Sebastian Vettel hat nach der Niederlage im Qualifying gegen Lewis Hamilton im Rennen den Spieß umgedreht und souverän seinen zehnten Saisonsieg eingefahren. Hamilton wurde nach hartem Kampf gegen Mark Webber mit zwölf Sekunden Rückstand Zweiter.
Dank der Plätze eins für Vettel und drei für Webber ist Red Bull mit 558 Punkten vorzeitig Konstrukteurs-Weltmeister. McLaren (418) kann nach den Plätzen zwei für Hamilton und vier für Jenson Button in den übrigen drei Rennen den Rückstand nun auch rechnerisch nicht mehr aufholen.
Red Bull macht Korea-Debakel 2010 vergessen
"Wir sind alle sehr stolz, dass wir schon hier die Konstrukteurs-WM entscheiden konnten. Jetzt ist der Korea-GP aus dem letzten Jahr vergessen", spielte Red-Bull-Motorsportchef Helmut Marko auf Vettels Motorschaden 2010 an, der ihn im Titelkampf weit zurückgeworfen hatte.
Die Entscheidung zu Vettels Gunsten fiel schon in der ersten Runde. Nach gutem Start legte sich der Weltmeister Hamilton in Kurve vier zurecht und ging in Führung. Danach fuhr er den Sieg überlegen nach Hause.
Vettel "total aus dem Häuschen"
"Ich bin total aus dem Häuschen. Ich dachte mir schon, dass wir eine gute Chance haben würden, aber dass es so gut ausgeht, das hätte sich im Team niemand erträumt. Es hat richtig viel Spaß gemacht", sagte Vettel.
Hamilton konnte mit dem hart erkämpften zweiten Rang gegen Webber leben: "So schlecht ist das Ergebnis nicht. Verglichen mit meinen letzten Rennen war das ein gutes Wochenende. Aber Red Bull war im Rennen unglaublich schnell. Ich hatte am Anfang keine Chance, mit Sebastian mitzuhalten. Später habe ich dann sehr mit Untersteuern gekämpft."
Webber hatte gemischte Gefühle: "Für mich gab es heute viel Positives, auch wenn ich jetzt erst einmal über den dritten Platz enttäuscht bin. Wir haben beim zweiten Boxenstopp das Schlechteste getan, was wir machen konnten. Wir haben nicht eine Runde vor oder eine Runde nach Lewis gestoppt, wir waren in der gleichen Runde drin. Das ist enttäuschend, denn wir hatten den Speed, um uns von Lewis abzusetzen, wenn wir einmal vor ihm gewesen wären. So war es aber ein guter Kampf."
Petrow reißt Schumacher aus dem Rennen
Vettel ließ sich auch von ein paar Regentropfen in den ersten Runden und einer Safety-Car-Phase nicht aus dem Konzept bringen. Die wurde ausgelöst, nachdem sich Witali Petrow verbremst hatte und Michael Schumacher ins Heck gerauscht war. Das Aus für den Mercedes-Piloten.
"Witali war bis jetzt ein super Sportsmann und das ist er auch nach wie vor. Solche Dinge passieren", sagte Schumacher in einer ersten Stellungnahme. "Wir sind alle Menschen und machen halt Fehler. Unsere ersten beiden Zusammenkünfte waren eher mir zuzuschreiben, denke ich. Diese Begegnung geht indes auf seine Kappe. Das gehört dazu."
Die Rennleitung war weniger nachsichtig, sie brummte Petrow eine Strafversetzung um fünf Startplätze beim nächsten Rennen in Indien auf.
Für Schumachers Kollegen Nico Rosberg lief das Rennen auch nicht nach Wunsch. Zwischenzeitlich lag er auf Rang fünf, doch danach fiel er zurück und musste in der letzten Runde sogar noch Platz sieben als Jaime Alguersuari im Toro Rosso abgeben.
Adrian Sutil verpasste im Force India als Elfter knapp die Punkteränge. Timo Glock belegte im Virgin Rang 18.
Schlüsselszenen des Rennens:
Vor den Start: Das Wetter ist innerhalb der letzten Stunde rasant umgeschlagen. Der Wind hat aufgefrischt, Wolken sind aufgezogen. Sogar einige Regentropfen kommen runter.
Start: Vettel kommt von der dreckigen Seite gut weg und kann Platz zwei in der ersten Kurve verteidigen. Auch auf der langen Geraden verteidigt er Platz zwei hinter Hamilton. Vor Kurve vier setzt er sich aus dem Windschatten heraus innen neben Hamilton und bremst ihn aus. Das ist die Führung. Dahinter verliert Button einige Plätze, weil er hinter Massa eingeklemmt ist. Webber schiebt sich vor beide Ferraris auf Platz drei. Schumacher ist schon Zehnter, Rosberg hat Rang sieben gehalten.
