Die Formel-1-Saison 2015 verspricht Spannung: Fünf Weltmeister, drei Deutsche, ein Haufen talentierter Neulinge. SPOX-Redakteur Alexander Maack bewertet nach jedem Grand Prix die fahrerischen Leistungen von Sebastian Vettel, Lewis Hamilton, Fernando Alonso und Co. und stellt sein persönliches Driver-Ranking auf. Teil 13: Der Singapur-GP.
Platz 1, Sebastian Vettel: Dieser Sieg kommt einem Erdbeben gleich. Nicht, weil der Deutsche jetzt mehr Siege auf dem Konto hat als Ayrton Senna. Auch nicht, weil er nach dem Blitzstart weit enteilt war. Sondern, weil er so beeindruckend war wie die besten Auftritte zu seinen Red-Bull-Weltmeister-Zeiten. Vettel spielte in Singapur mit der Konkurrenz, wie es zuletzt nur Lewis Hamilton konnte.
Makellos war das Qualifying mit fast acht Zehnteln Vorsprung auf Kimi Räikkönen, die Startphase eine Machtdemonstration, beeindruckend der zweite Stint. Nachdem Vettel und Ferrari erkannt hatten, dass Daniel Ricciardo vor dem Reifenwechsel immer mehr aufholte, bremsten sie nach der Safety-Car-Phase die Führungsgruppe aus. Wäre Bernd Mayländer nicht ein zweites Mal auf die Strecke gekommen, die Scuderia hätte den Angriff von Red Bull abgewehrt.
Platz 2, Daniel Ricciardo: Der Australier scheitert in meinem Driver-Ranking nur marginal am Tagessieg. Dass der RB11 seit den Updates in Silverstone besser geworden ist, dürfte bekannt sein. Da auch Ricciardo den Spaß wiedergefunden hat, reichte es in Singapur beinahe zum vierten Grand-Prix-Erfolg in seiner Karriere.
Dem Red Bull fehlten Sekundenbruchteile auf Ferrari, doch Ricciardo verhinderte mit einer exzellenten Runde im Qualifying die rote Startreihe 1. Dass er im Rennen keinen Harakiri-Angriff auf Führungsmann Vettel startete, sehe ich positiv. Der 26-Jährige sicherte klug 18 Punkte für den Kampf um Platz 3 der Konstrukteurs-WM.
Platz 3, Max Verstappen: Während die beiden Erstplatzierten mit Intelligenz und Speed beeindruckten, faszinierte Verstappen neben seiner Pace mit dem Mut eines echten Racers. "Löwenherz" Verstappen hatte Glück, dass er durch das Safety Car wieder in die Führungsrunde kam. Danach brillierte er und fuhr selbst den erfahrenen Gegnern um die Ohren - dabei gilt auf dem Marina Bay Street Circuit das Überholen als nahezu unmöglich.
Dass es richtig war, vor Teamkollege Carlos Sainz jr. ins Ziel zu fahren, hat Toro Rosso ja bereits erklärt. Einige mögen sich fragen, warum der Niederländer nicht für seinen verpatzten Start abgestraft wird wie Räikkönen beim Italien-GP? Die Antwort ist einfach: Der Iceman hat mittlerweile die Schuld für den Fehlstart eingeräumt. Bei Verstappen lag aber ein anderes Problem vor. Der Motor ging aus, was die Technik eigentlich verhindern müsste.
Platz 4, Lewis Hamilton: So beeindruckend wie in Monza war der Weltmeister nicht. Aber konnte er das überhaupt? Der Mercedes war in Singapur einfach nur das drittschnellste Auto. Hamilton musste den Schaden begrenzen und hätte das ohne die defekte Klemme am Turbo wohl auch mühelos geschafft. Er selbst gab an, mittels Strategievorteilen auf Siegkurs gelegen zu haben.
Ich glaube nicht, dass er die Chance genutzt hätte, an Ricciardo und Vettel vorbeizugehen. Maximal das Podium wäre drin gewesen. Zwar fuhr Hamilton auf den härteren Slicks gute Zeiten, hätte er am Ende auf Supersoft gewechselt, wäre die Steigerung nicht genug gewesen. Nichtsdestotrotz war Hamilton trotz kleinerer Fehler im Qualifying und im Rennen schneller als sein Mercedes-Teamkollege Nico Rosberg.
