"Ich werde ihn schlagen, bis er tot ist"

SPOX
03. Dezember 201115:30
Robert Helenius (r.) im Kampf gegen den Weißrussen Sjarhej LjachowitschGetty
Werbung
Werbung

Bei der "Nacht der Schwergewichte" in Helsinki wollen Robert Helenius und Alexander Powetkin den nächsten Schritt auf ihrem Weg zu einem Rendezvous mit Wladimir Klitschko machen. Zumindest Promoter Kalle Sauerland ist sich sicher: "Helenius und Powetkin sind vielleicht die beiden einzigen Schwergewichtler, die die Ära der Klitschkos beenden könnten." SPOX hat ihre Duelle mit Dereck Chisora und Cedric Boswell im Vorfeld unter die Lupe genommen.

Europameisterschaft: Robert Helenius (FIN, 16-0-0) - Dereck Chisora (GBR, 15-0-1)

Was ist von Robert Helenius zu erwarten?

Ob der Nordic Nightmare eine Trophäensammlung hat, ist bislang nicht bekannt. Eine solche Überlegung könnte er allerdings langsam mal anstellen. Und dabei am Besten einen eigenen Bereich für die Skalps ehemaliger Weltmeister bauen lassen. Denn mit Lamon Brewster, Samuel Peter und zuletzt Sjarhej Ljachowitsch fielen dem Finnen in den letzten beiden Jahren drei Ex-Champions zum Opfer.

Sein größtes Plus im Vergleich zu Chisora ist dabei die durchaus vorhandene boxerische Klasse. Helenius muss sich nicht auf die Power in seinen Fäusten verlassen, sondern verfügt neben seiner Präzision auch über eine gute Übersicht im Ring. Ganz zu schweigen von seiner mentalen Stärke: Der 27-Jährige lässt sich durch fast nichts aus der Ruhe bringen.

Das kann allerdings dummerweise dazu führen, dass er sich dem Tempo seines Gegners anpasst. So geschehen beim Kampf gegen Peter, in dem er auch in der Beinarbeit nicht überzeugen konnte. Trotzdem: Für Helenius könnte der Kampf gegen Chisora das fehlende Puzzleteil für ein Aufeinandertreffen mit Wladimir Klitschko sein.

Was ist von Dereck Chisora zu erwarten?

Wer diese Frage beantworten kann, hat vermutlich eine Glaskugel im Schrank. Kaum jemand ist so schwer einzuschätzen wie der Del Boy. Zu Jahresbeginn wurde der Brite noch in einem Atemzug mit Helenius, Powetkin und Co. genannt, als es um mögliche Klitschko-Gegner ging.

Doch dann kam im Juli die eindeutige Punktniederlage gegen Tyson Fury, bei der Chisora nicht nur mit einem Rekordgewicht von 118,4 kg auffiel, sondern auch taktische Finesse und boxerische Fähigkeiten vermissen ließ. Chisora musste schmerzlich erfahren: Pure Kraft macht nicht aus jedem den nächsten Tyson. Offenbar kam der Schuss vor dem Bug allerdings zur richtigen Zeit. Bei seinem nächsten Kampf gegen Remigijus Ziausys zeigte sich Chisora mit 109,3 kg wieder rank und schlank. Und siehe da: Er verließ den Ring als Sieger.

Wenn man also seine 110 Kilos in Betracht zieht, die er am Donnerstag auf die Waage brachte, darf sich Helenius auf einen zumindest physisch fitten Gegner freuen. Das bekam der Finne auch gleich mal beim Wiegen zu spüren, als er von Chisora drei Backpfeifen verpasst bekam.

Zitat des Kampfes:

"Helenius sieht aus wie ein Busfahrer. Ich werde ihn schlagen, bis er tot ist." (Dereck Chisora rührt vor dem Kampf artig die Trash-Talk-Trommel)

SPOX-Prognose:

Wenn die Rangelei nach Chisoras Ohrfeigen beim Wiegen auch nur ein kleines Indiz für den Kampf ist, könnte uns eine Schlacht erwarten. Beide haben einen ordentlichen Bumms in den Händen. Den Unterschied wird deswegen das pure boxerische Talent ausmachen. Und da hat Helenius deutlich die Nase vorne.

