Nachdem am Wochenende eine ehemalige oberösterreichische Nachwuchslangläuferin in den OÖN Missbrauchsvorwürfe gegen einen ihrer damaligen Trainer erhoben hatte, folgte am Montag das nächste Outing einer Betroffenen. In beiden Fällen berichteten die jungen Frauen, sie hätten sich bei Sportveranstaltungen - angeblich mangels eines anderen freien Zimmers - mit einem rund doppelt so alten Trainer ein Doppelbett teilen müssen. Dort sei es dann zu Übergriffen gekommen.
Eine Frau schilderte den OÖN (Sonntag-Ausgabe), sie habe sich bereits Ende 2017 an die vom ÖSV betraute Opferschutzanwältin Waltraud Klasnic und eine Anlaufstelle der Sportunion Oberösterreich gewandt. Ihre E-Mails seien aber zunächst unbeantwortet geblieben. Die Frau, die zum Zeitpunkt des Geschehens 18 Jahre alt war, wurde von der Polizei aber mittlerweile einvernommen.
Ex-Langläuferin über Trainer: "Habe ihm blind vertraut"
Am Montag folgte dann - ebenfalls via OÖN - das nächste Outing: Eine weitere ehemalige Nachwuchs-Langläuferin, die damals erst 15 Jahre alt war, berichtete, sie habe sich bei einem Trainingskurs ebenfalls ein Zimmer mit dem Trainer teilen müssen. In der Folge sei es zu Übergriffen und schließlich zu einem vier Jahre dauernden Abhängigkeitsverhältnis gekommen. "Er war mein Trainer, ich habe ihm blind vertraut. Ohne ihn wäre meine Karriere als Langläuferin Geschichte gewesen", wird die Betroffene zitiert. Sie habe jahrelang geschwiegen. Im Vorjahr habe sie ihr ehemaliger Trainer aber angerufen. "Er sagte mir, dass eine Frau ihn wegen sexueller Übergriffe beschuldigt hat. Wenn mich jemand konfrontiert, soll ich für ihn lügen", berichtete die ehemalige Langläuferin.
Laut Polizeisprecher David Furtner habe man aufgrund der medialen Berichterstattung Ermittlungen aufgenommen. Auch der für Sport zuständige Landesrat Markus Achleitner (ÖVP) habe eine Sachverhaltsdarstellung eingebracht. Der Verdächtige sei namentlich bekannt, aber - ebenso wie die zweite Betroffene, die sich am Montag medial geoutet hatte - noch nicht einvernommen worden.
Er habe den Dienstgeber des Beschuldigten ersucht, die Vorwürfe dienstrechtlich zu prüfen, teilte Achleiter in einer Presseaussendung mit und stellte klar: "Bei Missbrauchsfällen im Sportbereich gibt es keine Toleranz, sondern umfassende Aufklärung und völlige Transparenz, dazu rasche Hilfe für Betroffene."
Angst vor Trainer: Athletinnen in Toiletten eingesperrt
Das Land Oberösterreich hat im Olympiazentrum Sportland OÖ zudem eine Hotline (0664 / 600 72 76168) eingerichtet, bei der sich mögliche Betroffene melden können. Im Olympiazentrum stehen Sportlern und Trainern ab sofort zwei fixe Ansprechpartner für das Thema sexueller Gewalt im Sportbereich zur Verfügung. Darüber hinaus wurde eine Kooperation mit dem Verein PIA - Prävention, Beratung und Therapie bei sexueller Gewalt vereinbart, berichtete Achleitner.
Laut dem OÖN-Artikel gebe es glaubhafte Angaben weiterer Langläuferinnen, wonach sie sich in Toiletten eingesperrt hätten, um vor dem betreffenden Trainer in Sicherheit zu sein. Auch von einem unfreiwilligen gemeinsamen Besuch eines Swingerclubs sei die Rede gewesen. Der mutmaßliche Täter - der bis Ende des Vorjahres im Umfeld des Landesskiverbandes Oberösterreich tätig gewesen sein soll - habe sich immer wieder mit jungen Langläuferinnen in Doppelzimmern untergebracht. Zahlreiche Mitwisser hätten jahrelang geschwiegen, so die Zeitung. Nach APA-Informationen soll der Verdächtige auch andere Sportarten als den Langlauf betreut haben.
Der Sportsprecher der oberösterreichischen SPÖ, Michael Lindner, verlangte "lückenlose Aufklärung". Es sei beschämend, dass diese furchtbaren Vorfälle so viele Jahre lang vertuscht worden sind", kritisiert er. "Niemand ist diesen Vorwürfen nachgegangen. Auch nicht der oberösterreichische Skiverband. Das ist unglaublich", so Lindner in einer Aussendung.