Nachdem die BBL-Themenwoche mit Bayerns Center John Bryant startete, folgt nun Alba Berlins Neuzugang Will Cherry. Der Guard erklärt, warum Sasha Obradovic der perfekte Trainer für ihn ist, berichtet vom Erlebnis, LeBrons James' Teamkollege zu sein und outet sich als Becky-Hammon-Fan.
SPOX: Herr Cherry, Sie sind noch nicht lange in Berlin. Hatten Sie dennoch ein bisschen Zeit zum Sightseeing?
Will Cherry: Nein, nicht wirklich. Wir hatten so viel Training, da gab es noch keine Gelegenheit. Aber ich bin ja noch ein bisschen hier, da werde ich sicher irgendwann die Zeit finden. Als ich ankam, haben mir die Verantwortlichen ein bisschen was gezeigt und mir einen schnellen Überblick gegeben. Aber ich habe mir vorgenommen, die Stadt noch ausführlich zu erkunden.
SPOX: Warum haben Sie sich für Alba entschieden?
Cherry: Ich habe einfach sehr viel Gutes über den Verein gehört. Selbst meine College-Trainer sagten mir, dass Alba sehr großen Respekt in Europa genießt. Das Team hat eine große Geschichte und ich habe im Vorjahr mit Zalgiris Kaunas hier gespielt. Es waren harte Spiele, Alba hat schließlich nur ganz knapp die Euroleague-Playoffs verpasst. Sasha Obradovic ist zudem ein großartiger Trainer und Berlin eine tolle Stadt. Ich habe mich sehr darauf gefreut, in eine größere Stadt zu ziehen und bin gespannt darauf, eine neue Kultur kennenzulernen.
Editorial: Die BBL-Themenwoche bei SPOX
SPOX: Sie sind eher ein Combo Guard. Welche Rolle werden Sie bei Alba einnehmen?
Cherry: In erster Linie geht es mir darum, zu gewinnen. Das ist das Wichtigste. (lacht) Ich denke, dass ich hier eine viel größere Rolle einnehmen werde, als ich das in Litauen getan habe. Ich werde häufiger den Ball in meinen Händen haben. Und zusammen mit Jordan Taylor und Izzy (Ismet Akpinar, Anm. d. Red.) primär den Ballvortrag übernehmen. Als Spieler im Backcourt hast du die größte Verantwortung. Alles was gut oder schlecht läuft, fängt beim Point Guard an. Für mich geht es darum, die richtigen Plays zu machen und für meine Mitspieler zu kreieren. Das wird meine Rolle sein. Dazu kommt die Defense, darin bin ich richtig gut. Ich will mich einfach weiter verbessern und natürlich gewinnen.
SPOX: Wie gut kennen Sie die BBL?
Cherry: Ich habe von einigen Spielern, mit denen ich mich unterhalten habe und die hier gespielt haben, gehört, dass die BBL zu den tougheren Ligen gehört. Hier können bis zu sechs Amerikaner in einem Team spielen. Aber so richtig viel weiß ich noch nicht. In Oldenburg spielt noch mein ehemaliger College-Teamkollege Brian Qvale, der vorher schon mal in Bayreuth war.
spoxSPOX: Sprechen wir noch mal über ihre Zeit in Kaunas. Litauen ist bekannt dafür, sehr viele Talente auszubilden. Wie haben Sie die Talenteförderung dort erlebt?
Cherry: Das stimmt, dort gibt es eine Menge talentierter Spieler und unser Team war das Beste. Wir hatten mit Darius Songaila einen richtig erfahrenen Spieler mit NBA-Erfahrung im Team, dazu noch Arturas Gudaitis, der in diesem Jahr gedraftet wurde. Robertas Javtokas und Paulius Jankunas sind auch gute Jungs. Und dann ist da auch noch mein Kumpel Vytenis Lipkevicius. Eigentlich waren die ganzen Litauer im Team richtig gut und auch bei den anderen Teams waren gute Jungs dabei. Das hat mich nicht geschockt oder überrascht, das sind nun mal Profis. Und wenn man sich deren Arbeitseinstellung und den Aufwand, den sie täglich investieren, anschaut, wundert mich das nicht, dass sie so viele gute Spieler haben. Sie lieben es einfach für ihr Land und ihr Team alles zu geben.
SPOX: Warum lief es für Sie persönlich nicht so gut in Kaunas?
Cherry: Der Start verlief wirklich ziemlich holprig. Ich brauchte so etwa zweieinhalb Monate, um mein Spiel auf den europäischen Basketball umzustellen. Als das abgeschlossen war, lief es eigentlich ganz gut, wir haben immerhin die Meisterschaft gewonnen. Ich hatte allerdings mehr von mir erwartet. Ich war einfach noch zu sehr im NBA-Modus als ich rüberkam. Hier gibt es keine defensive Drei-Sekunden-Regel, ich habe zudem viele Schrittfehler gepfiffen bekommen und das Halfcourtspiel hat mir auch Probleme bereitet. Es hat eine Zeit gedauert, bis ich mich daran gewöhnt hatte. Auch der Coach und ich mussten uns aneinander gewöhnen und einen Mittelweg aus beiden Stilen finden. Das hat gegen Ende aber gut funktioniert.
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SPOX: Sie haben davor ein paar Spiele für die Cleveland Cavaliers gemacht. Wie war es an der Seite von LeBron James zu spielen?
