"Mein Durchbruch ist nur eine Frage der Zeit"

Adrian Fink
13. Juli 201716:43
Max Hopp ist dank einer Wildcard bei den US Masters in Las Vegas dabeiPDC Europe
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Deutschlands bester Darts-Spieler Max Hopp hat eine Wildcard für das World-Series-Event in Las Vegas (live auf DAZN) erhalten. Bei den US Darts Masters trifft er mit der PDC-Elite auf die amerikanischen Darts-Spieler. Im Interview spricht der 20-jährige Hopp über Las Vegas, seine Ergebniskrise 2017 und die Sehnsucht nach einer Platzierung in den Top 32.

SPOX: Herr Hopp, vom 13. bis 15. Juli versammelt sich in Las Vegas die Darts-Elite und Sie sind dabei. Wie groß ist die Vorfreude?

Max Hopp: Die Wildcard von Barry Hearn ist eine riesige Ehre für mich. Ich habe mich bestens auf das Turnier vorbereitet und bin nicht zum Urlaub zehneinhalb Stunden nach Las Vegas geflogen. Egal, gegen wen man spielt: Über die Distanz First-to-Ten ist jeder schlagbar.

SPOX: Wie sah Ihre Vorbereitung auf das Turnier aus?

Hopp: Wir sind ein paar Tage früher angereist und haben uns akklimatisiert, immerhin hat es hier im Juli über 40 Grad. Es ist die Rückkehr der PDC nach Las Vegas und dementsprechend haben wir viele PR-Aufgaben. Ich bin unheimlich stolz, dass ich die deutsche Flagge hochhalten darf.

SPOX: Wird auch Zeit für ein paar private Unternehmungen sein?

Hopp: Es sind rund sieben Tage Aufenthalt, davon findet an zwei Tagen das Turnier statt, zusätzlich gibt es zwei Pressetage. Aber der Grand Canyon soll nicht so weit weg sein und eine kleine Touri-Tour wird drin sein. Zum Glück bin ich erst 20 Jahre alt und in Las Vegas steppt der Bär erst mit 21 Jahren. Die anderen Spieler sind hoffentlich abgelenkt. (lacht)

SPOX-Redakteur Adrian Fink traf Max HoppSPOX

SPOX: Phil Taylor, der sich auf seiner Abschiedstournee befindet, hat das Turnier krankheitsbedingt abgesagt. Grundsätzlich tritt er in diesem Jahr deutlich kürzer. Wie bewerten Sie seine Entscheidung, die Karriere langsam ausklingen zu lassen?

Hopp: Bei Taylor ist das wie bei Musikern: Er geht die letzte Tour zwar professionell an, möchte aber auch Spaß haben. Man muss es Taylor hoch anrechnen, dass er nicht als unangefochtene Nummer eins abgetreten ist. Er hat sich für den schwierigen Weg entschieden und sein Spiel reicht zwar noch für viele große Dinge, aber er kann nicht mehr immer gewinnen. Trotzdem ist Taylor die Legende und hat es verdient, seine Karriere nach seinem Geschmack zu beenden. Die WM als letzter Akt wird nicht spurlos an ihm vorbeigehen.

SPOX: Sie selbst haben noch den Großteil Ihrer Karriere vor sich und haben sich Anfang des Jahres mit Timo Gans einen Manager zugelegt. Wie sehr hat sich Ihr Alltag verändert?

Hopp: Der Terminkalender lässt wenig Freizeit zu, aber die allgemeine Situation hat sich entspannt. Im Vorfeld hatte ich durch schlechte Erlebnisse meine Zweifel daran, ob ich einen Manager engagieren soll. Wenn ich mir selbst etwas aufgebaut habe, behalte ich gerne die Kontrolle. Aber wir haben ein freundschaftliches Verhältnis und es war die richtige Entscheidung.

SPOX: Hätten Sie gedacht, dass es durch diesen Schritt auch sportlich einfacher wird?

