Russland wieder da, aber Spanien unschlagbar

Philipp Dornhegge
31. August 201110:20
Pau Gasol verzichtete auf die WM 2010 in der Türkei, ist nun aber heiß auf die EM-TitelverteidigungImago
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Spanien ist bei der Basketball-EM das Team, das es zu schlagen gilt. Aber der Gastgeber, die abgezockten Griechen und auch Deutschland (DBB-Auftakt gegen Israel ab 19.45 Uhr im LIVE-TICKER) wollen vorne mitspielen. Auf keinen Fall zu unterschätzen sind die Russen und Türken. SPOX beurteilt alle Teams der Basketball-EM in Litauen - im Power-Ranking.

1. Spanien

Die Stars: Pau Gasol (L.A. Lakers), Marc Gasol (Memphis Grizzlies), Rudy Fernandez (Dallas Mavericks), Jose Manuel Calderon (Toronto Raptors), Juan Carlos Navarro (FC Barcelona), Ricky Rubio (Minnesota Timberwolves)

Allein vor den Namen der Spanier könnte man vor Ehrfurcht erzittern. Führt man sich dann noch vor Augen, dass sie alle seit vielen Jahren zusammenspielen und gemeinsam Titel gewonnen haben, ist klar, warum die Iberer der absolute Topfavorit sind. Erreichen sie auch nur annähernd ihre Bestform, wird sie kaum jemand stoppen können.

2. Griechenland

Die Stars: Antonis Fotsis (Olimpia Milano), Nikos Zisis (Montepaschi Siena), Ioannis Bourousis (Olimpia Milano)

Ohne Frage, Leute wie Spanoulis oder Diamantidis muss man erstmal ersetzen, aber wenn eine Nation ein riesiges Reservoir an Spitzenspielern hat, dann doch wohl Griechenland. Na gut, Spanien auch, aber trotzdem. Die Hellenen haben in Bamberg gezeigt, dass sie eine aufstrebende Mannschaft wie Deutschland auch in jüngerer und unerfahrener Besetzung dominieren können. Vielleicht ist der Hunger der Jugend sogar positiv für die Griechen.

3. Litauen

Die Stars: Jonas Valanciunas (Vilnius), Sarunas Jasikevicius (Fenerbahce)

Als Gastgeber sollte man per se zu den Geheimfavoriten gehören, das hat die Türkei bei der letztjährigen WM gezeigt. Aber Litauen ist mehr als ein Team, das vor eigenem Publikum über sich hinauswachsen kann. Shooter gibt es bei den Balten sowieso genug, mit Jonas Valanciunas haben sie einen Topscorer, auf den sich auch NBA-Fans freuen können. Und mit dem Comeback der lebenden Legende Sarunas Jasikevicius kommen auch Basketball-Puristen voll auf ihre Kosten. Im Alter von 35 Jahren ist er immer noch der Inbegriff des perfekten Spielmachers.

4. Russland

Die Stars: Andrei Kirilenko (Utah Jazz), Timofei Mozgov (Denver Nuggets)

Nach dem EM-Triumph 2007 war es zuletzt ruhig geworden um die stolzen Russen. Nach dem enttäuschenden Olympiaturnier 2008 und zwei Viertelfinals bei der EM 2009 und der WM 2010 scheinen die Russen jetzt aber bereit für den nächsten großen Wurf zu sein. Die Mischung im Team stimmt: Bykov und Ponkrashow bringen Erfahrung im Backcourt, Alleskönner Kirilenko ist genauso dabei wie der beinharte Khryapa, Center Mozgov scheint auf dem Weg zum europäischen Topmann zu sein. Nimmt man die Vorbereitungsspiele als Indikator, sind die Russen ein echter Anwärter auf eine Medaille.

