Die Vorfreude auf das Comeback des Red-Bull-Rings ist riesig. "Für mich als Steirer ist es etwas ganz Besonderes, dass wir nicht nur den Ring wiederbeleben, sondern nun die Königsdisziplin zurückholen konnten", bekennt Dietrich Mateschitz. Der Red-Bull-Chef hatte das "Projekt Spielberg" über Jahre vorangetrieben - so manchem Widerstand zum Trotz.
Der simple Streckenverlauf, die malerische Umgebung, selbst die Kühe, die auf Weiden und Wäldern grasen - eigentlich passt ein Rennen vor der idyllischen Alpenkulisse nicht mehr in die Epoche des Expansionsstrebens der Formel 1. Als der Österreich-GP nach der Saison 2003 gestrichen wurde, begann Promoter Bernie Ecclestone seine ambitionierte Überseetournee in Asien.
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Die Bilanz fällt üppig aus, was Quantität und Scheckhefte anbelangt; eine Win-Win-Situation für die Fans aber stellte sich nicht immer ein. In der Türkei mochten sich die Tribünen nie füllen, in Valencia wurde letztmals 2012 gefahren, auch Korea und Indien sind vorerst aus dem Terminkalender gepurzelt.
Dafür feiert die Formel 1 ihr Comeback in der Steiermark, elf Jahre nach dem Abschied. "Das ist das Beste, was uns passieren konnte. Diese weltweite Publicity ist für Österreich unbezahlbar", strahlt Mercedes-Aufsichtsratschef Niki Lauda. Eine Extraportion Lob hat er für Initiator und Schwungrad Mateschitz parat: "Bevor er investiert hat, war hier tote Hose. Die Formel 1 ist die Krönung für sein Projekt, ganz Österreich sollte den Hut ziehen!"
74,5 Millionen Euro Wertschöpfung
Als Rückbesinnung auf die europäischen Wurzeln der Rennserie darf die Rückkehr trotzdem nicht interpretiert werden. Im Herbst reist die Formel 1 nach Russland, demnächst dürfte Aserbaidschan am Zug sein, ein Grand Prix vor der schillernden Fassade Manhattans hätte längst über die Bühne gehen sollen.
Selbst Mateschitz empfindet beim Gedanken an das Rennen auf seinem Red-Bull-Ring keine persönliche Genugtuung. "Ich wüsste nicht, was das mit der Erfüllung von Träumen zu tun hat", meint er im "Kurier". Die Formel 1 sei für Österreich wie die Steiermark bedeutsam, obendrein hätten "wir als Veranstalter ja auch einen etwaigen Verlust auszugleichen. Ich tue mir also schwer, persönliche Interessen zu finden." Tatsächlich fußt der Kraftakt zuallererst auf ökonomischen Prinzipien.Eine Studie des "International Central European Institute Vienna" (ICEI) jongliert mit günstigen Aussichten für die Steiermark. So wird die Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen im Jahr 2014 auf 74,5 Millionen Euro taxiert. Durch den Grand Prix sollen über 13 Millionen Euro zusätzliche Steuereinnahmen in die Staatskasse gespült werden. Allein am Rennwochenende werden zusätzliche Einnahmen von 34 Millionen Euro aus Eintrittspreisen, Verpflegung, Verkehr und Übernachtungen erwartet.
"Das ist die einzige Großveranstaltung des Jahres, bei der die Hotels doppelte Zimmerpreise verrechnen können", erklärt Red-Bull-Motorsportberater Helmut Marko, selbst ein Mann vom Fach. In Graz, unweit von Spielberg, betreibt er zwei Hotels. Status quo: Ausverkauft.
"Wusste, dass etwas ganz Großes entsteht"
Genau wie der Red-Bull-Ring. Die 280.000 Tickets für das Rennwochenende waren binnen 36 Stunden vergriffen. "Ab diesem Zeitpunkt wusste ich, dass etwas ganz Großes entstehen wird", sagt Marko.
In der "Kleinen Zeitung" veranschaulicht er die Verhältnisse: "Es hat sich eine nie erwartete Dynamik entwickelt. Zum Vergleich: In Deutschland, dem wirtschaftlich erfolgreichsten Land Europas, sind am Sonntag nur 50.000 Zuschauer gekommen. Obwohl dort im Umkreis von 100 Kilometern 15 Millionen Menschen leben, obwohl sie einen Vettel haben, obwohl sie Mercedes haben."
Österreich hat Red Bull. Trotzdem betrachtet Mateschitz die Zahlenkonstrukte reserviert: "Mit den Zuschauereinnahmen decke ich bestenfalls meine Organisationskosten, nicht aber die Lizenzgebühr. Die muss ich drauflegen", sagt er der hauseigenen "Speedweek". Experten schätzen, dass sich diese auf bis zu 45 Millionen Euro belaufen könnte. So oder so: Österreich darf sich auf einen Geldsegen, die Steiermark auf Nachhaltigkeit hoffen.
Laut der ICEI-Studie sichert das Formel-1-Gastspiel etwa 600 Arbeitsplätze in der Tourismus-, Freizeit- und Unterhaltungsbranche. Direkt am Ring sind etwa 200 Mitarbeiter beschäftigt, die meisten Unterkünfte gehören zum Red-Bull-Imperium.