Zweimaliger Euroleague-Champion, Euroleague-Final-Four MVP 2006, Euroleague MVP 2007, Europas Basketballer des Jahres 2006, Europameister 2005 - Theodoros Papaloukas ist eine europäische Basketball-Legende. Vor dem Final Four spricht der 38-jährige Grieche im SPOX-Interview über seine einzigartige Karriere und erklärt, warum in Madrid zwei Herzen in seiner Brust schlagen.
spoxSPOX: Theo, Sie haben vor zwei Jahren Ihre Karriere beendet. Beim 15. Geburtstag der Euroleague in Istanbul waren Sie jetzt vor Ort, auch beim Final Four werden Sie dabei sein und in die Rolle des Inside-Reporters schlüpfen. Davon abgesehen: Was machen Sie eigentlich aktuell?
Theodoros Papaloukas: (lacht) Gute Frage. Ich mache im Prinzip nichts, ich genieße einfach das Leben. Es gibt dazu ein paar Business-Sachen, in die ich involviert bin. So bin ich an Eurohoops.net beteiligt. Ich coache auch einige Youngster in Griechenland, aber ich habe keine offizielle Position.
SPOX: Streben Sie denn an, Trainer oder Manager zu werden?
Papaloukas: Ich weiß es momentan ehrlich gesagt nicht. Ich würde schon gerne helfen, aber wenn ich irgendwo einsteige, sei es bei einem Klub oder einer Organisation, dann muss es zu hundert Prozent passen. Es muss mich wirklich interessieren. Wenn ich es mache, dann richtig. Wissen Sie was? Ich habe so lange mein Leben dem Basketball gewidmet. Ich habe vor Spielen nachts kaum geschlafen, weil ich den Sport so gelebt habe. Jetzt habe ich die Chance, mal all das zu machen, was ich während meiner Karriere nicht machen konnte. Ich reise durch ganz Europa, besuche Freunde und genieße die Zeit meiner Familie. Das Beste ist: Ich habe endlich keinen Zeitplan mehr, ich lebe in den Tag hinein. Früher gab es ständig irgendwelche Zeiten: 9 Uhr Frühstück, 11 Uhr Stretching, was auch immer. Ich genieße es so, dass ich an den meisten Tagen eigentlich keine wirklichen Termine habe.
spoxSPOX: Jetzt steht das Final Four auf dem Programm und im ersten Halbfinale kommt es gleich zum Duell Ihrer Ex-Teams: ZSKA Moskau vs. Olympiakos Piräus.
Papaloukas: Puh, das wird nicht einfach für mich. Da schlagen wirklich zwei Herzen in meiner Brust. Ich habe in beiden Teams viele Freunde und würde es beiden gönnen, den Titel zu holen. Ich werde mich für die einen freuen, mit den anderen werde ich leiden.
SPOX: Wenn Sie das Matchup analysieren: Was denken Sie, wer hat vielleicht Vorteile?
Papaloukas: Ich kann keine Vorteile für eines der beiden Teams erkennen. Nehmen wir ZSKA: Es macht riesengroßen Spaß, dieser Mannschaft zuzuschauen. Sie machen auf mich auch den Eindruck, dass sie bereit für den Titel sind. Moskau ist extrem tief besetzt, dazu ist Dimitrios Itoudis ein hervorragender Coach. Aber Olympiakos hat mit Giannis Sfairopoulos einen ebenso guten Trainer und ist in den letzten fünf Jahren das erfolgreichste Team Europas. Bei Olympiakos weiß jeder Spieler genau, was seine Rolle ist und füllt sie perfekt aus. Die Teamchemie ist beeindruckend. Es ist insgesamt total ausgeglichen und wird extrem spannend.
SPOX: Es ist auch das Duell Milos Teodosic vs. Vassilis Spanoulis. Letzteren kennen Sie ja besonders gut.