Hopp: Timo hält mir zwar den Rücken frei, aber beim entscheidenden Doppel kann mir niemand helfen. Spielerisch gesehen ist es bisher meine beste Saison, im Training habe ich schon viele Neun-Darter geworfen und kratze bei meinen Matches oft am dreistelligen Average. Das ist mir lieber als mich mit einem 92er-Average durchzumogeln. Auch wenn die Erfolgsflaute natürlich frustrierend ist: Mein Durchbruch ist nur eine Frage der Zeit.

SPOX: Sie wohnen relativ abgeschieden von anderen Darts-Profis. Wäre es für den nächsten Schritt nicht hilfreich, sich im Alltag mit anderen Profis zu messen?

Hopp: Ein Umzug ist für mich keine Option, aber eine Art Trainingszentrum mit mehreren Darts-Spielern wäre super. Logistisch gesehen ist das allerdings problematisch: Nico Blum wohnt in Köln, Martin Schindler kommt aus Berlin und ich lebe in Kottengrün. Letztlich muss sich jeder selbst durch die harte Welt des Darts boxen.

SPOX: Für Sie bedeutet der Darts-Alltag im Moment, dass die WM in Gefahr ist.

Hopp: Ich musste gesundheitsbedingt Anfang des Jahres einige Turniere pausieren. Ich will das nicht an die große Glocke hängen, aber so etwas bringt dich aus dem Rhythmus. Mit Blick auf die WM wäre auch die Super League verlockend gewesen, aber wenn man nur sieben Wochenenden frei hat, sind fünf Super-League-Spieltage einfach zu viel.

SPOX: Wie groß wäre der Rückschlag, wenn Sie sich nicht für die WM qualifizieren würden?

Hopp: Das wäre natürlich eine herbe Enttäuschung, aber ich bin zuversichtlich, dass ich es über das Ranking schaffe. Immerhin sind wir erst bei der Hälfte vom Preisgeld und im Optimalfall reicht ein starkes Abschneiden bei einem European-Event.

SPOX: Auch zu Ihren Ungunsten hat die PDC eine Änderung beschlossen, wonach es für die deutschen Spieler schwieriger wird, sich für die WM zu qualifizieren.

Hopp: Uns wurden viele Plätze weggenommen, künftig sind wirklich nur die Top-32 der Welt und die Top-16 der Saison dabei. Ich möchte nicht nörgeln, aber die Änderung konnte ich nicht wirklich nachvollziehen, da viele europäische Spieler mit einem gewissen Standard die WM verpassen werden. Dafür sind Spieler aus Lettland dabei, wo Darts kaum Popularität hat.

SPOX: Hierzulande wird Darts hingegen immer bekannter. Wie erleben Sie diese Entwicklung?

Hopp: Darts ist in Deutschland zu einem Trend geworden. Für viele junge Leute ist ein Darts-Event die perfekte Wochenendgestaltung. Die Verantwortlichen betonen immer wieder, dass sich Deutschland bei Ticket- und Merchandisingverkäufen zum größten Markt entwickelt hat und dabei ist, sogar England zu übertreffen.

SPOX: Das Publikum in Deutschland sorgt häufig aber auch mit Pfiffen für Aufsehen. Martin Schindler hat sich darüber kritisch geäußert. Wie stehen Sie dazu?

Hopp: Alle Beteiligten auf der Bühne wissen, dass wir das nicht beeinflussen können, weil das Publikum emotional geladen ist. Ich bin zwar kein Unterstützer davon und ich habe mich nach den Matches schon öfters dafür entschuldigt, aber dieses Wechselbad der Gefühle zeichnet Darts auch aus.

SPOX: Wie kumpelhaft ist grundsätzlich der Umgang zwischen den Spielern rund um ein Event?

Hopp: Die PDC Europe bucht immer ein Spielerhotel, wo das Miteinander ein großes Thema ist. Da kam es schon mal vor, dass ich mittags auf dem Zimmer mit jemandem trainiert habe und am Abend gegen ihn auf der Bühne stand. In Sindelfingen habe ich gegen Kim Huybrechts verloren, am Abend haben wir dann noch eine Runde Mau-Mau gespielt. Wenn sich eine Gruppe findet, die gemeinsam Essen geht, bin ich als Einheimischer gefragt und zeige den anderen, was eine richtige deutsche Mahlzeit ist.

