SPOX: Mr. Bryant, vor der letzten Saison hatte Coach Svetislav Pesic angekündigt, dass Sie ein starkes Jahr spielen und dann in der NBA landen würden. Was ist passiert?
John Bryant: Die Saison war definitiv nicht gut genug! Ich habe defensiv nicht das Niveau erreicht, das ich mir vorgestellt hatte, und hätte auch offensiv besser spielen können. Es waren meist kleine Dinge, aber die tragen eben zum Gesamtbild bei. Ich konnte nach der Saison außerdem auf keinen Fall zufrieden sein, weil wir den Titel nicht geholt haben. Das war nicht nur das Ziel des Klubs, sondern stand auch bei mir ganz oben.
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SPOX: Im Sommer haben Sie dann Ihren Vertrag bei den Bayern schnell für zwei Jahre verlängert. Was hat den Ausschlag gegeben? Hat sich das Thema NBA für Sie erledigt?
Bryant: Nein, das auf keinen Fall. Die NBA ist immer noch auf meinem Radar. Sie ist immer noch mein Traum, und ich weiß, dass ich es schaffen kann.
SPOX: Gab es im Sommer denn Kontakte in die USA?
Bryant: Nicht wirklich. Mein Berater hatte den Vertrag mit München, wo ich ja gerne lebe und spiele, schnell ausgehandelt. Und so kam ich gar nicht in die Situation, groß nachzudenken oder mich mit anderen Situationen zu befassen. Es ist mir auch am liebsten, schnell Klarheit zu haben: Der Sommer gehört schließlich immer noch mir. (lacht)
SPOX: Dann haben Sie auch keine Gespräche mit anderen europäischen Top-Klubs geführt? Spanische Medien hatten unter anderem von einem starken Interesse von Unicaja Malaga berichtet.
Bryant: Mein Agent hat mit ein paar anderen Teams gesprochen, das schon. Davon ist aber nicht viel zu mir durchgedrungen, weil es entweder kein konkretes Angebot gab oder mein Agent dachte, es wäre keine gute Situation für mich. Ich habe eigentlich nur mit Bayern gesprochen, weil mir schnell klar wurde, dass der Verbleib hier der richtige Schritt für meine Karriere ist. Hier kann ich mich noch weiterentwickeln.
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SPOX: In Ihren zwei Jahren bei Bayern haben Sie sich ja bereits stark verändert - auch äußerlich. Trainieren Sie jetzt einfach mehr oder wie kam es zu Ihrem Gewichtsverlust?
Bryant: Gewichte gestemmt und sowas habe ich auch vorher schon. Man kann allerdings trainieren wie ein Verrückter, wenn man sich so mies ernährt wie ich früher! (lacht) Ich esse jetzt viel gesünder. Das war eins der ersten Themen, über die ich mit Coach Pesic gesprochen habe, als ich vor zwei Jahren herkam. Er hat mir gesagt, dass ich nur dann einen höheren Level erreichen kann, wenn ich mich professioneller ernähre, und dann habe ich diese Entscheidung für mich getroffen. Ich denke, die Resultate sprechen für sich. Die vielen harten Trainingseinheiten haben natürlich auch nicht geschadet...
SPOX: Vor Ihrer ersten Saison in München wurden Sie stark kritisiert, weil Sie nicht gerade fit aus dem Sommerurlaub zurückkamen. Was machen Sie seitdem anders, wenn Sie frei haben?
Bryant: Ich achte im Gegensatz zu früher darauf, was ich esse. In Amerika gibt es ja so viele Fast-Food-Ketten, da bin ich früher im Urlaub ein- und ausgegangen. Heute verkneife ich mir das komplett. Die Burger schmecken zwar, sie sind aber nicht gut für mich. (lacht)
SPOX: Auch als Spieler haben Sie große Fortschritte gemacht - von der One-Man-Show aus Ulmer Zeiten zum Teamplayer. Ist Ihnen diese Umstellung schwer gefallen?
Bryant: Nein, weil die von Ihnen angesprochene One-Man-Show nicht meiner Spielphilosophie entspricht. Du bist ja immer davon abhängig, was um dich herum geschieht, und passt dich eben der Situation an. In Ulm war ich der Go-to-Guy, weil das Team eben anders strukturiert war als hier. Wir haben bei Bayern etliche sehr talentierte Optionen in der Offensive, weshalb ich den Laden nicht allein schmeißen muss. Dafür stehen hier eben andere Dinge mehr im Vordergrund: Rebounds holen, gute Picks setzen, den Extra-Pass spielen. Das liegt mir aber mehr, als ständig isoliert zu werden.
SPOX: Als Sie nach München kamen, gab es Zweifel: Sie sind als entspannter Typ bekannt, der gerne das Leben genießt, Pesic dagegen gilt als harter Hund. Wie würden Sie Ihr Verhältnis zum Coach denn vor der dritten gemeinsamen Saison beschreiben?
Bryant: Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass wir nie Differenzen hatten. Aber wir verstehen uns mittlerweile gut, da wir uns besser kennen. Er weiß, dass ich dem Erfolg alles unterordne, auch wenn das früher nicht immer der Fall war. Und ich weiß, dass es bei ihm genauso ist. Wir akzeptieren uns jetzt gegenseitig noch mehr und kommen daher sehr gut miteinander aus, obwohl wir manches auf unterschiedliche Arten angehen. Sonst hätte ich ja auch nicht verlängert.
SPOX: Schreit er Sie denn noch an?
Bryant: Natürlich tut er das, wenn ich es nötig habe. (lacht)
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