5. Serbien

Die Stars: Milos Teodosic (ZSKA Moskau), Nenad Krstic (ZSKA Moskau)

Die Vorbereitung des Vize-Europameisters war ganz bestimmt alles andere als rosig. Pleiten gegen Frankreich, Kroatien und Deutschland dürften am Selbstvertrauen gekratzt haben. Allerdings darf man nicht vergessen, dass Nemanja Bjelica und Marko Keselj verletzt die komplette Vorbereitung verpasst haben, zuletzt musste auch noch Novica Velickovic die Segel streichen. Pünktlich zum Turnierbeginn kam aber teilweise Entwarnung: Bjelica und Keselj sind fit und doch in Litauen dabei! Und mit Top-Spielmacher Milos Teodosic am Ruder muss man diese Mannschaft auf jeden Fall auf der Rechnung haben. "Unser Teamgeist ist unsere stärkste Waffe", warnt Coach Dusan Ivkovic die Konkurrenz vor.

6. Frankreich

Die Stars: Tony Parker (San Antonio Spurs), Boris Diaw (Charlotte Bobcats), Joakim Noah (Chicago Bulls)

Sicher, weniger talentierte Teams werden die Franzosen mit ihrer in Europa einmaligen Athletik und Explosivität vom Court fegen. Aber was passiert, wenn erfahrene Spitzenmannschaften die Fastbreaks und den Zug zum Korb verhindern? Wer trifft dann von außen? Reicht die ordentliche Qualität von Nando de Colo und Nicolas Batum als Schützen, kann der Ausfall des Emotional Leaders Ronny Turiaf kompensiert werden? Fragen über Fragen, auf die vielleicht Tony Parker Antworten geben wird. Der Spielmacher könnte über Wohl und Wehe der Equipe entscheiden.

7. Deutschland

Die Stars: Dirk Nowitzki (Dallas Mavericks), Chris Kaman (L.A. Clippers)

In der Vorbereitung zeigte die Formkurve stetig nach oben - auch und vor allem bei NBA-Champion Nowitzki. Der große Blonde ist der Superstar des Teams und wohl der beste Spieler bei der EM. Entsprechend werden sich die anderen Mannschaften auf ihn stürzen und Nowitzkis Kollegen zwingen, Würfe zu treffen. Wie gut, dass mit Chris Kaman ein weiterer NBA-Star dabei ist und Heiko Schaffartzik heiß wie Frittenfett ist.

8. Kroatien

Die Stars: Ante Tomic (Real Madrid), Marko Popovic (Kasan)

Da war aber noch reichlich Sand im Getriebe, als es in die entscheidende Phase der EM-Vorbereitung ging. Pleiten gegen Frankreich und Australien haben vor allem ungeahnte Schwächen beim Distanzwurf offenbart. In den letzten Spielen aber ging es steil bergauf. Kroatien kommt in Fahrt, und hat vor allem eine Gruppe erwischt, die absolut machbar ist. Die Zwischenrunde ist Pflicht, mehr als das Viertelfinale wäre aber überraschend. Zumal mit Roko Leni Ukic der Spielmacher mit gebrochenem Fuß ausfällt.

Plätze 9-16: Von Slowenien bis Finnland

9. Slowenien

Die Stars: Jaka Lakovic (Galatasaray), Erazem Lorbek (Barcelona), Matjaz Smodis (Cedevita)

Man neigt oft dazu, die Slowenen im Konzert der großen europäischen Basketball-Nationen zu übersehen. Aber wenn man sich den Kader aus der Nähe betrachtet, dann muss man diese Mannschaft erneut auf der Rechnung haben. Exzellente Schützen stehen erfahrenen Big Men und einer insgesamt sehr starken Defense gegenüber, alles zusammen ist das das passende Rezept, um auch in Litauen für Furore zu sorgen. In Gruppe D bewegt sich nur Russland auf Sloweniens Niveau.

10. Italien

Die Stars: Andrea Bargnani (Toronto Raptors), Danilo Gallinari (Denver Nuggets), Marco Belinelli (New Orleans Hornets)

Man traut sich kaum, eine Prognose abzugeben. Italien hat drei gestandene NBA-Spieler dabei, deren Fähigkeiten auch für Europa geschaffen sind. Aber warum verliert man dann gegen Bosnien & Herzegovina? Und macht diese Pleite dann mit einem Sieg gegen Serbien wieder wett? Seltsam, dieses Italien. Die Squadra ist jederzeit in der Lage, sich selbst zu schlagen. Unterschätzen darf man sie aber auf keinen Fall.

