Mick Schumacher fröstelte im kalten, englischen Winter, aber er grinste breit. Mit dem silbernen Stern auf der Brust lief er durch seine neue sportliche Heimat in Brackley, posierte vor dem Silberpfeil, es folgte ein kräftiger Händedruck von Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff - und die Vertragsunterschrift, die einiges verändert.
"Ich betrachte das als eine Art Neuanfang", sagte Schumacher. Der Job als Ersatzpilot bei Mercedes sichert nach dem Aus beim Haas-Rennstall zunächst einmal seine Zukunft in der Formel 1, er könnte allerdings auch ganz neue Möglichkeiten eröffnen. Und die Chancen auf eine Rückkehr als Stammpilot deutlich erhöhen.
So ist Rekordweltmeister Lewis Hamilton künftig Schumachers Teamkollege, der Silberpfeil sein Dienstwagen, und ohnehin weiß man bei Mercedes ja, wie Erfolge entstehen. Sieben WM-Titel in Serie von 2014 bis 2020 belegen das recht eindrucksvoll.
Das Umfeld sei "sehr wettbewerbsintensiv und professionell", sagte Schumacher am Donnerstag: "Mich hier weiterentwickeln zu können, ist sehr speziell. Es wird ein langes Jahr mit sehr viel Arbeit."
Schumacher wird bei jedem Rennen vor Ort sein
Am 5. März beginnt die Saison in Bahrain, Schumacher wird dann bei jedem Rennen vor Ort sein und als Reservepilot für Hamilton und George Russell bereitstehen. Auch bei den Mercedes-Kundenteams winken Einsätze. Zudem wartet viel Simulatorzeit auf den 23-Jährigen, Schumacher soll bei der Entwicklung des W14 helfen.
Vom kleinsten Team der Rennserie, chronisch langsam und finanzschwach, geht es für den Deutschen also zu einem der Branchenführer, auch der Klimawechsel ist wohl nicht zu unterschätzen: Das letzte halbe Jahr bei Haas war kein Vergnügen, Schumacher wurde hingehalten, öffentlich kritisiert und dann zum spätestmöglichen Zeitpunkt vor die Tür gesetzt. Nico Hülkenberg ersetzt ihn bei Haas.
Mercedes dagegen schlug sich schnell recht offensichtlich auf die Seite des jungen Fahrers, öffnete verbal schon einmal die Tür. Er sehe einen "intelligenten jungen Mann", sagte Motorsportchef Toto Wolff, einen guten Rennfahrer sowieso, und überhaupt: "Die Familie Schumacher hängt mit Mercedes eng zusammen."
Schon Vater Michael wurde schließlich von Mercedes aufgebaut, von 2010 bis 2012 fuhr der Rekordweltmeister dann zum Ausklang der Karriere selbst für den Stern in der Formel 1 - und half wiederum, das Siegerteam der folgenden Jahre zu formen. "Dass mein Vater hier gefahren ist, macht die Sache noch spezieller", sagt der Sohn.
Schumacher: Mercedes als Sprungbrett?
Auch für ihn kann die Rolle bei Mercedes nun ein Sprungbrett sein, selbst im Vergleich mit Ferrari ist es noch einmal ein Schritt nach vorn. Bei der Scuderia gehörte Schumacher bis zuletzt zum Förderkader, diese Zusammenarbeit endet nun.
Welche Möglichkeiten ein Mercedes-Ersatzpilot hat, zeigte in der abgelaufenen Saison Nyck de Vries: Der Niederländer sprang bei Williams ein, überzeugte auf Anhieb und hat nun ein Stammcockpit für 2023 bei AlphaTauri.
Auch Schumacher will relevant bleiben in der Formel 1, 2024 will er wieder in der Startaufstellung stehen. Künftig kann dabei auch ein anderer deutscher Autoriese eine Rolle spielen: Audi stellt ab 2026 ein Werksteam, kauft sich zuvor schon beim Traditionsrennstall Sauber ein - und will ausdrücklich mit einem deutschen Piloten an den Start gehen.