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Seite 2: Hülkenberg bekommt die gerechte Strafe
Platz 5, Fernando Alonso: Das Schema der Saison zieht sich durch: Sobald der McLaren trotz Honda-Antrieb funktioniert, dreht der Asturier auf hängt Jenson Button bei gleichem Material ab. 0,691 Sekunden lag er im Qualifying vorn und sicherte sich einen Puffer von zwei Autos bis zum Teamkollegen.
Im Rennen lag Alonso eindeutig auf Punktekurs. Erst jagte er Perez, nach dem unglücklich verfrühten Stopp vor der Safety-Car-Phase wehrte er Sainz jr. und Pastor Maldonado trotz geringerer Leistung der Powerunit erfolgreich ab. Erst das streikende Getriebe klaute ihm Platz 8.
Platz 6, Valtteri Bottas: Kurz und schmerzlos: Mehr als Startplatz 7 und Rang 5 im Ziel waren nicht möglich. Da Williams mehr Probleme mit den langsamen Kurven als Mercedes hatte, waren konnten Bottas und Massa nur um die Plätze dahinter konkurrieren. Der Finne entschied das Duell für sich, während sein Teamkollege Verstappen den Vortritt ließ. Dass Bottas an Kvyat vorbeirutschte, verdankte er den Safety-Car-Phasen.
Platz 7, Daniil Kvyat: Die Bestzeit am Freitag ist trotz des Einzugs in die Geschichtsbücher als erster Russe mit einer gewonnenen Session wertlos. Kvyat hatte offenbar bei einem Zwischenstopp beim Lieblingschinesen einen Unglückskeks erwischt. Beide Safety-Car-Phasen wurden direkt nach seinem Boxenstopp ausgelöst. Das war pures Pech, sonst hätte er mit Kimi Räikkönen um den Podestplatz gekämpft.
Platz 8, Romain Grosjean: Wer Maldonado beobachtete, weiß um die Leistung Grosjeans. Der Venezolaner bekam den Lotus nie unter Kontrolle, driftete und nutzte auf dem Stadtkurs selbst am Sonntag die wenigen Auslaufzonen zu Ausritten. Grosjean hatte damit keine Probleme.
Er brachte den Lotus in Q3 und wich dem stehengebliebenen Verstappen reaktionsschnell aus. Sein Team schickte ihn auf einen 35-Runden-Stint, was eindeutig zu viel war. Als dann auch noch Getriebeprobleme dazukamen, verabschiedete sich der Franzose aus einem Rennen, für das er im Gegensatz zu Maldonado nicht nur Punkte sondern einen Vertrag verdient hätte.
Platz 9, Alex Rossi: Das erste Rennen in der Formel 1 ohne Boxenfunk zu absolvieren, ist wohl die Horrorvorstellung eines jeden Nachwuchspiloten. Der US-Amerikaner mit der Herbie-Nummer 53 machte das Beste aus den eingeschränkten Infos, welche ihm das Team über die Boxentafel schickte. Rossi kam vor Teamkollege Will Stevens ins Ziel. Ein Fehler im Leitplankendschungel mit gebrochener Radaufhängung am Freitag kann die Leistung zum Einstand nicht schmälern.
Platz 10, Sergio Perez: Die durch Sainz' Unfall ausgelöste Niederlage gegen Nico Hülkenberg im Qualifying glich Force Indias Mexikaner schon beim Start aus, in dem er an Alonso und Grosjean vorbeisprintete. Danach spielte er sein Reifenmanagement aus und wehrte so in den letzten Runden sogar die beiden schnelleren Toro Rosso ab.
Härtefall, Nico Hülkenberg: Der Le-Mans-Gewinner bekommt dieses Mal keine Punkte. Den Unfall mit Massa hätte er nicht nur verhindern können, er hätte ihn verhindern müssen. Hülkenberg konnte den Brasilianer aus der Box fahren sehen, als er sich mit Geschwindigkeitsüberschuss danebensetzte. Massa hatte keine Möglichkeit auszuweichen, als Hülkenberg kompromisslos zum Kurvenscheitel zog. Die Strafversetzung in Japan ist deshalb vollkommen berechtigt.
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Die Formel-1-Saison 2015 im Überblick