11. Ukraine

Die Stars: Oleksey Pecherov (Olimpia Milano), Kyrylo Fesenko (Utah Jazz)

Die Ukrainer sind sicher keine Mannschaft, die in Europa Angst und Schrecken verbreiten - auch wenn ausgerechnet Deutschland (ohne Nowitzki) eine ziemlich überraschende Testspielpleite kassierte. Aber in Gruppe D ist die Konkurrenz so schwach, dass Platz drei hinter Russland und Slowenien das Ziel sein muss.

12. Türkei

Die Stars: Hedo Türkoglu (Orlando Magic), Ersan Ilyasova (Anadolu Efes), Ömer Asik (Chicago Bulls), Enes Kanter (Utah Jazz)

Wie jedes Jahr war die Vorbereitung auf ein großes Turnier mies, richtig mies. Wie immer haben die Türken auf den Guard-Positionen nur Kraut und Rüben anzubieten. Wie immer versuchen sie dies durch ihre Tiefe unterm Korb auszugleichen. Mit Ilyasova, Asik und Kanter haben sie in der Tat drei imposante Big Man im Angebot, aber der Ausfall von Semih Erden (Schulter) tut weh. Auf eine Leistungsexplosion von Türkoglu sollte man besser nicht hoffen.

13. Montenegro

Die Stars: Nikola Pekovic (Minnesota Timberwolves)

"Ich musste mich nur wegen ein paar Kleinigkeiten einige Tage schonen. Ich bin fit und bereit für die EM." Worte, die ganz Montenegro aufatmen lassen. Sie stammen von Kapitän Nikola Pekovic, auf dessen Schultern die Hoffnungen seiner Landsleuten liegen. In Gruppe C trifft man mit Mazedonien, Finnland und Bosnien & Herzegovina auf Mannschaften, denen man zumindest auf Augenhöhe begegnen kann. "Wir haben in der Vorbereitung kein einziges Spiel klar verloren", erinnert Pekovic. Und unter anderem die Ukraine geschlagen. Aller Ehren wert.

14. Mazedonien

Die Stars: Bo McCalebb (Montepaschi Siena), Vlado Ilievski (Anadolu Efes)

Bei der EM 2009 sorgte Mazedonien ohne Vlado Ilievski für Furore, nun ist der 31-Jährige dabei und heiß auf das Turnier. Bedeutet das, dass die Mazedonier erneut Europas Topteams schocken können? Eher nicht. Die Testspiele gegen Deutschland haben gezeigt, dass die kleine Nation zwar bissig ist und mit harten Bandagen kämpfen kann, aber basketballerische Qualität ist nur in Grenzen vorhanden.

15. Großbritannien

Die Stars: Luol Deng (Chicago Bulls), Joel Freeland (Unicaja Malaga)

Jahrzehntelang ein Basketballentwicklungsland hat Großbritannien in der jüngeren Vergangenheit einige Sprünge nach vorn gemacht. Schade, dass Ben Gordon (keine Versicherung) und Pops Mensah-Bonsu (verletzt) nicht dabei sein können, ansonsten wären die Briten ein spannend zu beobachtendes Team gewesen. Aber auch so, mit Luol Deng, werden sie kein Kanonenfutter sein. In der Gruppe A sind zumindest Polen und Portugal auch nicht besser.

16. Finnland

Die Stars: Petteri Koponen (Virtus Bologna)

Wer erst noch durch das Qualiturnier gehen muss, um überhaupt bei einer EM dabei zu sein, ist natürlich erstmal ein Underdog. Aber so eine Quali bringt natürlich auch Euphorie, und dass man es mit starken Mannschaften aufnehmen kann, zeigten die beiden Test gegen Deutschland. Auch wenn das DBB-Team nach intensivem Training müde war, attestierte Dirk Bauermann dem Gegner eine gewisse Stärke.

