"Ich habe dem Vorstand zweimal die Vertrauensfrage gestellt und hätte auch auf sämtliche finanzielle Abgeltung verzichtet", berichtete Kreissl am Tag nach der Sitzung, die bis 24.00 Uhr gedauert haben soll. "Wenn der Sturm-Vorstand davon überzeugt gewesen wäre, hätte ich das akzeptiert." Die Verantwortungsträger wollten den Abschied des Wieners aber nicht hinnehmen. Beschlossen wurde indes, dass es mit Mählich als Trainer nicht weitergehen kann.
Günter Kreissl: Trennung von Roman Mählich "emotionell schwierig"
"Es wurde alles pragmatisch mit dem Vorstand analysiert, und es zeigte sich, dass es notwendig war, etwas zu ändern", erklärte Kreissl. "Wenn wir das Gesamtpaket betrachten aus Resultat und Leistung, so gab es nicht mehr das nötige Vertrauen, das in die richtige Richtung zu verbessern." Er habe auch auf die organisierten Fans Rücksicht nehmen müssen, die zuletzt den aktiven Support im Stadion eingestellt hatten. "Die Stimmungslage des Publikums, die in Graz kommuniziert wurde, war nicht pro Mählich, und wir müssen in dieser Causa auch wahrscheinliche Entwicklungen beurteilen."
Die Übermittlung der Nachricht an Mählich sei emotionell schwierig gewesen. "Es ist für mich doppelt und dreifach schwer, nach sieben Monaten die Zusammenarbeit zu beenden", führte Kreissl aus. Der langjährige Sturm-Mittelfeldspieler habe das Aus "kämpferisch" aufgenommen, "und er war als Trainer bis zur letzten Sekunde ein Kämpfer", ergänzte Kreissl. Doch "leider war der Karren am Ende wirklich verfahren".
Mählich war im November 2018 für den Deutschen Heiko Vogel installiert worden. Sturm schleppte sich unter dem Ex-Profi dann in die Meistergruppe, dort stabilisierten sich die Leistungen aber nicht. Am Ende war das Play-off gegen Rapid Wien der Rettungsanker, um sich doch noch die Teilnahme an der Qualifikation für die Europa League zu sichern. Das schafften die Steirer trotz einer 0:1-Niederlage im Rückspiel vor eigenem Publikum. "Wie wir da aufgetreten sind, das macht nachdenklich."
SK Sturm Graz: "Wirtschaftlicher Schaden" wegen Trainer-Trennungen
Die Bestellung des neuen Trainers soll nun möglichst rasch erfolgen. "Bis Ende nächster Woche sollte die Trainerfrage entschieden werden", sagte Kreissl. Nach der Verlautbarung der Trennung von Mählich habe er bereits "50 Vorschläge bekommen, was Trainer und Assistenztrainer betrifft". Was das Finanzielle angeht, ist der Spielraum beengt. "Natürlich sind die Trennungen von Heiko Vogel und Roman Mählich mit Mehrkosten verbunden und ein wirtschaftlicher Schaden." Es sei aber durchaus Spielraum vorhanden, sodass Kreissl nicht ausschließen wollte, für den Neuen eine geringe Ablöse zu zahlen.
Viele Namen fallen damit jedoch von vorneherein aus der Diskussion. Kreissl wurde etwa auf den derzeit vertragslosen Peter Stöger angesprochen. "Mit ihm habe ich hin und wieder privaten Kontakt. Aber wenn man bedenkt, dass seine letzte Trainerstation Borussia Dortmund war, wird das wohl schwer realisierbar sein", replizierte er.
Es gebe ein klares Anforderungsprofil, sagte Kreissl. Über allem steht der Wunsch nach einer Mannschaft, "die allen das Gefühl vermittelt, dass sie jedes Spiel gewinnen will". Er habe "die volle Verantwortung, und ich muss dafür sorgen, dass Spieler so gefordert und gefördert werden, dass sie ihr ganzes Potenzial abrufen". Er wisse, dass der Druck auf ihn und die Spieler jetzt noch größer werde - denn: "Wir können nicht nach einem halben Jahr wieder einen neuen Trainer bestellen."