"Die Stadthalle war mein Wohnzimmer", schwärmt Herbert Prohaska im Gespräch mit SPOX. "Ich bin zehn Mal zum besten Spieler gewählt worden, habe dem Turnier immer entgegen gefiebert. Dort war ich nervöser als bei einem Länderspiel oder im Europacup."
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Wenn die lebende Austria-Wien-Legende über das Stadthallen-Turnier spricht, brennt das Feuer in ihm. Jahrelang war der Bandenzauber fixer Bestandteil des Weihnachtsprogramms. Zu Tausenden strömten die Fans an den Vogelweidplatz im 15. Wiener Gemeindebezirk, um ihren Helden am Parkettboden zuzusehen. 50 Jahre lang - von 1959 bis 2009 - versammelte das Turnier die Freunde des gepflegten Scheiberlkicks.
Prohaska: "Ich vermisse das Turnier, aber..."
Seitdem herrscht Funkstille. Für viele Fußballromantiker eine Katastrophe. "Wir müssen aufpassen, die Halle nicht zu demontierten", warnte Prohaska in einem Interview mit dem Ballesterer 2003 noch vor dem Ende der Wiener Tradition. Mittlerweile sieht er die Sache gelassener: "Natürlich vermisse ich das Turnier, aber die Zeit hat sich gewandelt. Der Aufwand im Fußball ist viel größer geworden, die Spieler brauchen mehr Pausen."
Der durch zahlreiche Europacup-Partien aufgeblähte Terminplan lässt in der kurzen Winterpause kein Jux-Turnier zu. Zu wertvoll ist die Regenerationszeit. Ganz zu schweigen von der Verletzungsgefahr am Parkett. "Ein Trainer, der auf eine professionelle Vorbereitung setzt, wird heutzutage für so ein Hallenturnier keine große Liebe finden", meint Andy Marek, der Klubservie-Leiter des SK Rapid im Gespräch mit SPOX.
Verkürztes Turnier als Alternative?
Aufgrund des dichten Terminplans wurde in den vergangenen Jahren immer wieder ein verkürztes Turnier mit nur zwei oder drei Spieltagen angedacht. Dafür müsste sich zunächst aber ein Veranstalter finden, der das Risiko für die Kosten trägt. Das letzte Stadthallenturnier richteten 2009 die beiden Wiener Großvereine gemeinsam aus, am Ende stand ein finanzielles Minus.
"Die Stadt Wien müsste sagen: Wir wollen ein Fußball-Turnier in der Stadthalle. Dazu müsste man Sponsoren finden", spielt Marek ein fiktives Szenario durch, nur um im selben Atemzug die Idee auseinander zu nehmen: "Aber letztendlich hätte das Turnier nicht die Qualität von früher als Hans Krankl noch gegen Herbert Prohaska gespielt hat. Das geht aufgrund des Terminplans nicht. Es würden nicht jene Spieler mitwirken, die du dir als Rapid- oder Austria-Fan wünscht."
Chancen auf Wiedergeburt stehen schlecht
Tatsächlich waren schon bei den letzten Auflagen des Turnier nur selten die Einsergarnituren der Bundesliga-Klubs im Einsatz. "Man sollte den Fans nicht vorgaukeln, es gebe wieder das Wiener Stadthallen-Turnier, wenn dann bei Rapid und Austria fünf Amateure am Parkett stehen. Das ist weder fair noch aufrichtig", sagt Marek.
Prohaska teilt die Befürchtungen der Rapid-Ikone. "Ich bin davon überzeugt, dass die meisten Spieler und Trainer dem Turnier heute nicht viel abgewinnen könnten." Österreichs Jahrhundert-Fußballer berichtet, dass in den letzten zwei, drei Jahren immer wieder über ein Revival nachgedacht worden wäre, "aber richtig konkret wurde es nie. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es in ähnlicher Form wieder kommt".
Es gibt eine Alternative
So müssen sich die Fans des Bandenzaubers mit dem Hallenfußball-Turnier des Wiener Fußballverbandes zufrieden geben. Von 13. bis 15. Jänner treten die Vienna, der Sportklub sowie andere Dritt- und Viertligsten in der kleineren Stadthalle B gegen den Ball.
Wem das nicht gut genug ist, dem bleibt nichts anderes übrig, als in Nostalgie zu schwelgen. Stadthallen-König Prohaska erinnert sich gerne zurück: "Zu meiner Zeit wollten alle gerne in der Halle spielen. Und derjenige, der den Hallenfußball nicht gemocht hat, der konnte nicht kicken."
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