Zwischen Trostpreis und Träumerei

SPOX
12. Oktober 201518:08
Will Cherry (r.) will mit Alba Berlin im Eurocup ähnlich durchstarten wie in der BBLimago
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Insgesamt fünf deutsche Teams sind in diesem Jahr im Eurocup vertreten, jeweils zwei stehen sich dabei in einer Gruppe gegenüber. Wie stehen die Chancen für Alba Berlin, Ratiopharm Ulm und Co.? Und was passiert mit dem einzigen deutschen Legionär? SPOX blickt auf die Gruppen mit deutscher Beteiligung und analysiert.

Gruppe A

EWE Baskets Oldenburg

Zwei Jahre in Folge scheiterte Oldenburg denkbar knapp am Einzug unter die besten 32, beim dritten Mal soll es nun endlich klappen. Die Voraussetzungen dafür sind gut: Zwar unterlagen die Baskets erst Bamberg im Champions Cup und dann Bayern zum Saisonstart der BBL deutlich, in den beiden darauffolgenden Partien zeigte das Team allerdings eine ansteigende Form.

Ohnehin hat der amtierende deutsche Pokalsieger unter dem Mitte der letzten Saison geholten Coach Mladen Drijencic einen großen Sprung gemacht, im Sommer kamen mit Klemen Prepelic, Brian Qvale sowie Vaughn Duggins noch einige hochkarätige Neuverpflichtungen dazu, welche den Oldenburgern eine neue Tiefe verleihen.

Natürlich hat zum Saisonstart angesichts der vielen neuen Gesichter noch nicht alles gepasst: "Wir haben Fehler gemacht, die auf diesem Level nichts zu suchen haben", ärgerte sich Drijencic nach dem Arbeitssieg über Medi Bayreuth am Sonntag. Rufen die Oldenburger ihr Potenzial ab, sollte das Ziel des Weiterkommens im dritten Anlauf jedoch endlich Realität werden.

Dominion Bilbao Basket

Nach einem Jahr Pause sind die Spanier zurück im Eurocup, in dem sie mit 44-19 eine durchaus beeindruckende Bilanz aufweisen und bereits dreimal das Halbfinale erreicht haben. Bilbao hat eine starke Saison hinter sich und erreichte in der Liga ACB den durchaus beeindruckenden vierten Platz.

Da der Kader mit Shawn James, Alex Suarez, Alex Ruoff und Clevin Hannah noch verstärkt wurde und Leistungsträger wie Axel Hervelle und Raul Lopez gehalten werden konnten, kann man die Basken in Gruppe A durchaus zu den Favoriten zählen. Was die internationale Erfahrung angeht, können mit dieser Truppe nur wenige Konkurrenten mithalten.

Union Olimpija Ljubljana

Es war eine ziemlich ungewöhnliche Saison für den slowenischen Vorzeigeklub: Kein einziger Titel wurde im letzten Jahr gewonnen, in der Adriatic League verpasste man gar die Playoffs - so kennt man es eigentlich nicht in Ljubljana.

Im Eurocup will das Team von Gasper Potocnik zum dritten Mal in Serie unter die besten 32 Teams einziehen, dabei verfolgt man allerdings einen anderen Ansatz als die meisten anderen Teams. Es stehen hauptsächlich Slowenen im Kader, kaum ein Team im Wettbewerb weist eine jüngere Mannschaft auf. Teenagern wie Blaz Mesicek oder Vasilije Vucetic sollen durchaus prägende Rollen zukommen.

JSF Nanterre

Noch vor Bilbao ist Nanterre wohl der Topfavorit in Gruppe A. Die Franzosen holten in der abgelaufenen Saison nicht nur den heimischen Supercup, sondern auch noch die EuroChallenge und waren somit automatisch für den Eurocup qualifiziert. Im Halbfinale zeigten sie dabei den Fraport Skyliners ihre Klasse.

Ihr damaliger Topscorer Kyle Weems ist zwar nicht mehr da, dafür wurde der Kader mit Tasmin Mitchell, Fernando Raposo und dem überragenden Scorer Gerald Robinson (16,1 Punkte pro Spiel im Eurocup) aber hochkarätig verstärkt. Im ersten Spiel der Gruppe in Bilbao steht für Nanterre direkt mal eine Standortbestimmung an.

Telekom Baskets Bonn

Der Eurocup ist für Bonn nicht gerade Neuland, bereits zum dritten Mal in Serie sind die Baskets im zweitbesten europäischen Wettbewerb vertreten. Bisher gab es allerdings ein gravierendes Problem: Zuhause verkaufte man sich stets gut, auswärts weist Bonn bis dato aber eine erschreckende Bilanz von 3 Siegen bei 25 Niederlagen im Eurocup auf.