SPOX: Ist es schwieriger, gegen Freunde zu spielen?

Hopp: Wir sind Einzelsportler, aber keine Egomanen. Auf der Bühne spielt die Freundschaft keine Rolle, der Respekt bleibt aber immer. Schwieriger ist es, wenn sich zwei Spieler gegenüber stehen, die keine gute Bindung zueinander haben. Die geraten auf der Bühne aneinander.

SPOX: Unabhängig vom Gegner feiern Sie Ihre Erfolge ausgelassen, nach einem Sieg gegen Zoran Lerchbacher haben Sie beispielsweise Humba angestimmt. Inwiefern gehört das für Sie dazu?

Hopp: Ich bin 20 Jahre alt und möchte meine Erfolge genießen. Früher habe ich das nüchterner hingenommen, aber mittlerweile will ich diese Momente auskosten. Ich bin kein schüchterner Junge, in mir steckt eine Rampensau und ich möchte dem Zuschauer vermitteln: Auch wenn ich eure Nummer eins bin, ich bin eine stinknormale Nummer eins und verschwinde nicht kommentarlos nach dem Match.

SPOX: Seitdem Sie mit 16 Jahren als Darts-Spieler in Erscheinung getreten sind, gelten Sie als große Hoffnung. Wie haben Sie sich in dieser Zeit sonst noch verändert?

Hopp: Mit 16 habe ich meine Ziele zu hoch gesteckt. Ein Wendepunkt für mich war die Partie gegen Robert Thornton bei der WM 2014, als ich einen guten Satz gespielt habe und der Rest echt miserabel war. Da wurde mir klar, dass ich es zwar kann, aber oft einfach nur wild auf das Board feuere. Ich wurde viel zu schnell wütend, das hat sich mit 18 geändert.

SPOX: Inwiefern?

Hopp: Ich bin erwachsen geworden und privat nicht mehr der flippige Junge, der nur durch die Gegend springt. Das schlägt sich auf die sportlichen Leistungen nieder. Ich muss nicht mehr jede 180 exzessiv feiern, sondern lasse meinen Emotionen im richtigen Moment freien Lauf. Hätte ich diesen Prozess nicht durchlebt, wäre ich 2015 wahrscheinlich nicht Jugendweltmeister geworden. Das war mental eine große Herausforderung. Ich habe in Minehead gegen einen Engländer gespielt und beim Walk On haben mir die Leute ins Ohr gekreischt: 'Das ist England. Du hast keine Chance.' Und zack, die Kamera geht an und du musst auf die Bühne.

SPOX: Ihr großes Ziel sind die Top-32, momentan stehen Sie auf Rang 41. Wann ist es endlich soweit?

Hopp: Ich kann mit den Stars mithalten und bei Turnieren weit kommen, aber mir fehlt manchmal noch die kalte Schnauze für den richtigen Moment. Ich setze mir kein Limit mehr, aber die Sehnsucht nach den Top32 ist groß, weil die Qualifikation sehr kräftezehrend ist.

SPOX: Wie läuft so eine Qualifikation ab?

Hopp: Der zeitliche Aufwand ist enorm, weil sie donnerstags stattfindet. Es gibt Wochen, in denen ich nur einen Tag daheim bin und aus dem Koffer lebe. Die Quali ist der komplette Gegenentwurf zum Hauptevent: Sie findet zwar in der Halle statt, aber in dem Bereich, in dem am nächsten Tag die Fans sitzen. Man schaut auf die Bühne und spielt auf die provisorisch aufgebauten Boards. Außerdem ist absolute Ruhe angesagt und jeder muss auch selbst als Schiedsrichter herhalten. Da rechnest du Matches zwischen Leuten, die Brass-Darts für neun Euro spielen. Dann stehst du da 45 Minuten und bist völlig aus deinem Rhythmus. Am nächsten Tag hast du deinen Walk-On mit eigenem Song, da bist du wieder Maximiser und die 3.000 Fans jubeln dir zu.