Michael van Gerwen hat Phil Taylor als besten Darts-Spieler der Welt abgelöst. Seit Jahren dominiert Mighty Mike die Szene nahezu nach Belieben und bricht Rekord um Rekord. Vor der Premiere der Champions League of Darts (Sa.,ab 14 Uhr live auf DAZN) sprach der 27-jährige Niederländer mit SPOX über seine Dominanz, die Rivalität zu Phil Taylor, Lunch im Königshaus und die Tatsache, ein lausiger Fußballer zu sein.
SPOX: Herr van Gerwen, am Wochenende wird erstmals die Champions League of Darts ausgetragen. Sind Sie schon heiß auf das Turnier?
Michael van Gerwen: Absolut. Ich habe da wirklich Lust drauf. Es ist ein neues Turnier und als Nummer 1 der Welt habe ich den Anspruch, am Ende die Trophäe in den Händen zu halten. Alle anderen Turniere habe ich schon gewonnen, deshalb will ich nun unbedingt der Erste sein, der diesen Titel in seine Sammlung aufnimmt.
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SPOX: Sie haben es bereits angesprochen: Sie sind der beste Darts-Spieler der Welt - und das seit Jahren. Wie schwierig ist es, dieses hohe Level Woche für Woche abzurufen?
Van Gerwen: Es ist unmöglich, in jedem Match auf dem höchsten Niveau zu spielen. Manchmal bringe ich mein A-Game auf die Scheibe, aber wenn ich dazu nicht in der Lage bin, ist es wichtig, in den richtigen Momenten zur Stelle zu sein. Und egal wie ich drauf bin - das schaffe ich im Normalfall.
SPOX: In einem SPOX-Interview hat der deutsche Darts-Experte und Kommentator Elmar Paulke gesagt, dass die mentale Stärke Ihr größter Trumpf ist. Was würden Sie selbst als Ihre größte Stärke bezeichnen?
Van Gerwen: Ich würde Elmar doch nie widersprechen! (lacht) Ich bin davon überzeugt, dass ich im Kopf sehr stark bin und ein ausgeprägtes Selbstvertrauen mitbringe. Gleichzeitig beherrsche ich natürlich auch das Spiel, sonst bringt mir mein Wille überhaupt nichts. Um als Darts-Spieler Erfolg zu haben, braucht man ein gewisses Maß an Talent und die richtigen mentalen Voraussetzungen.
SPOX: Sie gehen auf die Bühne und wollen Ihren Gegner am liebsten sofort wegfegen. Passend dazu haben Sie einen sehr schnellen Wurfrhytmus. Wie bleiben Sie in Ihrem Flow, wenn Ihr Gegner sehr langsam spielt?
Van Gerwen: Davon lasse ich mich so wenig wie möglich beeinflussen. Ich konzentriere mich nur auf meine eigenen Darts und nicht auf den Gegner. Wenn du es zulässt, dass deren Wurftechnik dich nervt, dann denkst du über den Gegner nach und das darf nicht passieren. In Gedanken musst du immer bei dir selbst bleiben, dann hast du Erfolg.
SPOX: Wenn es gut läuft, lassen Sie Ihren Emotionen freien Lauf, wir alle kennen die typische Van-Gerwen-Faust nach einer 180. Wie wichtig sind diese Emotionen für Sie?
Van Gerwen: Da ist überhaupt nichts gespielt, die Emotionen lodern in mir und müssen einfach raus - das kommt alles von alleine. Auf der Bühne bin ich ganz ich selbst und zeige meine natürlichen Emotionen. Darts bedeutet mir sehr viel und gewinnen nochmal mehr - dafür muss ich mich auf der Bühne wohl fühlen. Das kann ich nur, wenn ich mich natürlich verhalte und meine Emotionen rauslasse.
SPOX: Sie haben bei den Players Championship bereits den 18. Saisontitel geholt, diese Dominanz ist beeindruckend. Sehen wir derzeit den besten Michael van Gerwen aller Zeiten oder ist da immer noch Luft nach oben?
Van Gerwen: Ich spiele dieses Jahr bessere Darts, als ich es jemals getan habe, das stimmt. Aber ich bin immer hungrig und will mich immer verbessern. Und ich weiß, dass ich nochmal eine Schippe drauflegen und besser werden kann.
SPOX: Lassen Sie uns über die WM sprechen. Der wichtigste Titel in Ihrem Trophäenschrank ist der der WM 2014. Danach wurden Sie sogar von Königin Maxima und König Willem Alexander zum Mittagessen eingeladen.
Van Gerwen: Stimmt. Das war eine unglaubliche Ehre und ich bin sehr stolz darauf.
