"Phelps und Biedermann schauen auf London"

Von Interview: Falk Landahl
Schwimm-Legende Mark Spitz engagiert sich heute aktiv für die Laureus-Stiftung
© Getty

Mark Spitz war einer der erfolgreichsten Schwimmer aller Zeiten. Bei den olympischen Spielen 1972 in München gewann er sieben Goldmedaillen und schwamm sieben Weltrekorde. Diese Bestleistung wurde erst 2008 in Peking von Michael Phelps gebrochen. Heute engagiert er sich für die Laureus-Stiftung. Erst kürzlich veranstaltete er in Johannesburg einen Charity-Lauf mit über 50.000 Menschen. Im Interview mit SPOX spricht Spitz über sein soziales Engagement, seinen Schnurrbart und darüber, warum er schon mit 22 seine aktive Karriere beendete.

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SPOX: Herr Spitz, viele Menschen, selbst die, die nicht so sehr am Schwimmen interessiert sind, haben Sie nur wegen ihres Schnurrbarts in Erinnerung. Was für ein Gefühl ist das?

Mark Spitz: Ich finde das eigentlich ziemlich cool. Es gibt schlimmere Dinge, für die man in Erinnerung bleiben könnte. Da ist ein Schnurrbart nicht das schlechteste.

SPOX: Warum sind Sie überhaupt mit Schnurrbart geschwommen?

Spitz: Mein Trainer am College hat mal behauptet, dass ich mir keinen Schnurrbart wachsen lassen könnte. Ich habe es dann einfach aus Trotz gemacht und den Leuten ist es gleich aufgefallen. Ich dachte mir 'Was soll's?' und bin dann eben mit Schnurrbart geschwommen.

SPOX: Und wann kam der Punkt, an dem Sie ihn abrasiert haben?

Spitz: Ich war schon einige Zeit verheiratet und mir gefiel der Anblick im Spiegel nicht. Ich glaube, meiner Frau gefiel er auch nicht besonders.

SPOX: Heutzutage rasieren sich die Schwimmer überall am Körper, um hier und da vielleicht noch eine Hundertstel rauszuholen. Und nicht nur das: Mit High-Tech-Schwimmanzügen wurden etliche Rekorde gebrochen. Halten Sie es für richtig, dass diese Anzüge inzwischen verboten wurden?

Spitz: Nein, ich halte es für falsch.

SPOX: Warum? Die breite Mehrheit der Schwimmszene hat die Entscheidung eher begrüßt.

Spitz: Sehen Sie, die meisten Leute definieren den Schwimmsport fast nur über die Weltrekorde und hatten Angst, dass viele alte Marken geknackt werden. Ich sehe eher den sportlichen Wettkampf und denke, dass der Sport davon profitiert hat, weil es neuen Schwung brachte. Außerdem ist es auch etwas unfair für die Sportler, die sich am besten auf die Anzüge eingestellt haben.

SPOX: Sie sind auch ansonsten sport-politisch interessiert - zum Beispiel am Thema Doping. Sie haben sich oft kritisch über die Anti-Doping-Politik der FINA und des IOC geäußert. Was denken Sie über den Fall Cesar Cielo Filho? Er durfte bei der Schwimm-WM starten, obwohl er positiv auf Furosemid getestet wurde.

Spitz: Dazu kann ich nicht viel sagen, da ich die genauen Fakten nicht kenne. Auf jeden Fall macht es keinen besonders guten Eindruck, wenn ein positiv getesteter Sportler bei einer Weltmeisterschaft antritt. Aber: Am Samstag sprach ich mit einem Journalisten in Shanghai über das Thema und er sagte mir, dass die FINA keine Antworten zu dem Fall gibt. Das ist doch eher das Problem.

SPOX: Wie war das zu Ihrer Zeit? War Doping ein großes Thema?

Spitz: Nein, eigentlich gar nicht. Das war nicht annähernd so eine große Sache wie heutzutage.

SPOX: Was uns als Deutsche natürlich interessiert: Was denken Sie über Paul Biedermann?

Spitz: Ich war wirklich gespannt zu sehen, ob er seine sensationelle Leistung über die 200 Meter (Biedermann ist der erste Mensch, der 200 Meter unter 100 Sekunden geschwommen ist, d. Red.) von 2009 wiederholen kann. Das hat zwar nicht geklappt, aber ich denke, dass Jungs wie Biedermann oder Phelps die Weltmeisterschaft zwar konzentriert absolvieren werden, ihr Fokus jedoch klar auf den Olympischen Spielen 2012 in London liegen wird.

SPOX: Sie haben ihn gerade angesprochen: Michael Phelps. Glauben Sie, dass er wieder in besserer Verfassung als die letzten Jahre ist?

