Hans Knauß im Interview: "Es wird gern gespottet, wie oft der Knauß wohl Sessellift fährt“

Hans Knauß nach einer Kamerafahrt.
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Wie bereiten Sie sich auf einen Weltcup-Winter vor?

Knauß: Ich trainiere über das gesamte Jahr sehr viel. Im Winter bleibt aber nur wenig Zeit für das körperliche Training. Für die Rennen selbst bin ich sehr froh, mit Oliver Polzer und Thomas König zwei Kollegen von absoluter Weltklasse an meiner Seite zu wissen. Nach der Kamerafahrt betrete ich die Kabine, und alles sitzt. Ich bin kein großer Freund der langen Vorbereitung, ich möchte lieber aus dem Bauch heraus kommentieren, nur dann fühlt es sich richtig an.

Technisch gab es einige Fortschritte, die Kamerafahrt an sich wurde Ihnen erleichtert.

Knauß: 2018 bin ich das letzte Mal mit einer schweren Handkamera - ich nannte sie immer mein Bügeleisen - die Streif runtergefahren. Jetzt fühle ich mich mit zwei Stöcken deutlich sicherer. Auch wenn ich mittlerweile immer öfter gefragt werde: Ich verspüre immer größere Lust und hoffe, dass ich noch einige Jahre im Weltcup dabei bin.

Hans Knauß über die Arbeit beim ORF & Trainer-Engagement beim ÖSV

Wie groß ist das ORF-Team, das von vor Ort berichtet?

Knauß: Bei den Übersee-Rennen übernimmt der Rechteinhaber Infront die Produktion der TV-Bilder. Unser harter Kern umfasst sechs, sieben Leute. Das kann mitunter stressig werden, wenn technisch etwas nicht funktioniert. Wir haben aber die besten Leute im Team. Dann ist es ein wahrhaft riesiger Sprung zu Rennen in Österreich: Dort sind deutlich über 200 Menschen im Einsatz. Bei den Kitzbühel-Rennen etwa gehen die TV-Bilder ja um die ganze Welt. Da können wir Österreicher wirklich stolz sein auf dieses Programm, das der ORF da fährt.

Gab es für Sie nie die Überlegung, im ÖSV als Trainer zu arbeiten?

Knauß: Ich weiß nicht, ob ich dafür geschaffen bin, vielleicht sollte ich es einmal probieren. (lacht) Ich zweifle aber, dass ich die Energie hätte, eine volle Saison auf höchstem Niveau durchzuziehen. Ich ziehe den Hut vor jedem Trainer. Meine Tochter Nella steht in den Startlöchern, mir fehlt durch meinen Job allerdings die Zeit, sie mehr zu unterstützen. Es ist aber überhaupt nicht gesagt, dass ein guter Weltcupläufer auch eine gute Figur als Trainer abgeben wird. Ich habe eine Trainerausbildung und kann Gefühle auf der Piste gut nachvollziehen und weitervermitteln. Um ÖSV-Trainer zu sein, gehört aber viel mehr dazu, auf organisatorischer und psychosozialer Ebene.

Hat die Ski-Szene ein Problem, nachdem mit Hirscher, Svindal, Vonn, Neureuther und Co. große SportlerInnen, aber auch eigene Marken verloren gegangen sind?

Knauß: Es kommen gute Typen nach. Ich denke etwa an Odermatt, Pinturault, Robinson, aber auch an einige Österreicher. Die Jungen tun mir fast leid, weil man sie schnell als Stereotypen abstempelt, die sich kaum zu Wort melden. Ich sage: Geben wir ihnen die Chance, sich im Rampenlicht zu beweisen. Die werden jetzt so richtig munter und frech an die Sache herangehen.

Marcel Hirscher zurückgetreten: Hans Knauß nennt mögliche Nachfolger

Im ÖSV klafft vor allem im Riesenslalom eine Lücke nach dem Hirscher-Rücktritt. Wer könnte aus ÖSV-Sicht in seine Fußstapfen treten?

Knauß: Einen Hirscher werden wir nicht herzaubern können. Der passiert dir irgendwann, für den kann der ÖSV auch gar nicht so viel. Der arbeitete mit seinem Vater genial zusammen, fuhr fast zehn Jahre lang alles in Grund und Boden. Es wird nicht ein Einzelner kommen, aber ich glaube an die Stärke im Team. Es gibt einige, die im Alter von 26, 27 Jahren sind, die jetzt das Zepter übernehmen müssen. Im Riesenslalom kehren etwa Leitinger und Brennsteiner von schweren Verletzungen zurück. Feller und Schwarz können diese Lücke ebenfalls schließen. Jetzt ist eine neue Zeit angebrochen, vor allem das Speed-Team schaut mich gut an.

Gibt es Außenseiter, die Sie bei den Herren im Rennen um den Gesamtweltcup mitmischen sehen?

Knauß: Marco Odermatt wird in den nächsten Jahren richtig frech werden. Der junge Lucas Braathen aus Norwegen ebenfalls. Sogar ein Belgier, Sam Maes, wird immer stärker. Wir werden internationale Konkurrenz haben, und das ist nur gut für den Sport.

Zum Ende hätte ich von Ihnen noch gerne Tipps für den Gesamtweltcup.

Knauß: Genau so etwas versuche ich immer zu vermeiden.

Ich nagle Sie dennoch fest: Wer gewinnt den Gesamtweltcup bei den Damen?

Knauß: An einer Shiffrin wird keine vorbeikommen. Was sie technisch, aber auch mental drauf hat, ist unerreicht.

Wie sieht Ihr Tipp bei den Herren aus?

Knauß: Es ist deutlich schwerer. Wenn er es schafft, in einer Disziplin zum Seriensieger zu mutieren, ist Pinturault der klare Favorit.

Hinweis: Das komplette Gespräch mit Hans Knauß gibt es bei Après Ski - Der Alpin-Podcast zu hören.

Hans Knauß: Seine sieben Siege im Ski-Weltcup

Hans Knauß gewann bei Olympischen Winterspielen und Ski-Weltmeisterschaften jeweils eine Silbermedaille. Im Weltcup stand er sieben Mal auf Platz eins:

WeltcupsiegeOrtDisziplin
Dezember 1995Alta BadiaRiesenslalom
Jänner 1996ValloireSuper-G
Dezember 1996Val d'IsereSuper-G
März 1998KvitvjellSuper-G
Jänner 1999KitzbühelAbfahrt
Jänner 2003AdelbodenRiesenslalom
März 2003LillehammerRiesenslalom
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