SPOX und Europas Königsklasse sind ab jetzt ein Team - und Euroleague-CEO Jordi Bertomeu erklärt die Hintergründe für die Premium Media Partnership und die Bedeutung Deutschlands für den gesamten Basketball in Europa. Außerdem: Sein Traum vom Open-Air-Highlight und ein Duell gegen die NBA.
SPOX: Herr Bertomeu, an diesem Montag geben die Turkish Airlines Euroleague und SPOX eine weitreichende Premium Partnerschaft bekannt: Ab jetzt begleitet SPOX als offizielle deutsche Destination die europäische Königsklasse des Basketballs. Was erhoffen Sie sich von der Kooperation?
Jordi Bertomeu: Die höchste Priorität bei unserer Gesamtstrategie ist es, mehr Fans für die Turkish Airlines Euroleague und den Basketball an sich zu gewinnen. Früher war das Fernsehen das wichtigste Instrument dafür, doch heutzutage gibt es dank der digitalen Medien neue Plattformen, die sich genauso wie wir für die Sportart engagieren und viele potenzielle Fans ansprechen. Deswegen analysierten wir in Europa die einzelnen Märkte und machten ein oder zwei Medien aus, die zu uns passen, eine signifikante Reichweite besitzen und vor allem für Qualität bürgen. Dieser Weg hat sich in Ländern wie Frankreich mit "L'Equipe" oder in Italien mit "La Gazzetta dello sport" als sehr erfolgreich erwiesen. Für Deutschland hätten wir mit SPOX keinen besseren Partner finden können, um die Ziele gemeinsam anzugehen.
SPOX: Es fällt auf, wie die Turkish Airlines Euroleague die Möglichkeiten der neuen Medien bestmöglich nutzen möchte. Neben euroleague.livebasketball.tv und den digitalen Partnern statten Sie während einer Partie bereits Schiedsrichter mit Trikot-Kameras aus, in Bälde sollen Fans sogar aus Spieler-Perspektive das Geschehen verfolgen können. Was steckt dahinter?
Bertomeu: Die Zukunft wird digital. Es heißt immer, dass die Leute weniger Zeitungen lesen und weniger Fernsehen schauen, trotzdem konsumieren wir immer mehr Medien als jemals zuvor. Daher wollen wir uns wie die junge Generation zu hundert Prozent zu Digital bekennen und vielleicht sogar diesen Trend mitgestalten. Jeder Basketball-Fan weiß, dass man im Internet alle erdenklichen Infos bekommt. Jetzt geht es darum, darüber hinaus Inhalte zu liefern, die die User von heute erwarten. Das gilt einerseits für Qualität und Hintergründe, die die Premium Partner wie SPOX gewährleisten. Andererseits wollen wir im Bewegtbild-Bereich vorne dabei sein. Daher experimentierten wir letztes Jahr mit den Google Glasses und dieses Jahr mit den Jersey-Cams. Und das soll nur der Beginn sein.
SPOX: Immer mit dem Ziel, dass der Basketball vor Handball oder Eishockey zur Nummer-zwei-Sportart in Europa wird?
Bertomeu: Bei allem Respekt für die anderen Sportarten: Die Frage stellt sich nicht, weil der Basketball bereits die Nummer zwei auf dem Kontinent ist. In einigen Ländern ist der Basketball vielleicht nicht an Nummer eins oder zwei, aber zumindest an drei oder vier. Welche Sportart hat so eine Verbreitung abgesehen vom Fußball?
SPOX: Deutschland ist der wichtigste europäische Markt, wobei es anders als im Handball oder Eishockey nach wie vor keine Konstanz in der Live-Übertragung gibt. Mal läuft ein Spiel im Free-TV, mal im Pay-TV, mal nur für ein Entgelt von fünf Euro im Internet. Wie hinderlich ist die TV-Situation in Deutschland für ein weiteres Wachstum?
Bertomeu: Vorweg: Wenn wir uns an die Lage vor zehn Jahren erinnern, ist die TV-Situation deutlich besser. Deutschland war schon immer ein sehr schwieriger Markt, was die Live-Übertragungen anbelangt. Natürlich würden wir eine ausgewogenere Mischung aus Free und Pay bevorzugen, das ist das Paradies für jede Sportliga, doch welche Sportart abgesehen von Fußball ist in so einer Position? Wir sind davon weit entfernt und wir versuchen, bestmöglich mit der Realität umzugehen. Und gemessen an den Umständen haben wir für die Gegenwart die beste Kombination gefunden. Wir glauben ohnehin, dass sich Live-Übertragungen immer mehr Richtung Pay-Angebote bewegen werden. In Spanien war es lange Religion, dass Formel 1 und MotoGP frei empfänglich sind, und selbst diese Sportarten wanderten in den Pay-Bereich. Daher richten wir uns schon jetzt darauf ein, dass Free-TV zunehmend an Bedeutung verliert und wir die wegfallende Reichweite durch neue Kooperationen kompensieren oder überkompensieren.