SPOX: In neun Versuchen haben Sie die WM einmal gewonnen, das ist für Ihre Verhältnisse sogar recht bescheiden. Letztes Jahr sind Sie bereits im Achtelfinale gegen Raymond van Barneveld ausgeschieden. Haben Sie grundsätzlich Ihre Probleme mit der WM?
Van Gerwen: Man darf nicht vergessen: In den drei Jahren davor bin ich einmal ins Halbfinale eingezogen, stand einmal im Finale und habe die WM einmal gewonnen. Das beweist, dass ich eigentlich bei der WM keine Probleme habe. Aber ich schaue ohnehin nicht mehr auf die Vergangenheit und bin optimistisch, dass ich dieses Jahr wieder besser abschneide als bei der WM 2016.
SPOX: Phil Taylor hat die WM unfassbare 16 Mal gewonnen und hat die Darts-Welt über Jahre hinweg dominiert. Sind Sie der legitime Nachfolger?
Van Gerwen: Man kann diese Zeiten nicht miteinander vergleichen. Heute gibt es viel mehr Turniere und Darts wächst und wächst. Phils Karriere neigt sich dem Ende hin und er spielt nicht so viele Events wie ich. Klar, ich gewinne derzeit die meisten Turniere, aber ich glaube nicht, dass es möglich ist, die Darts-Welt so zu dominieren, wie er es getan hat. 16 WM-Titel sind eine Menge Holz, aber daran denke ich gar nicht. Ich denke nur an den nächsten.
SPOX: Beim World Matchplay hat Taylor sichtlich angefressen reagiert, als er keine Chance gegen Sie hatte. Glauben Sie, dass Taylor ein bisschen Angst vor Ihnen hat?
Van Gerwen: Fakt ist: Er hat seit Jahren keinen Major-Titel vor laufenden Kameras gewonnen und ich habe einige gewonnen. Vielleicht hat Taylor Angst vor mir, aber wenn man so viel gewonnen hat wie er, muss man sich eigentlich vor gar nichts mehr fürchten.
SPOX: Wie würden Sie Ihre Rivalität beschreiben?
Van Gerwen: Taylor und ich pflegen eine gute Rivalität. Wir respektieren uns beide gegenseitig als Darts-Spieler und ich bin davon überzeugt, dass unsere Rivalität uns dabei hilft, das Maximum aus uns beiden herauszuholen. Wenn wir auf die Bühne gehen, wollen wir uns beide gegenseitig schlagen und dafür muss man sein bestes Darts auspacken.
SPOX: Sie sagten einmal, dass Sie nicht so lange wie Phil spielen wollen. Wäre es denkbar, dass Sie wieder Fließen verlegen?
Van Gerwen: (lacht) Ich hoffe, dass ich bis dahin genug Geld verdienen werde, um dann glücklich und sorgenfrei in Rente gehen zu können.
SPOX: Der dritte große Spieler derzeit ist Gary Anderson. Der Doppel-Weltmeister zählt die Tage, die er daheim mit seiner Familie verbringt. Letztes Jahr waren es wohl nur 28. Wie anstrengend ist das Leben als Darts-Profi?
Van Gerwen: Es kann sehr ermüdend sein, aber wir haben Glück mit dem, was wir machen. Während meiner Freizeit versuche ich, mit meiner Frau Daphne so viel Urlaub wie möglich zu machen. Insgesamt haben wir uns mittlerweile eingespielt und sie ist oft bei Turnieren dabei.
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SPOX: Als Kind haben Sie Fußball gespielt und noch heute sind Sie Fan vom PSV Eindhoven. Wären Sie eigentlich gerne Fußball-Profi geworden?
Van Gerwen: Nein, nein, nein. Ich war grottenschlecht im Fußball. Da ich beim Darts spielen doch etwas besser war, hat sich diese Frage gar nicht gestellt.
SPOX: Es gibt viele niederländische Darts-Talente. Ist die Untersützung für angehende Darts-Profis dort einfach besser?
Van Gerwen: Seit ich denken kann, gab es schon immer Möglichkeiten für junge Spieler in den Niederlanden. Ich kenne die Unterschiede zu anderen Länden nicht, aber wenn man ein guter Darts-Spieler ist, bekommt man die nötige Unterstützung.
SPOX: Raymond van Barneveld hat die Entwicklung von Darts in den Niederlanden in den letzten Jahrzehnten mit fünf WM-Titeln vorangetrieben. Obwohl er im Ranking etwas abgefallen ist, haben Sie immer wieder Probleme mit ihm. Warum?
Van Gerwen: Er ist ein fantastischer Spieler und es ist jedes Mal aufs Neue eine harte Aufgabe, auf ihn zu treffen. Er hat mich in einigen großen Matches geschlagen, aber ich denke, dass ich auch ein paar Mal gegen ihn gewonnen habe.