"Passe eher ins europäische System"

Patrick Heckmann verhalf Bamberg gegen Kaunas zum ersten Top16-Erfolg nach 21 Pleiten
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SPOX: Sie haben beide Basketball-Stile kennengelernt, den amerikanischen und den europäischen. Was sind für Sie die größten Unterschiede und welcher liegt Ihnen mehr?

Heckmann: Ein großer Unterschied ist sicherlich der Einfluss der Coaches. In den USA ist Micro-Management an der Tagesordnung. Die College-Coaches haben einen genauen Plan davon, was auf dem Spielfeld in welcher Art und Weise umgesetzt werden soll. Dafür formen sie ihre Spieler nach ihren Vorstellungen und für ihr System. Und sie wollen jede kleinste Entscheidung auf dem Court treffen. Damit hatte ich ein bisschen meine Probleme. Ich passe eher ins europäische System. Hier hast du ausgebildete Spieler, die auf dem Feld vorrangig eigene Entscheidungen treffen und einfach etwas freier sind.

SPOX: Wurden auch Sie in den USA in eine Rolle gedrängt?

Heckmann: Zu Anfang nicht. Da hatte ich recht viele Freiheiten und durfte auch auf mehreren Positionen spielen. Dann rekrutierte Coach Steve Donahue Olivier Hanlan und Joe Rahon, die viel auf dem Feld für ihn gemacht haben. Dadurch wurde meine Rolle kleiner und ich saß mehr auf der Bank. Da die beiden den Ball dominierten, musste ich immer mehr zum Shooter werden. Als Jim Christian in meinem vierten Jahr Headcoach wurde, bekam ich wieder deutlich mehr Minuten. Dennoch ging meine Dreierquote runter, da ich nie wusste, wann ich die Würfe bekomme. Das machte es deutlich schwieriger.

SPOX: Das sieht jetzt in Bamberg deutlich anders aus. Das Selbstverständnis, mit dem Sie Ihre Würfe nehmen und treffen, ist für einen 23-Jährigen beeindruckend. Woher nehmen Sie das?

Heckmann: Hier weiß ich, dass ich werfen darf und soll, wenn ich einen freien Wurf habe. Ich erkenne genau, in welchen Situationen meine Mitspieler Würfe kreieren können. Nach der schwierigen Saison fehlte mir auch ein Stück Selbstbewusstsein. Daran habe ich mit Individual- und Shooting Coach Stefan Weissenböck gearbeitet und dadurch ging es aufwärts. Und noch etwas ist in Bamberg anders: Meine Mitspieler würden den Ball nicht zu mir passen, wenn sie kein Vertrauen hätten, dass ich den Wurf reinmache. Das hilft mir. Ich denke jetzt viel weniger nach als früher. Aus dem Spielfluss heraus sind meine Würfe deutlich besser.

SPOX: Innerhalb kürzester Zeit haben Sie sich bei Brose in die Rotation von Andrea Trinchieri gespielt. War das auch für Sie überraschend?

Heckmann: Total. Damit hätte ich nie gerechnet. Ich bin ja nicht davon ausgegangen, als College-Absolvent zum deutschen Meister und Euroleague-Top16-Klub zu wechseln und direkt Minuten zu bekommen. Aber ich habe mich hervorragend eingefunden und hatte von Anfang an großes Vertrauen zum Coach. Ich höre viel zu und arbeite an den Dingen, die er mir ans Herz legt. Dazu kommt, dass wir ein tolles Team mit großartigen Spielern haben. Von jedem kannst du etwas lernen. Und alle wissen, wie sie mit Neulingen in der Mannschaft umgehen müssen. Davon habe ich ebenfalls profitiert.

SPOX: Was sind die Schwerpunkte, an denen Sie laut Andrea Trinchieri arbeiten müssen?

Heckmann: An erster Stelle steht natürlich die Verteidigung. Darüber hinaus am Wurf und - nicht zu vergessen - an meinem Kopf. Der Coach findet, dass ich noch immer zu viel nachdenke und noch besser sein könnte, wenn ich lerne, das komplett auszuschalten. Ich arbeite daran, aber es ist gar nicht so leicht, da bei mir vieles Kopfsache ist.

