"RB Leipzig soll schnell aufsteigen"

Jochen Tittmar
16. März 201521:49
Mario Basler ist seit dem 21. Januar 2015 Geschäftsführer Sport beim 1. FC Lokomotive Leipzigimago
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Mario Basler war nach seinem Aus als Trainer von Rot-Weiß Oberhausen über zwei Jahre lang ohne Job. Im Januar 2015 wurde er Geschäftsführer Sport beim Oberligisten 1. FC Lokomotive Leipzig. Im Interview spricht Basler über sein unbekanntes Jobprofil, seine Ambitionen als Trainer, die Traditionsdebatte im Fußball und seinen Blick auf den Stadtrivalen RB Leipzig.

SPOX: Herr Basler, Sie sind seit etwas über einem Monat als Geschäftsführer Sport beim Oberligisten 1. FC Lokomotive Leipzig tätig. Hätten Sie nach Ihrem Aus bei Rot-Weiß Oberhausen gedacht, dass Sie einmal eine solche Aufgabe annehmen werden?

Mario Basler: Vorstellbar war so etwas immer. Die Frage war eher, ob ein Verein Interesse haben würde, dass ich diese Aufgabe bei ihm übernehme. Ich war daher froh über die Anfrage. Mir ging es nie um die Ligazugehörigkeit. Wenn ich merke, dass ein Verein ein konkretes Konzept umsetzen möchte und mich damit begeistern kann, dann ist es mir wurscht, in welcher Liga ich arbeite.

SPOX: Sie waren zuletzt über zwei Jahre lang ohne Job. Wie haben Sie diese Zeit verbracht?

Basler: Ich habe viel fürs Fernsehen gearbeitet, war einige Male auf dem Golfplatz unterwegs und habe mir zahlreiche Fußballspiele in verschiedenen Ligen angeschaut. Und nebenbei wie jeder arbeitsuchende Trainer darauf gewartet, dass mich eine Anfrage erreicht. Diese Zeit war zäh und kam mir wie eine halbe Ewigkeit vor.

SPOX: Wie viele Anfragen kamen denn rein?

Basler: Es gab die eine oder andere, auch deutsche Zweitligisten und Vereine aus dem Ausland waren dabei. Es kam auch zu ein paar Verhandlungen, die aber meist am Geld gescheitert sind. Vielleicht habe ich auch mal zu viel verlangt, die genauen Gründe kennt man dann am Ende ja oftmals auch nicht. Manches Mal waren es auch einfach nur Kleinigkeiten, die nicht zusammenpassten.

SPOX-Redakteur Jochen Tittmar traf Mario Basler in Leipzig zum Gesprächspox

SPOX: Bruno Labbadia erzählte im SPOX-Interview davon, dass er auch das Ausland bereist hat, um sich die dortigen Begebenheiten genauer anzuschauen. Haben Sie das auch gemacht?

Basler: Nein. Jeder Trainer geht da anders vor, glaube ich. Natürlich kann man mal eine Woche beim selben Verein das Training beobachten, um neue Eindrücke einer Trainingsgestaltung zu gewinnen. Dafür muss ich jetzt aber nicht extra ins Ausland fahren, das kann ich in Deutschland genauso gut. Ich war beispielsweise beim VfL Osnabrück und dem 1. FC Kaiserslautern.

SPOX: Bereits zu Ihrer Zeit bei Eintracht Trier fungierten Sie nebenbei als Sportlicher Leiter, Jahre zuvor waren Sie bei Jahn Regensburg Teammanager. Haben Sie damals bereits ein gewisses Faible für diese Position entwickelt?

Basler: Nein, ich habe mich danach eigentlich nie mehr intensiv damit beschäftigt. Ich habe den Fußballlehrer gemacht, um als Trainer und nicht als Sportdirektor zu arbeiten. Ich möchte das daher nach wie vor nicht aus den Augen verlieren. Wenn jetzt ein Erst- oder Zweitligist aus dem In- oder Ausland kommen würde, würde ich schon grundsätzliches Interesse signalisieren. Das weiß man bei Lok auch.

SPOX: Sie besitzen also eine Ausstiegsklausel?

Basler: Genau. Es ist aber natürlich nicht so, dass ich jetzt hier bin und darauf hoffe, baldmöglichst wieder als Trainer arbeiten zu können. Sonst hätte ich die Aufgabe ja gar nicht erst antreten müssen.

SPOX: Inwiefern befinden Sie sich somit in einer Art Lernphase, um das Geschäft aus dem neuen Blickwinkel zu verstehen?