SPOX: Um den deutschen Markt zu stützen, vergab die Euroleague in den letzten drei Jahren jeweils eine Wild Card an einen BBL-Klub. Wird Deutschland weiter von der Turkish Airlines Euroleague protegiert?
Bertomeu: Protegieren klingt mir zu negativ. Es wirkt, als ob die BBL schwach wäre und beschützt werden müsste. Dabei ist das Gegenteil der Fall. Alba Berlin bekam zweimal und der FC Bayern einmal die Wild Card - und in allen drei Fällen qualifizierten sie sich für die Top 16. Daher möchte ich es anders ausdrücken: Deutschland ist einer der größten Märkte überhaupt und wenn der gesamte europäische Basketball als Wirtschaftssystem wachsen soll, benötigen wir Hilfe. Daher boten wir der BBL unsere Unterstützung an, damit die deutschen Klubs wiederum uns unterstützen. Das ist die Idee hinter den Wild Cards und unsere Intention ist es, dies in den nächsten Jahren weiter fortzuführen.
SPOX: Wie groß sind die Chancen, dass die BBL stattdessen einen zweiten fixen Startplatz erhält, so dass nicht nur der Deutsche Meister sicher qualifiziert ist?
Bertomeu: Damit ein zweiter Startplatz möglich ist, müsste ein BBL-Klub die A-Lizenz erhalten. Allerdings basiert das auf unterschiedlichsten Kriterien. Daher ist das eher unwahrscheinlich. Am bestehenden System wird sich kurzfristig nichts ändern und was mittelfristig sein wird, werden wir schauen.
SPOX: Das bedeutet umgekehrt: Wenn die Brose Baskets Bamberg an der Turkish Airlines Euroleague teilnehmen möchten, gibt es nur einen Weg: Meister werden. Denn die Wild Card dürfte ansonsten immer für Berlin oder München reserviert sein.
Bertomeu: Bevor ein falscher Eindruck aufkommt: Alle deutschen Teams sollten wissen, dass sie nur sicher teilnehmen können, wenn sie Meister werden. Es ist nicht automatisch eine Wild Card verfügbar, weil es in bestimmten Konstellationen sein kann, dass Teams aus anderen Ländern berücksichtigt werden. Speziell zu Bamberg: Die Baskets sind eine der professionellsten Organisationen in Europa und wir haben es genossen, dass sie viele Jahre ein Teil der Turkish Airlines Euroleague waren. Aber wir haben Kriterien wie Einwohnerzahl und Arenagröße, die immer berücksichtigt werden.
SPOX: Unter den deutschen Basketball-Fans wird spätestens seit dem deutlichen Ausscheiden von Bamberg und den Bayern im Achtelfinale des Eurocups, vergleichbar der Fußball-Europa-League, kontrovers diskutiert, wie wettbewerbsfähig die BBL-Klubs in Europa sind. Wie bewerten Sie die Leistungsfähigkeit?
Bertomeu: Absolut positiv - und darüber kann es keine zwei Meinungen geben! Natürlich ist der letzte Eindruck am meisten präsent, nehmen wir nur die Bayern: Sie wurden in eine unglaublich schwierige Euroleague-Gruppe ausgelost, dann kamen viele Verletzungen hinzu und im Eurocup erwischte man gegen Valencia zwei schwache Abende. Doch das darf nicht das Gesamtbild verfälschen - und das besagt: In den letzten drei Jahren, von 2012/13 bis 2014/15, erreichten vier deutsche Teams das Top 16! Und jetzt hat Alba sogar noch Chancen auf das Viertelfinale! Das war vor fünf Jahren undenkbar. Zum Vergleich: In den drei Jahren zwischen 2009/10 und 2011/12 gab es keinen einzigen Top-16-Klub aus der BBL. Die Leistungen der deutschen Teams haben sich dramatisch verbessert.
SPOX: Um mehr Aufmerksamkeit zu erzeugen, sind neben Erfolgen auch bekannte Namen unabdingbar. Glauben Sie, dass es mehr Superstars nach Deutschland ziehen wird, nachdem den Bayern mit Bo McCalebb eine der prominentesten Verpflichtungen der BBL-Geschichte gelungen war?
