Alle Macht für Ribery

Thomas Gaber
17. Juli 200908:48
Der Chef und sein bestes Pferd im Stall: Louis van Gaal (M.) zeigt Franck Ribery (r.) den WegImago
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Vor der Abreise ins Trainingslager nach Donaueschingen gab Trainer Louis van Gaal weitere Details seines Masterplans für den FC Bayern preis. Ribery spielt die Schlüsselrolle. Doch wer soll Lucio ersetzen und was passiert mit Spätstarter Toni? Fest steht: Die erste Elf nimmt Formen an.

Lucios erster Arbeitstag nach dem Sommerurlaub war gleichzeitig sein letzter nach fünf Jahren beim FC Bayern München. Der Kapitän der brasilianischen Nationalmannschaft flüchtet nach Italien zu Inter Mailand. Lucio bekam in München nicht mehr die Wertschätzung, die er seiner Meinung nach verdient.

"Lucio wollte einen weiteren langfristigen Vertrag bei uns. Wir wollten aber maximal zwei Jahre mit ihm verlängern. Als Inter ihm einen Drei-Jahresvertrag geboten hat, hat er sich entschieden, das Angebot anzunehmen", sagte Bayern-Manager Uli Hoeneß am Donnerstag auf einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz.

Van Gaal: "Wir haben zu viele Spieler"

Mit Lucio verlässt ein fester Bestandteil der Stammelf der letzten Jahre den FC Bayern. Seine Verdienste sind unbestritten, Ottmar Hitzfeld machte den Kapitän der brasilianischen Nationalmannschaft zu seinem verlängerten Arm auf dem Platz neben Oliver Kahn.

Louis van Gaal sah für Lucio keine notwendige Verwendung mehr. Der Trainer will den Kader mit aller Macht verkleinern.

"Ich habe bei Ajax, Barca und Alkmaar immer mit 22 Spielern plus drei Nachwuchsleuten gearbeitet. Das soll auch beim FC Bayern so sein. Momentan haben wir 28 Spieler plus fünf Nachwuchsspieler. Das ist zu viel", sagte der Niederländer am Donnerstag vor der Abreise ins Trainingslager.

In Donaueschingen werden die Bayern acht Tage lang - unterbrochen vom T-Home-Cup am kommenden Wochenende auf Schalke - "Kondition aufbauen und das Spielsystem verinnerlichen, das ich mir vorstelle", sagte van Gaal.

Er will seine Mannschaft besser kennenlernen und hinterher Rückschlüsse ziehen, welche Spieler eine Perspektive bei Bayern haben und auf welche er am ehesten verzichten kann.

Liebhaber der Raute

Van Gaal setzt auf ein 4-4-2 mit Raute, "weil wir in diesem System besser zwischen den Linien stehen", sagt van Gaal. Er meint, die richtigen Abstände zwischen den einzelnen Mannschaftsteilen seien im 4-4-2 mit Raute besser einzuhalten, weil zwischen Mittelfeldreihe und Sturm durch die Zehner-Position eine zusätzliche Anspielstation vorhanden ist.

Wer passt in van Gaals bevorzugtes System und wer hat im Kampf um die Stammplätze derzeit die Nase vorn?

Torhüter: Der Mann zwischen den Pfosten ist unter Louis van Gaal erster Angreifer. "In Holland hat der Torhüter eine etwas andere Rolle als in Deutschland. Er wird als elfter Feldspieler gesehen, er soll aktiv am Spiel teilnehmen und die Abwehr unterstützen. Darauf legt der Trainer sehr viel Wert", sagt Jörg Butt, der mit Michael Rensing um die Nummer eins kämpft.

Laut Van Gaal ist das Duell weiter offen. "Ich habe mir Videos von beiden angeschaut, bevor ich hier angefangen habe. Ich habe die Jungs im Training beobachtet und meine Eindrücke haben sich bestätigt. Wir müssen das weiter beobachten."

Einen dritten Torhüter werden die Bayern wohl nicht verpflichten. "Dann hätten wir ja 29 Spieler im Kader", sagte van Gaal.

Abwehr: Nach dem letztlich doch überraschenden Abschied von Lucio stehen van Gaal noch vier gelernte Innenverteidiger zur Verfügung: Martin Demichelis, Daniel van Buyten, Breno und Holger Badstuber.

In der bisherigen Vorbereitung hat sich van Gaal als Badstuber-Fan geoutet. Der 20-Jährige wird im Training permanent vom Coach angesprochen, auf Fehler hingewiesen und für gute Aktionen lautstark gelobt. Holger hier, Holger da. Badstuber ist der einzige Spieler, der von van Gaal permanent beim Vornamen genannt wird.