Papaloukas: Wenn ich Vassilis charakterisieren soll, würde ich sagen: Er ist wild entschlossen, unglaublich fokussiert und vor allem ein überragender Leader. Wenn Vassilis vorneweg marschiert, dann folgen ihm seine Mitspieler, ohne zu zögern. So eine Aura hat er. Aber es ist nicht nur Spanoulis. Er kann sich auch glücklich schätzen, dass er tolle Jungs um sich herum hat. Ob das jetzt ein Georgios Printezis ist, ein Vangelis Mantzaris, ein Kostas Sloukas, ein Tremmell Darden - Olympiakos ist eine unfassbar starke und geschlossene Mannschaft.
SPOX: Im anderen Halbfinale trifft Real Madrid auf Fenerbahce. Wenn Sie einen Tipp abgeben müssen, wer Champion wird, was sagen Sie?
Papaloukas: Das ist so brutal schwer zu sagen, ich habe keine Ahnung. Ich hoffe einfach aus persönlichen Gründen, dass der Sieger aus ZSKA vs. Olympiakos dann auch Champion wird. Ich glaube, dass Real es nicht leicht hat. Sie stehen vor eigenem Publikum ganz enorm unter Druck. Sie werden diesen Druck spüren. Vor allem auch, wenn man bedenkt, dass sie es in den letzten Jahren schon nicht gepackt haben. Für Fener auf der anderen Seite ist ja das Erreichen des Final Fours schon ein toller Erfolg. Sie haben Maccabi per Sweep rausgekickt, das sagt vieles über die Qualität dieser Mannschaft aus. Einen großen Klub wie Maccabi zu sweepen, ist nicht so einfach. Und sie haben Coach Zeljko Obradovic in ihrer Ecke, er ist eine echte Waffe, keiner versteht das Spiel so wie er. Es wird sehr interessant. Am Ende wird es nicht auf einzelne Spieler ankommen. Das beste Team wird gewinnen, das ist immer so.
SPOX: Sie haben die Euroleague zweimal gewonnen. 2006 führten Sie ZSKA mit 19 Punkten im Halbfinale gegen Barcelona und 18 Punkten im Finale gegen Maccabi zum Triumph - und wurden auch zum Final Four MVP gekürt. Welche Erinnerungen haben Sie an diesen Tag?
Papaloukas: Es war unglaublich. Was man wissen muss: Wir hatten es mit ZSKA zuvor ja schon drei Jahre lang vergeblich versucht, die Euroleague zu gewinnen. Jedes Jahr war im Halbfinale Schluss. Dann kam Ettore Messina und ersetzte Dusan Ivkovic - und endlich reichte es für uns. Es war so schwierig, Barca und Maccabi hatten richtig starke Teams. Aber wir haben alles dafür getan und wir hatten eine super Truppe. Ich war am Ende der MVP, aber es war nicht mein Sieg. Ich muss zum Beispiel gerade daran denken, was für ein sensationelles Final Four David Vanterpool damals spielte. Wir haben als Mannschaft überragend gespielt. Dass es für ZSKA der erste Triumph nach 35 Jahren Durststrecke war, hat es natürlich noch spezieller gemacht.
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SPOX: Ein Jahr später hätte es fast mit der Titelverteidigung geklappt, aber Sie verloren mit ZSKA ein denkwürdiges Finale gegen Panathinaikos und MVP Dimitrios Diamantidis in Athen 91:93. Obwohl Sie mit 23 Punkten und 8 Assists wieder bärenstarke Zahlen auflegten.
Papaloukas: Das war sicher eine meiner bittersten Niederlagen. Aber es war trotz der Enttäuschung auch großartig, Teil eines der wahrscheinlich besten Spiele in der europäischen Basketball-Geschichte gewesen zu sein. Und ein Jahr später kam ja dann auch zum Glück Titel Nummer zwei für mich, als wir im Finale in Madrid Maccabi schlugen. Danach bin dann zu Olympiakos gewechselt und war ein paar Mal noch nahe dran, erneut die Euroleague zu gewinnen. Aber was soll ich klagen? Ich war neun Mal beim Final Four dabei. Ich hatte großes Glück, dass ich in so tollen Klubs mit tollen Mitspielern und tollen Coaches spielen durfte. Ich habe zwar auch sehr hart für meinen Erfolg gearbeitet, aber mir haben in meiner Karriere auch viele Menschen sehr geholfen. Sonst wäre das alles nicht möglich gewesen.