Cherry: Das war schon cool. Es hat mich weitergebracht, aber es war schon komisch, auf einmal mit LeBron zu spielen. Das war schließlich LeBron, aber es hat sich dann in eine ganz normale professionelle Verbindung gewandelt. Ihm einfach nur dabei zuzusehen, wie er sich auf die Spiele vorbereitet, wie er sich abseits des Courts verhält, hat mir schon geholfen, mich weiterzuentwickeln. Aber wir sprechen da nicht nur über LeBron. Es gibt da ja auch noch Kyrie Irving und Kevin Love. Wenn Kyrie und LeBron auf dem Feld stehen, kann jederzeit irgendwas Spektakuläres passieren und du denkst dann: 'Wie hat er das mit so wenig Platz gemacht? Wie kann LeBron über drei Leute springen?' Es war wirklich eine großartige Erfahrung, man saß draußen und hat einfach alles aufgesaugt.
SPOX: Aber für wen schlug Ihr Herz in den Finals? Sie kommen schließlich aus Oakland.
Cherry: Das hört sich jetzt vielleicht nach einer Lüge an, aber ich habe wirklich versucht, es mir einfach nur anzuschauen. Letztlich war ich dann doch für die Warriors. Ich komme aus Oakland und bin als Warriors- und Kings-Fan aufgewachsen. Da ich aber für Cleveland gespielt habe, war mein Respekt vor ihnen viel größer. Es ging mir dabei auch gar nicht so sehr um mein eigenes Fansein. Es ging mir vielmehr um die Stadt. Oakland hatte die Meisterschaft verdient.
SPOX: Vor Spiel 6 schrieben Sie bei Twitter, dass Andre Iguodala Ihr Finals-MVP ist. Am College wurden Sie außerdem zwei Mal zum Defensive Player of the Year gewählt. Definieren Sie sich mehr über die Defensive?
Cherry: Ich sehe mich mehr als Two-Way-Player. Ich kann scoren, aber eben auch Defense spielen. Two-Way-Spieler sind recht selten im Basketball, das war immer ein Vorteil für mich. Die Defense ist mir sehr wichtig. Es gibt immer Abende, da will der Ball nicht fallen und da ist es wichtig, das Spiel auf andere Arten zu beeinflussen. Und in der Defense gibt es diese Off-Nights eigentlich nicht, denn da kommt es auf die Einstellung an. Ich nehme es persönlich, wenn jemand gegen mich punktet.
SPOX: In der Summer League liefen Sie für die San Antonio Spurs auf und gewannen mit Becky Hammon als Trainerin den Titel. War es nicht merkwürdig, von einer Frau trainiert zu werden?
Cherry: Nein, überhaupt nicht. Es war genauso, wie von einem Mann trainiert zu werden. Da gibt es keine Unterschiede. Sie hatte von Beginn an den Respekt der Spieler. Natürlich war es am ersten Tag interessant zu sehen, wie die Spieler auf sie reagieren. Aber ich schaue mir auch WNBA im Fernsehen an. Als ich kleiner war, habe ich da auch Becky Hammon gesehen und sie war eine der besten Point Guards in der Liga. Ich kannte ihren Style und sie hat ein Jahr unter Gregg Popovich gearbeitet.
SPOX: Mike Taylor, der vor einiger Zeit Head Coach der Main Red Claws war, sagte vor ein paar Wochen im SPOX-Interview, dass die D-League gut für Spieler ist, die im Fokus der NBA stehen, aber es sehr hart werden kann, wenn nicht. Sie haben selber dort gespielt. Würden Sie zustimmen?
Cherry: Für mich war es eine gute Zeit. Das Trainerteam um Head Coach Steve Hetzel, Jordi Fernandez, James Posey und Nate Reinking haben mir ungemein geholfen. Sie haben mich dazu gebracht, mir sehr viel Videomaterial anzuschauen. Das hat mich extrem weitergebracht. Wenn ich etwas falsch gemacht habe, habe ich es gesehen und versucht, es beim nächsten Mal besser zu machen. Sie haben mein Spiel bei den Profis auf einen neuen Level gehoben. Die Umstellung vom College auf den NBA-Stil war schon hart. Wenn man mit der richtigen Einstellung an die Sache herangeht, ist es aber eine gute Sache. Man darf halt nie vergessen, dass die D-League nur eine Zwischenstation ist.
SPOX: Lebt Ihr NBA-Traum noch?
Cherry: Auf jeden Fall. Den habe ich noch nicht begraben und das ist auch ein Grund, warum ich hier bin. Sasha war einer der besten Point Guards und er sagte mir gleich, dass er mein Spiel auf einen neuen Level heben will. Ich will mich von Jahr zu Jahr verbessern. Und ich merke es bereits. Sasha ist ein Perfektionist und nur das macht mich als Point Guard besser.
SPOX: Sie waren 2014 einige Wochen vor dem Draft in eine Schlägerei in einer Bar verwickelt und wurden auch verhaftet. Glauben Sie, dass Sie ohne diesen Zwischenfall eventuell ausgewählt worden wären?
Cherry: Nein, es lag in erster Linie daran, dass ich einen gebrochenen Fuß hatte. Daher war mein Senior-Jahr am College auch nicht so gut, wie es hätte sein müssen. Ich musste operiert werden. Die Schlägerei hatte damit nichts zu tun. Aber das war natürlich total dumm und auch peinlich, weil die Zeitungen davon vollstanden. Das hat die Coaches und Teams aber nicht beeinflusst. Mit der Verletzung im Vorfeld war es einfach schwierig, in die NBA zu kommen.
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Alba Berlins Kader im überblick