SPOX: Gegen Zalgiris Kaunas haben Sie mit Bamberg in der Euroleague den ersten Top-16-Sieg der Vereinsgeschichte eingefahren - und dann noch mit 33 Punkten Unterschied. Fühlte sich dieser Erfolg anders an?

Heckmann: Das war ein unglaubliches Gefühl. Dieser Sieg wird für immer in den Vereinsbüchern verankert sein. Aber man muss es auch in den aktuellen Kontext einordnen: Wirklich viel kaufen können wir uns davon nicht. In der starken Gruppe sind wir froh, dass wir aus den ersten beiden Spielen einen Sieg holen konnten. Wobei wir das Spiel gegen Real Madrid auch gut hätten gewinnen können. Wir müssen hungrig bleiben. Das Ziel ist es, weitere Siege einzufahren.

SPOX: Apropos Ziele: Lassen Sie uns über das DBB-Team sprechen. Nachdem Sie die kompletten Jugendauswahlen durchlaufen hatten, durften Sie 2012 erstmals für die A-Nationalmannschaft aufs Parkett. Was ist Ihnen vom Premieren-Spiel gegen den Iran noch in Erinnerung?

Heckmann: Das war natürlich ein tolles Erlebnis und eine große Ehre - auch wenn es nur ein paar Minuten am Ende des Spiels waren. Nach der U20-EM 2012 in Slowenien hatte DBB-Coach Svetislav Pesic meinen guten Kumpel Mathis Mönninghoff und mich in die Türkei zu einem Vorbereitungsturnier eingeladen. Dort kamen wir auch gleich im ersten Spiel gegen den Iran zum Einsatz. Ich habe sogar fünf Punkte erzielt. Leider war ich danach verletzt und wurde erstmal nicht wieder für die Nationalmannschaft nominiert.

SPOX: Zurzeit geht das Gerücht um, dass Henrik Rödl im kommenden Sommer Chris Fleming als Nationaltrainer ablösen wird. Ein Wechsel an der Spitze könnte ja auch für Sie relevant werden. Beschäftigen Sie sich mit solchen Themen?

Heckmann: Ehrlich gesagt habe ich mir noch keine großen Gedanken darüber gemacht. Die Nationalmannschaft ist aktuell ziemlich weit weg. Jetzt müssen wir mit Bamberg erstmal die Saison erfolgreich zu Ende spielen. Dann schaue ich, was im Sommer passiert. Und ob meine Leistung vielleicht reicht, um zum DBB-Team eingeladen zu werden.

SPOX: Einen individuellen Erfolg gab es für Sie dieses Jahr bereits: Sie wurden zum ersten Mal ins All-Star Team gewählt. Wie war die Veranstaltung für Sie?

Heckmann: Der All-Star Day war definitiv ein besonderes Erlebnis. Die besten Spieler der Liga kommen zusammen - und du bist dabei! Das fühlte sich schon gut an. (lacht) Als NBBL-Spieler durfte ich vor einigen Jahren schon zwei Mal teilnehmen, aber es ist natürlich eine andere Nummer, abends beim Haupt-Event anstatt nachmittags im Vorprogramm zu spielen. Und dann noch vor dem Heimpublikum in Bamberg - eine tolle Erfahrung.

SPOX: Bei den Fans in Freak City sind Sie schon jetzt einer der Lieblinge und man sieht im Publikum viele Zuschauer mit der 33 auf dem Rücken. Woher kommt eigentlich Ihre Trikotnummer? Ist es eine Hommage an Larry Bird?

Heckmann: (lacht) Das haben schon viele vermutet, aber damit hat es nichts zu tun. Es ist viel einfacher. Als ich mit 15 Jahren mein erstes Spiel für Mainz in der Regionalliga machen durfte, war nur eine einzige Nummer frei: die 33. Die habe ich bekommen und seitdem in jeder Mannschaft, in der ich gespielt habe, getragen.

SPOX: Dann sollten Sie nicht zu den Celtics wechseln. Dort hängt die nämlich unter der Hallendecke...

Heckmann: Ich denke, da besteht aktuell wirklich keine Gefahr. (lacht)

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