Das Zittern vor dem Konter ist vorbei - Tore in der Fremde zählen nicht mehr "doppelt": Die Europäische Fußball-Union (UEFA) hat die Auswärtstore-Regel im Europacup nach 56 Jahren als "Altlast" ausgemacht und postwendend entsorgt. Die seit 1965 gültige Gesetzmäßigkeit fällt bereits ab der kommenden Saison weg.
Diesen Beschluss fasste des Exekutivkomitee am Donnerstag. "Die Wirkung der Regel läuft mittlerweile ihrem ursprünglichen Zweck zuwider, da sie Heimteams - insbesondere in den Hinspielen - von der Offensive abhält, weil sie befürchten, ein Gegentor zu kassieren, das ihrem Gegner einen entscheidenden Vorteil verschaffen würde", begründete UEFA-Präsident Aleksander Ceferin den Schritt.
Was ändert sich durch die Abschaffung der Regel?
- Bei Torgleichheit nach dem Hin- und Rückspiel geht es künftig in die Verlängerung und, wenn nötig, ins Elfmeterschießen.
- In der Qualifikation zu UEFA-Turnieren wird die Regel ebenfalls abgeschafft, wenn zwei oder mehr Mannschaften in der Gruppenphase punktgleich sind.
- Sie bleibt allerdings bestehen, wenn weitergehend zusätzliche Kriterien ins Spiel kommen müssen, die auf alle Gruppenspiele angewendet werden. So soll eine maximale Anzahl von sportlichen Kriterien beibehalten werden.
Den Entschluss fasste die UEFA auf Empfehlung der UEFA-Kommission für Klubwettbewerbe und der UEFA-Kommission für Frauenfußball. Die Entscheidung stützt sich auch auf Statistiken von Mitte der 1970er-Jahre bis heute, die einen klaren Trend zeigen: "Man kann mit Fug und Recht behaupten, dass der Heimvorteil heute nicht mehr so bedeutsam ist wie früher", sagte UEFA-Präsident Aleksander Ceferin.
Statistik zeigt: Den klaren Heimvorteil gibt es nicht mehr
1970er Jahre | heute | |
Heimsieg-Quote / Auswärtssieg-Quote | 61 % / 19 % | 47 % / 30 % |
Anzahl Heimtore / Auswärtstore | 2,02 / 0,95 | 1,58 / 1,15 |
Die UEFA nennt verschiedene Gründe für diesen Trend - wie etwa eine bessere Spielfeldqualität, standardisierte Spielfeldgrößen, verbesserte Stadioninfrastruktur, höhere Sicherheitsvorkehrungen, bessere Schiedsrichter (und technologische Hilfsmittel wie VAR) oder bequemere Reisebedingungen.
Ceferin ergänzte: "Die Auswärtstorregel ist ein fester Bestandteil der UEFA-Wettbewerbe, seit sie 1965 eingeführt wurde. Die Frage nach ihrer Abschaffung wurde jedoch in den letzten Jahren bei verschiedenen UEFA-Treffen debattiert. Obwohl es keine einhellige Meinung gab, haben viele Trainer, Fans und andere Fußballinteressierte ihre Fairness in Frage gestellt und sich für die Abschaffung der Regel ausgesprochen."
Auswärtstorregeln abgeschafft: Für Khedira "ein großer Schritt"
Laut Ceferin wurden von vielen Seiten diverse "Ungerechtigkeiten" kritisiert: "Insbesondere wenn in der Verlängerung die Heimmannschaft mehr Tore erzielen muss, wenn die Gäste getroffen haben."
Deshalb hat das Exekutivkomitee um den deutschen Vertreter Rainer Koch nach Ansicht Ceferins die "richtige Entscheidung" getroffen - vor allem "angesichts der europaweit einheitlichen Spielstile und vieler verschiedener Faktoren, die zu einem Rückgang des Heimvorteils geführt haben".
Ceferin ist der Ansicht, dass "ein Auswärtstor nicht mehr Gewicht als ein zu Hause erzielter Treffer" haben sollte. Sami Khedira teilt diese Meinung. Laut des deutschen Weltmeisters von 2014 ist die Entscheidung "ein großer Schritt hin zu größerer Fairness und noch spannenderen Spielen".
Das wird sich allerdings erst zeigen. Vor allem wird es wohl noch mehr Elfmeterschießen geben.