Nachdem er in der vergangenen Euroleague-Saison mit Vitoria das Final Four erreicht hatte, wechselte Fabien Causeur als neuer Hoffnungsträger nach Bamberg. Im SPOX-Interview spricht der Franzose über den neuen Spielplan, Erlebnisse mit Tony Parker und Boris Diaw sowie die spezielle Atmosphäre in Bamberg - im Vergleich zu anderen Basketball-Tempeln. Heute Abend startet sein Team mit einem Auswärtsspiel bei Fenerbahce in die Königsklasse (19:30 Uhr im LIVETICKER).
SPOX: Fabien, nach den ersten, sehr erfolgreichen BBL-Spielen: Was sind Ihre Eindrücke vom Team und von der Liga?
Fabien Causeur: Wir hatten gleich am Anfang gegen Frankfurt einen sehr guten Auftritt und ich habe es genossen, hier erstmals zu spielen. Mir wurde schon viel über die Fans hier erzählt, aber dass sie so sensationell sein würden, war mir nicht bewusst. Die Atmosphäre, die hier herrscht, ist einzigartig.
SPOX: Sie waren als Spieler schon viel in Europa unterwegs. Gehören die Fans in Bamberg zu den besten und lautesten?
Causeur: Es gibt viele gute Kulissen in Europa. Was das Besondere hier ist: Man fühlt die Fans, da sie so nah am Spielfeld sind. Das ist sehr intensiv. In Vitoria beispielsweise war das anders: Zwar kamen teilweise 9.000 Menschen zu den Spielen, aber weil die Halle so riesig ist, spürt man sie nicht. Hier in Bamberg hingegen nimmt man jede Stimmungsschwankung wahr. Allein die Spielervorstellung ist fantastisch. Wenn der Hallensprecher den Vornamen ruft und die Fans den Nachnamen - das ist großartig.
SPOX: Was war denn die beeindruckendste Kulisse, vor der Sie je gespielt haben?
Causeur: Ich denke, das war Panathinaikos, während der Euroleague-Playoffs. Die Leute dort sind verrückt. Sie haben irgendwann angefangen, Dinge auf unsere Bank zu werfen und haben uns durchgehend angeschrien. Als wir sie besiegt haben, waren sie natürlich noch wütender, was etwas beängstigend war. Auch die Kulisse bei Galatasaray oder Roter Stern Belgrad ist speziell. Aber ich bin mir sicher: Auch hier in Bamberg ist es für die Gegner sehr schwer zu spielen - weil viele Spieler es nicht kennen, dass die Fans so nah am Feld sind und über die vollen 40 Minuten Gas geben.
SPOX: Sie sind direkt mit drei Blowout-Siegen in die BBL-Saison gestartet. Haben Sie sich das Ganze so einfach vorgestellt?
Causeur: Es war nicht immer einfach. Wir haben gemerkt, dass wir besonders dann gut sind, wenn wir das Tempo anziehen. Dann funktioniert unser Spacing besser und vor allem unser Ball Movement. So entstanden viele offene Würfe, die dann reingingen. Aber wir dürfen die ersten Spiele nicht überbewerten. Es ist eine lange Saison mit 64 Spielen allein in der Regular Season, wenn man BBL und Euroleague zusammenzählt.
Euroleague-Power-Ranking: Bamberg im Türken-Sandwich
SPOX: Mit Vitoria haben Sie es letzte Saison ins Euroleague Final Four geschafft. Was ist das Ziel dieses Jahr mit Bamberg?
Causeur: Wir wollen es eigentlich vermeiden, ein klares Ziel zu formulieren, eben weil die Saison so unglaublich lang ist. Da kann alles passieren. Besonders, wenn man sich den neuen Euroleague-Modus anschaut: Jedes einzelne Spiel ist unglaublich wichtig. Deshalb müssen wir schauen, dass wir uns auf alle Gegner intensiv vorbereiten. Trotzdem wollen wir es schaffen, weiter zu kommen, als letztes Jahr - was natürlich sehr schwierig ist, da Bamberg eine tolle Saison gespielt hat.
SPOX: Was denken Sie über den neuen Euroleague-Modus, durch den ja quasi eine Saison in der Saison gespielt wird?