Runde 16: Crash zwischen Schumacher und Petrow! Petrow bremst im Zweikampf mit Alonso hinter Schumacher deutlich zu spät und rutscht dem hilflosen Mercedes-Piloten ins Heck. Das Aus für den Deutschen, Petrow gibt mit zerstörter Nase und wohl auch kaputter Radaufhängung in der Box auf. Das Safety-Car kommt raus. Damit ist Vettels Vorsprung dahin. Er war direkt vor dem Zwischenfall an der Box und hat sich entgegen des ursprünglichen Plans wieder für superweiche Reifen entschieden. Die gingen im ersten Stint überraschend gut und haben auch lange gehalten.
Runde 28: Rosberg verbremst sich im Kampf mit Massa am Ende der langen Gegengeraden und muss den Brasilianer passieren lassen. Auch Alonso zieht gleich mit. Beide Ferraris sind am Mercedes vorbei. Rosberg kommt direkt an die Box und holt nach dem Verbremser neue Reifen. An der Spitze kommt Vettel nicht von Hamilton und Webber weg.
Runde 35: Hamilton und Webber stoppen gleichzeitig zum zweiten Mal und kämpfen danach hart gegeneinander. Nach einem Fehler von Hamilton ist Webber kurz vorbei, doch der McLaren-Pilot kontert direkt danach.
Ziel: Vettel bringt den Sieg souverän nach Hause. Dahinter haben sich Hamilton und Webber fast das halbe Rennen lang hart bekämpft, aber Hamilton kann Platz zwei behaupten. Rosberg verliert in der letzten Runde noch Platz sieben an Alguersuari.
Mann des Rennens: Jaime Alguersuari. Im Schatten des wieder einmal überragend starken Vettel fuhr Alguersuari ein sehr auffälliges Rennen. Aufgrund seiner späten Boxenstopps tauchte er im Toro Rosso sogar einige Runden lang in Podiums-Regionen auf. Am Ende machte er erfolgreich Druck auf Rosberg im Mercedes und fuhr als Siebter eminent wichtige Punkte in der Konstrukteurs-WM nach Hause. Denn da kämpft Toro Rosso noch gegen Force India und Sauber. Eine Bewerbungsfahrt für ein Cockpit im kommenden Jahr.
Flop des Rennens: Witali Petrow. Ganz große sportliche Verlierer gab es in Südkorea eigentlich nicht. Daher fällt die Wahl auf den Mann, der durch einen kapitalen Verbremser Michael Schumacher aus dem Rennen gerissen hat. Petrow war im Zweikampf mit Alonso vielleicht so auf den Rückspiegel konzentriert, dass er den Bremspunkt total verpasst hat. Schumacher hatte mit dem Duell eigentlich gar nichts zu tun, aber er ist unglücklich im Weg. Solche Rennunfälle passieren, aber für Schumacher war es schade, denn er lag zu dem Zeitpunkt gut im Rennen.
Manöver des Rennens: Webber-Angriff auf Hamilton. In Runde 35 liefern sich die beiden ein Duell auf höchstem Niveau. Webber nutzt einen leichten Verbremser von Hamilton in Kurve vier aus und überrumpelt den McLaren-Piloten zwei Kurven später. Er kommt aber dadurch schlechter aus der engen Ecke raus und Hamilton beschleunigt den Red Bull bergauf aus. Beide sind vor der folgenden schnellen Rechtskurve nebeneinander, Hamilton bleibt aber außen mutig auf dem Gas stehen und holt sich seinen Platz wieder zurück. Tolles und vor allem faires Racing.
Analyse: Der Südkorea-GP hat alle Prognosen, die vorher gemacht wurden, widerlegt. Die Sonne sollte am Sonntag scheinen, sie tat es nicht. Im Gegenteil. Zu Rennbeginn fielen sogar ein paar Regentropfen.
Viel weiter daneben lagen aber die Prognosen bezüglich der Reifen. Pirelli selbst rechnete mit Dreistopp-Strategien, sogar von vier oder fünf Stopps war im Vorfeld die Rede. Es wurden bei den Top-Fahrern zwei Stopps, die weichen Reifen haben viel länger gehalten als gedacht. Damit hat sich die mutige Herangehensweise von Pirelli ausgezahlt, mit Supersoft und Soft anzureisen.
McLaren hat beim 700. Rennen des Teams zwar die Pole-Serie von Red Bull unterbrochen, aber der wichtigere Rennsieg ging wieder einmal an Vettel. Im Gegensatz zu früheren Grands Prix waren die Bullen diesmal im Rennen stärker als im Qualifying. Der Gewinn der Konstrukteurs-WM ist so etwas wie der verdiente Lohn dafür.
Im Mittelfeld spitzt sich der Kampf um Platz sechs der Konstrukteurs-WM zu. Toro Rosso (37) hat durch die Plätze sieben und neun für Alguersuari und Buemi Boden auf Force India (49) und Sauber (40) gutgemacht. Zwischen den drei Teams geht es um wertvolle Millionen für die kommende Saison.