Basler: Das trifft schon zu, da mein aktuelles Jobprofil für mich ja neu ist. Das war auch der Grund, weshalb ich zunächst nur für eineinhalb Jahre unterschrieben habe. Der Verein hätte sich gleich einen längerfristigen Vertrag vorstellen können. Ich möchte jetzt aber erst einmal hinein schnuppern und schauen, ob ich diesem Job auch in den nächsten Jahren nachgehen will. Von daher geht es nun vorerst um die Frage: Macht mir dieser Job überhaupt Spaß?

SPOX: Wann denken Sie wird ein Zwischenfazit möglich sein?

Basler: Nach sechs bis zwölf Monaten werde ich ein Gefühl dafür bekommen haben, ob mich die Aufgabe ausfüllt oder ob ich doch lieber an der Seitenlinie stehen und nach jedem Spiel darum zittern möchte, wieder rauszufliegen (lacht).

SPOX: Sie haben einmal gesagt, viele Vereine hätten Angst, prominenten Namen wie Lothar Matthäus, Stefan Effenberg oder Ihnen eine Chance zu geben. Wieso?

Basler: Ich glaube einfach, dass viele Präsidenten und Sportdirektoren ein großes Problem mit ehemaligen Spielern haben, deren Persönlichkeit möglicherweise die eigene überstrahlen könnte. Anders ist es ja kaum zu erklären, dass Lothar und Stefan noch nie in der 1. oder 2. Liga trainiert haben. Die Spirale, in der sich Trainer befinden, ist seit längerer Zeit dieselbe - wenn auch in den letzten zwei, drei Jahren etwas frisches Blut hineingekommen ist: Der eine fliegt hier oder dort raus und heuert dann an anderer Stelle wieder an.

SPOX: Ist das nur ein Gefühl oder haben Sie das auch schon am eigenen Leibe erfahren?

Basler: Wenn man nicht auf dieses sich ständig drehende Karussell aufspringen kann, hat man es schwer, neue Angebote zu bekommen. Schauen Sie sich Robin Dutt an: Er hatte mit Bremen keinen Erfolg, kann aber wenig später beim VfB Stuttgart einsteigen. Das sehe als problematisch an, weil ich der Überzeugung bin: Lothar Matthäus ist ein super Trainer. Das hat er im Ausland bewiesen, deshalb überrascht es mich, dass er in Deutschland noch nie eine Chance bekommen hat.

SPOX: Glauben Sie, dass Sie zuletzt nicht in diesem Karussell auftauchten, weil Sie bei Ihren beiden letzten Stationen bei Wacker Burghausen und Rot-Weiß Oberhausen jeweils aus der 3. Liga abgestiegen sind?

Basler: Es mag sein, dass das viele so sehen. Man muss in den konkreten Fällen auch die Hintergründe kennen. Burghausen und Oberhausen habe ich jeweils auf dem vorletzten Platz übernommen und hatte keine finanzielle Möglichkeit, personell nachzurüsten. Der Klassenerhalt wäre jeweils möglich gewesen, aber es hat unter dem Strich die Qualität gefehlt. Und am Ende ist dann eben immer der Trainer schuld. Abgestiegen sind schon viele.

SPOX: Thorsten Fink meinte, er wollte nicht arg viel länger als zwei Jahre ohne Job sein. Spielte es bei Ihnen auch eine Rolle, nun endlich mal wieder irgendwo einsteigen zu können?

Basler: Nein, das ist mir vollkommen egal gewesen. Ansonsten hätte ich ja schon früher ein Angebot annehmen können. Hätte Lok mir kein schlüssiges Konzept vorlegen können, dann hätte ich auch nicht zugesagt. Die Ambition, bis 2020 in die 3. Liga aufzusteigen, halte ich zusammen mit der Kompetenz des neuen Präsidiums für sehr durchdacht.

SPOX: Lok-Präsident Heiko Spauke hat Sie über einen gemeinsamen Bekannten aus Regensburg kennengelernt. Hat er Sie mehrere Wochen bearbeitet, bis Sie zugesagt haben?

Basler: Nein, das ging alles relativ zügig. Wir haben uns einmal gesehen und bei einem Bierchen über den möglichen Job philosophiert. 14 Tage später haben wir uns offiziell getroffen und über meine konkreten Aufgaben sowie das Finanzielle gesprochen. Ich bin dann von Leipzig in Richtung meiner Osnabrücker Heimat aufgebrochen. Auf Höhe Kassel war's für mich entschieden. Da war mir klar, dass ich das Angebot gerne annehmen würde. SPOX

SPOX: Was haben Sie denn mit dem 1. FC Lokomotive Leipzig bis zuletzt verbunden?

