Warum wurde dieser Zeitpunkt gewählt?
Obwohl nach den Aussagen von Marko im Anschluss an das verkorkste Rennen in Sotschi mit Konsequenzen für Kvyat zu rechnen war, überraschte der Moment des Fahrertauschs.
Natürlich, Kvyat fährt bislang keine gute Saison. Doch es sind eben auch erst vier Rennen gefahren. Und im Vorjahr schlug der Russe seinen Stallgefährten mit 95 zu 92 Punkten. Wenn beide Fahrer dabei in die Top 10 fuhren, kam Kvyat fünf Mal vor Ricciardo ins Ziel. Andersherum war das nur vier Mal der Fall.
Die reine Leistung kann also nicht den Ausschlag gegeben haben. Auch der Doppel-Abschuss in Russland war nicht Ursache für den jetzigen Wechsel. Aber: Er war die perfekte Gelegenheit. Die Entscheidung, Kvyats Platz im Red Bull zu räumen, ist nämlich viel mehr als Politikum zu verstehen. Das Team aus Milton Keynes verfolgt einen Plan - und im Mittelpunkt dessen befindet sich Max Verstappen. Kvyat ist sozusagen nur Bauernopfer.
Der Überflieger soll unbedingt in der Red-Bull-Familie gehalten werden. Mit seinem enormen Grundspeed, seiner Cleverness und seinen Überholmanövern machte Verstappen die Konkurrenz bereits auf sich aufmerksam. Mercedes wollte ihn schon zu seiner Formel-3-Zeit 2014 verpflichten. Ferrari-Teamchef Maurizio Arrivabene bezeichnete den 18-Jährigen als "interessanten Jungen", den man wohl gerne als Nachfolger von Kimi Räikkönen sehen würde.
Mit diesem Wissen machte Vater Jos entsprechend Druck auf Red Bull. Denn betrachtet man die Karriere des Teenagers, sieht man eine Kurve, die stets steil nach oben zeigt. Stagnation oder Rückschläge? Fehlanzeige. Damit das so bleibt, sollte der Sprung in ein Topteam eher heute als morgen geschehen.
"Ich war bei Red Bull immer glücklich. Es gab für mich nie einen Grund für einen Wechsel", äußerte sich Max zu den Gerüchten, um dann aber vielsagend zu ergänzen: "Durch diese Gelegenheit [Beförderung zu Red Bull; Anm. d. Red.] bleibt das auch so."
Bis 2017 hätte sich Familie Verstappen wohl noch geduldet, spätestens dann hätte Red Bull handeln müssen. "Max macht einen hervorragenden Job und wird uns in ein bis zwei Jahren Kopfzerbrechen bereiten", sagte Horner noch im September in Anspielung auf eine mögliche Beförderung ins besetzte A-Team. Diese Sorge ist man nun - dank Kvyats Aussetzer - erst einmal los.