Wie Red Bull in Spielberg Regie führt

Von Johannes Mittermeier
Red Bull hat den früheren Österreichring in Spielberg zu seiner Heimat gemacht
© getty
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Der Weg vom letzten Auftritt 2003 bis zur Einweihung des Red-Bull-Rings 2011 und der Formel-1-Rückkehr 2014 war lang und steinig. Als die Königsklasse abzog, glich das einer Konsequenz aus jahrelangen Fehlentwicklungen. Die Formel 1 war zu teuer für die Steiermark geworden, Österreich für die Formel 1 zu unrentabel.

Seit 1970 wurden 26 Große Preise in Spielberg ausgetragen, zunächst auf dem alten Österreichring, einer ultraschnellen Strecke für echte Rennfahrer. Irgendwann dominierte die Gefahr. Die Strecke war zu schnell, die Fahrbahnbreite war zu gering. Zwei massive Startkarambolagen 1985 und 1987 veranlassten das Ende.

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Zehn Jahre später machte die Formel 1 wieder Station in Spielberg. Die Bahn war durch den deutschen Architekten Hermann Tilke nach einem Entwurf von Alex Wurz und dessen Vater Franz komplett umgestaltet, entschärft, verkürzt und flüssig in die Natur eingebettet worden und firmierte inzwischen als A1-Ring. Trotz des simpel wirkenden Streckenverlaufs bot Österreich oft spektakuläre Rennen, Skandale wie die Ferrari-Stallorder inklusive.

"Im Fahrerlager haben es immer alle geliebt, hierher zu kommen", erzählt Wurz, der viermal vor heimischer Kulisse antrat und 1999 Fünfter wurde. "Die österreichischen Fans lieben den Motorsport", sagt der heutige Williams-Pilot Felipe Massa.

Keiner spricht von der Formel 1

Trotzdem scheiterte die Refinanzierung. Doch das Ende des A1-Rings wurde der Anfang von Mateschitz' Vision. Der Red-Bull-Chef erwarb die Anlage und kalkulierte mit einem 700-Millionen-Euro-Projekt: Dem radikalen Umbau zu einer "Motorsport & Aviation Academy", die ein Motorsportzentrum samt Eventlocation und Themenpark beinhalten sollte.

2004 wurden die Tribünen und Boxengebäude abgerissen, um die Neukonstruktion zu starten, doch Anwohner und Umweltamt meldeten Einspruch an. Die Pläne versandeten, Racing war durch die fehlende Infrastruktur nicht mehr möglich. Zusammen mit Mateschitz wandten sich interessierte Konzerne vom Schlage BMW und VW ab.

Es dauerte bis zum Jahr 2008, bevor die Unternehmung durch landespolitische Bemühungen neu aufgerollt wurde - erneut fungierte Mateschitz als Speerspitze. Im März stellte Red Bull einen Antrag auf Reaktivierung des Kurses, unter dem Label "Projekt Spielberg" wurde eine Prüf-, Test - und Incentivestrecke geplant. Von der Formel 1 redete niemand - zumindest öffentlich.

200 Millionen Euro investiert

Die Investitionen betrugen rund 200 Millionen Euro, 70 davon flossen in den Ring, 130 in die touristische Infrastruktur. Überwiegend privatfinanziert entstanden Tribünen, Boxengasse, Medical Center und VIP-Lounge, ein 260 Meter langes Betriebsgebäude sowie die größte Offroad-Strecke Europas.

Im Mai 2011 öffnete der Red-Bull-Ring schließlich seine Pforten mit dem alten Streckenlayout. Von der Formel 1 sprach immer noch keiner, obwohl FIA-Rennleiter Charlie Whiting die Strecke als tauglich einstufte. Ein Abkommen mit den Anrainervertretern setzte zeitliche und akustische Limits, zudem waren die Besucherkontingente auf 25.000 Zuschauer pro Tag beschränkt. Viel zu wenig für Ecclestones PS-Zirkus.

Um die Formel 1 an den Red-Bull-Ring zu lotsen, bedurfte es Gespür, Geschick und ein paar Kniffen. Im Verborgenen wurden sich Mateschitz und Ecclestone über einen Vertrag bis 2020 handelseinig, eine "Umwidmung nach dem Veranstaltungsgesetz" beseitigte die bürokratischen Hürden. Grand-Prix-Gegner formierten sich vergebens: Die Formel 1 ist wieder im Lande - und die Szene wahrhaft verzückt.

"In welche Richtung geht die erste Kurve?"

"Es ist immer eine große Party gewesen, vor allem von den Leuten auf den Campingplätzen", berichtet Jenson Button. "Ich kenne die Strecke noch sehr gut aus verschiedenen Formel-Nachwuchsklassen. Sie ist wirklich cool", schwärmt Mercedes-Pilot Nico Rosberg. Teamkollege Lewis Hamilton ist mit der Piste dagegen weniger vertraut: "Ich kann mich ehrlich gesagt nicht einmal erinnern, in welche Richtung die erste Kurve geht..."

Sein Boss Niki Lauda kann sich erinnern. Der dreimalige Weltmeister ist einer von neun noch lebenden österreichischen Formel-1-Fahrern, die am Rennwochenende die Vergangenheit aufleben lassen. In den Original-Autos ihrer aktiven Zeit brausen die Legenden über den Red-Bull-Ring. Neben Lauda steigen Marko, Wurz, Dieter Quester, Hans Binder, Gerhard Berger, Karl Wendlinger, Patrick Friesacher und Christian Klien in ihre früheren Dienstwagen.

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Die Parade ist der Höhepunkt des Rahmenprogramms, das eine Flugshow, Konzerte und viel Liebe zum Detail vorsieht. Der steirische "Volks-Rock'n'Roller" Andreas Gabalier singt die Nationalhymne, die historischen Boliden sind in der Fanzone zu bewundern. "Nicht nur wir Fahrer, auch die Fans werden einen Heidenspaß haben", mutmaßt Sebastian Vettel vor seinem Quasi-Heimspiel und prophezeit: "Es wird ein Highlight des Jahres!"

Red Bull hat an alles gedacht. Am Rennwochenende sind 1000 Fahrräder bereitgestellt, um den Besuchertransfer umweltfreundlich zu gestalten. Im Vorfeld wurden ansässigen Bewohnern Verschönerungsarbeiten ihrer Vorgärten erstattet, sämtliche Gaststätten sollen mit Live-Musik aufwarten - ebenfalls bezahlt von Mateschitz. Wenn die Formel 1 kommt, verwandelt sich die Region in Red-Bull-Land. Es geht um dauerhafte Impulse für die Region Steiermark, das Örtchen Spielberg und den Global Player Red Bull.

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