Auf ein konkretes System legte sich das IFAB nicht fest. In Japan werden sowohl das sogenannte Hawk Eye auf Basis von Kameras als auch das GoalRef mit Antennen im Ball eingesetzt. Sollte sich die Technik bewähren, würde sie auch 2013 beim Konföderationen Pokal sowie ein Jahr später bei der WM jeweils in Brasilien eingesetzt. Die FIFA will alle Stadien "als Vermächtnis" mit der Technik auf eigene Kosten ausstatten.
Valcke sprach von einer "historischen Entscheidung". Gleichwohl ließ das IFAB einige Detailfragen noch offen - was sich auch daran zeigt, dass die Systeme zunächst nur eine Lizenzierung über zwölf Monate besitzen und dann erneut auf den Prüfstand gestellt werden.
Verbände müssen Kosten selbst tragen
Fraglich wird auch sein, wie die Klubs mit den zu erwartenden Kosten der Technologie umgehen werden. 150.000 bis 200.000 US-Dollar pro Stadion koste das System, sagte Valcke und ergänzte, dass die FIFA die einzelnen Landesverbände nicht bei den anfallenden Kosten unterstützen werde. Valcke machte aber Hoffnung, dass die Kosten fallen könnten, da der Markt für die Technologie offen sei.
Erste Reaktionen aus dem deutschen Fußball waren erwartet positiv: "Ich freue mich, dass die Tür für die Torlinien-Technologie und den Chip im Ball jetzt offen ist. Das ist für die Zukunft des Fußballs ein erster wichtiger Schritt. Eine Einführung in der Bundesliga zur neuen Saison halte ich aber für absolut ausgeschlossen", sagte Liga-Präsident Reinhard Rauball der "Bild" am Donnerstagabend. Die englische Premier League ist da schon weiter. Dort wird eine Einführung schon in der kommenden Saison erwartet.
FIFA-Präsident Joseph Blatter hatte sich bereits vor der Entscheidung am Donnerstag klar positioniert und für den Einsatz der Torlinientechnologie ausgesprochen. "Es führt kein Weg mehr daran vorbei", sagte der 76 Jahre alte Schweizer. Bekräftigt fühlte sich Blatter durch die jüngste Szene bei der EM, als Englands John Terry einen Schuss des Ukrainers Marko Devic eindeutig hinter der Linie klärte, der Torrichter den Treffer jedoch nicht anerkannt hatte. Die Torlinientechnologie sei "keine Alternative mehr, sondern eine Notwendigkeit", twitterte Blatter wenige Stunden danach.
HawkEye und GoalRef
Damit dies nicht passiert, soll die Technik dem Schiedsrichter die Entscheidung abnehmen. Das unter anderem im Tennis bewährte HawkEye aus England basiert auf sieben Kameras auf dem Stadiondach und hinter jedem Tor. Probleme gibt es, wenn der Ball nicht sichtbar ist.
Bei der deutschen Technologie GoalRef befinden sich Antennen im Ball, im Torgestänge und im Rasen auf der Torlinie. Ein schwaches Magnetfeld zeigt an, wenn der Ball die Torlinie passiert. Kriterium für beide Systeme ist die Zuverlässigkeit von mindestens 99,5 Prozent. Innerhalb von einer Sekunde muss das Ergebnis zum Schiedsrichter gefunkt werden.
Blatter beruhigt Platini
Joseph Blatter hat die Einführung der Torlinientechnologie erwartungsgemäß begrüßt. "Es ist ein historischer Tag, für den Fußball und alle Fans", sagte Blatter am Donnerstagabend: "Für uns als Weltverband war klar, dass sich so etwas wie bei der WM 2010 und zuletzt bei der EM nicht wiederholen darf."
Blatter sprach davon, dass die künftigen beiden Systeme HawkEye und GoalRef "zu 99 Prozent sicher" seien. Weitere Technologien sollen im Fußball aber nicht zum Einsatz kommen. "Der Fußball muss sein menschliches Gesicht behalten. Außerhalb der Tortechnologie braucht man die Kameras beim Fußball nur für die TV-Bilder", sagte der 76 Jahre alte Schweizer und fügte hinzu: "Da kann ich meinen Freund Michel Platini beruhigen". UEFA-Präsident Platini hatte seine Vorbehalte gegen die Torlinientechnologie zum Ausdruck gebracht.
"Challenges" im Tennis und beim Hockey
In der Leichtathletik und beim Pferderennen sorgt seit langem das Zielfoto für Klarheit über die Platzierungen. Technische Hilfsmittel tragen ebenfalls beim Hockey, Tennis, Fechten und Eishockey zur Wahrheitsfindung bei. Auch hier passiert vieles in derart hoher Geschwindigkeit, dass es für das menschliche Auge auf den ersten Blick nicht sofort erkennbar ist.Bei großen Veranstaltungen im Hockey hat jedes Team pro Halbzeit eine "Challenge" zur Verfügung und kann Entscheidungen anhand von TV-Bildern überprüfen lassen. Im Tennis kommt ein ähnliches Modell zum Tragen: Dreimal pro Satz hat jeder Spieler bei bedeutenden Turnieren die Möglichkeit zu einer nachträglichen Kontrolle. War der Ball im Aus oder doch noch auf der Linie? Das elektronische "HawkEye" verspricht Hilfe. Sollte es die Einschätzung des Spielers bestätigen, verfällt dessen "Challenge" nicht.
Auch beim Fechten kommt der Videobeweis auf Wunsch des Athleten zum Einsatz. Zweimal pro Gefecht können strittige Szenen vom Obmann per TV-Bild überprüft werden. Sollte die ursprüngliche Entscheidung revidiert werden müssen, bleiben dem Sportler seine beiden Möglichkeiten zum Einspruch erhalten.
Dem Fußball mit am nächsten kommt das Modell im Eishockey. Hier kann der Hauptschiedsrichter mittels einer Über-Tor-Kamera überprüfen, ob der Puck die Torlinie überschritten oder ob vor dem Treffer ein Verstoß gegen die Regeln vorgelegen hat.