Causeur: Es ist natürlich interessant, aber so richtig beurteilen können wir das erst nach der Saison, wenn alle Spiele gespielt sind. Grundsätzlich finde ich es aber nicht schlecht, wenn alle Mannschaften direkt aufeinander treffen - dann gibt es keine Ausreden mehr bezüglich der Gruppeneinteilung.
SPOX: Hat sich die Qualität der Euroleague über die letzten Jahre gesteigert?
Causeur: Auf jeden Fall. Wenn man sich mal die Teams anschaut, die dieses Jahr dabei sind: Es gibt überall Stars. Die besten Spieler Europas sind ausnahmslos dabei. Das heißt auch, dass es kein Spiel geben wird, das einfacher ist als das andere. Man muss jeden Abend um den Sieg kämpfen.
SPOX: Da Sie die besten Spieler Europas ansprechen: Es hat sich ein Trend entwickelt, dass in der NBA-Draft immer mehr internationale und somit auch europäische Spieler ausgewählt werden. Was bedeutet das für den Basketball hier?
Causeur: Auf der einen Seite schadet es dem europäischen Basketball natürlich, wenn Jahr für Jahr die besten Spieler in die USA abwandern. Auf der anderen Seite zeigt es aber auch, dass wir eine sehr gute Ausbildung haben, was wiederum bedeutet, dass der Basketball in Europa an Stellenwert gewinnt und immer besser wird.
SPOX: Schauen wir mal ein Jahr zurück. In einem ACB-Spiel gegen Estudiantes haben Sie 17 Punkte in einem Viertel erzielt.
Causeur: Das stimmt. Es war das erste Spiel der Saison und ich weiß noch, dass wir alle sehr aufgeregt waren und auch nervös. Dann bin ich aber schon heiß ins Spiel gestartet und habe ein paar offene Würfe getroffen. Der Rest war dann ein Selbstläufer, wenn man erstmal im Rhythmus ist.
SPOX: Gibt es ein paar Dinge, die Sie anwenden, um in solch einen Lauf zu kommen?
Causeur: In der Regel spüre ich schon beim Warm-up, ob ich gut drauf bin oder nicht. Das überträgt sich dann aufs Spiel - wenn der erste Wurf fällt hat man das Selbstvertrauen für den zweiten, und wenn der auch noch fällt... Sie wissen schon. Irgendwann ist man in einem Tunnel, in dem man das Gefühl hat, dass alles klappt. Irgendwelche speziellen Routinen habe ich aber nicht.
SPOX: Ist es für Sie ein Vorteil, dass sie Linkshänder sind?
Causeur: Wahrscheinlich schon. Aber in erster Linie sollten meine Gegner diese Frage beantworten. Oft höre ich Sie sagen: ‚Pass auf, er ist ein Linkshänder, er geht immer über links'. Doch obwohl sie das sagen, finde ich immer wieder Mittel und Wege, um links vorbeizukommen.
SPOX: Und Sie als Verteidiger? Sind Sie stärker gegen Rechts- oder Linkshänder?
Causeur: Definitiv gegen Rechtshänder! Es ist einfacher, weil man es öfter macht und die Bewegungen somit besser kennt. Das Gehirn ist gegen Linkshänder wahrscheinlich nicht in der Lage, alles umzustellen - schließlich trainiert man auch in den meisten Fällen gegen Rechtshänder.
SPOX: Gibt es Spieler, an denen Sie sich orientieren?
Causeur: Manu Ginobili. Ich verfolge seine Karriere schon, seit ich 13 oder 14 Jahre alt war. Es macht einfach Spaß, ihm zuzuschauen, er bewegt sich so schnell und trotzdem immer sehr überlegt. Auch seine Karriere bei den Spurs ist beeindruckend. Dort spielt er ja zusammen mit Tony Parker, einem guten Freund.
SPOX: Apropos Tony Parker: Sie haben oft mit ihm zusammen bei der französischen Nationalmannschaft gespielt. Können Sie diese Erfahrung beschreiben?