Basler: Ich habe 1993 in Bremen mein erstes Bundesligator geschossen, als der Verein noch VfB Leipzig hieß - und im Rückspiel meine erste Rote Karte gegen sie gesehen (lacht). Die Zeit der Insolvenz und Neugründung habe ich aber genauso mitverfolgt wie die Episode 2005, als Lothar Matthäus im Stadtpokal-Halbfinale gegen den SV Ost Leipzig für Lok auflief. In meinen Augen war Lok schon immer ein Thema im Fußball, unabhängig von der Ligazugehörigkeit. Leipzig ist eine tolle Stadt mit großer Fußballbegeisterung, die ich hier bei Lok in den ersten Wochen auch sofort zu spüren bekam. Das ist definitiv ein geiler Verein.

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Seite 2: Basler über Tradition im Fußball, Hopp und seine Prognose zu RB Leipzig

SPOX: Ihr Job bei der Lok'sche ist es, den maroden Klub mit Hilfe von Sponsoren kontinuierlich zurück in den bezahlten Fußball zu bringen. Doch wer investiert jetzt, wo in der Stadt alle RB Leipzig die Bude einrennen, ausgerechnet in den Stadtrivalen aus der fünften Liga?

Basler: Die Frage ist, ob die mittelständischen Unternehmen, die sich momentan bei RB engagieren, auch weiterhin zu ihren Zahlungen in der Lage sind, wenn der Verein erst einmal in die Bundesliga aufgestiegen ist. Dort wird der Klub die Preise unweigerlich anziehen müssen, um seine ambitionierten Ziele zu untermauern. Selbst Audi hat als langjähriger RB-Partner seinen Platz für Porsche und VW räumen müssen. Diesen Weg wird daher nicht jeder Sponsor mitgehen können.

Lokomotive Leipzig in der Oberliga Nordost-Süd: Die aktuelle Tabelle

SPOX: Und stattdessen dann bei Lok Leipzig aufschlagen?

Basler: RB Leipzig soll schnell aufsteigen, da hätte ich nichts dagegen. Zumal die Stadt einen Bundesligisten einfach verdient hätte. Unsere Chancen bei der hiesigen Wirtschaft würde das sicherlich auch erhöhen. Darauf müssen wir momentan ein bisschen bauen. Ich bekomme bei Gesprächen mit diversen Firmen zumindest Signale, dass sie diese Entwicklung bei RB ähnlich prognostizieren und wir uns deshalb noch etwas in Geduld üben müssen. Theoretisch bräuchte RB diese ganzen Sponsoren ja gar nicht, da sie bereits einen Gönner haben, der nicht weiß wohin mit seinem Geld.

SPOX: Wenn Sie derzeit zum Telefon greifen oder persönlich vorstellig werden, mit welchen Argumenten für ein Investment bei Lok locken Sie dann?

Basler: Wir wollen bei Gesprächen ein Bewusstsein dafür schaffen, dass zusammen mit dem neuen Präsidium und mir eine neue Zeitrechnung begonnen hat. Wir haben einen klar definierten Weg, um bis 2020 ans Ziel zu kommen und wieder in den Profifußball zurück zu kehren. In der Vergangenheit ist sicherlich einiges schief gelaufen, doch all diese unschönen Vorgeschichten zählen nun nicht mehr. Wir haben die Krawallmacher erfolgreich ausgegrenzt, es gab seit einem Jahr keine Ausschreitungen mehr. Das neue Lok Leipzig muss potentiellen Sponsoren jetzt vernünftig kommuniziert und schmackhaft gemacht werden.

SPOX: Greifen Sie in diesen Gesprächen momentan auf Ihr eigenes Netzwerk zurück?

Basler: Nein. Ich stelle mich bei Firmen vor, die ich nicht näher kenne. Da sitzt man dann zusammen im Büro oder trifft sich zu einem Kaffee. Es gibt auch einige Anfragen an den Verein, dass man sich gerne einmal mit mir an einen Tisch setzen möchte, um über ein mögliches Sponsoring zu diskutieren. Ich bin positiv davon überrascht, wie die Gespräche bislang vonstattengehen.

SPOX: Der Gedanke, mit RB Leipzig in irgendeiner Art zu kooperieren, liegt ja auf der Hand. Sie sagten, Sie werden sich sicherlich einmal mit Ralf Rangnick unterhalten. Ist das bereits geschehen?

Basler: Nein, wir sind uns noch nicht über den Weg gelaufen. Ich würde mich aber sofort mit ihm austauschen und mir gerne Ratschläge einholen, da er auf diesem Gebiet ja bereits große Erfahrung besitzt.

