SPOX: Herr Goc, im Gegensatz zu vielen anderen Spielern, die nach dem NHL-Aus angeschlagen oder müde die WM-Teilnahme abgesagt haben, sind Sie dabei. Warum kam für Sie eine Absage nie infrage nach dem bitteren Aus mit den Panthers?
Marcel Goc: Erst mal habe ich keine Verletzungen, ich bin fit. Klar ist es schade, dass wir draußen sind, aber Köbi hat mich während der Saison bei seiner USA-Reise gefragt, ob ich spielen würde und ich habe ihm gesagt, dass das keine Frage für mich ist. Wenn ich dabei sein kann, bin ich immer sehr gerne dabei.
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SPOX: Dennoch: Das Aus war so enttäuschend. Sie haben mit Florida 3-2 gegen New Jersey geführt und dann Spiel 6 und 7 in der Overtime verloren. Wie schnell kann man da den Schalter auf eine WM umlegen?
Goc: Ich muss schon noch ein bisschen an das Ausscheiden denken. Das sitzt schon tief. Aber jetzt bin ich in Schweden angekommen und jetzt geht's hier los. Ich kann mit meinem Bruder Niki zusammenspielen, das ist super. Und wenn ich zum ersten Mal mit den Jungs trainiert habe, macht es auch wieder Spaß. Für zwei Wochen ist die NHL während der WM dann vergessen.
SPOX: Lassen Sie uns dennoch einen Moment bei der NHL bleiben. Wer ist denn Ihr Favorit auf den Stanley-Cup-Triumph?
Goc: Ich denke, dass der Sieger der Blues-Kings-Serie im Westen der Favorit ist. Im Osten ist es schwierig. Philadelphia ist einerseits schwer zu schlagen und hat Pittsburgh rausgenommen, aber andererseits haben die Flyers gegen die Pens in einem Spiel auch 10 Tore bekommen. Und die Devils haben auch gezeigt, dass sie Philly schlagen können. Es ist extrem ausgeglichen. Schwer zu sagen, wer sich da am Ende durchsetzt.
SPOX: Für Sie ist es in dieser Saison persönlich sehr gut gelaufen. Mit einer Ausnahme. Stichwort: Gehirnerschütterung.
Goc: Das war eine ganz blöde Situation. Ich bin im ersten Drittel zum Wechsel gefahren, der Andere hat mich auch nicht gesehen und auf einmal hat es gescheppert. Ich habe das Spiel dann sogar noch zu Ende gespielt, aber danach habe ich mich komisch gefühlt. Mir war schwindelig, ich hatte Kopfschmerzen - die ganzen Symptome, die man bei Gehirnerschütterungen so kennt. Als ich am nächsten Morgen aufgewacht bin, waren die Symptome immer noch da. Also bin ich zum Doc gegangen.
SPOX: Und dann waren sie fast zwei Monate raus.
Goc: Am Anfang habe ich gedacht, es würde vielleicht ein paar Tage, vielleicht eine Woche dauern. Und dann ist es doch viel länger geworden. Das war ziemlich frustrierend. Vor allem, weil du ja einfach nichts machen kannst. In der ersten Woche ist es noch okay, weil du dir sagst: 'Okay, du hast eine Gehirnerschütterung und musst halt pausieren.' Aber wenn du dann denkst, es müsste doch jetzt eigentlich mal besser werden, das wird es aber nicht, dann wirst du echt frustriert als Spieler.
SPOX: Bekommt man sogar ein bisschen Angst? Gerade wenn man dran denkt, wie lange Sidney Crosby ausgefallen ist. Es gibt ja unzählige Beispiele.
Goc: Ja, ich habe mir schon Gedanken gemacht. Als es zwischendurch besser wurde, habe ich versucht, mit Fahrradtraining wieder ein bisschen was zu machen, dann kamen die Symptome aber wieder zurück. Dann kannst du wieder ein paar Tage überhaupt nichts machen. Da schießen einem schon so einige Gedanken in den Kopf. Man sollte vielleicht nicht darüber nachdenken, aber man tut es dann trotzdem. Ich musste zum Beispiel an einige Fälle von Mitspielern bei den Nashville Predators denken. Matthew Lombardi hat in der Saison 2010-11 im zweiten Spiel eine Gehirnerschütterung erlitten und war dann das komplette Jahr weg. Ich habe einfach nur gehofft, dass es bei mir nicht so ist. Zum Glück war es dann auch nicht so.
SPOX: Gehirnerschütterungen bleiben ein riesiges Thema. In den Playoffs gab es zum Beispiel den brutalen Hit von Raffi Torres gegen Marian Hossa. Die NHL hat Torres für 25 Spiele gesperrt. Haben die Spieler untereinander zu wenig Respekt voreinander?