Plätze 17-24: Von Polen bis Bosnien

17. Polen

Die Stars: -

Superstar Marcin Gortat kann aus versicherungstechnischen Gründen nicht mitmischen, Maciej Lampe ist auch nicht dabei: So wird Litauen unter Umständen zu einer bitteren Erfahrung für die Polen. Wenigstens für die Portugiesen sollte es aber doch reichen.

18. Portugal

Die Stars: -

Portugal bei der EM? Das ist schon eine Überraschung. Ungarn war in der finalen Quali-Gruppe eigentlich besser eingeschätzt worden. Aber was interessiert das die Truppe von Mario Palma. Der Coach weiß einfach, wie es geht: Der 61-Jährige gewann bereits drei Afrikameisterschaften mit Angola und führte Jordanien 2010 zu dessen erster WM-Teilnahme. Muss man den Portugiesen in Gruppe A etwas zutrauen? Nein.

19. Georgien

Die Stars: Zaza Pachulia (Atlanta Hawks)

In der NBA ein Arbeiter, für sein Land eine zentrale Figur: Pachulia hat spätestens mit seiner 42-Punkte-Performance gegen Lettland gezeigt, dass er zumindest auf europäischer Ebene auch scoren kann. Weil er aber der einzige gute Spieler Georgiens ist, wird ihm und dem Team das am Ende nichts nützen. Platz vier in Gruppe D wäre ein toller Erfolg.

20. Lettland

Die Stars: -

Eine junge Mannschaft, die ohne Stars auskommt - auch Center Andris Biedrins ist nicht dabei - und noch viel Lehrgeld bezahlen muss. In den Testspielen war nicht mehr drin als ein Sieg gegen die Basketball-Macht Georgien, in der Gruppe warten mit Deutschland, Serbien, Frankreich und Italien ganz andere Kaliber. Die eine oder andere Überraschung ist möglich, aber Platz fünf realistisch.

21. Belgien

Die Stars: -

Eigentlich wollte Coach Eddy Casteels Didier Mbenga gar nicht mit zur EM nehmen. "Mental und körperlich nicht bereit für eine EM" sei der NBA-erprobte Big Man. Nun aber blieb Casteels nichts anderes mehr übrig. Denn mit Axel Hervelle fiel ausgerechnet der beste Spieler der Vorbereitung kurzfristig aus, Belgien musste auf den großen Positionen nachrüsten. Fraglich, ob Mbenga die Lücke schließen kann, aber in der schwachen Gruppe D ist Platz vier nicht mal unmöglich.

22. Israel

Die Stars: Yotam Halperin (Spartak St. Petersburg), Lior Eliyahu (Maccabi Tel Aviv)

Israel hat genau einen Superstar: NBA-Export Omri Casspi. Und ausgerechnet der kann aufgrund einer Knieverletzung nicht in Litauen mitmischen. Bitter. In der aktuellen Besetzung ist das EM-Turnier, zumal in der knüppelharten Gruppe B, nicht mehr als ein schöner Ausflug, der fünf Spiele dauert - und vermutlich auf Platz sechs endet.

23. Bulgarien

Die Stars: Earl Rowland (Unicaja Malaga)

Trotz Rowlands Heldentaten ist Bulgarien nicht mehr als ein Underdog. Das Team hat weder die individuelle Qualität noch die Tiefe, um in Gruppe D, so mies die auch sein mag, zu bestehen. Die einzige Hoffnung: nicht Letzter werden.

24. Bosnien & Herzegovina

Die Stars: -

Schöne Sache, ein Vorbereitungsspiel gegen Italien zu gewinnen. Das darf man ruhig eine Weile feiern. Vor allem, wenn man Bosnien & Herzegovina ist und dieser Erfolg auf absehbare Zeit der einzige Grund zum Jubeln bleiben könnte. Die Gruppe C mit drei zähen (Beinahe-)Nachbarländern, Mitfavorit Griechenland und hoch motivierten Finnen ist eine Nummer zu groß. Es fehlt jegliche Starpower.

Plätze 9-16: Von Slowenien bis Finnland

Der Zeitplan der EM 2011 in Litauen