Streckendaten:
Name: Baku City Circuit
Ort: Baku, Aserbaidschan
Länge: 6,003 Kilometer
Runden: 51
Renndistanz: 306,049 Kilometer
Kurven: 8 Rechtskurven, 12 Linkskurven
Darauf kommt es an:
Nur wenige Grands Prix sorgten im Vorfeld ihres Debüts für so viele Diskussionen wie der nun anstehende Europa-GP in Aserbaidschan. Zum einen liegt das Land in Vorderasien und hat damit geographisch reichlich wenig mit Europa zu tun, zum anderen ist der 9,5-Millionen-Einwohner-Staat von Präsident Ilham Aliyev politisch höchst umstritten.
Menschenrechtsorganisationen prangern seit Jahren die Vorgehensweisen der Machthaber an. In der Rangliste der Pressefreiheit ist Aserbaidschan lediglich auf Platz 163 von 180 zu finden, willkürlich anmutende Inhaftierungen stoßen vielen Menschen negativ auf. "Die Machthaber setzen ihre Drehtür-Politik gegen Regimekritiker einfach fort", mahnt Giorgi Gogia von der Human Rights Watch.
Doch das stört Bernie Ecclestone reichlich wenig. Denn: Der Ölstaat hat Geld. Die vom Chefpromoter geforderten Antrittsgebühren von rund 30 Millionen Euro sind für Aserbaidschan kein Problem. Sollte das so bleiben, kehrt die Formel 1 bis mindestens 2022 in das Land zwischen Kaukasus und Kaspischen Meer immer wieder zurück.
"Eine supergeile Strecke"
Bei aller Kritik dürften sich Fans und Fahrer dann noch häufiger auf spektakuläre Bilder freuen - denn die wird der Baku City Circuit zweifelsfrei bieten. "Ich kann sagen, dass das die erinnerungswürdigste Strecke im diesjährigen Formel-1-Kalender sein wird", prophezeit Fernando Alonso auf seiner Homepage. Und auch Streckenpapst Hermann Tilke war sich im SPOX-Interview sicher: "Baku wird eine supergeile Strecke!"
Die gut sechs Kilometer lange Strecke, die teils 28 Meter unter dem Meeresspiegel liegt und damit die tiefstgelegene der Formel-1-Geschichte ist, verläuft quer durch die Hauptstadt entlang der Strandpromenade und zahlreicher Sehenswürdigkeiten wie dem Regierungsgebäude und dem Jungfrauenturm. Charakteristisch sind dabei die vielen 90-Grad-Kurven zu Beginn, die an den Singapur-GP erinnern, sowie die engen Turns durch die Altstadt. Mit gerade einmal 7,5 Metern Breite findet sich hier auch die engste Stelle im gesamten Formel-1-Jahr. Selbst Monaco kann da nicht mithalten.
Kompromiss gesucht
Also alles typisch Stadtkurs? Nicht ganz. Mit einer 2,2 Kilometer langen Gerade wartet im "Land des Feuers" nämlich das längste Vollgasstück der Saison. Bei einem zu erwartenden Topspeed von 340 km/h macht das die Strecke laut Tilke zum "schnellsten Stadtkurs der Welt".
Genau dieser Kontrast ist es, der das Streckenlayout so interessant macht - und die Ingenieure vor eine Herkulesaufgabe stellt: Lieber die Autos mit viel Flügel auf die Piste lassen, um flüssig durch die engen Stadt-Kurven zu kommen? Oder auf möglichst wenig Luftwiderstand setzen, um auf der Geraden schnell zu sein?
"Die Flügeleinstellung wird echt knifflig", meint Max Verstappen und erklärt die Problematik: "Auf einem Stadtkurs möchte man normalerweise viel Abtrieb haben, aber bei so einer langen Geraden muss man einen guten Kompromiss finden."
Die Teams werden ihren Autos voraussichtlich einen flachen Heckflügel anschrauben, wie er auf der Vollgasstrecke in Monza gefahren wird. Zu groß ist die Angst, auf der Geraden viel Zeit zu verlieren und im Rennen von den Gegnern wie ein Staubkorn aufgeschnupft zu werden. Vorne dürfte hingegen steiler gestellt werden, um zu viel Untersteuern in den Kurven zu vermeiden.
Favorit? Nichts geht über Silber
Welche Lösung letztlich die beste ist, wird sich erst am Wochenende herausstellen. Zwar haben die Teams das aserbaidschanische Neuland bereits im Simulator erkundet, ein bisschen im Dunklen tappen sie bei einem Debüt aber trotzdem.
Dennoch gibt es einen klaren Favoriten. Und der heißt mal wieder Mercedes. Die Silberpfeile, die wohl mit ihrem innovativ geschwungenem "Bananen-Flügel" an den Start gehen werden, profitieren am meisten vom Streckenlayout. Das zeigte in diesem Jahr bereits das Rennen in Sotschi, wo einige Elemente dem Baku-Kurs ähneln und bei dem Nico Rosberg und Lewis Hamilton einen Doppelsieg einfuhren.
Dahinter dürfte erneut Ferrari lauern, die sich dank des neuen Turboladers bereits in Kanada zur zweiten Kraft entwickelt haben. Mit Red Bull ist sicherlich auch zu rechnen, allerdings dürfte den Österreichern die lange Gerade ein Dorn im Auge sein. "Unsere Computer-Simulationen haben gezeigt, dass wir dort 1,2 Sekunden verlieren werden", ärgert sich Motorsportchef Dr. Helmut Marko. In Baku soll der Einfluss der Power-Unit noch stärker sein als in Monza.
Genau deshalb könnte Williams punkten, wie bereits das Rennen in Montreal gezeigt hat. Ein erneuter Podestplatz scheint für die Engländer im Bereich des Machbaren. Auch Nico Hülkenberg und Force India hoffen auf ein gutes Ergebnis, schließlich war das Problem in Kanada nicht das Auto sondern das Wetter.
Reifen:
Medium, Soft und Supersoft. Nachdem Pirelli drei Rennen in Folge auf den neuen Ultrasoftreifen gesetzt hat, pausieren die lila Gummis an diesem Wochenende. Auf dem nigelnagelneuen Asphalt wollen die Italiener offenbar kein Risiko eingehen. "Mit dieser Wahl können wir eine große Spanne von möglichen Bedingungen abdecken", sagte Motorsport-Direktor Paul Hembery.
Die gewählten Reifenmischungen der Fahrer im Überblick
Die Teams rechnen dank der konservativen Entscheidung mit einem Ein-Stopp-Rennen. Viel Platz für Strategie-Kniffe ist da nicht. Zumal bei voraussichtlichen Temperaturen von über 30 Grad kein Pilot Schwierigkeiten haben dürfte, die schwarzen Walzen ins Arbeitsfenster zu bekommen.
Wetter-Prognose:
Freitag: klar, 27 Grad, 10 Prozent Regenrisiko
Samstag: klar, 31 Grad, 10 Prozent Regenrisiko
Sonntag: klar, 34 Grad, 10 Prozent Regenrisiko
Zeitplan:
Freitag, 11 Uhr: 1. Training
Freitag, 15 Uhr: 2. Training
Samstag, 12 Uhr: 3. Training
Samstag, 15 Uhr: Qualifying
Sonntag, 15 Uhr: Rennen
Stand in der Fahrer- und Konstrukteurs-WM