In der Folge war die FIA zwar Inhaber der kommerziellen Rechte, verlieh diese aber an die FOCA. So konnte der "kleine Mistkerl", wie sich Ecclestone selbst einmal bezeichnete, die Fernsehübertragungsrechte verwalten und an die Europäische Rundfunkunion vermieten.
Diese übertrug nun alle Rennen live, was die Formel 1 wiederum für Sponsoren attraktiv machte und Geld in die Kassen der Teams spülte - und in die von Bernard Charles Ecclestone. Endlich wurde die Formel 1 zu einer Weltmarke ganz nach dem Geschmack des "Architekten der Formel 1".
Als Balestre geschlagen war, sorgte Ecclestone schließlich dafür, dass Mosley 1993 zum neuen FIA-Präsidenten gewählt wurde. Damit hatte er sich aller mächtigen Gegenspieler im Formel-1-Kosmos entledigt und seinen engsten Verbündeten als direkten Komplizen an seiner Seite. Ecclestone selbst beschrieb die Zusammenarbeit mit Mosley mit klaren Worten: "Wir sind nicht so etwas wie die Mafia, wir sind die Mafia."
Erst im Jahre 2009 endete die Zusammenarbeit der beiden Freunde. Als Mosley in einen Sexskandal verwickelt wurde, legte dieser sein Amt nieder. Kurios: Ecclestone war einer der Ersten, der den Rücktritt des FIA-Präsidenten forderte. "Er sollte aus Verantwortungsbewusstsein gegenüber den Institutionen, die er vertritt, zurücktreten", sagte er damals im Daily Telegraph: "Jeder, mit dem ich gesprochen habe, hat mich aufgefordert, Max zu sagen, dass er gehen sollte."
Macht geht vor Freundschaft
Mosley beging aus Sicht Ecclestones einen großen Fehler: Er forderte kurz vor dem Skandal eine Budgetbeschränkung für die Formel-1-Teams sowie eine gerechtere Geldverteilung. Damit stellte er sich gegen den Impresario. Für einen Mann, dem sich alle unterordnen müssen, ein wohl unverzeihbares Vergehen, das Konsequenzen nach sich ziehen musste - ungeachtet einer Jahrzehnten langen Freundschaft.
Ecclestone ist hart zu demjenigen, der ihm im Weg steht und verwöhnt diejenigen, von denen er etwas will - auch wenn er diese Menschen im selben Augenblick verachtet. "Die sind doch wie Geier, habgierig", soll er einmal gesagt haben: "Die fressen mich auf."Und doch kokettierte der mehrfache Milliardär stets mit seinem Vermögen und der Bedeutung von Geld, welches er als die wahre Weltreligion ansieht: "Ich bin der Beste. Ich kann mir jeden Menschen kaufen, jeden da draußen. Für Geld machen die alles!"
Da passt es nur ins Bild, dass sich der damalige Formel-1-Boss 2014 vor dem Münchner Landgericht wegen Bestechung und Anstiftung zur Untreue in besonders schwerem Fall verantworten musste. Das Verfahren wurde nach einer Zahlung von rund 75 Millionen Euro eingestellt.
Ecclestone schießt sich ins Abseits
Mittlerweile handelte der weißhäuptige Mann mit der großen runden Brille eben nicht mehr mit Brötchen, sondern mit Millionen von Euro und avancierte zum Chef-Promoter der Formel 1. Und doch hat Ecclestone in den vergangenen Jahren Stück für Stück an Macht verloren. Die Verantwortlichen hörten nicht mehr widerstandslos auf ihren Boss, zu isoliert war der heute 86-Jährige im großen Zirkus des Motorsports.
Als dann das US-Medienimperium Liberty Media 2016 mit der Übernahme der Formel 1 begann, war klar: Ecclestones Tage als Regent sind gezählt. Zu oft wurde ihm in der jüngeren Vergangenheit der Rücktritt nahegelegt. Zu wenig öffnete er sich der Gegenwart. Das Internet war für ihn bis zuletzt eine Spielerei, wirtschaftlichen Nutzen sah er darin nicht.
Auch Ecclestones Ideen für die Zukunft der Formel 1 lösten in regelmäßigen Abständen bestenfalls Gelächter aus. Ein Auszug aus dem facettenreichen Ideenregister: künstlicher Regen für spannendere Rennen, eine Formel 1 nur für Frauen oder eine gleiche Punkteverteilung für Qualifying und Rennen, in denen der Polesetter von Platz zwölf starten sollte.
Auch das Aussterben traditionsreicher Grand-Prix-Strecken wird dem jahrelangem Strippenzieher zur Last gelegt. Für ihn zähle nur sein eigenes Geld, die finanziellen Probleme anderer Parteien seien ihm egal.
Trotzdem bekam Ecclestone auch immer wieder Unterstützung. "Die Formel 1 braucht ihn in diesen schwierigen Zeiten mehr als jemals zuvor", sagte etwa Red-Bull-Teamchef Christian Horner der DPA noch 2014: "Es gibt einige Teams, die zu kämpfen haben. Es gibt einige Promoter, die zu kämpfen haben. Bernie ist einer, der alles zusammenhält." Er allein habe "die Formel 1 aufgebaut und zu dem Business gemacht, das sie heute ist."
"Ich wurde abgesetzt. Bin einfach weg."
Ecclestone selbst sah seine Karriere ohnehin lange noch nicht am Ende. "Rente ist nichts für mich", betonte er stets. Doch die Zeiten haben sich geändert. Liberty Media macht bei seiner Umstrukturierung auch vor dem "Paten" kein Halt und setzte ihn zunehmend unter Druck, seinen Posten zu räumen.
"Ich wurde heute abgesetzt. Bin einfach weg. Das ist offiziell. Ich führe die Firma nicht mehr", bestätigte Ecclestone dann am Montag gegenüber auto, motor und sport. Ein Novum für den ewigen Macher: Zum ersten Mal in seiner Karriere musste er das tun, was andere von ihm verlangten.
Das einzige, was ihm nun bleibt, ist das Amt des Ehrenpräsidenten der Formel 1. Für den fast-ewigen Zampano wohl eine Schmach: "Meine neue Position ist jetzt so ein amerikanischer Ausdruck. Eine Art Ehrenpräsident. Ich führe diesen Titel ohne zu wissen, was er bedeutet."
Der Formel-1-Kalender 2017 im Überblick