SPOX: Jetzt haben wir viel über die Euroleague gesprochen: Sie haben aber auch mit der griechischen Nationalmannschaft große Triumphe gefeiert. Wir denken an die EM 2005, als Griechenland im Halbfinale gegen Frankreich spielte und 47 Sekunden vor Schluss mit 7 Punkten zurücklag. Wissen Sie heute, wie man das Spiel noch drehen konnte?
Papaloukas: Zum Glück haben die Franzosen unter Druck Nerven gezeigt und uns das Comeback mit ein paar Fehlern ermöglicht. Du kannst nicht in so kurzer Zeit noch ein Spiel so drehen, wenn dir der Gegner nicht auch ein bisschen hilft. Es sollte einfach sein in diesem Jahr. Wir hatten diese große Generation, die dort ihren Höhepunkt erlebte. Wir hatten die richtige Mentalität in der Mannschaft. Wir besaßen so einen unerschütterlichen Glauben an uns. Wir strotzten so vor Selbstvertrauen, wahrscheinlich viel mehr, als es angebracht gewesen wäre. Aber wir haben nie aufgegeben und wurden belohnt.
SPOX: Es kam zum Finale gegen Deutschland, weil das DBB-Team dank eines unfassbaren Dirk Nowitzki Spanien 74:73 geschlagen hatte. Sie haben uns dann mit 22 Punkten beim 78:62 fast alleine fertig gemacht. Danke nochmal dafür.
Papaloukas: (lacht) Es tut mir leid. Dirk Nowitzki ist einer der größten Spieler der Geschichte, aber uns war klar, dass wir uns nicht von einem Spieler schlagen lassen können. Dirk durfte uns nicht besiegen. Wir mussten dafür sorgen, dass er nicht ins Rollen kommt. Wenn das passiert, kannst du ihn nicht mehr stoppen. Das haben wir ganz gut hinbekommen. Wir waren das bessere Team und hatten den Titel mehr verdient als Ihr Deutschen. Deutschland war ja auch so die Feel-Good-Story des Turniers, die große Überraschung.
SPOX: Ein Jahr später sorgte Griechenland für einen Paukenschlag, als man im WM-Halbfinale in Japan die USA schlug. Beim 101:95 gegen LeBron James, Carmelo Anthony und Co. verteilten Sie 12 Assists, Spanoulis spielte die US-Stars an die Wand. Wie erinnern Sie sich an dieses Spiel?
Papaloukas: Griechenland stand nach unserem Sieg Kopf. Aber trotz der tollen Erinnerung denke ich jetzt als Erstes nicht an diesen tollen Moment. Ich denke daran, dass wir es nicht zu Ende bringen konnten und ein schreckliches Finale spielten (47:70 gegen Spanien, Anm. d. Red.). Wir wollten Weltmeister werden, aber dann wurde es "nur" Silber. Wir konnten den Sieg gegen die USA damals nicht genug feiern, aber im Nachhinein war das ein magischer Abend für uns. Wenn wir 100 Mal gegen dieses US-Team spielen, verlieren wir normalerweise 100 Mal. Aber an diesem Abend war alles anders. Wir glaubten an unsere Chance. Und die USA glaubten zu Beginn nicht, dass sie gegen uns verlieren könnten. Das haben wir früh gemerkt. Wir haben einen überragenden Tag erwischt. Spanoulis war sensationell, aber Diamantidis ebenso, oder Shortsanitis, oder Kakiouzis. Jeder, der aufs Feld kam, ist über sich hinausgewachsen.
SPOX: In diesem Jahr findet die EM in Deutschland und Frankreich statt. Griechenland befindet sich in einer Gruppe unter anderem mit Kroatien und Slowenien. In den letzten Jahren war Hellas bei großen Turnieren kein Faktor mehr. Was trauen Sie dem Team dieses Mal zu?