Das soll diese Saison besser werden und die Chancen dafür stehen nicht allzu schlecht: Mit Tadas Klimavicius und Eugene Lawrence konnten im Sommer zwei sehr wichtige Spieler gehalten werden, mit Aaron White und Xavier Silas fanden zwei Hochkaräter ihren Weg in die frühere Bundeshauptstadt.

Der Saisonstart mit zwei Siegen und einer Niederlage in der BBL machte durchaus Hoffnung, vor allem offensiv ist Bonn richtig gefährlich: Kein Team punktete bisher mehr als die Baskets (89,76 Punkte pro Spiel). Zumal am Sonntag gegen Bayern ein wahres Ausrufezeichen gesetzt wurde: "Ich hoffe, dass uns dieser Sieg Auftrieb gibt", sagte Coach Matthias Fischer im Anschluss. Zum Auftakt gegen Oldenburg könnten die Baskets diesen Auftrieb zweifellos gut gebrauchen.

Dolomiti Energia Trento

Die Italiener sind in einer interessanten Lage - Trento hat die beste Saison seiner Geschichte hinter sich und hatte nicht nur die viertbeste Bilanz in Italien, sondern auch den MVP Tony Mitchell in seinen Reihen. Der spielt nun zwar in Wolgograd, dennoch kann sich das Team auf seine erste Eurocup-Saison durchaus freuen.

Mit Trent Lockett etwa wurde im Sommer ein alter Bekannter aus der BBL verpflichtet, mit Julian Wright patrouilliert künftig sogar ein früherer NBA-Center die Zone. Mit Diego Flaccadori hat Trento zudem eines der größten italienischen Talente in seinen Reihen. Es mag ein wenig an Erfahrung fehlen, vom Talent her ist das Weiterkommen aber durchaus möglich für die Debütanten.

Seite 1: Gruppe A mit Oldenburg und Bonn

Seite 2: Gruppe B mit Alba und Ludwigsburg

Seite 3: Gruppe C mit Ulm

Gruppe B

Alba Berlin

So ehrlich muss man sein: Natürlich würden die Berliner heuer lieber erneut in der Euroleague antreten, wo sie in der letzten Saison so knapp an den Playoffs scheiterten. Das Team von Sasa Obradovic hat sich aber mittlerweile mit der Situation abgefunden und ist schon zum Saisonstart sehr fokussiert, was die perfekte Bilanz von 4-0 bis dato verdeutlicht.

Obradovic und Manager Marco Baldi haben die Mannschaft nach all den Abgängen der Vorsaison wieder einmal umbauen müssen, bisher sind die Resultate jedoch sehr erfreulich. Fünf Spieler punkten bis jetzt im Durchschnitt zweistellig, gerade der neue Aufbau Will Cherry überzeugt mit guter Übersicht und einer herausragenden Quote von 64,7 Prozent aus dem Zweipunkteland.

Will Cherry im Interview: "Wie kann LBJ über 3 Leute springen?"

Abgesehen von überforderten Ulmern, die von Alba mit 20 Punkten aus der Halle geschossen wurden, sind die vermeintlich großen Tests bisher ausgeblieben, dennoch scheint Alba wieder gut dabei zu sein und einen Platz im Top 32 im Normalfall relativ sicher zu haben. Oder, Herr Obradovic? "Wir sind weit davon entfernt, ein Top-Team zu sein. Wir sollten nicht überreagieren." Na gut.

Herbalife Gran Canaria Las Palmas

A propos Top-Team: Den größten Konkurrenten in Gruppe B für die Berliner findet man wohl auf Las Palmas, immerhin sind die Spanier der aktuelle Eurocup-Vizemeister. Der Kader wurde zwar ein wenig überholt und unter anderem musste man den im letzten Jahr überragenden Center Walter Tavares Richtung Atlanta Hawks abgeben, mit Alen Omic wurde allerdings ein ähnlich furchteinflößender Pivot nach Gran Canaria gelotst.

Auch sonst hat sich das Team gut verstärkt und hofft darauf, die überragende letzte Saison mit 21 Siegen aus den ersten 22 Spielen sogar noch toppen zu können. Ob das tatsächlich möglich ist, hängt natürlich von vielen Faktoren ab, die Gruppenphase wird für Las Palmas aber wohl keine unüberwindbare Hürde darstellen.

