"Wir spielen nicht wie die Warriors"

Marc-Oliver Robbers
12. Mai 201609:38
Malcolm Delaney gewann 2014 mit dem FC Bayern die Meisterschaft und wurde MVP der BBLgetty
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Das Turkish Airlines Euroleague Final Four in Berlin steht an. Vor dem ersten Halbfinale zwischen Lokomotive Kuban Krasnodar und ZSKA Moskau (FR., ab 18 Uhr im LIVETICKER) sprach SPOX mit Kubans Guard und Ex-Bayern-Star Malcolm Delaney über die Rivalität der russischen Teams, Vergleiche zu den Golden State Warriors und die optimale Vorbereitung auf ein Spiel.

SPOX: Mr. Delaney, Sie haben nicht die schlechtesten Erinnerungen an Berlin. Schließlich gewannen sie 2014 mit Bayern München hier die Meisterschaft gegen Alba und wurden als Finals MVP ausgezeichnet. Ist die Rückkehr für Sie etwas Besonderes?

Malcolm Delaney: Nein, nicht wirklich. Es ist jetzt einfach eine komplett andere Sache. Die Erinnerungen sind natürlich gut, weil wir bei meinem letzten Spiel dort den Titel gewonnen haben. Das wünsche ich mir für das kommende Wochenende natürlich auch.

SPOX: Für den Klub, aber auch für Sie ist es die erste Teilnahme am Final Four. Das haben vor der Saison nicht viele erwartet. Was war der Schlüssel für den Erfolg in dieser Saison?

Delaney: Da gibt es nicht nur einen Grund. Wir haben einen großartigen Trainer (Georgios Bratzokas, Anm. d. Red.), der es geschafft hat, dass alle an den Erfolg glauben und der absolut respektiert wird. Er hat von Beginn an an das Team geglaubt. Wir haben im Laufe des Jahres immer mehr Selbstbewusstsein bekommen und sind immer besser geworden. Wir haben einfach Spaß und jeder mag gerne mit dem anderen zusammenspielen. Ich denke, das ist der wichtigste Faktor.

SPOX: Gab es in der Saison einen Moment, wo Sie gemerkt haben, dass es weit gehen könnte?

Delaney: Nein, es lief ja von Anfang an. Wir sind Erster in der Gruppe geworden, haben zwei Mal Panathinaikos besiegt, obwohl sie eigentlich höher eingeschätzt waren. Wir haben auch Barcelona geschlagen und so ging es immer weiter. Ich denke, nach der Regular Season haben wir begriffen, dass wir weit kommen können. In den Playoffs geht es dann immer darum, wie die Matchups aussehen, und ob man seine Leistung abrufen kann.

SPOX: Gab es jetzt eine besondere Vorbereitung auf das Final Four? Haben die Trainer irgendwas geändert?

Delaney: Nein, wir haben überhaupt nichts geändert. Wir machen alles weiter so, wie wir es in der kompletten Saison gemacht haben. Das hat gut funktioniert.

SPOX: Für Sie ist es jetzt das zweite Jahr in Krasnodar. Hatten Sie eigentlich einen Kulturschock als Sie 2014 von München nach Russland gewechselt sind? Die Städte sind nicht zu vergleichen und auch die Mentalität ist eine andere.

Delaney: Das fiel mir recht leicht. Ich hatte ja vor meinem Engagement in München schon in der Ukraine gespielt. Die osteuropäische Mentalität ist mir daher nicht fremd. Ich spiele jetzt seit fünf Jahren in Europa und habe schon alle möglichen Situationen erlebt.

SPOX: Sie waren in Ihren Teams immer direkt erfolgreich. Ist das auch eine Stärke von Ihnen, dass Sie sich gut auf neue Situationen einstellen können und alles andere ausblenden?

Delaney: Das ist mein Job. Ich kam nach Europa, um hier Basketball zu spielen. Daher brauche ich mich nicht extra darauf zu konzentrieren. Ich lasse mich nicht ablenken und lege überall die gleiche Einstellung an den Tag. Damit fahre ich ganz gut.

SPOX: Sie sind sehr aktiv bei Twitter. Wie wichtig ist der Austausch, um auch mit der Heimat in Kontakt zu bleiben?