SPOX: Rangnick sagte uns, er könne sich nicht vorstellen, dass eine Zusammenarbeit zwischen RB und Lok den Menschen vermittelbar sei. Wie könnte man in Ihren Augen dennoch voneinander profitieren?

Basler: Auf offiziellem Wege ist es in der Tat unvorstellbar. Da würden sicherlich beide Fanlager durchdrehen. Aber man könnte ja auch einen inoffiziellen Weg einschlagen. Man muss ja als Fan auch nicht immer alles wissen. Am Ende geht es nämlich immer um den Verein und nicht um den Fan. Wenn der Fan sieht, dass es dem Verein gut geht und er einen Spieler bekommt, der sportlich weiterhilft, dann würde er sich auch nicht beschweren.

SPOX: Während Lok vor Fußballromantik nur so strotzt, personifiziert Rivale RB für viele Fußballfans regelrecht das Böse. Können Sie das nachvollziehen?

Basler: Es gibt vom DFB klare Richtlinien für die Lizenzunterlagen und -erteilung. Wenn man der Prüfung des DFB standhält, dann sehe ich da keinerlei Problematik. Ich finde es positiv, dass es Menschen gibt, die ihr Geld in deutsche Fußballvereine investieren. Ich sehe keine Bedrohung für diesen Sport, sondern durch RB Leipzig eher eine Bedrohung für Vereine wie den FC Bayern oder den VfL Wolfsburg.

SPOX: Können Sie Verständnis für diejenigen aufbringen, die die Ursprünglichkeit ihres Sports von konzerngesteuerten Vereinen bedroht sehen?

Basler: Nein, überhaupt nicht. Das muss jeder Verein und Fan letztlich auch irgendwo für sich selbst entscheiden. Ein Dietmar Hopp stört mich nicht, er hilft ja beispielsweise auch nebenbei kleineren Vereinen. Ob ein Verein besonders stark subventioniert wird oder nicht - sportlich muss er erst einmal die entsprechende Leistung bringen. Man sieht es ja in Hoffenheim: Dort hat man noch kein einziges Mal international gespielt und dürfte aller Voraussicht nach auch in den nächsten Jahren nicht Meister werden. Auch RB Leipzig hat im Winter noch einmal Millionen ausgegeben und kommt derzeit auf keinen grünen Zweig.

SPOX: Der Fußball hat sich mittlerweile zu einem globalen Milliardengeschäft entwickelt, die Spirale dreht sich scheinbar unaufhörlich weiter. Glauben Sie, dass man sich dem Gang der Dinge einfach anzupassen hat oder sehen Sie bald die Grenzen des Zumutbaren erreicht?

Basler: Es kommt darauf an, in welche Richtung man sich bewegen möchte. Der FC Bayern bekommt als Meister weniger Fernsehgeld als der Letzte der Premier League. Da ist es irgendwo verständlich, dass man die Kommerzspirale weiterdrehen möchte, um international gut da zu stehen. Allerdings sollte man darauf achten, sie nicht überzustrapazieren. Wenn das Ziel ist, von Montag bis Sonntag nur Fußball im Fernsehen zu zeigen, sollte man eventuell einmal darüber nachdenken, ob man die Leute damit nicht überfüttert.

SPOX: Im Zuge der Fernsehgeld-Debatte wird momentan über veränderte Anstoßzeiten diskutiert, weil man Gefahr zu laufen scheint, der Entwicklung nicht mehr Schritt halten zu können. Auch die Sportschau könnte ihren Status als heilige Kuh verlieren. Würden Sie solche Veränderungen begrüßen?

Basler: Man hat leider kaum Einfluss auf die Entscheidungsträger und ist praktisch gezwungen, die Entwicklung abzuwarten. Für viele ist die Sportschau der Zeitpunkt am Wochenende, um gemütlich auf der Couch zu liegen und Fußball zu schauen. Andererseits hat sich auch das 18.30-Uhr-Spiel bereits etabliert. Man müsste möglicherweise darüber nachdenken, auch Samstag um 22 Uhr zu spielen. Oder die Winterpause abzuschaffen, da es die heutigen Stadien einfach hergeben und man dann in den Sommerferien eine längere Pause hätte. Wir sind an einem Punkt angekommen, an dem letztlich mehrere Szenarien möglich sind. Man darf jedoch das Publikum bei allen neuen Überlegungen nicht vollkommen außen vor lassen. Der Mensch ist ein Gewohnheitstier, das sollte man nicht vergessen.

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