Causeur: Es ist unglaublich. Manchmal ist es sehr schwer, mit ihm zu spielen, weil er einfach viel zu gut ist. Dann steht man irgendwo und bekommt plötzlich den Ball ab, weil Tony Pässe in Räume spielen kann, an die andere nicht mal denken. Manchmal muss man aufpassen, dass man ihn als Mitspieler nicht einfach nur beobachtet, weil alles so spektakulär ist, was er macht.
SPOX: Was haben Sie von ihm gelernt?
Causeur: Dass man auf jedes Detail achten muss. Es gibt keine Dinge, die man einfach so machen kann. Man muss sich alles erarbeiten. Das hat er verstanden und das versuche ich auch umzusetzen.
SPOX: Was wissen Sie über die Wein-Leidenschaft von Boris Diaw?
Causeur: (lacht) Boris ist so ein besonderer Mensch. Er genießt einfach jede Minute seines Lebens, und Wein oder Kaffee mag er nun einmal besonders gerne. Und auf dem Feld ist er so schlau, dass es nicht schlimm ist, wenn er deshalb mal nicht in bester Form ist. Er gleicht das mit seinem Gehirn aus.
SPOX: Sucht er auch für das gesamte Team die Getränke aus?
Causeur: Ganz genau! Wenn wir mit dem Nationalteam mal Essen waren, hatte niemand eine Ahnung, was er trinken soll. Dann hieß es immer: Wir nehmen das, was Boris nimmt. Er weiß, was gut ist.
SPOX: Zurück zu Ihnen: Nach ihrer frühen Unterschrift in Bamberg wurden Sie schnell als Nachfolger von Brad Wanamaker auserkoren. Was unterscheidet Sie Beide?
Causeur: In erster Linie ist er Rechts- und ich Linkshänder. Darüber hinaus hat er mehr auf der Eins gespielt. Dort kann ich zwar aushelfen, aber ich bin in erster Linie ein Shooting Guard. Aber ich sollte mich nicht mit ihm vergleichen. Ich versuche immer, das Beste aus meinen Möglichkeiten zu machen.
SPOX: Als sie 2012 nach Vitoria wechselten, war auch ein Spieler namens Tibor Pleiß neu dort, der vorher hier in Bamberg war. Habt ihr damals über Bamberg gesprochen?
Causeur: Klar. Ich habe ihn gefragt, wo er vorher gespielt hat. Als er dann ‚Bamberg' sagte, hatte ich ehrlich gesagt keine Ahnung, wo das ist, da ich damals noch nie gegen sie gespielt hatte. Aber er hat mir einiges erzählt. Wenn ich so drüber nachdenke, hätte ich ihn eigentlich mal anrufen können, bevor ich hierher gewechselt bin. (lacht)
SPOX: Auf Ihrem Twitter-Account sind viele spanische Nachrichten zu lesen. Wann wird es die ersten auf Deutsch geben?
Causeur: Puh. Das ist sehr schwer. Spanisch und Französisch sind sehr ähnlich, weshalb es leicht für mich war, es zu lernen. Das kann man von Deutsch nicht gerade behaupten. Aber: Meine Freundin fängt bald an, Deutsch-Kurse zu besuchen. Wenn es geht, werde ich mal mitkommen.
SPOX: Wie funktioniert die Kommunikation im Team?
Causeur: Natürlich reden wir hauptsächlich Englisch. Aber durch den Coach und die italienischen Spieler frage ich mich manchmal: Bin ich in Italien gelandet? (lacht)
SPOX: Nach Frankreich und Spanien ist Deutschland ihr drittes Land, in dem Sie als Profi spielen. Können sie die basketballerischen Unterschiede in den jeweiligen Nationen beschreiben?
Causeur: In Spanien wird sehr viel Wert auf die Qualität des Spiels gelegt, auf die Technik und Taktik. In Frankreich hingegen steht oft die Athletik im Fokus. Hier in Deutschland ist es eine Mischung aus beidem. Es gibt - allein durch die zahlreichen Amerikaner - sehr viel Athletik in den Teams. Trotzdem wird darauf geachtet, dass guter Basketball gespielt wird und es nicht nur darauf ankommt, wer am schnellsten den Court hoch- und runterläuft.
Fabien Causeur im Steckbrief