Delaney: Mit meinen Freunden telefoniere ich meistens. Die stehen nicht so auf dieses Social-Media-Ding. Manchmal langweile ich mich hier und dann bin ich schon sehr aktiv bei Twitter, aber das mehr für die Fans und nicht so sehr, um mit meinen Freunden in Kontakt zu bleiben. Ich teile da auch eigentlich keine privaten Sachen. Mir geht es mehr darum, Spaß zu haben und im Austausch mit meinen Fans zu bleiben.

SPOX: Kommen wir zurück zum Sportlichen. Kuban trifft im Halbfinale auf ZSKA Moskau. Beide Teams kennen sich sehr gut, beide haben griechische Trainer. Ist das eher ein Vor- oder Nachteil?

Delaney: Ich glaube, weder noch. Wir haben zwei Mal in der Liga gegeneinander gespielt. Es geht nicht so sehr um die Trainer, aber es besteht schon eine Rivalität, weil wir in den letzten zwei Jahren recht häufig aufeinandergetroffen sind. Wir werden uns so gut es geht vorbereiten. Drei der letzten vier Partien gingen an uns. Ich denke, sie liegen uns.

SPOX: Wenn man sich so gut kennt, gibt es da noch die Möglichkeit den Gegner zu überraschen?

Delaney: Ich denke nicht, dass es darum geht. Wir kennen uns sehr gut. Jeder weiß, was der andere tut. Wir müssen unser Bestes geben. Ich glaube auch nicht, dass es eine Überraschung wäre, wenn wir sie besiegen. Sie haben vielleicht den größeren Namen, aber das interessiert uns nicht.

SPOX: Sie spielen mit Nando de Colo und Milos Teodosic gegen zwei europäische Superstars und vielleicht den tiefsten Backcourt in ganz Europa. Wie bereiten Sie sich auf diese Aufgabe vor?

Delaney: Natürlich haben sie zwei richtig gute Guards, aber das haben wir auch. Wir sind bereit. Unser Coach lässt es ein super System spielen, dass offensiv wie defensiv exzellent funktioniert. Darauf vertrauen wir und werden nichts an unserer Spielweise ändern. Natürlich müssen wir auf diese beiden besonders aufpassen, aber wir haben sie zuletzt geschlagen. Deswegen sollten wir uns nicht zu viele Gedanken über den Gegner machen. SPOX

SPOX: Krasnodar ist auf dem Weg einen neuen Euroleague-Rekord für genommene Dreier aufzustellen. Sie und Dontaye Draper haben alleine über 250 Dreier genommen. Das klingt nach den europäischen Splash Brothers.

Delaney: Nein, das würde ich nicht sagen. Wir haben ein System, in dem jeder Dreier werfen kann. Das ist in Europa einzigartig. Da geht es nicht nur um die Guards. Wir spielen nicht wie die Warriors.

SPOX: Kommen wir zum nächsten Rekord. Nie zuvor hat ein Spieler in einer Euroleague-Saison mehr Minuten abgerissen. Wie haben Sie es geschafft, ohne Verletzungen durch die Saison zu kommen und auch nicht müde zu werden?

Delaney: Ich bin andauernd müde und auch verletzt. (lacht) Ich versuche einfach, mich da durch zu kämpfen. Ich bin kein Spieler, der gerne draußen sitzt. Daher pushe ich mich immer weiter und so kommen die ganzen Minuten zustande. Aber es ist schon so, dass ich versuche, mich im Sommer zu erholen und gesund und fit beim Trainingsstart zu sein. Ich arbeite daher auch immer noch für mich alleine. Die Saison ist schließlich lang, aber ich habe in meinen bisherigen Teams immer die meisten Minuten abgerissen.

SPOX: Ein paar Stunden vor jedem Spiel twittert Stephen Curry immer "Lock in" und das ist der Punkt, an dem seine Konzentration auf das kommende Spiel beginnt. Wann starten Sie Ihre Pregame-Routine?

Delaney: Erst einmal bereite ich mich die ganze Woche im Training vor. Am Spieltag selber habe ich aber keine speziellen Rituale, um mich zu konzentrieren. Essen, schlafen, dann geht es in die Arena. Da ist das Umfeld natürlich immer etwas anders, aber ich mache nichts Verrücktes, um mich zu fokussieren.

SPOX: Während ihrer Zeit in München wollten die Houston Rockets Sie in die NBA holen. Lebt der NBA-Traum noch?

Delaney: Ich würde es nicht als Traum bezeichnen. Bayern ließ mich damals nicht aus meinem Vertrag, aber ich werde es in diesem Sommer wieder versuchen. Nach dem Final Four werde ich mich damit beschäftigen.