Nicht zu vergessen die heimischen Fans, die den Nordic Nightmare zum Sieg und vielleicht zum lang ersehnten Kampf gegen Klitschko brüllen werden. "Als ich im letzten Jahr in Helsinki kämpfte, bekam ich beim Abspielen der Nationalhymne regelrecht Gänsehaut. Die Arena wird wohl aus allen Nähten platzen", freut sich Helenius im Vorfeld auf das Heimspiel.

Seite 2: Alexander Powetkin - Cedric Boswell

WBA-Weltmeisterschaft: Alexander Powetkin (RUS, 22-0-0) - Cedric Boswell (USA, 35-0-1)

Was ist von Alexander Powetkin zu erwarten?

Europameister, Amateur-Weltmeister, Olympiasieger: Der Weg des weißen Tigers ist gepflastert mit Erfolgen. Mit seinen 32 Jahren ist Powetkin mittlerweile nicht nur im besten Box-Alter angekommen, sondern auch auf dem Box-Thron. Seit seinem Erfolg im August über Ruslan Tschagajew darf er sich WBA-Weltmeister nennen.

Allein: So richtig als Champion wird er eigentlich nicht anerkannt. Das liegt vor allem daran, dass der Kampf gegen Tschagajew nur deswegen um einen Gürtel ging, weil die WBA kurz zuvor Wladimir Klitschko zum Superchampion machte. Sein Talent ist trotzdem unbestritten, gerade im In-Fight. Ob er diese Qualität angesichts der Reichweitennachteile gegen Boswell jedoch ausspielen kann, darf bezweifelt werden.

Mit einer im Schwergewicht fast einzigartigen Schlagfrequenz und dem erfahrenen Tony Atlas in seiner Ecke dürfte der Zar trotzdem gegen Boswell deutlich punkten dürfen, damit er seinem großen Ziel einen weiteren Schritt näher kommt: "Mein Traum war und ist es, gegen Wladimir um die WM zu kämpfen."

Was ist von Cedric Boswell zu erwarten?

Während sich Powetkin auf dem Zenit seines Schaffens befindet, reiht sich The Bos mit seinen 42 Jahren nahtlos in eine Reihe mit George Foreman und Evander Holyfield ein. Das Problem: Von der boxerischen Klasse der beiden Ex-Weltmeister ist Boswell meilenweit entfernt.

Keine Frage, der Amerikaner hat vor allem technisch gesehen immer noch einiges auf dem Kasten. Dass er aber seit 15 Kämpfen ohne Niederlage ist, liegt eher an der Gegnerauswahl als an den eigenen Fähigkeiten. Seine Mission ist trotzdem eindeutig: "Es ist für mein Land ganz wichtig, den WM-Titel im Schwergewicht wieder in die USA zu holen."

Wie er das schaffen will, bleibt dabei die große Frage. Die einzige erfolgsversprechende Taktik könnte sein, Powetkin mit seiner Körpergröße (1,91 Meter) und den genannten Reichweitenvorteilen auf Distanz zu halten und ihn auszuboxen. Ob dafür jedoch die Kondition reicht, wird vor allem im letzten Drittel des Kampfes interessant sein, zu beobachten.

Zitat des Kampfes:

"Der amerikanische Traum wird den russischen Heuchler schlagen. Der kalte Krieg beginnt am 3. Dezember." (Cedric Boswell hat offenbar zur Einstimmung eine Biographie von Ronald Reagan gelesen)

SPOX-Prognose:

Alles andere als ein Erfolg Powetkins wäre eine kleine Sensation. Der Russe dürfte Boswell vor allem auf die Distanz gesehen überlegen sein. Die Brisanz liegt deswegen in den Größennachteilen.

Der Kampf gegen The Bos könnte für Powektin eine gute Generalprobe für ein Duell mit Klitschko sein, bei dem er mit denselben anatomischen Vorraussetzungen zu kämpfen haben würde.

Zu den Box-Weltranglisten