"Und wo spielt Poldi seit 10 Jahren?"

Uwe Rapolder feierte 2004 mit dem Aufstieg seinen größten Erfolg
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SPOX: Sie hatten mit Ihren Teams auf Anhieb Erfolg: Was ist Ihr Geheimnis?

Rapolder: Ich glaube, ich habe eine starke Motivationskraft und kann den Spielern suggerieren, dass sie die Besten sind. Um eine neue Flamme zu entfachen, sind wir als erstes für ein paar Tage ins Trainingslager gefahren. Trotzdem war ich nie ein Feuerwehrmann, sondern wollte mit einem Konzept etwas aufbauen. Über mich wurde gesagt, dass ich der erste Konzept-Trainer in Deutschland war. Die Begriffe 'Vertikalspiel' und 'Automatismen' habe ich eingeführt - ich bin ein moderner Trainer und habe meinen Input in Deutschland gebracht.

SPOX: Mit Ihrem Konzept haben Sie 2004 Ihren wohl größten sportlichen Erfolg gefeiert, als Sie mit Arminia Bielefeld aufgestiegen sind. Trotzdem war dieses Kapitel schnell beendet. Warum?

Rapolder: In Bielefeld habe ich meinen Durchbruch geschafft, aber nach dem Aufstieg hat der Verein fünf Spieler abgegeben - ohne mich zu fragen. Da musste ich wechseln. Zur gleichen Zeit war ich bei fünf Erstligisten im Gespräch. Ich habe mich für Köln entschieden, weil das der einzige Verein war, der sofort frei war und sich Wolfgang Overath extrem um mich bemüht hat. Mit dem Wissen von heute hätte ich ein Jahr Pause machen sollen - ähnlich wie Klopp oder Tuchel. Der Wechsel zu Köln war ein Fehler.

SPOX: Wieso?

Rapolder: Köln hätte man in der 2. Liga übernehmen müssen - für die Bundesliga war der Kader nicht gut genug. Wir haben trotzdem einen starken Start hingelegt und ich wurde ohne Ende gefeiert. Aber nach acht Spielen ging das Theater los. Als Andreas Rettig dann an Weihnachten aufgehört hat, wurde ich direkt mitentsorgt. Hätte ich nach Bielefeld eine oder zwei Wochen gewartet, wäre ich bei einem Spitzenklub gelandet.

SPOX: Also haben Sie zu vorschnell gehandelt?

Rapolder: Ich war mit vier Vereinen in Kontakt, für mich waren besonders Bayer Leverkusen und der VfB Stuttgart interessant. Aber die hatten einen Trainer und haben gesagt, ich soll in Bielefeld weitermachen - sie würden mich ein Jahr später holen. Meine Frau sagte aber, dass sie nicht erst ein Vierteljahr nach Bielefeld gehe, nur um ein paar Monate später nach Leverkusen, Stuttgart oder Wolfsburg umzuziehen. Da habe ich beschlossen, dass wir nach Köln gehen.

SPOX: Dort haben Sie Lukas Podolski trainiert und ihn mit 19 Jahren zum Kapitän ernannt.

Rapolder: Das wurde damals total hochgespielt mit 'Poldi 1, Poldi 2' - das hat ja auch vom Namen her perfekt gepasst. Ich habe für ihn eine Position in der Mannschaft gesucht und viel ausprobiert. Denn er hat seine Qualitäten in der Offensive, aber ihm fehlt das mannschaftstaktische Verhalten. Als ich dann gesagt habe, dass er links am besten aufgehoben ist, wurde ich niedergemacht, weil er da verschenkt wäre. Und wo spielt Poldi seit zehn Jahren? Auf links.

SPOX: Tut es Ihnen weh zu sehen, wie Podolski in Europa keinen langfristigen Arbeitgeber findet?

Rapolder: Nein, das bestätigt mich ein bisschen. Denn als wir damals die Klasse halten wollten, wäre es nur mit dem gesamten Team gegangen. Ich mag Poldi, aber ein einzelner Spieler kann nicht alleine erfolgreich sein - auch die größten Stars müssen sich integrieren.

SPOX: Nach dem FC arbeiteten Sie bei der TuS Koblenz. Dort haben Sie Mario Basler zu Ihrem Co-Trainer gemacht. Warum?

Rapolder: Wir kannten uns und ich wollte Mario einen Gefallen tun. Außerdem hat Roger Wittmann mich darum gebeten, ihm eine Chance zu geben und zum Einstieg zu verhelfen. Er war aber nicht der Einzige, der bei mir hospitiert hat: Ich habe zum Beispiel Joe Zinnbauer, den sonst keiner haben wollte, eine Chance gegeben.

SPOX: Mittlerweile ist Basler seit drei Jahren ohne Trainerjob.

Rapolder: Mario ist ein guter Junge und er hat einen Farbtupfer nach Koblenz gebracht. Aber er war ein zu guter Fußballer, weshalb er auch von anderen Spielern zu viel erwartet. Ich habe ihn mal nach Pfullendorf geschickt, um Johannes Flum zu beobachten. Als er zurückkam, hat er gesagt: 'Der schafft's nicht'. Mario ist in seiner Beurteilung oft von der Klasse seiner ehemaligen Teamkollegen ausgegangen.

SPOX: Sie selbst sind im Oktober 2014 noch einmal bei Sonnenhof Großaspach auf die Trainerbank zurückgekehrt. Wie kam es dazu?

Rapolder: Ich habe es gemacht, weil von Anfang an klar war, dass ich nur interimsweise für Rüdiger Rehm einspringe. Ich wollte eigentlich schon länger aufhören, aber ich kenne die Verantwortlichen sehr gut. Mit den neun Punkten aus den ersten drei Spielen haben wir den Patient wieder ins Leben gerufen. Es war ein absoluter Freundschaftsdienst, ein einmaliges Ding.

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Uwe Rapolder im Steckbrief