Papaloukas: In Griechenland wächst gerade wieder eine super Mannschaft zusammen. Wir haben einige hervorragende Talente, die nachrücken und hungrig auf Erfolg sind. Es wird darum gehen, die richtige Mischung und eine gute Teamchemie zu finden. Ich weiß nicht, ob Griechenland in diesem Jahr schon wieder bereit ist, um den Titel mitzuspielen, aber es ist nur eine Frage der Zeit. Wir werden bald wieder ganz vorne mitspielen.
SPOX: Sie sind auch so etwas wie eine Symbolfigur für die Entwicklung des europäischen Basketballs. 2006 wurde nicht Dirk Nowitzki Europas Basketballer des Jahres, auch nicht Pau Gasol, es war Theo Papaloukas. In die NBA sind Sie aber nie gewechselt, warum nicht?
Papaloukas: Das Timing hat nie gepasst. Wenn mich NBA-Teams verpflichten wollten, ließ es meine Vertragssituation nicht zu, ein Angebot anzunehmen. Wenn ich bereit war, den Sprung zu wagen, hatte ich nicht die richtigen Offerten vorliegen. Es sollte nicht sein. Aber ich bereue nichts. Ich hatte das Privileg, in den größten Klubs Europas zu spielen und hier meinen Weg zu gehen. Niemand weiß, was bei einem Wechsel in die NBA passiert wäre. Vielleicht hätte ich mich gar nicht durchgesetzt, vielleicht hätte ich auch in der NBA Erfolg gehabt. Entscheidend ist nicht das, was eventuell hätte sein können. Entscheidend ist das Leben, das du lebst. Damit bin ich sehr glücklich.
SPOX: Sie waren in erster Linie ein Playmaker-Genie. Wer hat Sie inspiriert?
Papaloukas: Da gab es viele Spieler. Mit Nikos Gallis und Panagiotis Giannakis hatten wir in Griechenland natürlich zwei Point-Guard-Legenden, zu denen ich aufgeschaut habe, als ich aufgewachsen bin. Ich habe unglaublich viel Basketball im Fernsehen studiert und versucht, mir von den größten Spielern etwas abzuschauen. Was ganz wichtig ist: Du solltest nie versuchen, einen Spieler zu kopieren, das funktioniert nicht. Du musst deine Grenzen kennen und dir vielmehr überlegen: Was macht Spieler XY, zu dem ich vielleicht auch in der Lage sein müsste? Das kann ich dann vielleicht übernehmen.
SPOX: Welcher Mitspieler hat Sie am meisten beeinflusst?
Papaloukas: Ganz klar Jurij Zdovc. Mit ihm habe ich bei Panionios einige Jahre verbracht. Jurij hat mir wirklich geholfen, zu verstehen, wie ein Point Guard denken sollte. Jurij kam ja aus der jugoslawischen Point-Guard-Schule und hatte mit der Nationalmannschaft so gut wie alles gewonnen. Es war mein absolutes Glück, dass ich zu Beginn meiner Karriere von ihm lernen konnte. Ob ich auf der Bank saß und ihm zuschaute, ob ich ihn im Training oder auch abseits des Feldes beobachtete - er hat mir extrem viel beigebracht. Ihm verdanke ich sehr viel.
SPOX: Wenn Sie sich die heutigen Stars anschauen, auch in der NBA, wo mit Stephen Curry ein ganz anderer Point-Guard-Typ jetzt der amtierende MVP ist: Wer gefällt Ihnen am besten?
Papaloukas: Curry ist seltsam. Ich frage mich bei ihm manchmal, was mit ihm passieren würde, wenn er bei uns in Europa spielen würde. Würde sein Stil hier funktionieren, würden ihn die Teams hier so spielen lassen? Ich weiß es nicht. Er hat einen so besonderen Stil und in Europa ist es ja eher so, dass Teams Spieler in bestimmte Strukturen pressen. Aber ich bewundere Curry sehr. Er hat seinen ganz eigenen Stil des Point-Guard-Spiels kreiert und es damit allen gezeigt.
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