Bertomeu: Die BBL ist nach dem Wachstum der letzten Jahre definitiv wettbewerbsfähiger und ich bin sicher, dass in naher Zukunft mehr Spieler von der Kategorie eines Bo McCalebb nach Deutschland kommen werden. Und was noch wichtiger ist: Ich glaube, dass es den BBL-Klubs immer besser gelingen wird, die Stars und die größten Talente in der Liga zu halten. Vor dieser Saison mussten das einige europäische Klubs schon erfahren.
Seite 1: Bertomeu über die Partnerschaft mit SPOX und die BBL
Seite 2: Bertomeu über Final Four in Deutschland, die FIBA und die NBA
SPOX: Um das Wachstum des Basketballs zu fördern, möchten Sie das Final Four 2016 oder 2017 in Deutschland austragen. In Frage dürften nur Berlin, Köln oder Hamburg kommen.
Bertomeu: Das stimmt, theoretisch sind diese drei Städte möglich - wobei Berlin und Köln in der besten Position sind. Sie besitzen tolle Arenen und verfügen über Erfahrung für ein solch großes Event.
SPOX: München würde wohl gerne das Final Four austragen, nur wird die von Red Bull geplante neue Arena frühestens 2018 fertiggestellt sein. Was ist mit der Idee von Bayerns Geschäftsführer Marko Pesic, in der Allianz Arena ein Basketball-Event zu veranstalten?
Bertomeu: Ich teile Markos Idee und wir prüfen die Möglichkeit, das Final Four in einer Fußball-Arena auszutragen. Wir unterhielten uns beispielsweise mit den Verantwortlichen der Amsterdam Arena. Eine Voraussetzung muss allerdings immer gewährleistet sein: Das Stadion ist inklusive des Spielfelds komplett überdacht, damit die Witterung keine Rolle spielt. Das ist in Amsterdam, aber nicht in München gegeben. Daher begrüßen wir die Initiative von Red Bull sehr. Wenn die neue Arena steht, wird München ein großartiger Kandidat für das Final Four sein.
SPOX: Es gibt seit Jahren unbestätigte Gerüchte, wonach Red Bull im Basketball ein ähnliches Projekt umsetzen möchte wie jetzt mit Leipzig im Fußball. Wissen Sie etwas darüber?
Bertomeu: Nein, davon habe ich noch nie gehört.
SPOX: BBL-Geschäftsführer Jan Pommer hatte vor zwei Jahren Gespräche mit Schalke und Dortmund geführt, um sie wie die Bayern von einem Engagement im Spitzenbasketball zu überzeugen. Was halten Sie davon? Besteht die Gefahr, dass der Basketball durch die Fußball-Marken an Identität verliert?
Bertomeu: Nein, im Gegenteil: Es könnte die Zukunft des Basketballs sein. Denn ein großartiger Brand ist und bleibt ein großartiger Brand. In der Turkish Airlines Euroleague beweisen wir seit Jahren, wie fruchtbar eine gesunde Mischung aus Brands mit unterschiedlichen Gewichtungen sein kann. Maccabi Tel Aviv oder Alba sind eine klare Basketball-Marke, ZSKA Moskau und die griechischen Klubs werden ebenfalls mehr über den Basketball als über den Fußball wahrgenommen. Barca, Real Madrid, die Bayern und die türkischen Klubs wiederum sind mehr für den Fußball bekannt. So werden gegenseitig neue Zielgruppen erschlossen.
SPOX: Um die Wettbewerbsfähigkeit von wirtschaftlich gesund geführten Klubs aus Ligen wie Deutschland und Frankreich zu fördern, will die Turkish Airlines Euroleague nach dem Vorbild der UEFA das Financial Fair Play einführen. Anders als im Fußball ist davon noch nicht viel bemerkbar. Wie ist der Status?
Bertomeu: Man darf nie vergessen, dass die UEFA viele Jahre gebraucht hat, um auf dem heutigen Stand zu sein und das Financial Fair Play effektiv einzuführen. Das hat nichts mit dem Willen der UEFA zu tun, sondern vielmehr mit den weitreichenden Konsequenzen einer solchen Regelung. Daher haben wir ebenfalls eine Übergangsphase vereinbart, die nach dieser Saison endet. Wir dürfen nicht vergessen: Es ist nicht nur organisatorisch und rechtlich, sondern vor allem kulturell eine gigantische Umstellung. Wir möchten eine Kultur der Transparenz und eine Kultur des nachhaltigen Managements einführen. Dass das Financial Fair Play in Deutschland oder Frankreich leichter eingeführt werden kann, ist klar. Das ist in anderen Ländern nicht von heute auf morgen machbar und wir müssen auf lokale Gewohnheiten Rücksicht nehmen. Dennoch werden ab 2015/16 die Regelungen verbindlich eingeführt, indem die Sanktionen Schritt für Schritt implementiert werden.
