EM 2022: "Man spürt den US-Geist" - drei Perspektiven auf die Euro

Von Justin Kraft
Die EM 2022 in England wird eines der bedeutendsten Turniere der Geschichte. Mit Bianca Rech, Julia Simic und Jasmina Covic blicken drei wichtige Persönlichkeiten des Fußballs auf das Turnier.
© Imago Images / DAZN / Getty Images

Bei der Europameisterschaft in England bekommt der Fußball der Frauen eine sehr große Bühne. Die vierfache DFB-Pokalsiegerin Julia Simic, Agentin Jasmina Covic und Bianca Rech, sportliche Leiterin des FC Bayern München, erklären im Gespräch mit SPOX und GOAL die Bedeutung der EM aus drei Perspektiven.

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Bei der EM gibt es so viele Favoritinnen auf den Titel wie noch nie. Der Fußball der Frauen hat sich in Europa weiterentwickelt und er bekommt in diesem Jahr vielleicht die größtmögliche Bühne, um das allen zu beweisen: England - das Land, das als Vorreiter der Moderne gilt.

Im Gespräch mit SPOX und GOAL erklären drei wichtige Persönlichkeiten des deutschen Fußballs aus ganz unterschiedlichen Perspektiven, warum dieses Turnier so bedeutend ist, wie es lange keine Europameisterschaft mehr war.

EM 2022: Julia Simic - Perspektive der Ex-Spielerin und Expertin

"Es tut sich richtig was und man hat das Gefühl, dass das durch ganz Europa schwappt", sagt Julia Simic über die letzten Monate. Nach ihrem Karriereende im Jahr 2021 ist die 33-Jährige viel herumgekommen. Noch im Mai gewann sie als Teil des Trainerteams mit den U17-Juniorinnen des DFB die Europameisterschaft. Als aktive Spielerin war sie einst mit viel Talent gesegnet - aber auch mit viel Verletzungspech.

Simic kann nicht nur die Perspektive der Spielerinnen einnehmen, sondern auch die der medialen Berichterstattung. Für DAZN und Sky Sport arbeitet sie regelmäßig als Expertin. "In den letzten Jahren hat der Frauenfußball einen Riesenpush in verschiedenen Ländern erfahren", erklärt die Deutsche Meisterin von 2017: "Egal, ob das Equal-pay-Kampagnen sind oder ausverkaufte Stadien." Vor allem die Champions League habe mit ihrem neuen Modus einen großen Anteil daran.

"Man spürt auch diesen US-Geist, dass die Mädels etwas fordern und Lautsprecher sind für ihren Sport und mehr sind als nur Fußballspielerinnen", sagt Simic: "Sie nehmen gesellschaftspolitisch eine Haltung ein." Und genau deshalb sei die Bühne bei der EM in England so wichtig. "Die Welt wird nach Europa schauen", freut sich die heutige Expertin und Trainerin.

Julia Simic arbeitet für DAZN als Expertin für den Fußball der Frauen - beispielsweise in Formaten wie "Decoded".
© DAZN
Julia Simic arbeitet für DAZN als Expertin für den Fußball der Frauen - beispielsweise in Formaten wie "Decoded".

EM 2022: England ist der Vorreiter

In England hat sich in den letzten Jahren sehr viel getan. Große Klubs investieren immer mehr in den Fußball der Frauen - strukturell und personell. Auch die FA arbeitet intensiv an der Zukunft und Weiterentwicklung mit. In Deutschland gehe ebenfalls vieles in die richtige Richtung, sagt Simic, aber ein großer Unterschied zu England sei, "dass man es dort vollkommen normalisiert hat, dass es auch eine Frauenabteilung gibt."

Je normaler das Produkt präsentiert werde, desto normaler sei es auch für den Fan. Plakate von Stars der Frauenteams in den Stadien, ein präsenter Social-Media-Auftritt oder schlicht gemeinsame Aktivitäten zwischen den beiden Teams. "Das fehlt mir hier. Der Männerfußball ist heilig, die trainieren teilweise auf ganz anderen Plätzen oder an anderen Orten", erklärt Simic: "Bei West Ham haben wir auf einem Gelände trainiert, haben zusammen gefrühstückt und das war einfach normal."

Von der Europameisterschaft erhofft sich die gebürtige Nürnbergerin, dass noch mehr Leute in Deutschland die Chance nutzen, dem Fußball der Frauen eine Chance zu geben. "Es war sehr wichtig, dass man bei DAZN die Champions League sehen konnte", sagt sie über das vergangene Jahr: "Dass Menschen, die nicht so Frauenfußball-affin waren, die Chance hatten, sich ein Bild zu machen und zu sehen, wie cool und aufregend er ist."

DAZN hat in der vergangenen Saison alle Spiele der Königinnenklasse live und kostenlos auf YouTube gezeigt und in den vergangenen Monaten zunehmend Features und Formate rund um den Fußball der Frauen im Programm etabliert. Auch die Europameisterschaft wird der Streamingdienst komplett übertragen. Nach Angaben von DAZN hat die Champions League in dieser Saison Rekordzahlen erreicht. Knapp 60 Millionen Streams in über 210 Ländern wurden registriert, der deutsche Markt war hinter Spanien, den USA und Frankreich der viertstärkste auf YouTube und der stärkste auf der Plattform selbst.

Julia Simic: "Die Bundesliga muss sichtbarer werden"

Simic fordert, dass nach der EM auch die Bundesliga (aktuell bei MagentaSport) sichtbarer gemacht werde und sie "nicht nur zu zeigen, sondern auch vernünftig zu zeigen." Der Fußball in Deutschland müsse besser präsentiert werden. Mehr Kameras, mehr Perspektiven, bessere Infrastruktur und dementsprechend eine höhere Qualität der Übertragung und Berichterstattung.

In England wird das wohl kein Problem sein. "Für die Spielerinnen ist das eine große Chance und da ist so viel Potenzial drin, endlich mal gesehen zu werden." In der Vergangenheit habe man es in Deutschland nicht so richtig geschafft, das Produkt "auf nationaler Ebene nachhaltig attraktiv zu machen", erklärt Simic.

"Unmittelbar vor den Turnieren gab es immer einen großen Hype", erinnert sie sich: "Der Hype hat sich umso länger gehalten, je erfolgreicher Deutschland abgeschnitten hat." Nach der EM wird es darum gehen, Nachhaltigkeit in diese Begeisterung zu bringen.

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