Spitz: Ich bin mir nicht ganz sicher. Er ist ein großartiger Sportler, aber man muss erstmal aus so einem Tal wieder herauskommen. Das ist nicht leicht.

SPOX: Wird Phelps nächstes Jahr seine olympische Goldmedaillensammlung dennoch erweitern können?

Spitz: Auch das ist schwierig zu beantworten. Er wird wohl darauf hoffen, sonst würde er wohl nicht wieder antreten. Es wird sehr interessant sein zu sehen, wie er sich schlagen wird.

SPOX: Hatten Sie schon Gelegenheit, sich persönlich mit ihm zu unterhalten?

Spitz: Ja, ich habe ihn schon häufiger getroffen. Er ist ein wirklich netter, sogar eher schüchterner Mensch. Keine Spur von Arroganz, wie man es denken könnte.

SPOX: Aber auf die Idee, ihn im Schwimmbecken herauszufordern, sind Sie noch nicht gekommen?

Spitz: (lacht) Nein, da würde ich zu deutlich verlieren. Er könnte ja locker mein Sohn sein.

SPOX: Wie hat es sich angefühlt, als Michael Phelps 2008 Ihren Rekord brach und acht Goldmedaillen gewann?

Spitz: Es war kein Problem für mich und ich habe mich gefreut, dass er so etwas Außergewöhnliches geleistet hat. Das schmälert auch meine Leistung nicht.

SPOX: Stimmt es, dass die 100 Meter Schmetterling ihre Lieblingsdisziplin war?

Spitz: Ja, das stimmt und die Erklärung ist auch ganz einfach: Sie ist so schön kurz. (lacht)

SPOX: Sie haben ihre Karriere nach den olympischen Sommerspielen in München 1972 beendet. Damals waren Sie gerade 22 Jahre alt. Warum so früh?

Spitz: Weil man damals einfach kein Geld mit dem Schwimmen verdienen konnte. Ich musste einen Weg finden, wie ich meine Rechnungen und meine Schule bezahlen konnte.

SPOX: Andere erfolgreiche Schwimmer wie Ian Thorpe oder Libby Trickett haben ebenfalls schon sehr früh ihr Karriereende verkündet. Zufall?

Spitz: Ich glaube schon, dass es ein Zufall ist. Wir alle hatten ganz unterschiedliche Gründe zum Aufhören und Trickett sowie Thorpe sind ja schon wieder aktiv dabei.

SPOX: Sie haben nach ihrem Rücktritt kurze Zeit ins Showgeschäft geschnuppert. Was denken Sie war der Grund, dass Sie es nie in Hollywood geschafft haben?

Spitz: Ich wollte nie wirklich als Schauspieler den Durchbruch in Hollywood schaffen. Ich hatte ein paar kleinere Rollen, aber das war nie mein Ziel.

SPOX: Heute engagieren sie sich für Laureus, und das schon eine ganze Weile. Warum?

Spitz: Ich denke, es geht uns allen gleich: Unser Herz hängt daran. Es gibt über 40 Board Members bei uns, dazu gehören Leute wie Boris Becker, Edwin Moses oder Miguel Indurain. Viele ehemalige Sportler, die es einfach als ihre Aufgabe sehen, anderen Menschen zu helfen.

SPOX: Kürzlich waren Sie für Laureus in Johannesburg. Was haben Sie dort genau gemacht?

Spitz: Wir haben einen Charity-Lauf mit über 50.000 Menschen veranstaltet, um Geld für die Stiftung zu sammeln. Wir sind alle froh, dass es so gut geklappt hat, denn damit können wir unsere Projekte in Südafrika weiter finanzieren.

SPOX: Um was für Projekte handelt es sich konkret?

Spitz: Generell versuchen wir allen Leuten zu helfen, die sozial oder wirtschaftlich schwach sind. Insgesamt laufen rund 80 Projekte weltweit, die über 1.500.000 Kinder im Alter zwischen zehn und 25 Jahren unterstützen. Wir wollen sie von der Straße runterkriegen und zum Sport bringen, damit sie Selbstvertrauen und soziale Kompetenzen entwickeln können.

SPOX: Wie hart war der Lauf für Sie? Immerhin haben Sie vor fast 30 Jahren ihre aktive Karriere als Schwimmer beendet.

Spitz: Um ehrlich zu sein: Es war nicht wirklich schwierig. Der Lauf dauerte etwa eine Stunde, das laufe ich sonst auch täglich. Schwieriger war es, 50.000 Leute dazu zu bekommen, dass sie mit mir laufen. (lacht)

Mark Spitz im Laureus-Steckbrief

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