SPOX: Ein weiteres großes Thema im europäischen Basketball ist der Konflikt zwischen der Turkish Airlines Euroelague und dem Weltverband FIBA. Die FIBA hatte beschlossen, dass ab 2017 ein neuer Rahmenspielplan gilt, wonach mitten in der Klub-Saison im November und Februar Qualifikationsspiele ausgetragen werden. Zuletzt war von der sehr emotional geführten Diskussion wenig zu vernehmen. Wie geht es weiter? Steht der europäische Basketball vor einer Zerreißprobe?
Bertomeu: Dass die FIBA einen neuen Rahmenterminkalender möchte, ist verständlich. Nur über die Zeitfenster sind wir uns komplett uneinig. Daher ließen wir der FIBA einen Gegenvorschlag zukommen, bei der die Länderspiel-Termine kompatibel wären zu unserem Kalender. Im Juni wird die FIBA ihr nächstes Executive Committee Meeting abhalten und ich glaube, dass eine Einigung gefunden wird.
SPOX: Wenn nicht: Ist das Szenario realistisch, wonach die Länderspiele ohne die Spieler der Euroleague-Teams stattfinden? Dass kein NBA-Profi abgestellt wird, steht bereits fest.
Bertomeu: Ich möchte nichts verkünden, solange ich an einen Kompromiss glaube. Sollte das misslingen, sprechen wir über Konsequenzen - so sehr uns das missfällt. Wenn wir Basketball promoten wollen, sollten bei Länderspielen die größten Stars spielen und ihr Land repräsentieren. Alles andere macht keinen Sinn. Daher bin ich zuversichtlich, dass wir eine Lösung finden, bei der alle Interessen berücksichtigt werden.
SPOX: Ob deren Gebarens verglichen Sie die FIBA mit der FIFA. Sind Sie etwas versöhnt?
Bertomeu: Zu dem Vergleich stehe ich weiterhin. Die FIBA plant Projekte, ohne daran zu denken, wer die wahren Katalysatoren des Basketballs sind: die Klubs. Es hat etwas mit fehlendem Respekt zu tun. Die Klubs sind alles und es kann nie funktionieren, wenn ein Verband nicht auf die Klubs achtet. Warum auch immer klappt es im Fußball und die FIFA kann sich benehmen, wie sie möchte. Aber wer weiß, wie lange noch? Die Kontroverse um die WM-Vergabe könnte dazu führen, dass sich die FIFA grundsätzlich überdenken muss. Die FIBA sollte den gleichen Fehler nicht begehen.
SPOX: Wie ist es wiederum mit dem Verhältnis zwischen der Turkish Airlines Euroleague und der NBA bestellt, seit deren neuer Commissioner Adam Silver in Amt ist?
Bertomeu: Viel hat sich nicht verändert, Adam war etliche Jahre David Sterns rechte Hand und wir kennen uns sehr gut. Ich glaube, dass beide Ligen sogar enger zusammenrücken. Adam war schon früher interessiert daran, bestehende Kooperationen zu stärken und es gibt deutliche Indizien dafür, dass Adam dem Basketball als Ganzes weltweit helfen möchte. Das wäre ein signifikanter Wechsel der Policy.
SPOX: Was ist mit den Überlegungen, eine Art Supercup zwischen dem amtierenden NBA- und Euroleague-Champion zu institutionalisieren?
Bertomeu: Wir sind immer gesprächsbereit, das Interesse der NBA ist hingegen überschaubar.
SPOX: Weil die NBA aus Image-Gründen keine Niederlage riskieren möchte?
Bertomeu: Das kann ein Grund sein. Und die organisatorischen Hindernisse sollten nicht unterschätzt werden. Wenn wir wirklich ein Spiel wollen, das sportlich etwas bedeutet, darf es nicht Anfang Oktober stattfinden, wenn das europäische Team erst in die Saison gestartet und das NBA-Team mitten in der Vorbereitung ist.
SPOX: Eine weitere Idee, obwohl da die Verbands- und Klubebenen kooperieren müssten: Im Sommer könnte man einen Ryder Cup einführen, bei dem wie im Golf die besten europäischen Spieler gegen die besten amerikanischen Spieler antreten.
Bertomeu: Diese Idee haben wir seit vielen Jahren im Hinterkopf, jedoch ist es schwer umzusetzen. Wir sehen, was die Zeit bringt.
Seite 1: Bertomeu über die Partnerschaft mit SPOX und die BBL
Seite 2: Bertomeu über Final Four in Deutschland, die FIBA und die NBA
Alles zur Turkish Airlines Euroleague
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