Nach nur 1:40,45 Minuten schwang Osborne-Paradis im Ziel ab, richtig ins Schwitzen kommen die Speed-Asse bei dieser Streckenlänge auf dem stumpfen und aggressiven Schnee nicht. Schwierigkeitsgrad und Geschwindigkeit halten sich in Grenzen, dafür werden fehlerfreies Durchkommen und die perfekte Materialstimmung eine große Rolle spielen. "Es braucht eine saubere und exakte Fahrt von oben bis unten, wie in einem Guss. Und du musst schauen, dass du Tempo machst. Ein Fehler wird dir hier herunter nicht erlaubt", sagte Vincent Kriechmayr (+1,88).
Es sei eine schöne Abfahrt, mit wenig Speed und nicht richtig spektakulär. Mit den Klassikern habe dies nichts zu tun, meinte Kriechmayr. "Wenn man als Tourist unterwegs ist, ist es unglaublich, die Piste ist super präpariert. Aber auch für uns ist es unglaublich, auf diesem Schnee Ski zu fahren, du bekommst ein richtig gutes Gefühl. Es ist keine Mausefalle oder ein Brüggli-S drinnen, umso schwieriger macht es, dass man da schnell ist. Ich bin ein Athlet, der anspruchsvoller lieber hat. Aber ich werde sicher einen Weg finden, hier auch schnell zu sein." Im Weltcup wäre dies eine der leichteren Abfahrten, meinte der Oberösterreicher.
Olympiasieger Mayer glaubt an einen großen Favoritenkreis
Olympiasieger Mayer kam schon ganz gut zurecht. "Ich bin ja nur Vierter, das wäre genau die Lederne", sagte er lachend. "Für das erste Mal war das auf jeden Fall ganz okay, ich wollte eine Besichtigungsfahrt machen, die ist mir gut gelungen. Aber da ist auf jeden Fall noch Luft nach oben." Die Kurven seien von Start bis Ziel relativ gleich, man müsse sehr konzentriert fahren. "Die Sprünge sind schön, aber die Abfahrt ist ein bisserl kurz. Man ist nicht richtig müde, wenn man im Ziel ist." Er glaubt, dass es einen großen Favoritenkreis geben werde.
Wie Mayer fehlte auch Max Franz beim Olympiatest 2016 verletzungsbedingt, ist also erstmals in Jeongseon. Mit 0,94 Sekunden Rückstand kam er auf Rang sechs, gleich beim ersten Sprung war er in die Schläge reingekommen und verlor Zeit. "Unten runter habe ich mich dann gut gehalten. Es ist cool zum Fahren, mir taugt es. Du musst dich ein bisserl spielen, die engere Linie wählen, wenig Meter fahren, aber nicht zu hart hindrücken."
Beim Videostudium werde er am Feinschliff für die Linie arbeiten. Es sei nicht unbedingt das Anspruchsvollste, das man in der Saison habe, aber es seien durchaus Passagen drinnen, die schwer zu fahren seien. "Und es ist eine Abfahrt, auf der sehr viele schnell sein können. Es ist nichts drinnen, wo man groß was verhauen kann. Das ist das, was gefährlich ist, da muss jede Kurve sitzen. Es wird ein Fight, ein Tüfteln an der Linie, um das richtige Material zu finden, weil es so aggressiv ist", weiß Franz, was in den nächsten Tagen noch zu tun ist.
Reichelt erwartet Material-Schlacht
"Interessant ist die Abfahrt. Dass sie mir taugt, kann ich noch nicht behaupten, wenn ich zwei Sekunden hinten bin", sagte Reichelt. "Ich glaube, dass es ein bisschen eine Material- oder Setup-Schlacht wird, man darf sich keine Fehler erlauben. Und heute habe ich mir zu viele erlaubt, weil du nie mehr richtig Tempo aufnehmen kannst. Weil es keine Passagen gibt, wo es richtig steil ist, dass du wieder Schwung bekommst. Das macht es sehr schwer, schnell zu sein. Es wird gefinkelt."
Der Schnee, von vielen mit jenem in Beaver Creek verglichen, spreche dafür, dass es ihm liegen könnte, aber es warte einiges an Arbeit auf ihn und den Servicemann. "Beim Zuschauen schaut es relativ simpel aus. Aber zum Schnellsein ist es sicher eine Herausforderung. Es ist nicht vergleichbar mit einer anderen Strecke." Der Favoritenkreis werde groß sein. "Es gibt keine Passage wie Kitzbühel Steilhang-Ausfahrt, wo du mit Brutalität und Mut viel gutmachen kannst."
Der Schweizer Weltmeister Beat Feuz, der Gewinner der Abfahrten in Lake Louise, Wengen und Garmisch-Partenkirchen in diesem Winter, meinte lachend auf die Frage, ob die Strecke weltcupwürdig sei: "Olympiawürdig. Ich habe nicht das Gefühl, dass wir hier noch oft Weltcuprennen fahren werden, sagen wir es mal so."