Die negativen Schlagzeilen
Ferrari kann es nicht lassen
Teamorder ja oder nein? Es ist ein Frage der Philosophie, für Formel-1-Verhältnisse fast schon eine Glaubensfrage. Ferrari wendet sie ungeniert an, Michael Schumacher befürwortet sie ebenso ungeniert. Ihr Argument: Formel 1 ist ein Teamsport und es geht um zu viel, als dass man Rennsportromantik über Erfolgsmaximierung stellen dürfte.
Das sehen zum Glück - wie in den positiven Schlagzeilen betont - andere Teams ganz anders. Wir auch, deshalb sind wir froh, das Ferraris Teamorder in Hockenheim, als die Scuderia Felipe Massa die Chance auf den Sieg wegnahm und Fernando Alonso sieben WM-Punkte schenkte, nicht die WM entschieden hat. Wir halten es mit Red-Bull-Boss Dietrich Mateschitz und sagen: Lieber fair verlieren als unfair gewinnen.
Silberpfeile fliegen nicht
Der Hype um das deutsche Nationalteam war vor der Saison riesig. Mercedes kaufte Weltmeister Brawn GP, holte Rekordchampion Michael Schumacher zurück und stellte ihm auch noch das gefeierte Talent Nico Rosberg an die Seite. Was sollte dabei anderes herauskommen als der WM-Titel? Oder zumindest der Kampf darum? Oder zumindest ein Rennsieg? Oder zumindest der Kampf um einen Rennsieg? Eine Pole-Position vielleicht?
Nichts davon hat Mercedes geschafft. Stattdessen gab es lange Gesichter und die frühe Erkenntnis, dass es mit dem Blitzstart des Silberpfeil-Projekts nicht klappen würde. Merkwürdig, dass es dann am besten lief, als Mercedes die Entwicklung an F-Schacht, Diffusor und Co. schon lange eingestellt hatte. Auch bei Michael Schumacher übrigens, der nach ein paar guten Rennen zu Beginn erst am Ende wieder in Schwung kam. Wirklich glänzen konnte bei den Silbernen nur Nico Rosberg. Er wirkte zwischendurch aber auch am meisten frustriert, weil er nach Jahren der Mittelmäßigkeit bei Williams endlich durchstarten wollte. Na ja, nächstes Jahr vielleicht.
Was soll der ganze Firlefanz?
2009 hat uns die Formel 1 mit dem Doppel-Diffusor belästigt, dessen Funktion nur die Technik-Freaks bis ins Detail verstanden haben - und das auch nur mit Hilfe von Schaubildern. Dieses Jahr lauteten die Unworte F-Schacht und - noch viel schlimmer - angeblasener Diffusor. Technische Details sparen wir uns an dieser Stelle. Nur soviel: Das eine machte die Autos auf den Geraden schneller, das andere sorgte in Kurven für mehr Bodenhaftung.
Zum Glück wird beides für die kommende Saison abgeschafft, denn der Anteil der Fans, die sich wirklich für derartigen Firlefanz begeistern können, ist sehr gering. Und wenn doch, dann können sie sich in den Technikkolumnen unseres mySPOX-Users Manül bestens informieren.
Alle anderen wollen Racing sehen, Überholmanöver und spannende WM-Entscheidungen. Natürlich wollen und sollen die Ingenieure bei der Entwicklung der Autos ans Limit gehen, dafür sind sie ja in der Königsklasse. Aber die FIA muss es endlich mal schaffen, ihre unzähligen Lücken im Reglement so zu schließen, dass Auswüchse wie F-Schacht und angeblasener Diffusor gar nicht erst möglich sind.
Und vor allem soll sie nicht diesen Firlefanz verbieten und gleichzeitig einen verstellbaren Heckflügel planen, mit dem man per Knopfdruck überholen kann. Das versteht technisch wieder niemand und es wertet außerdem das Racing ab.
Der alte Mann und seine Hunde
Glückwunsch nachträglich zum 80. Geburtstag, Bernie Ecclestone! Zur Feier seines Wiegenfestes gab es eine Gehhilfe und Viagra als Geschenk, das sich im Umgang mit seiner nicht einmal halb so alten Lebensgefährtin eventuell noch einmal als nützlich erweisen könnte.
Nun stellt sich natürlich die Frage, ob Ecclestone mit 80 nicht auch langsam reif für die Rente wäre. Nein, sagt er und betont, auch zukünftig seine Hunde an der kurzen Leine halten zu wollen. Sprich, die Teams, mit denen er sich quasi im Dauerstreit - meistens wegen des Geldes - befindet, werden ihn noch ein bisschen ertragen müssen.
Ebenso wie die Medien, die er auch in diesem Jahr immer mal wieder mit seinen hochgradig fragwürdigen Lobeshymnen auf Adolf Hitler und Saddam Hussein irritiert hat.
HRT, oje, oje...
Zum Schluss ein Fazit zu den drei neuen Teams Lotus, Virgin und HRT. Bernie Ecclestone nennt sie alle "Krüppel" und will sie am liebsten sofort loswerden. Wir sehen das ein bisschen differenzierter.
Lotus hat sich durchaus etabliert, wenn auch der positive Trend zur Saisonmitte, als im Qualifying nicht einmal mehr 1,5 Sekunden auf die etablierten Teams gefehlt haben, hinten raus nicht fortgesetzt werden konnte. Lotus hat zumindest Potenzial für die kommenden Jahre. Virgin seit dem Einstieg des russischen Investors Marussia auch. Nicht zuletzt dank Timo Glock, der das Auto vor allem in der Quali, aber auch in einigen Rennen weit über dem Limit bewegt und somit Lotus Paroli geboten hat.
Bleibt noch HRT, das große Sorgenkind. 15 Mal fuhren HRT-Piloten die beiden langsamsten Zeiten in der Quali. Der geringste Rückstand auf die Spitze betrug 4,3 Sekunden. Der höchste unter regulären Bedingungen blieb in Brasilien nur knapp unter zehn Sekunden. Dazu die ständigen Fahrer-Rochaden zwischen Bruno Senna, Karun Chandhok, Sakon Yamamoto und Christian Klien. Wer immer ein paar Dollar zusammenkratzen konnte, durfte fahren. Unter solchen Bedingungen kann man kein Team nach vorne bringen. Jetzt ist auch noch der Deal mit Toyota geplatzt, auf technischer Ebene zu kooperieren, was sportlich einen Schub hätte geben können. Es sieht trotz zukünftiger Unterstützung durch Williams nicht gut aus für die Spanier. Und ganz ehrlich: In der Form dieses Jahres würde das Team niemand vermissen.
Endstand in der Fahrer- und Konstrukteurs-WM