drei seiner letzten vier Kämpfe in der UFC entschied er vorzeitig in der ersten Runde - und zwar nicht nur durch Knockout, sondern auch durch Aufgabe. Es gibt kaum etwas Gefährlicheres als einen Ringer, der am Boden auch noch weiß, wie er dem Gegner den Garaus macht.
Sprung ins Ungewisse
Soweit die Promotion. Tatsächlich macht Weidman mit dem Kampf gegen Silva einen Sprung ins arktische Eismeer. Er hat noch nie gegen jemanden von Anderson Silvas Kaliber gekämpft. Seine beiden wichtigsten Siege waren gegen einen verletzten Mark Munoz und einen unmotivierten Demian Maia. Er musste jetzt ein Jahr wegen einer Schulteroperation pausieren - niemand weiß, welchen Einfluss diese auf seine Explosivität haben wird. Keiner kann sagen, ob Weidman wieder völlig auf dem Damm ist.
Anderson Silva bestraft die kleinsten Unaufmerksamkeiten. In einem fünfründigen Titelkampf wird der noch vergleichsweise unerfahrene Herausforderer mehr als genug Chancen haben, den einen Fehler zu machen, den der Weltmeister für sich nutzt, um den Sack zuzumachen. Weidman müsste einen perfekten Kampf über fünf Runden abliefern, um Silva den Titel abzunehmen - oder ihn vorzeitig durch Knockout oder Aufgabe besiegen.
Das soll nicht bedeuten, dass der Herausforderer chancenlos ist. Im Gegenteil: Wie Dan Henderson und Chael Sonnen vor ihm bringt Weidman alles mit, was er für den Sieg braucht. Die Chancen stehen nur gut, dass an diesem Juliabend im Jahr 2013 alles Talent der Welt nicht genügen wird, um das dicke Erfahrungsdefizit aufzuholen. Der Schritt von Mark Munoz zu Anderson Silva ist einfach zu groß.
Dennis Siver mit Chance auf Titelkampf
Dennis Siver, Deutschlands bester UFC-Kämpfer, wird im Vorprogramm von UFC 162 den schon einmal für London angesetzten Kampf gegen Cub Swanson bestreiten. Ein Sieg hier würde ihn für einen Titelkampfausscheider gegen den Sieger von Frankie Edgar/Charles Oliveira in Stellung bringen.
Cub Swanson ist in der ersten Runde ein höchst gefährlicher Gegner. Er überrennt mit schöner Regelmäßigkeit Gegner, die ihm eigentlich überlegen sein sollten. Allerdings geht er bisweilen sehr ungestüm zu Werke und tritt so aggressiv auf, dass er sich von Weltklassegegnern regelmäßig Konter einfängt - Ricardo Lamas, Chad Mendes, Jose Aldo und Jens Pulver haben vorgemacht, wie es geht. In diese Lücke wird auch Dennis Siver zu stoßen versuchen.
Siver kämpft viel technischer und sauberer als Swanson. Er verschwendet anders als Swanson kaum Bewegungen und wird der massigere Kämpfer im Octagon sein. Fast drei Jahre ist es bereits her, seit Siver sich seinen letzten vorzeitigen Sieg sicherte. Ob das einer Änderung seiner Kampfstrategie geschuldet ist oder ob es an den Gegnern lag, lässt sich nicht eindeutig identifizieren. Endet der Kampf am Samstag vorzeitig, muss man allerdings eher mit einem Sieg von Cub Swanson rechnen, während Dennis Siver über die Distanz die bessere Figur machen würde.
Außerdem bei UFC 162:
- Der frühere Leichtgewichtsmeister Frankie Edgar will trotz dreier Niederlagen in Folge nun gegen Charles Oliveira einen dominanten Sieg einfahren und sich so für einen weiteren Titelkampf empfehlen. Wünschen kann er sich viel.
- Mit Roger Gracie und Tim Kennedy geben zwei frühere Strikeforce-Kämpfer ihr UFC-Debüt. Beide haben bislang gegen Gegner zweiter Klasse gefährlich ausgesehen, konnten aber gegen die Spitze der Division nicht viel ausrichten. Für den Verlierer könnte es bereits wieder eng werden.
- Mark Munoz und Tim Boetsch machen unter sich aus, wer überhaupt noch eine Chance hat, im Mittelgewicht ins Titelrennen einzusteigen - und wer aufs Abstellgleis kommt. Auf Munoz lastet dabei mehr Druck, da er das Idol der philippinischen Fans ist.
- Gabriel Gonzaga wird Dave Herman eine weitere Lektion erteilen wollen, warum BJJ eben doch wichtig ist. Verliert Herman, ist er mit größter Wahrscheinlichkeit raus.
UFC 162: Silva vs. Weidman wird in der Nacht von Samstag auf Sonntag ab 4 Uhr auf SPOX.com und UFC.tv übertragen. Die Vorkämpfe starten um 1 Uhr auf facebook.com/UFC und um 2 Uhr dann parallel auf SPOX.com und UFC.tv.
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