MHP Riesen Ludwigsburg

Die Riesen mögen nicht den großen Namen Berlins haben, dafür stehen aber auch sie bei 100 Prozent - Ludwigsburg hat seine ersten drei Spiele in der BBL gewonnen und steht damit direkt hinter Alba in der Tabelle. Die großen Prüfungen waren zwar noch nicht dabei, gerade Jon Brockman ist aber schon zu diesem frühen Zeitpunkt voll im Saft (16,7 Punkte, 69 Prozent aus dem Feld!).

Nachdem Ludwigsburg sieben Jahre lang nicht am Eurocup teilnehmen konnte, soll nun langsam der Anschluss an die europäische "Mittelklasse" geschafft werden. Dabei bauen sie vor allem auf ihre Stärke beim Rebound, die Brockman und Jason Boone trotz ihrer relativ geringen Maße (2,01 m bzw. 2,03 m) mitbringen.

Damit es für die nächste Runde reichen kann, müsste aber doch vieles richtig laufen für die Riesen. Ob sie die Abgänge der beiden Topscorer D.J. Kennedy und Kerron Johnson langfristig kompensieren können, ist zu diesem Zeitpunkt noch schwer zu sagen. Vorerst gilt es, die Rückkehr aufs europäische Parkett einfach zu genießen.

Le Mans Sarthe Basket

Nach einem Jahr Abwesenheit sind die Franzosen zurück im Eurocup und wollen an alte Erfolge anknüpfen, der Saisonstart ging mit einem Sieg aus drei Spielen in Frankreich allerdings eher in die Hose. Zuletzt verlor man mit 15 Punkten Unterschied gegen Limoges um deren neuen Guard Heiko Schaffartzik und offenbarte vor allem im Spielaufbau und von der Dreierlinie (1/13 3FG) arge Probleme.

Prinzipiell hat Le Mans mehr drauf, immerhin hat der französische Nationalspieler Mickael Gelabale einen ordentlichen Saisonstart erwischt. Die vielen neuen Spieler brauchen traditionell ohnehin etwas Eingewöhnungszeit. Umso schwerer könnte der Auftakt im Eurocup allerdings werden, da die ersten beiden Heimspiele direkt gegen Gran Canaria und Alba Berlin stattfinden werden.

Grissin Bon Reggio Emilia

Um ein Haar wäre die abgelaufene Saison ein einziger großer Triumph für Emilia geworden, das völlig unerwartet ins Finale der Serie A stürmte und dort kurz vor dem Sieg stand. Die epische Final-Serie ging in sieben Spielen jedoch an Sassari, das Emilia auch im italienischen Pokal im Halbfinale stoppte. Dennoch ging der Weg nach dem EuroChallenge-Triumph 2014 erneut in die richtige Richtung.

In diesem Jahr soll an die Erfolge der letzten Saisons angeknüpft werden, wenngleich mit Andrea Cinciarini der Playmaker der letzten Jahre Richtung Mailand weiterzog. Dafür wurde immerhin der "ewige" Rimantas Kaukenas gehalten, der selbst mit 38 Jahren noch zu den produktiveren Spielern auf seiner Position gehört.

Enel Basket Brindisi

Der zweite italienische Vertreter in Gruppe B ist ein Debütant: Brindisi hat eine starke Saison in EuroChallenge (Playoffs) und Italien (Viertelfinale) hinter sich und will das positive Momentum nun mitnehmen, um auch im Eurocup für Furore zu sorgen. Enel Basket geht in dieser Gruppe allerdings wohl jedes Spiel als Underdog an.

Nur wenige Spieler im Roster wie die Neuzugänge Adrian Banks oder Djordje Gagic haben schon Erfahrung im Eurocup gesammelt. Von ihnen sowie von US-Amerikaner Alex Harris und dem Kameruner Kenneth Kadji hängt es ab, ob Brindisi mehr als einen potenziellen Stolperstein für die Favoriten darstellen kann.

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Gruppe C

Valencia Basket

Wir präsentieren: Den besten Klub der Eurocup-Geschichte. Valencia hat den Wettbewerb häufiger gewonnen als jedes andere Team (dreimal) und will nach dem Aus im Viertelfinale in der Vorsaison wieder dahin, wo es seiner Meinung nach hingehört. Und das wird vom Kader auch durchaus reflektiert.

Zwar sind beispielsweise Pau Ribas und Nemanja Nedovic nicht mehr da, dafür wurde mit Jon Stefansson und Antoine Diot aber hochkarätig nachgelegt. Allen voran wurde auch der frisch gebackene Europameister Fernando San Emeterio geholt, der mit seiner Erfahrung und seinen Skills als Scorer jederzeit den Unterschied machen kann. Valencia ist ohne Zweifel der Topfavorit in dieser Gruppe.