Van Gaal bevorzugt einen Links- und einen Rechtsfuß in der Innenverteidigung. Badstuber ist der einzige Linksfuß. Ihm den Platz streitig machen könnte Neuzugang Edson Braafheid, ebenfalls ein Linksfuß, der seinen Platz aber eher links in der Viererkette hat.

Die Qualität in der Innenverteidigung scheint nach Lucios Abgang überschaubar. Badstuber hat noch nie in der Bundesliga gespielt, Breno und van Buyten fehlte in der letzten Saison die Spielpraxis. Auf rechts gibt es zu Philipp Lahm keine Alternative. Christian Lell gilt als Streichkandidat, Andreas Görlitz kann Lahm nicht das Wasser reichen.

Hilfreich könnte hier die Verpflichtung eines Rechtsverteidigers der Kategorie Jose Bosingwa sein. Die Verhandlungen mit dem FC Chelsea sind aber ins Stocken geraten.

Mittelfeld: Van Gaals Plan, mit der Raute zu spielen, lässt nur einen Rückschluss zu: Mark van Bommel oder Anatolij Tymoschtschuk im defensiven Mittelfeld. Noch ist van Bommel Kapitän. Ob das so bleibt, ließ van Gaal offen. "Für mich ist der Zeitpunkt der Wahl nicht wichtig. Ich muss eine vernünftige Entscheidung zu machen", sagte der Coach zu SPOX.

Fest steht, dass van Gaals Kapitän zur ersten Elf zählt. Neben van Bommel dürfen sich Miroslav Klose und vor allem Lahm Hoffnungen auf die Binde machen.

Die Position im linken Mittelfeld ist für Danijel Pranjic reserviert. Auf rechts sieht van Gaal den derzeit verletzten Bastian Schweinsteiger. "Er ist ein Spieler, der normalerweise zur ersten Elf gehört", sagte van Gaal. Die Zehner-Position gehört Franck Ribery. "Stand heute ist er mein Mann. Ich habe für ihn dieses System gewählt. Er ist der Spieler, mit dem ich mich in den ersten zwei Wochen am häufigsten unterhalten habe", so van Gaal.

Eine klare Aussage. Ribery soll die Offensive ankurbeln, für die kreativen Momente sorgen. Ihm wird alles untergeordnet.

Sportdirektor Christian Nerlinger sagte, dass der wegen einer Schleimbeutelentzündung im linken Knie derzeit außer Gefecht gesetzte Franzose im Trainingslager ein Spezialprogramm zur Regeneration absolvieren wird.

Von Tim Borowski würde man sich gerne trennen. Hamit Altintop und Andreas Ottl gelten zumindest als Wackelkandidaten.

Jose Ernesto Sosa hält van Gaal für einen sehr guten Fußballer. Er ist eine Alternative für die Position hinter den Spitzen oder als Backup für Schweinsteiger, sollte Altintop gehen. Alexander Baumjohann ist im Training zwar sehr engagiert, dürfte es aber schwer haben, genügend Einsatzzeit zu bekommen.

Sturm: Mario Gomez, Miroslav Klose, Luca Toni. Drei Großkaliber für maximal zwei Positionen. Dazu den praktisch überall einsetzbaren, stets hoch motivierten Ivica Olic und Nachwuchsmann Thomas Müller, der bereits in der Champions League für die Bayern getroffen hat. Im Angriff sind die Bayern sehr gut aufgestellt.

Toni, der sich am Donnerstag bestens gelaunt zum Dienst meldete, ist nach eigener Aussage motivierter denn je. "Ich denke nicht mal an die Ersatzbank. Ich werde alles tun, damit der Trainer nicht an mir vorbeikommt", sagte der Italiener.

Eine Stammplatzgarantie hat Toni beileibe nicht. "Das kann er vergessen", wird van Gaal in der "Bild" zitiert. Zumindest zu Saisonbeginn dürfte das Sturmduo Gomez/Klose heißen. "Wir müssen erst sehen, wie er sich konditionell und sportlich entwickelt", sagte van Gaal über Toni.

Jeder Spieler, der später in die Vorbereitung einsteige, störe die Mannschaftsausbildung, so der Coach. Natürlich kein direkter Vorwurf an Toni, schließlich musste der Weltmeister von 2006 den für Italien so unsäglich verlaufenen Confed-Cup über sich ergehen lassen. Doch er muss sich mächtig strecken, um Gomez und Klose auf Augenhöhe zu begegnen. Auch ein Verkauf des Italieners steht nach wie vor im Raum.

Sollte van Gaal wider Erwarten doch auf ein 4-3-3 setzen, käme Olic' ins Spiel. Der Kroate hat beim HSV mehrfach unter Beweis gestellt, dass er für beide Flügelpositionen geeignet ist.

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