Goc: Ich denke, dass die Liga in dieser Saison einen guten Job gemacht hat mit den Strafen, die sie ausgesprochen hat. Brendan Shanahan erklärt das in den Videos auf der NHL-Homepage eigentlich ganz gut. Ich finde schon, dass der Respekt da ist. Man kann solche Situationen leider nie ganz verhindern, man sollte aber danach schauen, dass diese Checks aus dem toten Winkel aus dem Spiel genommen werden. Wenn ich einen Gegenspieler in die Bande fahre, kann ich das tun, aber ich muss ja nicht brutal bis zum letzten Tick durchziehen und voll drauf gehen. Und solche Jungs wie Torres, die Wiederholungstäter sind, müssen hart bestraft werden. Beim nächsten Mal wird er jetzt ein bisschen vorsichtiger sein.
SPOX: Offensiv waren Sie wohl noch nie so stark wie momentan. 25 Scorerpunkte in den letzten 40 Spielen, dazu 5 Scorerpunkte in den 7 Playoff-Spielen, es läuft richtig gut.
Goc: Das stimmt. Für mich ist es in dieser Saison wirklich gut gelaufen, ich habe viel Eiszeit bekommen. Es macht schon einen Unterschied, wenn man einen Trainer hat, der einem Vertrauen schenkt und immer wieder aufs Eis schickt. Und der einen nach einem kleinen Fehler nicht sofort auf der Bank sitzen lässt. Aber nicht nur für mich persönlich war es eine tolle Saison, die ganze Mannschaft hat gut gespielt. Niemand hatte uns auf dem Zettel und hätte gedacht, dass wir die Playoffs erreichen. Jetzt hätten wir fast noch die Devils rausgeschmissen. Insgesamt können wir ganz zufrieden sein.
SPOX: Wie ist es denn generell, in Florida Eishockey zu spielen? Sie sind ja "Experte" darin, in Shorts zum Training zu kommen. Sie haben in Kalifornien gespielt, jetzt spielen Sie in Florida.
Goc: (lacht) Es ist recht ähnlich. In Florida ist es vom Wetter her sogar noch ein bisschen besser. San Jose, Florida und auch Nashville haben eines gemeinsam: es sind keine klassischen Eishockey-Städte, wie sie es in Kanada gibt, wo dich dann jeder auf der Straße erkennt. In Florida versuchen sie gerade wieder, Eishockey zu pushen und eine Fan-Base aufzubauen. In dieser Saison hat das bei unserem Erfolg ganz gut funktioniert.
SPOX: Wie sehr ist eigentlich noch die traumhafte Heim-WM 2010 präsent? Haben Sie da auch in Florida noch manchmal dran gedacht?
Goc: Ich denke hin und wieder noch dran. Ich spiele ja bei den Panthers mit Marco Sturm zusammen, wir haben öfter mal darüber gesprochen. Wenn ich mit Alexander Sulzer telefoniere, kommt das Thema auch immer wieder mal zur Sprache. Es sind so tolle Erinnerungen. Aber jetzt geht es wieder von Null los. Wir müssen schauen, dass wir einen guten Start ins Turnier erwischen.
SPOX: Die Vorbereitung ist fast schon beängstigend gut gelaufen. Das DEB-Team hat gegen teils starke Gegner nach 60 Minuten kein einziges Spiel verloren. Erreicht man wie 2011 wieder das Viertelfinale, würde das auch die Quali für Sotschi 2014 bedeuten. Alles andere als das Viertelfinale wäre eine Enttäuschung, oder?
Goc: Wir müssen mal sehen, wie das Turnier läuft. Wir haben das Viertelfinale im Fokus, aber wir müssen aufpassen, dass wir am Anfang nicht mit zu hohen Erwartungen in die WM gehen. Wir müssen von Spiel zu Spiel schauen, so abgedroschen es auch klingt. Wir dürfen nicht denken, dass wir gegen Italien zum Auftakt den Sieg schon in der Tasche haben. Wir müssen in das Spiel reingehen, als ob es gegen Russland ginge. Als ob es ein Viertelfinale gegen die Schweiz wäre. Ein guter Start ist extrem wichtig.
SPOX: Mit 17 haben Sie bei der Heim-WM 2001 Ihr Debüt gefeiert, jetzt sind seitdem schon elf Jahre vergangen. Die Zeit fliegt.
Goc: Es ist wirklich Wahnsinn, wie schnell die Zeit vergeht. Bei der WM 2010 musste ich schon dran denken, wie ich 2001 zum ersten Mal dabei war. Zack, schon sind neun Jahre vergangen und die WM ist wieder in Deutschland. Man muss versuchen, den Moment zu genießen und Spaß zu haben, auch wenn es manchmal schwer ist. Man weiß nie, was kommt.
SPOX: Abschließend Ihr WM-Favorit...
Goc: Die Schweden und Finnen sind als Gastgeber auf jeden Fall ganz vorne dabei. Aber Kanada und Russland muss man ja auch immer dazuzählen. Ich glaube nicht, dass es eine Mannschaft gibt, die man schlagen muss und dann ist man Weltmeister. Es gibt wieder mehrere Kandidaten, die den Titel holen können. Das macht es ja so interessant.
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