CAI Zaragoza

Allzu viele deutsche Legionäre gibt es im Eurocup nicht. Genau genommen gibt es in Robin Benzing sogar nur einen. Der Nationalspieler ist einer der Neuzugänge, mit denen Zaragoza sowohl in Spanien als auch im Eurocup zurück in die Playoffs möchte. Nach der enttäuschenden letzten Saison wurde der Kader generalüberholt.

Die prominentesten Neuzugänge neben Benzing heißen Nate Linhart, Tomas Bellas und Halil Kanacevic, überhaupt weist der Kader von Coach Joaquin Ruiz eine durchaus ansehnliche Tiefe auf. Der Auftakt in Spanien ging zwar verloren, gegen den FC Barcelona präsentierte man sich dabei aber absolut konkurrenzfähig. An Potenzial fehlt es dieser Mannschaft nicht.

Ratiopharm Ulm

Optimal lief der Saisonstart für Ulm nicht: Nachdem das Treiben in der Offseason allerorts gefeiert wurde, fing man sich im ersten Spiel direkt eine 20-Punkte-Klatsche von Alba Berlin. Danach wurde auch gegen Würzburg gepatzt, bevor sich das Team von Thorsten Leibenath im Anschluss dann doch langsam fing und gegen Hagen zuletzt zeigte, was es eigentlich drauf hat.

Denn eigentlich hat sich nichts daran geändert, dass in Ulm zuletzt ein großartiger Job gemacht wurde und dass es durchaus im Bereich des Möglichen ist, mit dieser Truppe in der BBL und auch im Eurocup weit zu kommen.

Um Per Günther wurde die wohl beste Truppe aufgebaut, seitdem Center John Bryant zweimal in Folge BBL-MVP im Ulmer Trikot wurde. Mit ihm wurde 2012/13 das Viertelfinale erreicht - so weit muss es diese Saison nicht unbedingt gehen, chancenlos sind die Ulmer in der Hinsicht aber auch nicht.

SLUC Nancy

Die Franzosen haben derzeit eigentlich ganz andere Sorgen. Nach der starken Vorsaison, in der in Frankreich das Halbfinale und im Eurocup erstmals überhaupt das Top 32 erreicht wurde, ist Nancy zuletzt richtig schlecht in die ProA gestartet und liegt nach drei Spieltagen sieglos auf dem letzten Tabellenplatz.

Das ist so früh in der Saison zwar noch kein Beinbruch, die Art und Weise dürfte Coach Alain Weisz aber besorgt haben: Sein Team hielt sich jeweils im Spiel, verlor dann aber alle drei Partien schlussendlich mit 5 Punkten Unterschied. Der neue Closer, den letzte Saison zumeist Vaughn Duggins gemimt hatte, ist bisher noch nicht gefunden.

Proximus Spirou Charleroi

Kein Team war bisher häufiger im Eurocup vertreten als die Belgier (elfmal) - bei den letzten vier Auftritten erreichte Charleroi aber kein einziges Mal die letzten 32. Das soll in dieser Saison wieder anders werden, dafür wurden mit unter anderem den Brüdern Jimmy und Billy Baron potente Scorer in den Kader geholt.

Die Dominanz vergangener Tage ist allerdings etwas abhandengekommen. Zwischen 2007 und 2011 holten die Belgier allein vier Meisterschaften, seither ist der Trophäenschrank allerdings leer geblieben. Das beste Ergebnis im Eurocup, das Viertelfinale, ist ebenfalls bereits zehn Jahre her. Allzu leicht wird es auch in dieser Saison nicht werden.

Umana Reyer Venezia

Venedig gehört zwar zu den ältesten Klubs Italiens, auf europäischer Bühne hat man das Team allerdings seit über drei Jahrzehnten nicht gesehen. Keine große Überraschung: Seine erfolgreichste Zeit hatte das Team 1942 und 1943, als jeweils die italienische Meisterschaft geholt wurde.

Dementsprechend hat das Team um die Amerikaner Josh Owens und Mike Green auch im Eurocup noch nie gespielt, mit dem Erreichen des Halbfinals in Italien im Vorjahr hat man aber ordentlich Selbstvertrauen getankt. Es wäre dennoch eine ziemliche Sensation, falls sie über die erste Runde hinaus im Wettbewerb vertreten sein würden.

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