Schillernde Weltstars in Österreich? Eine Seltenheit. Da gab es vor vielen Jahren den argentinischen Weltmeister Mario Kempes. Erst bei der Vienna, dann in St. Pölten, später in Krems. Oder Frank-Stronach-Hirngespinst Djalminha bei der Wiener Austria, der zumindest für die Selecao geigte. Auch Kicker wie Dejan Savicevic (SK Rapid) oder Oliver Bierhoff (Austria Salzburg) sind über Österreichs Grenzen hinaus bekannt.
Dabei hätte es ganz anders kommen können. Denn österreichische Fußballvereine verpassten die Möglichkeit, Stars wie Ronaldinho, Edin Dzeko und Jimmy Floyd Hasselbaink zu verpflichten. Eine Geschichte der verpassten Chancen.
Sturm Graz verpasste Ronaldinho
Vor sechs Jahren (#340, Juni 2014) berichtete das Sturm Echo, die Vereinszeitschrift des SK Sturm, dass die Grazer einst auf die Verpflichtung der beiden späteren brasilianischen Superstars Ronaldinho und Adriano verzichteten. Ossi Tesourinha, der erste brasilianische Fußballer bei Sturm und spätere Jugendtrainer bei Porto Alegre, bot dem Verein über die Sturm-Urgesteine Otto Urlepp und Gert Kolly gelegentlich brasilianische Talente an.
Zwischen 1997 und 1998, in der glorreichen Zeit unter Trainerlegende Ivan Osim, kam ein ganz besonderes Video-Band. "So an Kicker hat Sturm noch nie gehabt", soll Ex-Sturm-Kicker Walter Höfler damals gesagt haben. Doch Ex-Sturm-Manager Heinz Schilcher wollte davon nichts wissen, wimmelte ebenso ab wie Hannes Kartnig und Osim, der sich für Transfers nicht verantwortlich fühlte.
Das Band wurde von der Vereinsführung nie angesehen. Dabei verpassten die Verantwortlichen etwas, ging es doch um Ronaldinho im Alter zwischen 17 und 18 Jahren. Etwas später wechselte der zweifache Weltfußballer zu Paris Saint-Germain. Der Rest seiner Karriere ist Geschichte.
Tesourinha bot Sturm auch Adriano an
Bitter: Wie die beiden Sturm-Urgesteine dem Vereinsmagazin erzählten, hätte Sturm nur für die Flugkosten, Verpflegung, Unterbringung und ein Taschengeld aufkommen müssen. Unter diesen Bedingungen wäre Ronaldinho ein halbes Jahr geblieben, dann wäre eine Ablösesumme über 1,2 Millionen Euro an Gremio Porto Alegre fällig geworden.
Sechs Monate später kam von Tesourinha erneut ein Band. Selbe Bedingungen, ein halbes Jahr auf Probe und eine Kaufoption über 580.000 Euro. Wieder zeigte die Vereinsführung kein Interesse und lehnte unwissentlich Adriano ab. Später sollte er für Inter Mailand 79-Serie-A-Tore erzielen und den Spitznamen "Imperator" erhalten. Sturm holte zwei Jahre später Charles Amoah für 3,9 Millionen Euro aus St. Gallen.
Jimmy Floyd Hasselbaink: Beinahe Hohe Warte
Der 30. Juli 1995 hat sich ins Gedächtnis von Ex-Vienna-Trainer Rudi Eggenberger gebrannt. An jenem Tag verzichtete der älteste Fußball-Klub Österreichs auf die Verpflichtung eines Spielers, der schon wenige Jahre danach zu den Top-Stürmern Europas zählte - Jimmy Floyd Hasselbaink.
Der Niederländer hatte die Blau-Gelben in einem Testspiel in Himberg von seinen Qualitäten zu überzeugen versucht, dies gelang ihm allerdings nur bei der sportlichen Leitung. Das Vereinsmanagement winkte angesichts der Schulden der Vienna und des Kaufpreises von 40.000 Euro (!) ab, was Eggenberger auf die Palme brachte.
"Zu den verschiedensten Leuten bin ich 'Weinen' gegangen, doch keiner wollte zahlen. Ich habe leider nicht genug Privatvermögen gehabt, sonst hätte ich ihn selbst gekauft. Für ihn hätte ich auch auf einen Teil meines Gehalts verzichtet", erklärte Eggenberger vor einigen Jahren in der APA.
Der Verschmähte aber ging nach Portugal und wechselte 1997 zu Leeds United und wurde Torschützenkönig. In der Saison 1999/2000 wurde er bei Atletico Madrid auf Anhieb bester Scorer der Primera Division, obwohl Atletico abstieg.
Dann ließ sich der FC Chelsea, für den Hasselbaink bis 2004 87 Tore in 177 Spielen erzielte (Torschützenkönig 2001), die Unterschrift des Goalgetters satte 22 Millionen kosten - in Euro, versteht sich. "Als sie das gehört haben, konnten einige Leute aus dem Vienna-Management 14 Tage nicht schlafen", sagte Eggenberger.
Austria verpasste Edin Dzeko: "Habe mir die Haare gerauft"
Um ein Haar wäre 2007 der Transfer von Edin Dzeko zur Austria über die Bühne gegangen. Damals spielte der Bosnier noch in Tschechien bei Teplice. 1,2 Millionen Euro forderte der tschechische Klub Ablöse. Magna und Stronach verhinderten den Transfer jedoch - es sei kein Geld mehr für Neuzugänge vorhanden. Ein halbes Jahr später wechselte Dzeko nach Wolfsburg, die ihn im Winter 2011 um 35 Millionen Euro an Manchester City verscherbelten.
"Ich habe Edin beim Match Teplice gegen Sparta Prag beobachtet und wusste sofort: Der Bursche hat riesiges Potenzial. Genau so einen Stürmer haben wir damals gebraucht", erzählte Ex-Austria-Sportdirektor Thomas Parits SPOX vor einigen Jahren. "Jung, kopfballstark, mit fantastischem Spielverständnis. Klar, dass ich mir in den letzten Jahren ein paar Mal die Haare gerauft habe." Statt Dzeko wurde übrigens Sanel Kuljic für 400.000 Euro verpflichtet.
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