Philipp Bargfrede ist eine der Entdeckungen der noch jungen Saison, dabei stand der 20-Jährige schon im letzten Jahr im Werder-Kader. Nun allerdings hat es Bargfrede schon in die Startelf gepackt - mit Fleiß, Wille und ganz ohne Glamour. Damit imponiert er auch seinem Trainer, für den der Youngster ein große Herausforderung ist.
Die gute Nachricht gab's am Morgen. Philipp Bargfrede nahm noch einen Schluck aus der Wasserflasche, als ihm plötzlich ein gelbes Leibchen vor die Füße flog.
Das Abschlussspielchen im Training vor dem Supercup-Finale gegen den VfL Wolfsburg stand an und Bargfrede fand sich plötzlich auf der anderen Seite wieder. Auf der der A-Mannschaft.
Fester Bestandteil des Werder-Kaders
Das Supercup-Finale wurde zur Feuertaufe für den 20-Jährigen. 73 Minuten durfte er sein Profidebüt feiern und ist seitdem ein fester Bestandteil im teuren Edel-Kader des Pokalsiegers und ganz nah dran an den ersten Elf.
Trainer Thomas Schaaf ist darüber gleich doppelt glücklich. Zum einen hat Werder seit vielen Jahren endlich wieder einen Spieler aus der Jugend über die U-23-Mannschaft nachhaltig an die Profi-Mannschaft herangeführt. Der Letzte, bei dem das gelungen war, war Aaron Hunt vor vier Jahren.
Und zum anderen, weil ihm diesmal ein Talent nicht vor der Nase weggeschnappt wurde. So geschehen bei Dennis Diekmeier, der vom 1. FC Nürnberg mit sehr viel Einsatzzeit in der 2. Liga geködert wurde und Werders Vertragsangebot daraufhin ausschlug.
Schaaf: "Philipp macht sich sehr gut"
"Philipp macht sich sehr gut", sagt Schaaf in seiner gewohnt sachlichen Art. Für seine Verhältnisse ist das schon ein großes Kompliment. Bargfrede ist in seinem Spiel relativ variabel. Bisher setzte ihn Schaaf auf den Achter- beziehungsweise Sechserpositionen ein, der Youngster zeigte dabei kaum einen Substanzverlust.
Bargfrede hat einen satten - wenn auch in seiner Präzision noch ausbaufähigen - Schuss, ist stark im Dribbling. Bei der U 23 war er der Mann für fast alle Standards, sucht immer den Abschluss.
Manchmal überdreht er dabei, wie im DFB-Pokal in Berlin, als er 20 Minuten vor Schluss eingewechselt wurde und am Ende der Spieler auf dem Platz war, der die meisten Torschüsse abgegeben hatte - immerhin fünf Stück.
Ein großer Wille ist sein Markenzeichen
GettyDas ist dann seinem enormen Ehrgeiz und seiner Verbissenheit geschuldet. Ein großer Wille ist sein Markenzeichen. Er ist nicht der filigranste Techniker, dem alles bisher nur so zugeflogen ist. Aber Bargfrede kann kämpfen. Und das imponiert seinem Trainer.
Allerdings hat er auch eine negative Angewohnheit: Er fällt relativ schnell. Selbst den eigenen Fans ist das schon aufgefallen. Trotzdem: Die Anlagen sind vorhanden, aber Bargfrede ist noch wie eine unfertige Rohmasse, die es im Laufe der Zeit zu formen gilt. Genau hier liegt Schaafs größte Aufgabe.
Trotz Werders in der Gesamtheit guter Einkaufspolitik waren in den letzten Jahren auch immer wieder Spieler aus dem Ausland dabei, die teuer eingekauft wurden, die in sie gesteckten Erwartungen aber nie erfüllen konnten.
Und auf der anderen Seite packte es keines der hoffnungsvollen Talente nachhaltig in Bremens Profimannschaft. So erscheint Bargfrede auch ein wenig wie ein Role Model für den Coach, der unbedingt wieder einen Jungen aus der Jugend nach oben ziehen will.
Bargfrede ein braver Junge
Die ersten holprigen Schritte hat Bargfrede schon beschritten, jetzt geht seine Entwicklung in eine vorentscheidende Phase. Viele talentierte Spieler haben nach den ersten Partien bei den Profis schnell die Bodenhaftung verloren und sich schon weiter gewähnt, als sie es tatsächlich waren.
Bargfrede ist an sich nicht der Typ dafür, dazu gibt er sich bis jetzt zu ruhig, konzentriert, einfach zu normal. Er sagt immer noch brav "Guten Tag", verschwendet keine Gedanken an Schickimicki und zweifelhaften Lifestyle wie es viele seiner Altersgenossen bereits tun.
Und das soll möglichst auch so bleiben. "Nicht ohne Grund gibt ihm der Trainer so viele Chancen. Aber wir dürfen das Ding jetzt nicht überdrehen", sagt deshalb auch Manager Klaus Allofs.
"Auch im letzten Jahr hatte Philipp schon gute Ansätze gezeigt, und dann wurde es auch durch Verletzungen weniger." Diese eine Sache hat Bargfrede schon gelernt. Es kann ganz schnell auch wieder bergab gehen.
Das Knie als Problemzone
Letzte Saison war er schon fast drin bei den Profis, hatte eben einen Vertrag unterschrieben. Da stoppten zwei schwere Knieverletzungen seinen Aufstieg.
"Das war sehr ärgerlich. Ich musste schon das dritte Mal am Knie operiert werden. Aber jetzt geht's wieder bergauf und ich hoffe, das bleibt auch so", sagt er sehr nüchtern.
"Man muss sich nach so einer Verletzung erst immer wieder mühsam herankämpfen. Das ist sehr schwer." Und falls alle Stricke reißen und der Filius doch noch zum Höhenflug abheben sollte, ist da ja immer noch Papa Hans-Jürgen.
Papa-Bargfrede als Bremse
Der ist 15 Bundesliga- und 102 Zweitligaspiele schwer, war Mitte der 80er Jahre Profi beim FC St. Pauli, Preußen Münster und bei Werder.
Für den ganz großen Durchbruch in der Bundesliga hat es bei Vater Hansi nie gereicht. Heute betreibt er ein Sportgeschäft in seinem Heimatort Zeven. Sohn Philipp ist da schon auf einem besseren Weg...
Hier geht's zum Steckbrief von Philipp Bargfrede